003
Es denke sich, wer recht begreifen will,
Was ich jetzt sah, und halte felsenfest
Im Geist das Bild, während ich es beschreibe,
Imagini, chi bene intender cupe
quel ch'i' or vidi - e ritegna l'image,
mentre ch'io dico, come ferma rupe -,
006
Von funfzehn Sternen aus verschiednen Theilen
Des Himmels, die mit solcher Klarheit leuchten,
Daß jede Luftverdichtung sie besiegen.
quindici stelle che 'n diverse plage
lo ciel avvivan di tanto sereno
che soperchia de l'aere ogne compage;
009
Er denke sich den Wagen, dem genügt
Der Busen unsres Himmels Tag und Nacht,
Daß bei der Deichsel Kreisung er nicht schwindet.
imagini quel carro a cu' il seno
basta del nostro cielo e notte e giorno,
sì ch'al volger del temo non vien meno;
012
Er denke sich die Mündung jenes Hornes,
Das da beginnet an der Achse Spitze,
Um welche sich die erste Kreisung dreht;
imagini la bocca di quel corno
che si comincia in punta de lo stelo
a cui la prima rota va dintorno,
015
Sie bildeten am Himmel zwei Sternbilder,
Gleich dem das Minos Tochter einst gebildet,
Als sie den Frost des Todes schon empfand:
aver fatto di sé due segni in cielo,
qual fece la figliuola di Minoi
allora che sentì di morte il gelo;
018
So daß das eine in dem andern glänze,
Und beide sich auf solche Weise drehen,
Daß eines vor, das andre rückwärts geht;
e l'un ne l'altro aver li raggi suoi,
e amendue girarsi per maniera
che l'uno andasse al primo e l'altro al poi;
021
Und kaum den Schatten von dem wahren Sternbild,
Und von dem Doppelreigen wird er haben,
Welcher den Punkt umkreiste, wo ich war,
e avrà quasi l'ombra de la vera
costellazione e de la doppia danza
che circulava il punto dov' io era:
024
Dieweil dies unser Denken überflügelt,
So wie der Lauf des Himmels, der die andern
Besiegt, den Lauf der Chiana übertrifft.
poi ch'è tanto di là da nostra usanza,
quanto di là dal mover de la Chiana
si move il ciel che tutti li altri avanza.
027
Nicht Bacchus sang man dort, noch Päan, sondern
Die göttliche Natur in drei Personen,
Und Gott und Mensch vereint in Einem Wesen.
Lì si cantò non Bacco, non Peana,
ma tre persone in divina natura,
e in una persona essa e l'umana.
030
Als nun erfüllt das Maaß des Singens und
Des Kreisens, wandten sich zu uns die Heil'gen,
Durch neue Sorge seliger sich fühlend.
Compié 'l cantare e 'l volger sua misura;
e attesersi a noi quei santi lumi,
felicitando sé di cura in cura.
033
Es brach das Schweigen der einmüth'gen Geister
Daraus das Licht, in welchem mir erzählt ward
Des Armen Gottes wundervolles Leben.
Ruppe il silenzio ne' concordi numi
poscia la luce in che mirabil vita
del poverel di Dio narrata fumi,
036
Er sprach: Wenn eine Garbe ausgedroschen,
Und wenn der Saame schon ist eingebracht,
Lockt Liebe mich die andre auszudreschen.
e disse: «Quando l'una paglia è trita,
quando la sua semenza è già riposta,
a batter l'altra dolce amor m'invita.
039
Du glaubst, daß in der Brust, aus deren Rippe
Die schöne Wange einst gebildet ward,
Deren Gelüst der ganzen Welt so theuer
Tu credi che nel petto onde la costa
si trasse per formar la bella guancia
il cui palato a tutto 'l mondo costa,
042
Zu stehn kommt, und in die so von der Lanze
Durchbohrt, vor- und nachher so viel genugthat,
Daß jede Sündenschuld sie aufgewogen,
e in quel che, forato da la lancia,
e prima e poscia tanto sodisfece,
che d'ogne colpa vince la bilancia,
045
So viel des Lichts, als die Natur des Menschen
Nur zuläßt, wäre eingeflößet worden,
Von dem, deß Macht sie beide hat geschaffen.
quantunque a la natura umana lece
aver di lume, tutto fosse infuso
da quel valor che l'uno e l'altro fece;
048
Drum wundert dich, was droben ich gesprochen,
Als ich gesagt: Es fand nie einen zweiten
Die Seel' im fünften Lichte eingeschlossen.
e però miri a ciò ch'io dissi suso,
quando narrai che non ebbe 'l secondo
lo ben che ne la quinta luce è chiuso.
051
So öffne denn dein Auge meiner Antwort,
Und du wirst sehn, daß mein Wort und dein Glauben
Wie Mittelpunkt zum Kreise sich verhalten.
Or apri li occhi a quel ch'io ti rispondo,
e vedräi il tuo credere e 'l mio dire
nel vero farsi come centro in tondo.
054
Das was nicht stirbt und das was sterben kann,
Ist weiter nichts als Abglanz des Gedankens,
Den unser Herr aus seiner Lieb' erzeugte.
Ciò che non more e ciò che può morire
non è se non splendor di quella idea
che partorisce, amando, il nostro Sire;
057
Denn das lebend'ge Licht, das von dem Lichtquell
So ausgeht, daß es nie von ihm sich trennt,
Noch von der Liebe die als Drittes zukommt,
ché quella viva luce che sì mea
dal suo lucente, che non si disuna
da lui né da l'amor ch'a lor s'intrea,
060
Vereiniget aus Güte seine Strahlen,
In neun Substanzen gleichsam abgespiegelt,
Während es ewiglich doch einig bleibt.
per sua bontate il suo raggiare aduna,
quasi specchiato, in nove sussistenze,
etternalmente rimanendosi una.
063
Es steigt herab dann zu den letzten Mächten
In seiner Wirkung immer schwächer werdend,
Bis daß Zufäll'ges nur es schafft und kurzes:
Quindi discende a l'ultime potenze
giù d'atto in atto, tanto divenendo,
che più non fa che brevi contingenze;
066
Und dies Zufällige sind die erzeugten
Dinge, mein' ich, die mit und ohne Saamen
Entstehen durch die Kreisung dieser Himmel.
e queste contingenze essere intendo
le cose generate, che produce
con seme e sanza seme il ciel movendo.
069
Ihr Wachs stimmt nicht mit dem stets überein,
Der es ausprägt, und deshalb schimmert es
Aus dem Gepräg mehr oder wen'ger vor.
La cera di costoro e chi la duce
non sta d'un modo; e però sotto 'l segno
idëale poi più e men traluce.
072
Das ist der Grund, weshalb dieselben Bäume
Der Art nach gut' und schlechte Früchte tragen,
Uud ihr entsteht mit mancherlei Gemüthsart.
Ond' elli avvien ch'un medesimo legno,
secondo specie, meglio e peggio frutta;
e voi nascete con diverso ingegno.
075
Wäre das Wachs in seinem besten Zustand,
In seiner höchsten Wirkung auch der Himmel,
Es zeigte dann sich ganz des Siegels Glanz.
Se fosse a punto la cera dedutta
e fosse il cielo in sua virtù supprema,
la luce del suggel parrebbe tutta;
078
Den aber giebt Natur stets unvollkommen;
Sie wirket gleich dem Künstler, der die Uebung
Der Kunst wohl hat, doch zittert ihm die Hand.
ma la natura la dà sempre scema,
similemente operando a l'artista
ch'a l'abito de l'arte ha man che trema.
081
Drum, wo der Urkraft deutliches Erkennen
Und heiße Liebe ordnet und besorgt,
Wird jegliche Vollkommenheit erworben.
Però se 'l caldo amor la chiara vista
de la prima virtù dispone e segna,
tutta la perfezion quivi s'acquista.
084
So ward der Erdenstaub würdig gemacht
Jeglicher thierischen Vollkommenheit,
So ward die Jungfrau schwanger auch gemacht:
Così fu fatta già la terra degna
di tutta l'animal perfezïone;
così fu fatta la Vergine pregna;
087
So daß ich deine Meinung wohl belobe,
Daß nie die menschliche Natur gewesen,
Noch je sein wird, als wie in diesen beiden.
sì ch'io commendo tua oppinïone,
che l'umana natura mai non fue
né fia qual fu in quelle due persone.
090
Wollt' ich nun weiter vorwärts nicht mehr gehn,
Wie konnte der denn ohne Gleichen sein?
So würden deine Worte dann beginnen.
Or s'i' non procedesse avanti piùe,
'Dunque, come costui fu sanza pare?'
comincerebber le parole tue.
093
Doch damit du recht sehst, was du nicht siehst,
Bedenke wer er war und was ihn trieb
Zu fordern, als ihm: Fordre! ward gesagt.
Ma perché paia ben ciò che non pare,
pensa chi era, e la cagion che 'l mosse,
quando fu detto "Chiedi", a dimandare.
096
Wohl kannst aus meiner Rede du erkennen,
Daß er ein König war, der Weisheit wünschte,
Auf daß er ein vollkommner König wäre,
Non ho parlato sì, che tu non posse
ben veder ch'el fu re, che chiese senno
acciò che re sufficïente fosse;
099
Nicht um die Zahl zu wissen der Beweger,
Die oben sind, noch ob Nothwendiges
Mit Möglichem Nothwend'ges geben könne;
non per sapere il numero in che enno
li motor di qua sù, o se necesse
con contingente mai necesse fenno;
102
Nicht, si est dare primum motum esse,
Noch ob man aus dem halben Kreise kann
Ein Dreieck bilden ohne rechten Winkel.
non si est dare primum motum esse,
o se del mezzo cerchio far si puote
trïangol sì ch'un retto non avesse.
105
Deshalb, bedenkst du dies und was ich sagte,
So siehst du, daß dies Schauen ohne Gleichen
Ist Königsweisheit, worauf ich gezielt;
Onde, se ciò ch'io dissi e questo note,
regal prudenza è quel vedere impari
in che lo stral di mia intenzion percuote;
108
Und richtest du auf es entstand die Augen,
So siehst du, daß es sich allein bezieht
Auf Kön'ge, deren viel sind, gute selten.
e se al "surse" drizzi li occhi chiari,
vedrai aver solamente respetto
ai regi, che son molti, e ' buon son rari.
111
Nimm denn mein Wort mit dieser Unterscheidung,
So kann's bestehn mit dem was du geglaubt
Vom ersten Vater und von unsrem Liebling.
Con questa distinzion prendi 'l mio detto;
e così puote star con quel che credi
del primo padre e del nostro Diletto.
114
Das diene dir als Blei für deine Füße,
Dich langsam zu bewegen wie ein Müder
Zum Ja und Nein, das du nicht recht erkennst.
E questo ti sia sempre piombo a' piedi,
per farti mover lento com' uom lasso
e al sì e al no che tu non vedi:
117
Denn der steht unter Thoren wohl am tiefsten,
Der ohne Unterschied Ja oder Nein sagt,
In diesem Falle so wie auch tu jenem.
ché quelli è tra li stolti bene a basso,
che sanza distinzione afferma e nega
ne l'un così come ne l'altro passo;
120
Denn nur zu oft geschieht es, daß die Meinung,
Die herrschende, sich neigt nach falscher Seite,
Vorliebe dann auch den Verstand wohl bindet.
perch' elli 'ncontra che più volte piega
l'oppinïon corrente in falsa parte,
e poi l'affetto l'intelletto lega.
123
Mehr als umsonst entfernt sich von dem Ufer,
Weil er nicht wiederkehrt wie er gegangen,
Wer fischt nach Wahrheit und versteht die Kunst nicht.
Vie più che 'ndarno da riva si parte,
perché non torna tal qual e' si move,
chi pesca per lo vero e non ha l'arte.
126
Davon sind schlagende Beweis' auf Erden
Melissus, Brissus, Parmenid' und viele,
Welche gegangen und wohin nicht wußten.
E di ciò sono al mondo aperte prove
Parmenide, Melisso e Brisso e molti,
li quali andaro e non sapëan dove;
129
So einst Arius und Sabellius,
Und jene Thoren, die das grade Antlitz
Der Schrift, wie Schwerter zu verstümmeln suchten.
sì fé Sabellio e Arrio e quelli stolti
che furon come spade a le Scritture
in render torti li diritti volti.
132
Es seien doch die Leute nicht so sicher
In ihrem Urtheil, wie der Mensch, der abschätzt
Das Korn im Felde, eh' es reif geworden.
Non sien le genti, ancor, troppo sicure
a giudicar, sì come quei che stima
le biade in campo pria che sien mature;
135
Denn oft hab' ich den Dorn den ganzen Winter
Sich starr und wild erweisen sehn, und doch
Zuletzt die Rose noch am Gipfel tragen.
ch'i' ho veduto tutto 'l verno prima
lo prun mostrarsi rigido e feroce,
poscia portar la rosa in su la cima;
138
Wohl sah ich schon ein Schiff aufrecht und schnell
Das Meer auf seinem ganzen Weg durchlaufen,
Und an des Hafens Mündung untergehn.
e legno vidi già dritto e veloce
correr lo mar per tutto suo cammino,
perire al fine a l'intrar de la foce.
141
Frau Bertha glaube nicht und Meister Martin,
Weil er den stehlen, jenen opfern sieht,
Daß er im Rath des Himmels sie gesehn;
Non creda donna Berta e ser Martino,
per vedere un furare, altro offerere,
vederli dentro al consiglio divino;
144
Denn der kann sich erheben, jener fallen.
ché quel può surgere, e quel può cadere».

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert