003
Obwohl die rasche Flucht die andern alle
Ueber die Ebne hin zerstreut, zum Berge
Gewendet, wo Vernunft die Seele stachelt,
Avvegna che la subitana fuga
dispergesse color per la campagna,
rivolti al monte ove ragion ne fruga,
006
Hielt ich mich dicht an den treuen Gefährten.
Und wie wär' ich auch ohne ihn gelaufen?
Wer hätte mich den Berg empor gezogen?
i' mi ristrinsi a la fida compagna:
e come sare' io sanza lui corso?
chi m'avria tratto su per la montagna?
009
Er schien mir über sich beschämt zu sein.
O würdiges Gewissen und o reines,
Wie ist dir kleiner Fehler bittrer Stachel!
El mi parea da sé stesso rimorso:
o dignitosa coscïenza e netta,
come t'è picciol fallo amaro morso!
012
Als seine Füße nun die Eile ließen,
Die jedem Handeln seine Würde raubt,
Da breitete mein Geist, zuerst befangen,
Quando li piedi suoi lasciar la fretta,
che l'onestade ad ogn'atto dismaga,
la mente mia, che prima era ristretta,
015
Begierig die Gedanken weiter aus.
Es richtete mein Blick sich zu dem Berge,
Der sich am höchsten zu dem Himmel hebt.
lo 'ntento rallargò, sì come vaga,
e diedi 'l viso mio incontr'al poggio
che 'nverso 'l ciel più alto si dislaga.
018
Der Sonne Strahlen, welche hinter mir
Glühend entbrannten, brachen vor mir sich,
Weil an dem Leib sie einen Stützpunkt fanden.
Lo sol, che dietro fiammeggiava roggio,
rotto m'era dinanzi a la figura,
ch'avëa in me de' suoi raggi l'appoggio.
021
Drum wandt' ich seitswärts mich, in der Befürchtung,
Daß ich verlassen sei, weil ich bemerkte,
Daß nur vor mir die Erde dunkel blieb.
Io mi volsi dallato con paura
d'essere abbandonato, quand'io vidi
solo dinanzi a me la terra oscura;
024
Und zu mir sprach, sich gänzlich zu mir wendend,
Mein Trost: Warum mißtraust du? glaubst du denn
Daß ich nicht bei dir sei, und dich nicht leite?
e 'l mio conforto: "Perché pur diffidi?",
a dir mi cominciò tutto rivolto;
"non credi tu me teco e ch'io ti guidi?
027
Schon Abend ist, da wo begraben liegt
Der Leib, in welchem Schatten ich einst warf,
Von Brindisi entfernt, jetzt in Neapel.
Vespero è già colà dov'è sepolto
lo corpo dentro al quale io facea ombra;
Napoli l' ha, e da Brandizio è tolto.
030
Und wenn vor mir kein Schatten jetzt entsteht,
Ist's wunderbarer nicht, als daß kein Himmel
Des Lichtes Durchzug zu dem andern wehrt.
Ora, se innanzi a me nulla s'aombra,
non ti maravigliar più che d'i cieli
che l'uno a l'altro raggio non ingombra.
033
Dergleichen Körper, Hitz' und Kält' empfindend,
Hat jene Kraft geschaffen, die nicht will,
Daß, wie sie's macht, uns offenbaret werde.
A sofferir tormenti, caldi e geli
simili corpi la Virtù dispone
che, come fa, non vuol ch'a noi si sveli.
036
Ein Thor ist, der da hofft, daß unser Denken
Den dunkeln Weg verfolgen könne, den
Eine Substanz in drei Personen einschlägt.
Matto è chi spera che nostra ragione
possa trascorrer la infinita via
che tiene una sustanza in tre persone.
039
Daß es so ist, genüge euch, ihr Menschen;
Denn hättet alles ihr erkennen können,
So brauchte nicht Maria zu gebähren.
State contenti, umana gente, al quia;
ché, se potuto aveste veder tutto,
mestier non era parturir Maria;
042
Nicht würden ohne Furcht sich sehnen manche,
Wenn ihre Sehnsucht könnt' erfüllet werden,
Die nun für ewig ihre Qual ausmacht.
e disïar vedeste sanza frutto
tai che sarebbe lor disio quetato,
ch'etternalmente è dato lor per lutto:
045
Den Aristoteles und Plato mein' ich,
Und viele andre; und die Stirne senkt' er,
Und ganz verstöret sprach er weiter nichts.
io dico d'Aristotile e di Plato
e di molt'altri"; e qui chinò la fronte,
e più non disse, e rimase turbato.
048
Indessen kamen wir zum Fuß des Berges;
Doch fanden wir den Felsen dort so steil,
Daß sich umsonst die Füße dran versuchten.
Noi divenimmo intanto a piè del monte;
quivi trovammo la roccia sì erta,
che 'ndarno vi sarien le gambe pronte.
051
Der ödeste, einsamste Weg, der zwischen
Leric' und Turbia liegt, ist eine Treppe
Bequem und offen, ein Vergleich mit diesem.
Tra Lerice e Turbìa la più diserta,
la più rotta ruina è una scala,
verso di quella, agevole e aperta.
054
Die Schritte hemmend, sprach darauf mein Meister:
Wer weiß, wo sich der Abhang also senket,
Daß er steigbar ist auch ohne Flügel.
"Or chi sa da qual man la costa cala",
disse 'l maestro mio fermando 'l passo,
"sì che possa salir chi va sanz'ala?".
057
Und während er gesenkten Angesichts
Die Art und Weise dieses Wegs erforschte,
Und ich nach oben rings den Fels erspähte,
E mentre ch'e' tenendo 'l viso basso
essaminava del cammin la mente,
e io mirava suso intorno al sasso,
060
Kam von der linken Seite eine Schaar
Von Seelen, die auf uns die Schritte lenkten;
Doch sah man's kaum, so langsam gingen sie.
da man sinistra m'apparì una gente
d'anime, che movieno i piè ver' noi,
e non pareva, sì venïan lente.
063
Erheb', sprach ich zum Meister, deine Augen!
Von dorther kommt, was uns belehren wird,
Wenn keinen Rath du selber finden kannst.
"Leva", diss'io, "maestro, li occhi tuoi:
ecco di qua chi ne darà consiglio,
se tu da te medesmo aver nol puoi".
066
Er sah mich an, und offnen Angesichts
Gehn wir! denn langsam kommen sie, sprach er.
Und du, mein Sohn, befest'ge deine Hoffnung!
Guardò allora, e con libero piglio
rispuose: "Andiamo in là, ch'ei vegnon piano;
e tu ferma la spene, dolce figlio".
069
Noch eines guten Werfers Steinwurf weit
War jenes Volk von uns entfernt. als wir
Schon tausend Schritte zu ihm hingethan,
Ancora era quel popol di lontano,
i' dico dopo i nostri mille passi,
quanto un buon gittator trarria con mano,
072
Als alle sie sich an die Felsen drückten
Des hohen Abhangs, und gedrängt still standen,
Wie wer des Wegs unsicher steht und hinschaut.
quando si strinser tutti ai duri massi
de l'alta ripa, e stetter fermi e stretti
com'a guardar, chi va dubbiando, stassi.
075
O wohl vollendet', schon erwählte Geister,
Begann Virgil, ich bitt' um jenen Frieden,
Den alle ihr erwartet, wie ich glaube.
"O ben finiti, o già spiriti eletti",
Virgilio incominciò, "per quella pace
ch'i' credo che per voi tutti s'aspetti,
078
Sagt uns, wo so der Berg sich milde senket,
Daß eine Möglichkeit ihn zu ersteigen:
Denn wer viel weiß, dem mißfällt Zeitverlust.
ditene dove la montagna giace,
sì che possibil sia l'andare in suso;
ché perder tempo a chi più sa più spiace".
081
So wie die Schäflein aus dem Stalle gehn
Zu eins, zu zwei, zu drei, wobei die andern
Gesenkt die Schnauz' und Augen schüchtern stehn,
Come le pecorelle escon del chiuso
a una, a due, a tre, e l'altre stanno
timidette atterrando l'occhio e 'l muso;
084
Und was das erste thut, sich an es drängend,
Wenn still es steht, die andern gleichfalls thun,
Einfältig, still, und das Warum nicht wissen:
e ciò che fa la prima, e l'altre fanno,
addossandosi a lei, s'ella s'arresta,
semplici e quete, e lo 'mperché non sanno;
087
So sah ich nun die Führer jener Heerde,
Der seligen sich in Bewegung setzen
Mit zücht'gem Antlitz und ehrbaren Ganges.
sì vid'io muovere a venir la testa
di quella mandra fortunata allotta,
pudica in faccia e ne l'andare onesta.
090
Als nun die ersten sahen, wie das Licht
Gebrochen war am Boden, mir zur Rechten,
So daß mein Schatten nach dem Felsen fiel:
Come color dinanzi vider rotta
la luce in terra dal mio destro canto,
sì che l'ombra era da me a la grotta,
093
Blieben sie stehn, etwas zurücke tretend,
Und alle andern, die nach ihnen kamen
Thaten dasselbe, das Warum nicht wissend.
restaro, e trasser sé in dietro alquanto,
e tutti li altri che venieno appresso,
non sappiendo 'l perché, fenno altrettanto.
096
Ohn' eure Frage will ich euch gestehn,
Daß eines Menschen Leib ist, was ihr sehet,
Durch den das Licht am Boden wird gespalten.
"Sanza vostra domanda io vi confesso
che questo è corpo uman che voi vedete;
per che 'l lume del sole in terra è fesso.
099
Wundert euch nicht darob, glaubet vielmehr,
Daß er nicht ohne Kraft vom Himmel stammend,
Die Felsenmauer sucht zu übersteigen.
Non vi maravigliate, ma credete
che non sanza virtù che da ciel vegna
cerchi di soverchiar questa parete".
102
Also der Meister, und dies würd'ge Volk,
Uns Zeichen gebend mit der Hände Rücken,
Sprach: Kehret um, und schreitet vorwärts dann!
Così 'l maestro; e quella gente degna
"Tornate", disse, "intrate innanzi dunque",
coi dossi de le man faccendo insegna.
105
Und einer unter ihnen sprach: Wer immer
Du auch sein mögest, wend' im Gehn das Antlitz
Und überleg', ob du mich je gesehen!
E un di loro incominciò: "Chiunque
tu se', così andando, volgi 'l viso:
pon mente se di là mi vedesti unque".
108
Ich wandte mich zu ihm und sah ihn scharf an;
Schön war er, blond und edlen Angesichts;
Doch eine Brau' hatt' ihm ein Streich gespalten.
Io mi volsi ver' lui e guardail fiso:
biondo era e bello e di gentile aspetto,
ma l'un de' cigli un colpo avea diviso.
111
Als ich demüthig es verneint, daß ich
Ihn je gesehn, sprach er: Schau her! und zeigte
Mir eine Wunde oben an der Brust.
Quand'io mi fui umilmente disdetto
d'averlo visto mai, el disse: "Or vedi";
e mostrommi una piaga a sommo 'l petto.
114
Drauf sprach er lächelnd zu mir: Ich bin Manfred;
Ein Enkel bin ich Kaiserin Constanza's.
Drum bitt' ich dich, daß, wenn du wiederkehrest,
Poi sorridendo disse: "Io son Manfredi,
nepote di Costanza imperadrice;
ond'io ti priego che, quando tu riedi,
117
Du gehst zu meiner schönen Tochter, Mutter
Von Aragons und von Siziliens Stolze,
Und sag' ihr Wahrheit, wenn man andres sagt.
vadi a mia bella figlia, genitrice
de l'onor di Cicilia e d'Aragona,
e dichi 'l vero a lei, s'altro si dice.
120
Nachdem mein Leib von zwei tödtlichen Wunden
Durchbohret war, wandt' ich mich weinend hin
Zu dem, der jedem Sünder gern vergiebt.
Poscia ch'io ebbi rotta la persona
di due punte mortali, io mi rendei,
piangendo, a quei che volontier perdona.
123
Entsetzlich waren freilich meine Sünden:
Doch sind so weit der ew'gen Liebe Arme,
Daß sie aufnimmt, was nur zu ihr sich wendet.
Orribil furon li peccati miei;
ma la bontà infinita ha sì gran braccia,
che prende ciò che si rivolge a lei.
126
Hätte der Bischof von Cosenza, den
Clemens auf mich gehetzt, nur diese Seite
In Gottes Worte recht gelesen, würden
Se 'l pastor di Cosenza, che a la caccia
di me fu messo per Clemente allora,
avesse in Dio ben letta questa faccia,
129
Noch die Gebeine meines Leibes dorten
Bei Benevent, am Ausgange der Brücke
Unter dem Schutz des schweren Steinwalls ruhen.
l'ossa del corpo mio sarieno ancora
in co del ponte presso a Benevento,
sotto la guardia de la grave mora.
132
Nun aber peitscht der Regen, wälzt der Wind sie
An Verde's Ufer außerhalb des Reiches,
Wo er sie hinwarf bei gelöschten Kerzen.
Or le bagna la pioggia e move il vento
di fuor dal regno, quasi lungo 'l Verde,
dov'e' le trasmutò a lume spento.
135
Durch ihren Fluch geht man nicht so verloren,
Daß nicht die ew'ge Lieb' erwachen könnte,
Bleibt an der Hoffnung etwas Grünes nur.
Per lor maladizion sì non si perde,
che non possa tornar, l'etterno amore,
mentre che la speranza ha fior del verde.
138
Wahr ist's, daß, wer in Ungehorsam stirbt
Der heil'gen Kirche, ob er auch zuletzt
Bereue, doch von diesem Ufer fern bleibt
Vero è che quale in contumacia more
di Santa Chiesa, ancor ch'al fin si penta,
star li convien da questa ripa in fore,
141
So lange dreißigmal als er beharret
In seinem starren Sinn, wenn solche Ordnung
Durch gute Bitten abgekürzt nicht wird.
per ognun tempo ch'elli è stato, trenta,
in sua presunzïon, se tal decreto
più corto per buon prieghi non diventa.
144
So sieh nun zu, ob du mich kannst erfreuen,
Wenn du, wie du mich sahest, meiner guten
Constanze offenbarst, und dies Gesetz auch:
Vedi oggimai se tu mi puoi far lieto,
revelando a la mia buona Costanza
come m' hai visto, e anco esto divieto;
147
Denn hier wird man durch jene sehr gefördert.
ché qui per quei di là molto s'avanza".

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