003
O Tischgenossen, auserwählt zum großen
Mahle des heil'gen Lammes, das euch speiset,
Daß euer Wunsch beständig ist befriedigt:
«O sodalizio eletto a la gran cena
del benedetto Agnello, il qual vi ciba
sì, che la vostra voglia è sempre piena,
006
Wenn aus besondrer Gnade dieser schon
Genießt von dem, was fällt von eurem Tische,
Bevor der Tod die Zeit ihm vorgeschrieben,
se per grazia di Dio questi preliba
di quel che cade de la vostra mensa,
prima che morte tempo li prescriba,
009
So achtet wohl auf sein unendlich Sehnen!
Bethauet ihn ein wenig! ihr ja trinket
Immer vom Quell, aus dem sein Denken stammt.
ponete mente a l'affezione immensa
e roratelo alquanto: voi bevete
sempre del fonte onde vien quel ch'ei pensa».
012
So Beatric', und jene frohen Seelen,
Mächtig erstrahlend gleich Kometen, machten
Zu Sphären sich um feste Pole drehend.
Così Beatrice; e quelle anime liete
si fero spere sopra fissi poli,
fiammando, volte, a guisa di comete.
015
Und wie die Räder im Gefüg der Uhren
Dem Blick sich so darstellen, daß das erste
Zu ruhen scheint, das letzt' aber zu fliegen:
E come cerchi in tempra d'orïuoli
si giran sì, che 'l primo a chi pon mente
quïeto pare, e l'ultimo che voli;
018
So ihren Reigen auf verschiedne Weise
Schnell oder langsam führend, ließen sie
Mich schließen auf den Reichthum ihrer Liebe.
così quelle carole, differente-
mente danzando, de la sua ricchezza
mi facieno stimar, veloci e lente.
021
Und aus dem Reigen, der der schönste schien,
Sah ich vortreten ein so sel'ges Feuer,
Daß keins von größrer Klarheit drin zurückblieb.
Di quella ch'io notai di più carezza
vid' ïo uscire un foco sì felice,
che nullo vi lasciò di più chiarezza;
024
Und um Beatrix schwang es dreimal sich
Mit einem so ganz göttlichen Gesange,
Daß mein' Erinnrung mir's nicht wieder sagt.
e tre fïate intorno di Beatrice
si volse con un canto tanto divo,
che la mia fantasia nol mi ridice.
027
Drum schreib ich's nicht, es überspringt's die Feder;
Denn unsre Einbildung, geschweige denn
Das Reden ist zu grell für solche Tiefen.
Però salta la penna e non lo scrivo:
ché l'imagine nostra a cotai pieghe,
non che 'l parlare, è troppo color vivo.
030
O meine heil'ge Schwester, die so fromm
Uns bittest, daß durch deine glühnde Liebe
Von dieser schönen Sphäre du mich trennst!
«O santa suora mia che sì ne prieghe
divota, per lo tuo ardente affetto
da quella bella spera mi disleghe».
033
Nachher, als das gebenedeite Feuer
Stillstand, den Hauch an meine Herrin richtend,
Sprach es genau so, wie ich es gesagt.
Poscia fermato, il foco benedetto
a la mia donna dirizzò lo spiro,
che favellò così com' i' ho detto.
036
Und sie: O ew'ges Licht des großen Mannes,
Dem unser Herr die Schlüssel dieser Wonne,
Die er hinabgebracht, gelassen hat,
Ed ella: «O luce etterna del gran viro
a cui Nostro Segnor lasciò le chiavi,
ch'ei portò giù, di questo gaudio miro,
039
Prüfe hier diesen, wie es dir beliebt,
Ueber des Glaubens schwer' und leichte Punkte,
Durch welchen auf dem Meere du gewandelt.
tenta costui di punti lievi e gravi,
come ti piace, intorno de la fede,
per la qual tu su per lo mare andavi.
042
Ob er recht liebt, ob er recht hofft und glaubet,
Das ist dir nicht verborgen, da du hinschaust,
Da wo jedwedes Ding ist abgebildet.
S'elli ama bene e bene spera e crede,
non t'è occulto, perché 'l viso hai quivi
dov' ogne cosa dipinta si vede;
045
Allein da dieses Reich durch wahren Glauben
Bürger erlangt, ist's gut, daß ihm gewähret,
Zum Ruhm des Glaubens sich hier auszusprechen.
ma perché questo regno ha fatto civi
per la verace fede, a glorïarla,
di lei parlare è ben ch'a lui arrivi».
048
Wie schweigend sich der Baccalaureus rüstet,
Während der Meister erst die Frage aufwirft,
Sie festzustellen, nicht sie zu entscheiden:
Sì come il baccialier s'arma e non parla
fin che 'l maestro la question propone,
per approvarla, non per terminarla,
051
So waffnet' ich mit allen Gründen mich,
Während sie sprach, daß Red' ich möchte stehen
Solch einem Frager und solchem Bekenntniß.
così m'armava io d'ogne ragione
mentre ch'ella dicea, per esser presto
a tal querente e a tal professione.
054
Sprich, guter Christ, und gieb dich zu erkennen!
Was ist der Glaub'? Und ich erhob die Stirn
Zu seinem Licht, aus welchem dieses hauchte.
«Dì, buon Cristiano, fatti manifesto:
fede che è?». Ond' io levai la fronte
in quella luce onde spirava questo;
057
Drauf wandt' ich mich zu Beatrix, und sie
Winkte mir schnell zu, daß ausströmen ich
Das Wasser ließe meines innren Quelles.
poi mi volsi a Beatrice, ed essa pronte
sembianze femmi perch' ïo spandessi
l'acqua di fuor del mio interno fonte.
060
Die Gnade, sprach ich, die es mir gewährt
Zu beichten vor dem hohen Glaubenshelden,
Helfe mir, deutlich meinen Sinn aussprechen.
«La Grazia che mi dà ch'io mi confessi»,
comincia' io, «da l'alto primipilo,
faccia li miei concetti bene espressi».
063
Und fuhr dann fort: Wie der wahrhaft'ge Griffel
Von deinem theuren Bruder uns geschrieben,
Der Rom mit dir bracht' auf den rechten Weg,
E seguitai: «Come 'l verace stilo
ne scrisse, padre, del tuo caro frate
che mise teco Roma nel buon filo,
066
Ist Glaube Zuversicht verhoffter Dinge,
Und giebt Beweis noch nicht erschienener:
Das scheint mir seine Wesenheit zu sein.
fede è sustanza di cose sperate
e argomento de le non parventi;
e questa pare a me sua quiditate».
069
Darauf vernahm ich: Richtig urtheilst du,
Wenn du verstehst, warum er zu den Dingen
Wie zu Beweisen ihn gerechnet auch.
Allora udi': «Dirittamente senti,
se bene intendi perché la ripuose
tra le sustanze, e poi tra li argomenti».
072
Und ich versetzte drauf: Die tiefen Dinge,
Die ihren Anblick mir allhier gewähren,
Sind vor den Augen unten so verborgen,
E io appresso: «Le profonde cose
che mi largiscon qui la lor parvenza,
a li occhi di là giù son sì ascose,
075
Daß ihr Dasein nur auf dem Glauben ruht,
Aus welchem hohe Hoffnung sich dann gründet,
Weshalb er zu den Dingen ihn gerechnet.
che l'esser loro v'è in sola credenza,
sopra la qual si fonda l'alta spene;
e però di sustanza prende intenza.
078
Von diesem Glauben aus müssen wir dann,
Ohn' andres Schaun zu haben, weiter schließen;
Weshalb zu den Beweisen er gehört.
E da questa credenza ci convene
silogizzar, sanz' avere altra vista:
però intenza d'argomento tene».
081
Darauf hört' ich: Wenn so verstanden würde,
Was unten man durch Wissenschaft erwirbt,
Bliebe nicht Raum für des Sophisten Künste.
Allora udi': «Se quantunque s'acquista
giù per dottrina, fosse così 'nteso,
non lì avria loco ingegno di sofista».
084
So hauchte es aus dieser glühnden Liebe;
Drauf fuhr es fort: Recht gut hast du bestimmt
Das Korn und das Gewicht von dieser Münze,
Così spirò di quello amore acceso;
indi soggiunse: «Assai bene è trascorsa
d'esta moneta già la lega e 'l peso;
087
Doch sage mir, ob du sie hast im Beutel?
Und ich: Ja wohl, so leuchtend und so rund,
Daß mir nichts zweifelhaft bleibt am Gepräge.
ma dimmi se tu l'hai ne la tua borsa».
Ond' io: «Sì ho, sì lucida e sì tonda,
che nel suo conio nulla mi s'inforsa».
090
Darauf vernahm ich aus dem tiefen Lichte,
Das dort erglänzte: Dieses theure Kleinod,
Auf welches jede Tugend ist gegründet,
Appresso uscì de la luce profonda
che lì splendeva: «Questa cara gioia
sopra la quale ogne virtù si fonda,
093
Woher kam dir's? Und ich: Der reiche Segen
Des heil'gen Geistes, der da ausgegossen
Ueber die alten und die neuen Bücher,
onde ti venne?». E io: «La larga ploia
de lo Spirito Santo, ch'è diffusa
in su le vecchie e 'n su le nuove cuoia,
096
Hat durch Vernunftschluß diesen Glauben mir
So scharf bewiesen, daß jeder Beweis
Damit verglichen mir nur stumpf erscheint.
è silogismo che la m'ha conchiusa
acutamente sì, che 'nverso d'ella
ogne dimostrazion mi pare ottusa».
099
Darauf hört' ich: Der alte und der neue
Ausspruch, der dich zu diesem Schluß geführt,
Warum hältst du ihn denn für Gottes Wort?
Io udi' poi: «L'antica e la novella
proposizion che così ti conchiude,
perché l'hai tu per divina favella?».
102
Und ich: Was mir die Wahrheit hat erschlossen,
Die Werke sind's, zu denen die Natur
Nie Eisen glühte noch den Ambos schlug.
E io: «La prova che 'l ver mi dischiude,
son l'opere seguite, a che natura
non scalda ferro mai né batte incude».
105
Mir ward erwidert: Wer versichert dich,
Daß auch geschehn die Werke? niemand doch,
Als was noch zu beweisen, schwört es dir.
Risposto fummi: «Dì, chi t'assicura
che quell' opere fosser? Quel medesmo
che vuol provarsi, non altri, il ti giura».
108
Und ich: Hat sich die Welt zum Christ bekehrt
Ohne die Wunder, so ist dieses Eine
Wohl hundertfach den andern überlegen.
«Se 'l mondo si rivolse al cristianesmo»,
diss' io, «sanza miracoli, quest' uno
è tal, che li altri non sono il centesmo:
111
Denn arm und nüchtern bist du eingetreten
Ins Feld, die gute Pflanze auszusäen,
Die Weinstock einst, jetzt Dornstrauch ist geworden.
ché tu intrasti povero e digiuno
in campo, a seminar la buona pianta
che fu già vite e ora è fatta pruno».
114
Als dies beendigt, ließ der heil'ge Hof
Ein Gott dich loben wir durch alle Sphären
Ertönen, in der Weise wie man dort singt.
Finito questo, l'alta corte santa
risonò per le spere un 'Dio laudamo'
ne la melode che là sù si canta.
117
Und jener Fürst, der so von Zweig zu Zweig
In seiner Prüfung mich gezogen hatte,
Daß wir den letzten Blättern jetzt uns nahten,
E quel baron che sì di ramo in ramo,
essaminando, già tratto m'avea,
che a l'ultime fronde appressavamo,
120
Fing wieder an: Die Gnade, die so freundlich
Sich deinem Geist erweist, hat dir den Mund
Geöffnet, wie es sein muß, bis hierher,
ricominciò: «La Grazia, che donnea
con la tua mente, la bocca t'aperse
infino a qui come aprir si dovea,
123
So daß ich bill'ge, was ans Licht gekommen.
Nun aber mußt du sagen, was du glaubest,
Und woher deinem Glauben es sich darbot.
sì ch'io approvo ciò che fuori emerse;
ma or convien espremer quel che credi,
e onde a la credenza tua s'offerse».
126
O heil'ger Vater, Geist, der du jetzt siehst,
Was du einst so geglaubt, daß deine Füße
Zum Grabe eilend jüngre überwanden,
«O santo padre, e spirito che vedi
ciò che credesti sì, che tu vincesti
ver' lo sepulcro più giovani piedi»,
129
Begann ich, du willst, daß ich offenbare
Den Inhalt meines will'gen Glaubens hier,
Und fragst auch nach dem Grund von diesem Glauben.
comincia' io, «tu vuo' ch'io manifesti
la forma qui del pronto creder mio,
e anche la cagion di lui chiedesti.
132
So antwort' ich: Ich glaub an einen Gott,
Der ewig, einig, unbewegt, aus Sehnsucht
Und Liebe nur bewegt den ganzen Himmel.
E io rispondo: Io credo in uno Dio
solo ed etterno, che tutto 'l ciel move,
non moto, con amore e con disio;
135
Für diesen Glauben habe ich Beweise,
Physisch' und metaphysische nicht nur,
Nein, auch die Wahrheit lehrt ihn die von hier träuft
e a tal creder non ho io pur prove
fisice e metafisice, ma dalmi
anche la verità che quinci piove
138
Durch Mosen, die Propheten und die Psalmen,
Durch's Evangelium und was ihr geschrieben,
Befruchtet von der Gluth des heil'gen Geistes.
per Moïsè, per profeti e per salmi,
per l'Evangelio e per voi che scriveste
poi che l'ardente Spirto vi fé almi;
141
Und an drei ewige Personen glaub' ich,
So Eines Wesens, und so dreifach doch,
Das sie verbunden Sind und Ist ertragen.
e credo in tre persone etterne, e queste
credo una essenza sì una e sì trina,
che soffera congiunto 'sono' ed 'este'.
144
Und dieses tiefe Wesen Gottes, das
Ich hier berührt, wird meinem Geiste oft
Durch evangel'sche Lehren eingeprägt.
De la profonda condizion divina
ch'io tocco mo, la mente mi sigilla
più volte l'evangelica dottrina.
147
Das ist der Urquell, und das ist der Funken,
Der zur lebend'gen Flamme ausgebreitet,
Gleich einem Stern am Himmel in mir funkelt.
Quest' è 'l principio, quest' è la favilla
che si dilata in fiamma poi vivace,
e come stella in cielo in me scintilla».
150
So wie der Herr, der hört was ihm gefällt,
Glückwünschend seinen Diener dann umarmt
Wegen der Botschaft, sobald jener schweigt,
Come 'l segnor ch'ascolta quel che i piace,
da indi abbraccia il servo, gratulando
per la novella, tosto ch'el si tace;
153
So segnend mit Gesang mich, als ich schwieg,
Schwang dreimal sich das apostol'sche Licht
Um mich, auf deß Besehl ich hier gesprochen:
così, benedicendomi cantando,
tre volte cinse me, sì com' io tacqui,
l'appostolico lume al cui comando
156
So sehr gefiel ich ihm in meiner Rede.
io avea detto: sì nel dir li piacqui!

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