003
O Vater unser, der du bist im Himmel,
Nicht eingeschlossen, nur aus größrer Liebe
Zu jenen ersten Wesen, die dort oben,
"O Padre nostro, che ne' cieli stai,
non circunscritto, ma per più amore
ch'ai primi effetti di là sù tu hai,
006
Gelobet sei dein Nam' und deine Kraft
Von jeder Creatur, wie billig ja
Zu danken dir für deines Geistes Hauch!
laudato sia 'l tuo nome e 'l tuo valore
da ogne creatura, com'è degno
di render grazie al tuo dolce vapore.
009
Der Friede deines Reiches zu uns komme!
Denn wir, von selbst, wenn er nicht kommt, vermögen,
Wie wir auch mühn uns, nicht zu ihm zu kommen.
Vegna ver' noi la pace del tuo regno,
ché noi ad essa non potem da noi,
s'ella non vien, con tutto nostro ingegno.
012
Wie deine Engel ihren Willen dir
Zum Opfer bringen, Hosianna singend,
So mögen auch die Menschen thun mit ihrem!
Come del suo voler li angeli tuoi
fan sacrificio a te, cantando osanna,
così facciano li uomini de' suoi.
015
Das Himmelsbrod, das tägliche, gieb heut' uns,
Weil ohn' dasselbe in dieser rauhen Wüste
Nur rückwärts geht, wer sich am meisten abmüht.
Dà oggi a noi la cotidiana manna,
sanza la qual per questo aspro diserto
a retro va chi più di gir s'affanna.
018
Und so wie wir das Leid, das wir erduldet,
Vergeben jedem, so vergieb auch du
Gnädig, und sieh unser Verdienst nicht an!
E come noi lo mal ch'avem sofferto
perdoniamo a ciascuno, e tu perdona
benigno, e non guardar lo nostro merto.
021
Laß unsre Tugend, die so leicht erliegt,
Vom alten Feinde nicht versuchet werden!
Erlöse uns von ihm, der uns so stachelt!
Nostra virtù che di legger s'adona,
non spermentar con l'antico avversaro,
ma libera da lui che sì la sprona.
024
Die letzte Bitte, theurer Herr, thun wir
Für uns nicht etwa, denn da thut's nicht Noth,
Sondern für die, die hinter uns geblieben.
Quest'ultima preghiera, segnor caro,
già non si fa per noi, ché non bisogna,
ma per color che dietro a noi restaro".
027
So zogen, sich und uns glückliche Wandrung
Erflehend, jene Schatten unter Lasten,
Gleich denen, die im Traum man wohl empfindet,
Così a sé e noi buona ramogna
quell'ombre orando, andavan sotto 'l pondo,
simile a quel che talvolta si sogna,
030
Ungleich beladen, doch ermattet alle,
Rings um den ersten Vorsprung hier umher,
Sich läuternd von der Finsterniß der Welt.
disparmente angosciate tutte a tondo
e lasse su per la prima cornice,
purgando la caligine del mondo.
033
Wenn jenseits stets für uns gebetet wird,
Was kann für sie gesagt, gethan hier werden,
Von denen, deren Will' im Guten wurzelt?
Se di là sempre ben per noi si dice,
di qua che dire e far per lor si puote
da quei c' hanno al voler buona radice?
036
Wohl sollen helfen wir die Makel tilgen,
Die sie von hier gebracht, daß leicht und rein
Sie steigen mögen zu den Sternenkreisen.
Ben si de' loro atar lavar le note
che portar quinci, sì che, mondi e lievi,
possano uscire a le stellate ruote.
039
Ach! so Gerechtigkeit euch und Erbarmen
Entlaste bald, daß ihr den Flügel reget,
Nach eurem Wunsche euch emporzuheben,
"Deh, se giustizia e pietà vi disgrievi
tosto, sì che possiate muover l'ala,
che secondo il disio vostro vi lievi,
042
Sagt uns, auf welcher Seite man zur Stiege
Am schnellsten kommt; und giebt's der Wege mehr,
Zeigt den uns, der da minder steil sich senket!
mostrate da qual mano inver' la scala
si va più corto; e se c'è più d'un varco,
quel ne 'nsegnate che men erto cala;
045
Denn dieser, der bei mir, und der noch trägt
Die Last von Adams Fleisch, das ihn bekleidet,
Ist gegen seinen Willen träg' im Steigen.
ché questi che vien meco, per lo 'ncarco
de la carne d'Adamo onde si veste,
al montar sù, contra sua voglia, è parco".
048
Nicht deutlich konnt' ich unterscheiden, wer
Die Worte sprach, die sie erwiderten,
Auf jene die gesprochen der mich führte.
Le lor parole, che rendero a queste
che dette avea colui cu' io seguiva,
non fur da cui venisser manifeste;
051
Doch ward gesagt: Kommt nur mit uns zur Rechten
Entlang dem Ufer, und ihr werdet finden
Den Weg, den ein Lebend'ger kann ersteigen!
ma fu detto: "A man destra per la riva
con noi venite, e troverete il passo
possibile a salir persona viva.
054
Und wär' ich nicht vom Felsen so behindert,
Der meinen stolzen Nacken bändiget,
Daß ich das Antlitz muß zur Erde wenden,
E s'io non fossi impedito dal sasso
che la cervice mia superba doma,
onde portar convienmi il viso basso,
057
Möcht' ich den gern betrachten, der noch lebt,
Und sich nicht nennt, ob ich vielleicht ihn kenne,
Und Mitleid ihm für diese Last einflößen.
cotesti, ch'ancor vive e non si noma,
guardere' io, per veder s'i' 'l conosco,
e per farlo pietoso a questa soma.
060
Lateiner war ich, Sohn 'nes großen Tuskers,
Wilhelm Aldobrandini war mein Vater;
Nicht weiß ich ob sein Nam' euch je bekannt.
Io fui latino e nato d'un gran Tosco:
Guiglielmo Aldobrandesco fu mio padre;
non so se 'l nome suo già mai fu vosco.
063
So übermüthig machten mich die Thaten,
So wie das alte Blut von meinen Ahnen,
Daß unser aller Mutter nicht gedenkend
L'antico sangue e l'opere leggiadre
d'i miei maggior mi fer sì arrogante,
che, non pensando a la comune madre,
066
Ich jedermann so sehr verachtete,
Daß ich drob starb, wie die Sieneser wissen,
Und jedes Kind in Campagnatico.
ogn'uomo ebbi in despetto tanto avante,
ch'io ne mori', come i Sanesi sanno,
e sallo in Campagnatico ogne fante.
069
Ich bin Humbert, und nicht nur mir allein
Hat Stolz geschadet, denn die Meinen alle
Hat er mit sich zugleich zu Grund gerichtet.
Io sono Omberto; e non pur a me danno
superbia fa, ché tutti miei consorti
ha ella tratti seco nel malanno.
072
Und darum muß ich diese Last jetzt tragen
Unter den Todten, bis ich Gott genügt,
Weil ich im Leben es zu thun versäumt.
E qui convien ch'io questo peso porti
per lei, tanto che a Dio si sodisfaccia,
poi ch'io nol fe' tra ' vivi, qui tra ' morti".
075
Zuhörend senkte ich das Antlitz nieder,
Und einer, doch nicht der der jetzt gesprochen,
Wandte unter der Last sich die ihn drückte
Ascoltando chinai in giù la faccia;
e un di lor, non questi che parlava,
si torse sotto il peso che li 'mpaccia,
078
Und sah, erkannt' und rief mich, seine Augen
Mit großer Müh' auf mich geheftet haltend,
Der ganz gebückt ich neben ihnen herging.
e videmi e conobbemi e chiamava,
tenendo li occhi con fatica fisi
a me che tutto chin con loro andava.
081
O, sagt' ich ihm, bist du nicht Oderisi?
Die Ehre Gubbio's und die der Kunst,
Die in Paris illuminiren heißt?
"Oh!", diss'io lui, "non se' tu Oderisi,
l'onor d'Agobbio e l'onor di quell'arte
ch'alluminar chiamata è in Parisi?".
084
Bruder, sprach er, es lachen mehr die Blätter
Von Franco Bolognese's Pinsel jetzt:
Sein ist die Ehre ganz jetzt, mein zum Theil nur.
"Frate", diss'elli, "più ridon le carte
che pennelleggia Franco Bolognese;
l'onore è tutto or suo, e mio in parte.
087
So freundlich wär' ich freilich nicht gewesen
Im Leben einst, wegen der großen Sehnsucht
Nach Trefflichkeit, wonach mein Herz nur strebte.
Ben non sare' io stato sì cortese
mentre ch'io vissi, per lo gran disio
de l'eccellenza ove mio core intese.
090
Für solchen Hochmuth zahlt man hier die Buße;
Und noch wär' ich nicht hier, wenn nicht zu Gott
Ich mich gewandt, als ich noch sünd'gen konnte.
Di tal superbia qui si paga il fio;
e ancor non sarei qui, se non fosse
che, possendo peccar, mi volsi a Dio.
093
O eitler Ruhm des menschlichen Vermögens!
Wie kurze Zeit nur grünet er im Gipfel,
Wenn rohe Zeiten nicht etwa drauf folgen.
Oh vana gloria de l'umane posse!
com' poco verde in su la cima dura,
se non è giunta da l'etati grosse!
096
Es glaubte Cimabue einst im Mahlen
Sieger zu sein, und jetzt preist man nur Giotto,
So daß den Ruhm von jenen er verdunkelt;
Credette Cimabue ne la pittura
tener lo campo, e ora ha Giotto il grido,
sì che la fama di colui è scura.
099
So hat der Sprache Ruhm der eine Guido
Dem anderen geraubt, und schon vielleicht
Lebt einer, der sie beide jagt vom Neste.
Così ha tolto l'uno a l'altro Guido
la gloria de la lingua; e forse è nato
chi l'uno e l'altro caccerà del nido.
102
Der Ruf der Welt ist ja nur wie ein Windhauch,
Der bald von hier und bald von dorten kommt,
Und mit der Richtung seinen Namen ändert.
Non è il mondan romore altro ch'un fiato
di vento, ch'or vien quinci e or vien quindi,
e muta nome perché muta lato.
105
Was bleibt dir mehr des Ruhms, wenn du im Alter
Das Fleisch verlässest, als wenn du gestorben
Bevor du aufgehört kindisch zu lallen,
Che voce avrai tu più, se vecchia scindi
da te la carne, che se fossi morto
anzi che tu lasciassi il 'pappo' e 'l 'dindi',
108
Wenn tausend Jahr dahin? was kürz're Zeit doch
Für Ewiges, als eines Auges Blinken
Für den Kreis, der der langsamste am Himmel.
pria che passin mill'anni? ch'è più corto
spazio a l'etterno, ch'un muover di ciglia
al cerchio che più tardi in cielo è torto.
111
Der Name deß, der hier vor mir des Weges
So wenig braucht, erfüllt' einst ganz Toskana,
Und jetzt flüstert man kaum von ihm in Siena,
Colui che del cammin sì poco piglia
dinanzi a me, Toscana sonò tutta;
e ora a pena in Siena sen pispiglia,
114
Wo er geherrscht, als da zerstöret ward
Die Wuth der Florentiner, die so stolz
Zu jener Zeit, als jetzt sie käuflich ist.
ond'era sire quando fu distrutta
la rabbia fiorentina, che superba
fu a quel tempo sì com'ora è putta.
117
Denn euer Ruhm ist wie des Grases Farbe,
Die kommt und geht, und die dieselbe Sonne
Entfärbt, durch die es aus der Erde sprießt.
La vostra nominanza è color d'erba,
che viene e va, e quei la discolora
per cui ella esce de la terra acerba".
120
Und ich zu ihm: Die Wahrheit deiner Rede
Flößt Demuth ein und dämpfet großen Stolz.
Doch wer ist der von dem du eben sprachest?
E io a lui: "Tuo vero dir m'incora
bona umiltà, e gran tumor m'appiani;
ma chi è quei di cui tu parlavi ora?".
123
Es ist, sprach er, Provenzano Salvani;
Und er ist hier, weil er sich stolz vermessen,
Siena ganz in seine Hand zu bringen.
"Quelli è", rispuose, "Provenzan Salvani;
ed è qui perché fu presuntüoso
a recar Siena tutta a le sue mani.
126
So geht er ohne Rast, und ist gegangen
Seit er gestorben; solche Münze zahlet,
Wer dort zuviel gewagt, zur Buße hier.
Ito è così e va, sanza riposo,
poi che morì; cotal moneta rende
a sodisfar chi è di là troppo oso".
129
Wenn jeder Geist, der erst des Lebens Grenze,
Sprach ich, erwartet, eh' er Reu' empfinde,
Dort unten weilt und hierher nicht emporsteigt,
E io: "Se quello spirito ch'attende,
pria che si penta, l'orlo de la vita,
qua giù dimora e qua sù non ascende,
132
So lange Zeit als er auf Erden lebte,
Wenn fromm Gebet ihm nicht zu Hülfe kommt,
Wie ward der Zutritt diesem hier gestattet?
se buona orazïon lui non aita,
prima che passi tempo quanto visse,
come fu la venuta lui largita?".
135
Freiwillig, sprach er, setzte dieser sich,
Als seine Macht am höchsten, jede Scham
Beseit'gend auf den Markt von Siena nieder,
"Quando vivea più glorïoso", disse,
"liberamente nel Campo di Siena,
ogne vergogna diposta, s'affisse;
138
Und dort, um seinen Freund aus der Gefahr
Zu ziehn, die ihm in Carls Kerker drohte,
Erduldet' er an jedem Glied zu zittern.
e lì, per trar l'amico suo di pena,
ch'e' sostenea ne la prigion di Carlo,
si condusse a tremar per ogne vena.
141
Mehr sag' ich nicht; ich weiß mein Wort ist dunkel,
Doch kurze Zeit geht hin, und deine Bürger
Machen dir's so, daß du dir's deuten kannst:
Più non dirò, e scuro so che parlo;
ma poco tempo andrà, che ' tuoi vicini
faranno sì che tu potrai chiosarlo.
144
Und diese That enthob ihn jenen Schranken.
Quest'opera li tolse quei confini".
147

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert