003
Wenn die, welche die ganze Welt erleuchtet,
Von unsrer Himmelshälfte so herabsteigt,
Daß nun der Tag von allen Seiten schwindet,
Quando colui che tutto 'l mondo alluma
de l'emisperio nostro sì discende,
che 'l giorno d'ogne parte si consuma,
006
Dann wird der Himmel, den allein sie erst
Entzündete, urplötzlich wieder leuchtend
Von vielen Lichtern, worin sie nur glänzt.
lo ciel, che sol di lui prima s'accende,
subitamente si rifà parvente
per molte luci, in che una risplende;
009
Dies Bild des Himmels kam mir in den Sinn,
Als nun der Welt und ihrer Führer Zeichen
In dem gebenedeiten Schnabel schwieg,
e questo atto del ciel mi venne a mente,
come 'l segno del mondo e de' suoi duci
nel benedetto rostro fu tacente;
012
Dieweil nun die lebend'gen Lichter alle
Erglänzend mehr als je Gesäng' anstimmten,
Welche meinem Gedächtniß sind entfallen.
però che tutte quelle vive luci,
vie più lucendo, cominciaron canti
da mia memoria labili e caduci.
015
O süße Liebe, die in Lächeln dich
Verhüllst, wie schienst du glühend in den Funken,
Die heiliger Gedanken Hauch belebt!
O dolce amor che di riso t'ammanti,
quanto parevi ardente in que' flailli,
ch'avieno spirto sol di pensier santi!
018
Nachdem die theuren, glänzenden Juwelen,
Womit das sechste Licht geschmückt ich sah,
Den Engelstönen Schweigen auferlegt,
Poscia che i cari e lucidi lapilli
ond' io vidi ingemmato il sesto lume
puoser silenzio a li angelici squilli,
021
Glaubt' eines Flusses Murmeln ich zu hören,
Der klar von Fels zu Fels herab sich stürzt,
Den Reichthum seines Urquells offenbarend.
udir mi parve un mormorar di fiume
che scende chiaro giù di pietra in pietra,
mostrando l'ubertà del suo cacume.
024
Und wie der Ton sich bildet an dem Halse
Der Cither, wie der Wind, der eingeblasen,
Dasselbe thut an der Schalmeien Mündung:
E come suono al collo de la cetra
prende sua forma, e sì com' al pertugio
de la sampogna vento che penètra,
027
So stieg urplötzlich ohne Zögerung
Dieses Gemurmel durch des Adlers Hals,
Als ob er hohl gewesen, jetzt empor.
così, rimosso d'aspettare indugio,
quel mormorar de l'aguglia salissi
su per lo collo, come fosse bugio.
030
Dort ward zur Stimm' es, und von dort erschallt' es
Durch seinen Schnabel in Gestalt von Worten,
Wie sie das Herz, wo ich sie aufschrieb, heischte.
Fecesi voce quivi, e quindi uscissi
per lo suo becco in forma di parole,
quali aspettava il core ov' io le scrissi.
033
Den Theil von mir, der in sterblichen Aaren
Sieht und die Sonn' erträgt, begann er nun,
Den mußt du scharf nunmehr ins Auge fassen,
«La parte in me che vede e pate il sole
ne l'aguglie mortali», incominciommi,
«or fisamente riguardar si vole,
036
Weil von den Feuern, daraus ich gestaltet,
Die, welche funkeln in dem Auge mir,
Die allerhöchsten sind von ihrer Gattung.
perché d'i fuochi ond' io figura fommi,
quelli onde l'occhio in testa mi scintilla,
e' di tutti lor gradi son li sommi.
039
Der als Augapfel in der Mitte leuchtet,
Das war des heil'gen Geistes Sänger, der
Von Stadt zu Stadt die Bundeslade führte.
Colui che luce in mezzo per pupilla,
fu il cantor de lo Spirito Santo,
che l'arca traslatò di villa in villa:
042
Nunmehr erkennt den Werth seines Gesangs er,
Sofern er Wirkung seines Willens war,
An der Vergeltung die dem Werthe gleichkommt.
ora conosce il merto del suo canto,
in quanto effetto fu del suo consiglio,
per lo remunerar ch'è altrettanto.
045
Der von den fünfen, die den Bogen bilden
Der Augenbrau'n, dem Schnabel mir am nächsten,
Gab Trost der Witwe über ihren Sohn.
Dei cinque che mi fan cerchio per ciglio,
colui che più al becco mi s'accosta,
la vedovella consolò del figlio:
048
Nun sieht er ein, wie Christo nicht zu folgen
Theuer zu stehn kommt, da er aus Erfahrung
Das süße Leben und das andre kennt.
ora conosce quanto caro costa
non seguir Cristo, per l'esperïenza
di questa dolce vita e de l'opposta.
051
Und der da folget in dem obern Bogen
Des Umkreises, den ich erwähnt, er hat
Durch wahre Buße seinen Tod verschoben.
E quel che segue in la circunferenza
di che ragiono, per l'arco superno,
morte indugiò per vera penitenza:
054
Nun sieht er ein, daß sich darum nicht wandelt
Das ewige Gericht, weil fromme Bitte
Dort unten morgen aus dem heute macht.
ora conosce che 'l giudicio etterno
non si trasmuta, quando degno preco
fa crastino là giù de l'odïerno.
057
Der andre ward mit mir und den Gesetzen
In guter Absicht, doch mit schlechter Frucht,
Zum Griechen, um dem Hirten Raum zu geben.
L'altro che segue, con le leggi e meco,
sotto buona intenzion che fé mal frutto,
per cedere al pastor si fece greco:
060
Nun sieht er ein, wie ihm nicht hat geschadet
Was Schlimmes folgt aus seinem Gutesthun,
Obgleich die Welt dadurch zerstöret worden.
ora conosce come il mal dedutto
dal suo bene operar non li è nocivo,
avvegna che sia 'l mondo indi distrutto.
063
Und der, den in der Senkung du des Bogens
Erblickst, war Wilhelm, den das Land beweinet,
Das jetzo weint ob Carls und Friedrichs Leben.
E quel che vedi ne l'arco declivo,
Guiglielmo fu, cui quella terra plora
che piagne Carlo e Federigo vivo:
066
Jetzt sieht er ein, wie den gerechten König
Der Himmel liebt, und das erkennt man auch
Noch an dem hellen Glanz seiner Erscheinung.
ora conosce come s'innamora
lo ciel del giusto rege, e al sembiante
del suo fulgore il fa vedere ancora.
069
Wer glaubte unten in der irren Welt wohl,
Daß Ripheus, der Trojaner, in dem Kreise
Der fünfte wäre dieser heil'gen Lichter?
Chi crederebbe giù nel mondo errante
che Rifëo Troiano in questo tondo
fosse la quinta de le luci sante?
072
Nun sieht er viel von dem was dort die Welt
Von Gottes Gnade nicht erkennen kann,
Ob auch sein Aug' die Tiefe nicht ergründet.
Ora conosce assai di quel che 'l mondo
veder non può de la divina grazia,
ben che sua vista non discerna il fondo».
075
Der Lerche gleich, die in der Luft sich wieget,
Erst singend und nachher befriedigt schweigt
Von ihrer letzten Wonne die sie sättigt:
Quale allodetta che 'n aere si spazia
prima cantando, e poi tace contenta
de l'ultima dolcezza che la sazia,
078
So schien das Bild mir von dem Trieb gesättigt
Der ew'gen Wonne, die nach ihrem Wunsche
Jedwedes Ding zu dem macht was es ist.
tal mi sembiò l'imago de la 'mprenta
de l'etterno piacere, al cui disio
ciascuna cosa qual ell' è diventa.
081
Und ob ich gleich mit meinem Zweifel hier
Dem Glase glich, dem Farb' untergelegt,
Konnt' er die Zeit doch schweigend nicht erwarten.
E avvegna ch'io fossi al dubbiar mio
lì quasi vetro a lo color ch'el veste,
tempo aspettar tacendo non patio,
084
Vielmehr trieb sein Gewicht mir aus dem Munde
Die Worte: Was sind das für Dinge hier?
Darob ich großes Freudefunkeln sah.
ma de la bocca, «Che cose son queste?»,
mi pinse con la forza del suo peso:
per ch'io di coruscar vidi gran feste.
087
Und gleich nachher, mit mehr entflammtem Auge
Erwiderte das heil'ge Zeichen mir,
Um mich im Staunen länger nicht zu lassen:
Poi appresso, con l'occhio più acceso,
lo benedetto segno mi rispuose
per non tenermi in ammirar sospeso:
090
Ich sehe wohl, daß du das alles glaubest,
Weil ich es sage, doch siehst du das Wie nicht,
So daß, wenn auch geschaut, es doch verborgen.
«Io veggio che tu credi queste cose
perch' io le dico, ma non vedi come;
sì che, se son credute, sono ascose.
093
Du machst es so, wie einer, der ein Ding
Mit Namen kennt, doch seine Wesenheit
Nicht sehen kann, erschließt sie nicht wer anders.
Fai come quei che la cosa per nome
apprende ben, ma la sua quiditate
veder non può se altri non la prome.
096
Regnum coelorum kann Gewalt erleiden
Von heißer Liebe und lebend'ger Hoffnung,
Welche den Willen Gottes überwinden,
Regnum celorum vïolenza pate
da caldo amore e da viva speranza,
che vince la divina volontate:
099
Nicht wie ein Mensch den andern überwindet;
Sie siegen, weil er will besieget sein,
Und so besiegt, siegt er mit seiner Güte.
non a guisa che l'omo a l'om sobranza,
ma vince lei perché vuole esser vinta,
e, vinta, vince con sua beninanza.
102
Die erst' und fünfte Seele dieses Auges
Erfüllt mit Staunen dich, weil du mit ihnen
Das Reich der Engel ausgeschmücket siehst.
La prima vita del ciglio e la quinta
ti fa maravigliar, perché ne vedi
la regïon de li angeli dipinta.
105
Nicht wie du glaubst verließen sie den Leib
Als Heiden, nein, als Christen festen Glaubens
An das zukünft'g' und das vergangne Leiden.
D'i corpi suoi non uscir, come credi,
Gentili, ma Cristiani, in ferma fede
quel d'i passuri e quel d'i passi piedi.
108
Denn aus der Hölle, wo nie heil'ger Wille
Entsteht, kehrte zum Leib zurück der eine;
Und das war Lohn seiner lebend'gen Hoffnung.
Ché l'una de lo 'nferno, u' non si riede
già mai a buon voler, tornò a l'ossa;
e ciò di viva spene fu mercede:
111
Lebend'ger Hoffnung auf die Macht der Bitten
An Gott gerichtet, daß er ihn erwecke,
Damit sein Wille nun bewegt sein könne.
di viva spene, che mise la possa
ne' prieghi fatti a Dio per suscitarla,
sì che potesse sua voglia esser mossa.
114
Die edle Seele, von der ich gesprochen,
Ins Fleisch auf kurze Zeit zurückgekehrt,
Glaubte an ihn nun der ihr helfen konnte.
L'anima glorïosa onde si parla,
tornata ne la carne, in che fu poco,
credette in lui che potëa aiutarla;
117
Und glaubend ward von solcher Gluth der Liebe
Entzündet sie, daß bei dem zweiten Tode
Sie würdig war zu diesem Fest zu kommen.
e credendo s'accese in tanto foco
di vero amor, ch'a la morte seconda
fu degna di venire a questo gioco.
120
Aus einer Gnade, die so tiefer Quelle
Entströmet, daß keines Geschöpfes Auge
Noch bis zur ersten Well' ist vorgedrungen,
L'altra, per grazia che da sì profonda
fontana stilla, che mai creatura
non pinse l'occhio infino a la prima onda,
123
Hatte der andre seine Lieb' auf's Rechtthun
Gerichtet so, daß Gott von Gnad' zu Gnade
Das Aug' ihm für das künft'ge Heil eröffnet.
tutto suo amor là giù pose a drittura:
per che, di grazia in grazia, Dio li aperse
l'occhio a la nostra redenzion futura;
126
Darob er an dies glaubte und nicht länger
Den Stank des Heidenthums ertrug, vielmehr
Die irrgeführten Völker deshalb strafte.
ond' ei credette in quella, e non sofferse
da indi il puzzo più del paganesmo;
e riprendiene le genti perverse.
129
Als Taufe dienten die drei Frauen ihm,
Die an dem rechten Rade du gesehen,
Wohl mehr als tausend Jahr bevor man taufte.
Quelle tre donne li fur per battesmo
che tu vedesti da la destra rota,
dinanzi al battezzar più d'un millesmo.
132
O Vorbestimmung, wie liegt deine Wurzel
So ferne doch von allen jenen Augen,
Welche den ersten Grund nicht ganz erschauen!
O predestinazion, quanto remota
è la radice tua da quelli aspetti
che la prima cagion non veggion tota!
135
Und ihr, o Sterblichen, haltet zurück euch
Mit eurem Urtheil! denn wir, die wir Gott sehn,
Kennen noch nicht die Auserwählten alle.
E voi, mortali, tenetevi stretti
a giudicar: ché noi, che Dio vedemo,
non conosciamo ancor tutti li eletti;
138
Und süß ist dieser Mangel uns, dieweil
Sich dadurch unser Glück noch läutert, daß
Was Gott gewollt wir ebenfalls nun wollen.
ed ènne dolce così fatto scemo,
perché il ben nostro in questo ben s'affina,
che quel che vole Iddio, e noi volemo».
141
So ward von jenem göttlichen Gebilde,
Um mein zu blödes Auge aufzuhellen,
Mir diese süße Arzenei gereicht.
Così da quella imagine divina,
per farmi chiara la mia corta vista,
data mi fu soave medicina.
144
Und wie der gute Citherspieler folgt
Dem guten Sänger mit dem Klang der Saiten,
Wodurch der Sang an Lieblichkeit gewinnt,
E come a buon cantor buon citarista
fa seguitar lo guizzo de la corda,
in che più di piacer lo canto acquista,
147
So während jener sprach, erinnr' ich mich,
Daß die gebenedeiten Lichter beide
Mit seinen Worten ihre Flammen rührten,
sì, mentre ch'e' parlò, sì mi ricorda
ch'io vidi le due luci benedette,
pur come batter d'occhi si concorda,
150
Wie beide Augen sich zugleich bewegen.
con le parole mover le fiammette.

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