003
Schon aufgerichtet war die Flamm' und ruhig,
Weil sie nicht sprach, und schon ging sie von dannen
Mit der Erlaubniß meines süßen Dichters,
Già era dritta in sù la fiamma e queta
per non dir più, e già da noi sen gia
con la licenza del dolce poeta,
006
Als eine andre, die hinter ihr herkam,
Nach ihrem Gipfel unsre Augen hinzog,
Aus welchem ein verworrner Ton hervordrang.
quand'un'altra, che dietro a lei venìa,
ne fece volger li occhi a la sua cima
per un confuso suon che fuor n'uscia.
009
So wie Siciliens Stier, der einst zuerst,
Und das war Recht, erbrüllte von dem Jammern
Deß, der mit seiner Feil' ihn zugerichtet;
Come 'l bue cicilian che mugghiò prima
col pianto di colui, e ciò fu dritto,
che l'avea temperato con sua lima,
012
Durch des Gequälten Stimme brüllte so,
Daß er von Schmerz zerrissen schien, obwohl
Er selbst doch nur von Erz gebildet war:
mugghiava con la voce de l'afflitto,
sì che, con tutto che fosse di rame,
pur el pareva dal dolor trafitto;
015
So wandelten des Jammers Worte sich,
Weil weder Weg noch Ausgang aus dem Feuer
Sie anfangs fanden in des Feuers Sprache.
così, per non aver via né forame
dal principio nel foco, in suo linguaggio
si convertïan le parole grame.
018
Doch als die Worte ihren Weg gefunden
Zur Spitz' empor, der sie die Schwingung gaben,
Welche die Zunge ihnen mitgetheilt,
Ma poscia ch'ebber colto lor vïaggio
su per la punta, dandole quel guizzo
che dato avea la lingua in lor passaggio,
021
Hörten wir sagen: Du, an den ich richte
Das Wort, und der lombardisch eben sprachest:
Itzo geh fort von hier, ich treib' dich nimmer,
udimmo dire: "O tu a cu' io drizzo
la voce e che parlavi mo lombardo,
dicendo "Istra ten va, più non t'adizzo",
024
Verschmäh' es nicht zu bleiben und zu sprechen
Mit mir, ob ich gleich etwas spät gekommen.
Du siehst, daß mich's nicht reut, obgleich ich brenne,
perch'io sia giunto forse alquanto tardo,
non t'incresca restare a parlar meco;
vedi che non incresce a me, e ardo!
027
Wenn du in diese blinde Welt nur eben
Aus jenem süßen Lande der Lateiner
Gefallen bist, woher all' meine Schuld stammt,
Se tu pur mo in questo mondo cieco
caduto se' di quella dolce terra
latina ond'io mia colpa tutta reco,
030
So sag, ob Krieg, ob Frieden in Romagna:
Denn aus den Bergen dort zwischen Urbino
Stamm ich' und dem, aus dem die Tiber strömt.
dimmi se Romagnuoli han pace o guerra;
ch'io fui d'i monti là intra Orbino
e 'l giogo di che Tever si diserra".
033
Geneigt horcht' ich noch aufmerksam nach unten,
Als mich mein Führer seitwärts leise anstieß,
Sagend: Sprich du, denn dies ist ein Lateiner!
Io era in giuso ancora attento e chino,
quando il mio duca mi tentò di costa,
dicendo: "Parla tu; questi è latino".
036
Und ich, der schon bereit die Antwort hatte,
Begann nun ohne Zögern so zu sprechen:
O Seele, die dort unten eingeschlossen,
E io, ch'avea già pronta la risposta,
sanza indugio a parlare incominciai:
"O anima che se' là giù nascosta,
039
Dein Vaterland war nie und ist auch jetzt nicht
Im Herzen seiner Dränger ohne Krieg;
Doch offnen Krieg ließ ich daselbst jetzt keinen.
Romagna tua non è, e non fu mai,
sanza guerra ne' cuor de' suoi tiranni;
ma 'n palese nessuna or vi lasciai.
042
So wie seit Jahren steht's jetzt um Ravenna,
Der Adler von Polenta brütet drüber,
So daß er Cervia deckt mit seinen Schwingen.
Ravenna sta come stata è molt'anni:
l'aguglia da Polenta la si cova,
sì che Cervia ricuopre co' suoi vanni.
045
Die Stadt, die lange Prüfung ausgehalten,
Und blut'ge Hügel von Franzosen häufte,
Befindet sich unter den grünen Klauen.
La terra che fé già la lunga prova
e di Franceschi sanguinoso mucchio,
sotto le branche verdi si ritrova.
048
Die alt' und jungen Hunde von Verrucchio,
Die mit Montagna übel umgegangen,
Bohren die Zähne, wo sie pflegen, ein.
E 'l mastin vecchio e 'l nuovo da Verrucchio,
che fecer di Montagna il mal governo,
là dove soglion fan d'i denti succhio.
051
Die Städte des Lamon und des Santerno
Beherrscht der Löwe in dem weißen Felde,
Der dies- und jenseits die Partei vertauscht.
Le città di Lamone e di Santerno
conduce il lïoncel dal nido bianco,
che muta parte da la state al verno.
054
Und die vom Savio seitwärts bespülte,
Wie zwischen Berg und Ebne sie gelegen,
So schwankt sie zwischen Tyrannei und Freiheit.
E quella cu' il Savio bagna il fianco,
così com'ella sie' tra 'l piano e 'l monte,
tra tirannia si vive e stato franco.
057
Nun aber bitt' ich, sag' uns wer du bist,
Sei härter nicht als andre sind gewesen,
So wahr deine Name in der Welt sich halte!
Ora chi se', ti priego che ne conte;
non esser duro più ch'altri sia stato,
se 'l nome tuo nel mondo tegna fronte".
060
Nachdem das Feuer in gewohnter Weise
Etwas gebrüllt, bewegt' es hier und dorthin
Die scharfe Spitz' und hauchte dann die Worte:
Poscia che 'l foco alquanto ebbe rugghiato
al modo suo, l'aguta punta mosse
di qua, di là, e poi diè cotal fiato:
063
Glaubt' ich, daß meine Antwort wär' gerichtet
An einen der zur Welt zurück je kehrte,
Es bliebe diese Flamme unbeweglich;
"S'i' credesse che mia risposta fosse
a persona che mai tornasse al mondo,
questa fiamma staria sanza più scosse;
066
Doch da niemals, wenn wahr ist, was ich hörte,
Lebendig einer kam aus dieser Tiefe,
So antwort' ich dir ohne Furcht vor Schande.
ma però che già mai di questo fondo
non tornò vivo alcun, s'i' odo il vero,
sanza tema d'infamia ti rispondo.
069
Ein Kriegsmann war ich, später Franziskaner,
Da so zu büßen ich die Sünden glaubte;
Und nicht getäuscht hätte mich dieser Glaube,
Io fui uom d'arme, e poi fui cordigliero,
credendomi, sì cinto, fare ammenda;
e certo il creder mio venìa intero,
072
Hätte der Großpfaff' nicht, dem's schlecht bekomme!
Zu früh'ren Sünden wieder mich verleitet;
Und wie und weshalb will ich, daß du hörest.
se non fosse il gran prete, a cui mal prenda!,
che mi rimise ne le prime colpe;
e come e quare, voglio che m'intenda.
075
So lang ich ein Gebild von Fleisch und Bein war,
Der Mutter Gabe, waren meine Thaten
Nicht löwenartig, sondern die des Fuchses.
Mentre ch'io forma fui d'ossa e di polpe
che la madre mi diè, l'opere mie
non furon leonine, ma di volpe.
078
Die Schlich' und die geheimen Wege alle
Verstand ich wohl, und übte diese Künste,
So daß ihr Ruf der Erde Gränz' erreichte.
Li accorgimenti e le coperte vie
io seppi tutte, e sì menai lor arte,
ch'al fine de la terra il suono uscie.
081
Als ich mich endlich sah zu jenem Theile
Gelangt des Alters, wo ein jeder sollte
Die Segel einziehn und die Tau' aufrollen.
Quando mi vidi giunto in quella parte
di mia etade ove ciascun dovrebbe
calar le vele e raccoglier le sarte,
084
Da that mir leid, was früher mir gefallen,
Der Reu' und Buße hatt' ich mich ergeben,
Und weh' mir Armen! wohl hatt's mir geholfen!
ciò che pria mi piacëa, allor m'increbbe,
e pentuto e confesso mi rendei;
ahi miser lasso! e giovato sarebbe.
087
Allein der Fürst der neuen Pharisäer,
Im Krieg begriffen bei dem Lateran,
(Und nicht mit Sarazenen noch mit Juden,
Lo principe d'i novi Farisei,
avendo guerra presso a Laterano,
e non con Saracin né con Giudei,
090
Denn jeder seiner Feinde war ein Christ,
Es hatte keiner Akri mit bestürmet,
Noch Handelschaft in Sultans Land getrieben,)
ché ciascun suo nimico era cristiano,
e nessun era stato a vincer Acri
né mercatante in terra di Soldano,
093
Nahm auf sein höchstes Amt, die heil'gen Weihen,
Noch auch bei mir nicht Rücksicht auf den Strick,
Der, die ihn trugen, sonst wohl mager machte:
né sommo officio né ordini sacri
guardò in sé, né in me quel capestro
che solea fare i suoi cinti più macri.
096
Vielmehr, wie Constantin einst vom Soracte
Sylvestern rief, vom Aussatz ihn zu heilen,
So rief auch dieser mich als Arzt herbei,
Ma come Costantin chiese Silvestro
d'entro Siratti a guerir de la lebbre,
così mi chiese questi per maestro
099
Von seinem stolzen Fieber ihn zu heilen.
Er fragte mich um Rath. Doch ich blieb stumm,
Denn seine Worte schienen trunken mir.
a guerir de la sua superba febbre;
domandommi consiglio, e io tacetti
perché le sue parole parver ebbre.
102
Doch drauf sprach er: Dein Herz besorge nichts,
Schon jetzt sprech' ich dich los, du aber lehr' mich,
Wie Penestrino ich zu Boden werfe.
E' poi ridisse: "Tuo cuor non sospetti;
finor t'assolvo, e tu m'insegna fare
sì come Penestrino in terra getti.
105
Den Himmel kann ich schließen und erschließen,
Wie du ja weißt, drum sind der Schlüssel zwei,
Die mein Vorgänger nicht hat hoch geachtet.
Lo ciel poss'io serrare e diserrare,
come tu sai; però son due le chiavi
che 'l mio antecessor non ebbe care".
108
Da trieben mich die schweren Argumente,
Wo schweigen mir das schlimmre Theil erschien,
Und, Vater, sprach ich, der du mich so reinigst
Allor mi pinser li argomenti gravi
là 've 'l tacer mi fu avviso 'l peggio,
e dissi: "Padre, da che tu mi lavi
111
Von jener Sünd', in die ich fallen soll:
Langes Versprechen und kurzes Bewahren,
Wird auf dem hohen Sitz dir Sieg verleihen.
di quel peccato ov'io mo cader deggio,
lunga promessa con l'attender corto
ti farà trïunfar ne l'alto seggio".
114
Drauf kam für mich Franziskus, als ich todt war,
Doch einer von den schwarzen Cherubim
Schrie laut: Trag ihn nicht fort, thu mir nicht Unrecht!
Francesco venne poi, com'io fu' morto,
per me; ma un d'i neri cherubini
li disse: "Non portar; non mi far torto.
117
Der muß hinab zu meinen Knechten kommen,
Weil den trugvollen Rath er hat gegeben,
Seit welchem ich ihm auf den Hacken sitze.
Venir se ne dee giù tra ' miei meschini
perché diede 'l consiglio frodolente,
dal quale in qua stato li sono a' crini;
120
Wer nicht bereut, den kann man nicht lossprechen,
Und Reu'n und Wollen kann man nicht zugleich,
Wegen des Widerspruchs der es nicht zuläßt.
ch'assolver non si può chi non si pente,
né pentere e volere insieme puossi
per la contradizion che nol consente".
123
O weh mir Armen! wie zuckt ich zusammen,
Als er mich packt' und zu mir sprach: Vielleicht
Dachtest du nicht, daß Logik ich verstände.
Oh me dolente! come mi riscossi
quando mi prese dicendomi: "Forse
tu non pensavi ch'io löico fossi!".
126
Zum Minos trug er mich, und dieser schlang
Achtmal den Schwanz um seinen harten Rücken,
Und als vor Wuth er drauf gebissen, sprach er:
A Minòs mi portò; e quelli attorse
otto volte la coda al dosso duro;
e poi che per gran rabbia la si morse,
129
Das ist der Sünder von dem Diebsfeu'r einer;
Weshalb ich, wo du siehst, verloren bin,
Und so gekleidet wandle und mich gräme.
disse: "Questi è d'i rei del foco furo";
per ch'io là dove vedi son perduto,
e sì vestito, andando, mi rancuro".
132
Als seine Red' er so vollendet hatte,
Entfernte klagend sich nunmehr die Flamme,
Indem das spitze Horn sich hin und her wand.
Quand'elli ebbe 'l suo dir così compiuto,
la fiamma dolorando si partio,
torcendo e dibattendo 'l corno aguto.
135
Mein Führer nun und ich wir schritten weiter
Ueber den Felsen bis zum andern Bogen,
Der deckt den Graben, worin Strafe zahlt
Noi passamm'oltre, e io e 'l duca mio,
su per lo scoglio infino in su l'altr'arco
che cuopre 'l fosso in che si paga il fio
138
Wer trennend Sündenlast sich hat erworben.
a quei che scommettendo acquistan carco.
141

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