In unsres Lebensweges Mitt' erfand
In einem dunklen Wald ich mich, dieweil
Der rechte Weg abhanden mir gekommen.
Es neigte sich der Tag, die dunkle Luft
Enthob die Thiere, die auf Erden sind,
Von ihren Müh'n, nur einzig und alleine
Durch mich geht's ein zur trauervollen Stadt,
Durch mich geht's ein zum ewiglichen Schmerze,
Durch mich geht's ein zu dem verlornen Volke;
Es brach den tiefen Schlaf in meinem Haupte
Ein schwerer Donner, so daß ich empor fuhr
Wie einer der gewaltsam wird gewecket.
So stieg ich aus dem ersten Kreis hinab
Zum zweiten, der geringern Raum umschließt,
Doch mehr des Schmerzes der zum auffschrei'n stachelt.
Bei der Besinnung Rückkehr, die gewichen
Vorhin beim Jammer der Verschwägerten,
Der mir den Geist mit Traurigkeit verwirrt,
Pape Satan, pape Satan, aleppe,
Hub Pluto an, mit heisrer Stimme belfernd,
Allein der edle Weise, alles wissend,
Fortfahrend sag' ich, daß um vieles früher,
Als wir am Fuß des hohen Thurmes waren,
Wir zu dem Gipfel unsre Blicke sandten,
Die Farbe, welche Furcht mir aufgemahlt,
Als meinen Führer ich umkehren sah,
Trieb seine neue Zorngluth schnell nach innen.
So geht nunmehr auf einem schmalen Wege,
Zwischen den Mauern und den Gräbern hin,
Mein Meister, und ich folge seinen Schritten.
An eines hohen Ufers letztem Rand,
Von großen Felsentrümmern rings gebildet,
Gelangten wir zu graus'rer Anhäufung.
Wild war der Ort, wohin zum Niedersteigen
Wir kamen, und durch andres so beschaffen,
Daß jedes Auge sich davor entsetzt.
Noch nicht war Nessus jenseits angekommen,
Als wir uns schon in ein Gehölz vertieften,
Worin sich keine Spur von Fußweg fand.
Von Liebe für die Vaterstadt getrieben,
Rafft' ich zusammen die zerstreuten Blätter,
Und gab sie dem zurück, der schon erschöpft war.
Der harten Ufer eins trägt uns dahin,
Und von dem Bach erhebt sich solch ein Dampf,
Daß Dämm' und Wasser er vor'm Feuer schützt.
Schon war ich da, wo man vernahm das Rauschen
Des Wassers, das zum zweiten Ring hinabfiel,
Gleich dem Geräusch, das Bienenkörbe machen,
Sieh da das Thier, das mit dem scharfen Schwanze
Berge durchbohrt und Mauern bricht und Waffen,
Sieh dort den, der die ganze Welt verpestet!
Ein Ort ist in der Hölle Uebelbulgen
Genannt, von Felsen ganz, und eisenfarbig,
So wie die Einfassung, die ihn umgiebt.
O ihr des Zaubrers Simon arge Jünger,
Die ihr für Silber und für Gold verkuppelt,
Raubgier'ge ihr, die Dinge Gottes, welche
Von neuer Strafe muß ich nunmehr singen,
Und Stoff dem zwanzigsten Gesange geben
Des ersten Liedes, dem von den Versunknen.
Von Brücke so zu Brücke, andres redend,
Was mein Gedicht zu melden hier verschmäht,
Sind auf den Gipfel wir gekommen, als
Wohl sah ich Reiter aus dem Lager rücken,
Den Sturm beginnen, oder Mustrung halten,
Zuweilen auch zu ihrer Rettung fliehn;
Stillschweigend, einsam und ohne Geleit
Gingen wir nun hinter einander her,
Wie Minoriten wohl zu wandeln pflegen.
In jenem Theil des jugendlichen Jahres,
Wo schon die Sonn' unter dem Wassermann
Die Strahlen schärft, und bald die Nacht die Hälfte
Am Schlusse seiner Wort' erhob der Räuber
Mit beiden Feigen seine Händ' und rief:
Das nimm dir, Gott! denn dir schleudr' ich es zu.
Freu' dich, Florenz, daß du so groß geworden,
Daß über Land und Meer du schlägst die Flügel,
Dein Nam' auch in der Hölle sich verbreitet!
Schon aufgerichtet war die Flamm' und ruhig,
Weil sie nicht sprach, und schon ging sie von dannen
Mit der Erlaubniß meines süßen Dichters,
Wer könnte wohl, selbst nur in freier Rede,
Das Blut, die Wunden all' vollständig schildern,
Die ich jetzt sah, wie oft er's auch erzählte?
Das viele Volk und die verschiednen Wunden,
Sie hatten meine Augen so berauscht,
Daß sie sich sehnten Thränen zu vergießen-
Zu jener Zeit, als Juno heftig zürnte
Um Semele auf das Geschlecht von Theben,
Wie sie es mehr als einmal kund gegeben,
Dieselbe Zunge, die mich erst verwundet,
So daß sie beide Wangen mir geröthet,
Bot gleich nachher die Arzenei mir dar.
Hätt' ich so rauhe und so heisre Töne,
Wie sich's geziemte für die grause Tiefe,
Auf die die andern Felsen alle lasten,
Den Mund erhob nunmehr vom grausen Fraße
Der Sünder, ihn abwischend an den Haaren
Des Haupts, das er von hinten angefressen.
Vexilla regis prodeunt inferni
Jetzt auf uns, zu darum nun schaue vorwärts,
Ob du ihn unterscheidest, sprach der Meister.

Das Fegefeuer

Bess're Gewässer zu durchlaufen hebet
Die Segel jetzt das Schifflein meines Geistes,
Das hinter sich so grauenvolles Meer läßt,
Schon war die Sonne zu dem Horizonte
Gekommen, dessen Mittagskreis bedecket
Jerusalem mit seinem höchsten Punkte;
Obwohl die rasche Flucht die andern alle
Ueber die Ebne hin zerstreut, zum Berge
Gewendet, wo Vernunft die Seele stachelt,
Wem, sei's durch Freuden oder auch durch Leiden,
Die eine unsrer Seelenkräfte fesseln,
Die Seele ganz auf diese sich gesammelt,
Schon hatt' ich mich entfernt von jenen Schatten,
Und folgete den Schritten meines Führers,
Als mit erhobnem Finger hinter mi
Wenn sich die Würfelspieler trennen, bleibet
Traurig zurück, der da verloren, und
Die Würfe wiederholend möcht' er lernen.
Nachdem sich drei und viermal wiederholt
Die ehrsame und heitere Begrüßung,
Trat Sordell jetzt zurück und sprach: Wer seid ihr?
Schon war's die Stunde, die den Schiffenden
Heimweh erwecket und das Herz erweichet,
Am Tage, wo den süßen Freunden sie
Schon dämmert' an des Morgenhimmels Rande
Des greisen Tithons Bettgenossin auf,
Sich aus den Armen ihres Freundes windend.
Als hinter uns die Schwelle jenes Thors war,
Das üble Liebe selten nur benutzt,
Weil grade sie den krummen Weg läßt scheinen,
O Vater unser, der du bist im Himmel,
Nicht eingeschlossen, nur aus größrer Liebe
Zu jenen ersten Wesen, die dort oben,
Gepaaret, wie die Stier' im Joche gehn,
Ging ich dahin mit der beladnen Seele,
So lang' es duldete mein süßer Lehrer.
Wir waren an dem Gipfel nun der Stiege,
Wo sich der Berg zum zweitenmal zurückzieht,
Der den, der ihn ersteigt, von Sünden frei macht.
Wer ist nur der, der unsern Berg umkreiset,
Und wie er will die Augen schließt und öffnet,
Bevor der Tod den Flug ihm hat gegeben?
So viel als, von dem Schluß der dritten Stunde
Bis Tages Anbruch, von der Sphär' erscheint,
Die stets nach Art der Kinder scherzend rollt,
Kein Höllendunkel, keine Nacht, beraubt
Jegliches Sternes, und von Wolken ganz
Verfinstert, unter einem dürft'gen Himmel
Erinnre Leser dich, wenn je in Bergen
Ein Nebel dich befiel, durch welchen du
Nicht anders sahst als wie durchs Fell der Maulwurf:
Es hatte der erhabne Lehrer nun
Beendigt seine Red' und sah aufmerksam
Mir in's Gesicht, ob ich zufrieden wäre.
Zur Stunde, wo nicht mehr des Tages Hitze
Des Mondes Kält' erwärmt, weil überwunden
Sie von der Erd' ist oder vom Saturn;
Es kämpft ein Wille schwer gegen den bessren,
D'rum, ihm zu lieb, zog ich gegen den meinen,
Den Schwamm noch nicht gesättigt aus dem Wasser.
Der angeborne Durst, der nie gestillt wird,
Als durch das Wasser nur, das einst als Gnade
Die Samariterin erbat, er quälte
Schon war der Engel hinter uns geblieben,
Der uns zum sechsten Kreis gewiesen, und der
Ein andres P mir von der Stirn getilgt.
Dieweil die Blicke durch das grüne Laub
Ich sendete, wie wer mit Vogelfang
Das Leben zu vergeuden sich gewöhnt,
Gleich einem Schiff von günst'gem Wind getrieben,
Eilten wir schnell dahin, es hemmte nicht
Das Gehn das Sprechen, noch auch dieses jenes.
Kein Zögern ließ beim Steigen zu die Stunde,
Da schon den Mittagskreis dem Stier die Sonne,
Dem Skorpion die Nacht hatt' überlassen.
Während wir so am Rand hintereinander
Dahin gingen, rief oft der gute Meister:
Hab' Acht, laß meine Warnungen dir nützen!
Wie wenn dahin die ersten Strahlen sendet
Die Sonne, wo ihr Schöpfer einst geblutet,
Während der Ebro fließt unter der Wage
Begierig rings und innen zu erforschen
Den heil'gen dichten und lebend'gen Wald,
Der milderte das Licht des neuen Tages,
Gleich einem liebentbrannten Weibe singend
Fuhr sie am Schlusse ihrer Worte fort:
Beati quorum tecta sunt peccata,
Als dies Siebengestirn des ersten Himmels,
Das Untergang nie sah noch Aufgang je,
Noch andern Schleier kennt als den der Sünde,
O du, der jenseits steht des heil'gen Flusses,
Begann sie nun fortfahrend ohne Zögern,
Die Rede mit der Spitze auf mich richtend,
So ganz beschäftigt waren meine Augen,
Um den zehnjähr'gen Durst in mir zu stillen,
Daß alle andern Sinne mir erloschen.
Deus venerunt gentes, so begannen
Die drei bald, bald die vier der Frauen weinend,
Ablösend sich als süßes Lied zu singen.

Das Paradies

Die Herrlichkeit deß, der alles bewegt,
Durchdringt das ganze Weltall, und erglänzt
In einem Theile mehr, anderswo minder.
O ihr, die ihr in kleinem Kahne seid
Gefolget meinem Schiffe voll Begierde
Zu hören, das da mit Gesang einherzieht,
Die Sonne, die mit Lieb' erst mich erwärmt,
Hatte das Antlitz schöner Wahrheit mir
Durch Widerlegung und Beweis enthüllt.
Es stürbe wohl der freie Mensch vor Hunger,
Eh' von gleich lockenden und gleich entfernten
Speisen, die eine er zum Munde führte;
Wenn ich in Liebesgluth dir so erglänze,
Wie man auf Erden niemals es erblickt,
So daß ich deine Sehkraft überwinde,
Nachdem den Adler Constantin gewendet
Gegen des Himmels Lauf, der ihm gefolgt
Hinter dem Alten, der Lavinien freite,
Osanna, sanctus Deus Sabaoth,
Superillustrans claritate tua
Felices ignes horm malahoth! *)
Es glaubte einst die Welt zu ihren Schaden,
Die schöne Venus, die im dritten Kreise
Sich dreht, flöße thörichte Liebe ein;
Nachdem von deinem Carl ich so belehrt,
Schöne Constanz', erzählt er mir den Trug,
Den sein Geschlecht erfahren sollte, doch
Auf seinen Sohn und auf die Liebe blickend,
Die von den beiden ewiglich gehaucht wird,
Hat alles was nur Geist und Aug' erfaßt
Unsinn'ges Treiben du der Sterblichen,
Wie unzulänglich sind die Schlüsse doch,
Die deinen Flügelschlag nach unten richten!
Sobald als die gebenedeite Flamme
Das letzte Wort nur ausgesprochen hatte,
Begann auf's neu' das heil'ge Rad zu kreisen.
Es denke sich, wer recht begreifen will,
Was ich jetzt sah, und halte felsenfest
Im Geist das Bild, während ich es beschreibe,
Vom Mittelpunkt zum Kreis, vom Kreis zum Centrum
Wallt Wasser im runden Gefäß, nachdem es
Von Außem oder Innen wird bewegt.
Freundlicher Will', in dem sich stets die Liebe
Ergießet, wenn sie haucht auf rechte Weise,
Wie Habsucht sich in bösem Willen zeigt,
O du so nicht'ger Adel der Geburt,
Wenn du hier unten, wo die Liebe kränkelt,
Die Menschen treibest deiner sich zu rühmen,
Wie der zur Clymene kam, um genauer
Zu wissen was er gegen sich gehört,
Der Vätern noch Vorsicht räth gegen Kinder,
Schon freute seines Wortes sich allein
Der heil'ge Spiegel, während ich das meine
Genoß, das Harte durch das Süße mildernd.
Mit offnen Flügeln zeigte sich vor mir
Das schöne Bild, das die verschlungnen Seelen
In ihrer süßen Wonne selig machte.
Wenn die, welche die ganze Welt erleuchtet,
Von unsrer Himmelshälfte so herabsteigt,
Daß nun der Tag von allen Seiten schwindet,
Schon ruhten meine Augen auf dem Antlitz
Der Herrin wieder, und der Geist mit ihnen,
Der sich gelöst von jeder andern Absicht.
Von Staunen überwältigt wandt' ich mich
Zu meiner Führerin, wie stets das Kind
Zu dem sich wendet, dem's vertraut am meisten.
So wie das Vöglein, das im süßen Laube
Im Neste seiner lieben Kleinen hat
Die Nacht geruht, die uns die Dinge birgt,
O Tischgenossen, auserwählt zum großen
Mahle des heil'gen Lammes, das euch speiset,
Daß euer Wunsch beständig ist befriedigt:
Geschieht es jemals, daß die heil'ge Dichtung,
An welche Hand gelegt Himmel und Erde,
Und die viel Jahre mager mich gemacht,
Während ich bangt' ob der erloschnen Sehkraft,
Kam aus der Flammengluth, die sie geblendet,
Ein Hauch, der aufmerksam mich machte, sprechend:
Ehre dem Vater, Sohn und heil'gem Geist,
Begann nunmehr das ganze Paradies,
So daß das süße Singen mich berauschte.
Nachdem über das gegenwärt'ge Leben
Der armen Sterblichen Wahrheit gesagt,
Die so den Geist mit Wonne mir erfüllt,
Wie lang' es dauert, wenn Latona's Kinder
Unter dem Widder beide und der Wage,
Vom gleichen Horizont umgürtet werden,
Vielleicht sechstausend Miglien fern von uns
Erglüht die sechste Stunde, und es legt sich
Der Schatten unsrer Welt zur Erde nieder.
In der Gestalt von einer weißen Rose
Zeigt also sich die heil'ge Heerschaar jetzt,
Der Christus sich mit seinem Blut vermählt hat.
Freiwillig nahm, entbrannt für seine Wonne,
Jener Beschauliche das Amt des Lehrers,
Und er begann mit diesen heil'gen Worten:
O Jungfrau Mutter, Tochter deines Sohnes,
Demüth'ger und erhabener als je
War ein Geschöpf, des ew'gen Rathes Ziel,

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