003
Durch mich geht's ein zur trauervollen Stadt,
Durch mich geht's ein zum ewiglichen Schmerze,
Durch mich geht's ein zu dem verlornen Volke;
« Per me si va ne la città dolente,
per me si va ne l'etterno dolore,
per me si va tra la perduta gente.
006
Gerechtigkeit bewog meinen Erbauer,
Die Allmacht Gottes ist's die mich geschaffen,
Die höchste Weisheit und die erste Liebe;
Giustizia mosse il mio alto fattore;
fecemi la divina podestate,
la somma sapienza e 'l primo amore.
009
Erschaffne Dinge gab es vor mir keine
Als ew'ge nur, und auch ich daure ewig;
Gebt jede Hoffnung aus die ihr eintretet!
Dinanzi a me non fuor' cose create
se non etterne, e io etterna duro.
Lasciate ogne speranza, voi ch' entrate. »
012
Sothane Worte sah mit dunkler Farbe
Geschrieben ich am Gipfel einer Pforte,
Weshalb ich: Meister, hart dünkt mich ihr Sinn!
Queste parole di colore oscuro
vid' io scritte al sommo d'una porta;
per ch' io : « Maestro, il senso lor m'è duro. »
015
Und er zu mir als ein erfahrner Mann:
Jedweder Argwohn muß hier ferne bleiben,
Jedwede Feigheit hier ertödtet werden;
Ed elli a me, come persona accorta :
« Qui si convien lasciare ogne sospetto;
ogne viltà convien che qui sia morta.
018
Zum Ort sind wir gekommen wo ich sagte,
Du werdest sehn das schmerzerfüllte Volk,
Das der Erkenntniß Gut verloren hat.
Noi siam venuti al loco ov' io t'ho detto
che tu vedrai le genti dolorose
c' hanno perduto il ben de l'intelletto. »
021
Und als er seine Hand zur meinen fügte,
Mit heitrem Antlitz, drob ich mich erfreute,
Führt er mich ein in die geheimen Dinge.
E poi che la sua mano a la mia pose
con lieto vólto, ond' io mi confortai,
mi mise dentro a le segrete cose.
024
Und siehe Seufzer, Klagen, lautes Weh
Durchtönten hier die sternenlose Luft,
Weshalb im Anfang ich darüber weinte.
Quivi sospiri, pianti e alti guai
risonavan per l'aere sanza stelle,
per ch' io al cominciar ne lagrimai.
027
Verschiedne Zungen und gräuliche Sprachen,
Des Schmerzes Worte, zornentbrannte Laute,
Hände zusammenschlagen, Kreischen, Wimmern:
Diverse lingue, orribili favelle,
parole di dolore, accenti d'ira,
voci alte e fioche, e suon di man con elle
030
Daraus entstand ein Brausen, das beständig
In dieser ewig dunkeln Luft umkreiset
So wie der Sand, wenn Wirbelwind ihn treibt.
Facevano un tumulto, il qual s'aggira
sempre in quell'aura sanza tempo tinta,
come la rena quando turbo spira.
033
Und ich, deß Haupt von Grauen war umwoben,
Sprach: Meister, was ist das was ich vernehme,
Welch Volk ist das, das so von Schmerz besiegt scheint?
E io ch' avea d'error la testa cinta,
dissi : « Maestro, che è quel ch' i' odo ?
e che gent' è che par nel duol sí vinta ? »
036
Und er zu mir: Die jammervolle Weise
Verführen die elenden Seelen derer,
Die ohne Lob gelebt und ohne Schande.
Ed elli a me : « Questo misero modo
tegnon l'anime triste di coloro
che visser sanza infamia e sanza lodo.
039
Gemischt sind sie mit dem nichtswürd'gen Haufen
Der Engel die nicht offen sich empört,
Noch ihrem Gotte treu, für sich geblieben.
Mischiate sono a quel cattivo coro
de li angeli che non furon ribelli
né fur fedeli a Dio, ma per sé fuoro.
042
Verstoßen aus dem Himmel, den sie schänden,
Nimmt auch die tiefe Hölle sie nicht auf,
Weil ein'gen Ruhm sie doch den Sündern brächten.
Càccianli i ciel per non esser men belli,
né lo profondo inferno li riceve,
ch' alcuna gloria i rei avrebber d'elli. »
045
Und ich: Was ist denn ihnen so beschwerlich,
Das sie so heftig jammern läßt, mein Meister?
Das will ich dir ganz kürzlich sagen, sprach er.
E io : « Maestro, che è tanto greve
a lor che lamentar li fa sí forte ? »
Rispuose : « Dicerolti molto breve.
048
Die haben keine Hoffnung je zu sterben,
Und ihr elendes Leben ist so niedrig,
Daß jedes andre Schicksal sie beneiden.
Questi non hanno speranza di morte,
e la lor cieca vita è tanto bassa,
che 'nvidiosi son d' ogni altra sorte.
051
Es bleibt kein Ruhm von ihnen in der Welt,
Erbarmen und Gerechtigkeit verschmäht sie.
Kein Wort von ihnen! schau und geh vorüber!
Fama di loro il mondo esser non lassa ;
misericordia e giustizia li sdegna :
non ragioniam di lor, ma guarda e passa. »
054
Und als ich hinsah, schaut' ich eine Fahne
Die wirbelnd sich so schnell im Kreise drehte,
Daß jeder Rast sie mir unwillig schien.
E io, che riguardai, vidi una insegna
che girando correva tanto ratta,
che d'ogne posa mi parea indegna ;
057
Und hinter ihr kam ein so langer Zug
Von Leuten, daß ich nicht geglaubt, der Tod
Könne so viele schon vernichtet haben.
E dietro le venía sí lunga tratta
di gente, ch' io non averei creduto
che morte tanta n'avesse disfatta.
060
Nachdem von ihnen ein'ge ich erkannt,
Sah und erkannt ich auch alsbald den Schatten
Deß der aus Kleinmut Großem einst entsagt.
Poscia ch' io v'ebbi alcun riconosciuto,
vidi e conobbi l'ombra di colui
che fece per viltà il gran rifiuto.
063
Sogleich begriff ich nun und ward gewiß,
Daß dies die Schaar sei der nichtswürd'gen Seelen,
Die Gott mißfallen gleich wie seinen Feinden.
Incontanente intesi e certo fui
che questa era la sètta de' cattivi,
a Dio spiacenti ed a' nemici sui.
066
Die unglücksel'gen, die nie wahrhaft lebten,
Nackt waren sie und viel gestachelt auch
Von Bremsen und von Wespen die dort waren.
Questi sciaurati, che mai non fur' vivi,
erano ignudi, stimolati molto
da mosconi e da vespe ch' eran ivi.
069
Drob war von Blut ihr Angesicht berieselt,
Das dann mitsammt den Thränen aufgesogen
Von eklen Würmern ward zu ihren Füßen.
Elle rigavan lor di sangue il vólto,
che, mischiato di lagrime, ai lor piedi
da fastidiosi vermi era ricolto.
072
Und als ich weiter nun zu schau'n versuchte,
Sah ich am Ufer eines großen Flußes
Ein Volk, weshalb ich: Meister nun gewähre
E poi ch' a riguardare oltre mi diedi,
vidi genti a la riva d'un gran fiume;
per ch' io dissi : « Maestro, or mi concedi
075
Mir daß ich wisse, wer sie sind und weshalb
Zum Ueberfahren sie so eilig scheinen,
Wie in dem schwachen Licht ich unterscheide.
Ch' i' sappia quali sono, e qual costume
le fa di trapassar parer sí pronte,
com' io discerno per lo fioco lume. »
078
Und er zu mir: Es werden kund dir werden
Die Dinge, wenn wir unsre Schritte hemmen
Am jammervollen Ufer Acherons.
Ed elli a me : « Le cose ti fier conte,
quando noi fermerem li nostri passi
su la trista riviera d'Acheronte. »
081
Drauf mit verschämtem und gesenktem Auge,
Aus Furcht daß meine Rede ihm beschwerlich,
Enthielt ich mich des Sprechens bis zum Flusse.
Allor con li occhi vergognosi e bassi,
temendo no 'l mio dir li fosse grave,
infino al fiume del parlar mi trassi.
084
Und sieh' da kam zu Schiffe auf uns zu
Ein Greis, deß Haar vor Alter ganz erblichen,
Der laut rief: Weh' euch, ihr verruchten Seelen!
Ed ecco verso noi venir per nave
un vecchio bianco per antico pelo,
gridando : "Guai a voi, anime prave !
087
Hofft nimmermehr den Himmel zu erblicken;
Zum andern Ufer komm' ich euch zu führen,
Zu ew'ger Finsterniß zu Hitz' und Frost.
Non isperate mai veder lo cielo :
i' vegno per menarvi a l'altra riva
ne le tenebre etterne, in caldo e 'n gelo.
090
Und du, der du dort stehst, lebend'ge Seele,
Hebe dich fort von diesen die da todt sind!
Doch als er sah, daß ich mich nicht entfernte,
E tu che se' costí, anima viva,
pàrtiti da cotesti che son morti. »
Ma poi che vide ch' io non mi partiva,
093
Sprach er: Durch andre Wege, andre Häfen
Mußt du, nicht hier, zum Uebersetzen kommen;
Ein leichtres Boot ist's das dich tragen muß.
disse : « Per altra via, per altri porti
verrai a piaggia, non qui, per passare :
piú lieve legno convien che ti porti. »
096
Der Führer drauf: Charon, erzürn' dich nicht!
So will man's droben, da wo man vermag
Das was man will; nun weiter nicht gefragt!
E 'l duca lui : « Caròn, non ti crucciare :
vuolsi cosí colà dove si puote
ciò che si vuole, e più non dimandare. »
099
Da wurden ruhig die behaarten Wangen
Des Steuermannes des bläulichen Sumpfes
Der Feuerräder um die Augen hatte.
Quinci fuor quete le lanose gote
al nocchier de la livida palude,
che 'ntorno a li occhi avea di fiamme rote.
102
Doch jene Seelen, die da nackt und matt
Verfärbten sich und klappten mit den Zähnen,
Sobald als sie die grausen Worte hörten.
Ma quell' anime, ch' eran lasse e nude,
cangiar' colore e dibattíeno i denti,
ratto che 'nteser le parole crude.
105
Gott und den Eltern und der ganzen Menschheit,
Der Zeit, dem Ort, dem Saamen fluchten sie,
Ihrer Erzeugung und ihrer Geburt.
Bestemmiavano Dio e lor parenti,
l'umana spezie e 'l loco e 'l tempo e 'l seme
di lor semenza e di lor nascimenti.
108
Dann zogen sie sich alle miteinander
Mit heft'gem Weinen an das böse Ufer,
Das jedes Menschen harrt der Gott nicht fürchtet.
Poi si raccolser tutte quante insieme,
forte piangendo, a la riva malvagia
ch' attende ciascun uom che Dio non teme.
111
Charon der Dämon treibt sie all' zusammen,
Zuwinkend ihnen mit den glüh'nden Augen,
Schlägt mit dem Ruder jeden der da zaudert.
Caròn dimonio, con occhi di bragia,
loro accennando, tutte li raccoglie;
batte col remo qualunque s'adagia.
114
So wie im Herbste sich die Blätter lösen
Eins nach den andern, bis zuletzt der Zweig
All seinen Schmuck am Boden liegen sieht,
Come d'autunno si levan le foglie
l'una appresso de l'altra, fin che 'l ramo
vede a la terra tutte le sue spoglie,
117
So macht es hier der schlimme Saame Adams.
Vom Ufer stürzen sie, eins nach dem andern
Dem Winke folgend, wie der Falk' dem Lockruf.
Similemente il mal seme d'Adamo :
gittansi di quel lito ad una ad una
per cenni, come augel per suo richiamo.
120
So ziehn sie hin über die dunkle Woge.
Und ehe sie noch drüben ausgestiegen,
Sammelt sich hier schon eine neue Schaar.
Cosí sen vanno su per l'onda bruna,
e avanti che sien di là discese,
anche di qua nuova schiera s'auna.
123
Mein Sohn, sprach freundlich jetzt zu mir der Meister,
Diejen'gen die im Zorne Gottes sterben,
Versammeln hier aus jedem Lande sich;
« Figliuol mio, » disse 'l maestro cortese,
« quelli che muoion ne l'ira di Dio
tutti convegnon qui d'ogni paese ;
126
Ueber den Strom zu setzen eilen sie,
Weil göttliche Gerechtigkeit sie treibt,
So daß die Furcht sich in Begier verwandelt.
E pronti sono a trapassar lo rio,
ché la divina giustizia li sprona,
sí che la téma si volve in disio.
129
Nie fährt hier eine gute Seele über.
Drum, wenn sich Charon über dich beklagt,
Begreifst du nun wohl was sein Wort bedeutet.
Quinci non passa mai anima buona ;
e però, se Caròn di te si lagna,
ben puoi sapere omai che 'l suo dir suona. »
132
Als dies beendiget, erbebte so
Die dunkle Ebene, daß die Erinn'rung
Jenes Entsetzens noch in Schweiß mich badet.
Finito questo, la buia campagna
tremò sí forte, che de lo spavento
la mente di sudore ancor mi bagna.
135
Ein Sturm brach aus der thränenreichen Erde,
Aus dem ein rothes Licht erblitzte, so
Daß jegliches Gefühl in mir betäubt ward.
La terra lagrimosa diede vento,
che balenò una luce vermiglia
la qual mi vinse ciascun sentimento ;
138
Und wie vom Schlaf ergriffen fiel ich nieder.
E caddi come l'uom cui sonno piglia.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert