003
Die Sonne, die mit Lieb' erst mich erwärmt,
Hatte das Antlitz schöner Wahrheit mir
Durch Widerlegung und Beweis enthüllt.
Quel sol che pria d'amor mi scaldò 'l petto,
di bella verità m'avea scoverto,
provando e riprovando, il dolce aspetto;
006
Und ich, um überzeugt nun und gewiß
Mich zu bekennen, hatte schon das Haupt
Zur Antwort, wie es schicklich war, erhoben,
e io, per confessar corretto e certo
me stesso, tanto quanto si convenne
leva' il capo a proferer più erto;
009
Als etwas mir erschien, das mich so gänzlich,
Um's recht zu sehen, auf sich zog, daß ich
Darüber mein Bekenntniß ganz vergaß.
ma visïone apparve che ritenne
a sé me tanto stretto, per vedersi,
che di mia confession non mi sovvenne.
012
So wie aus reinem und durchsicht'gem Glase,
Oder aus klarem, ruhigem Gewässer,
Daß nicht so tief, daß dunkel sei der Boden,
Quali per vetri trasparenti e tersi,
o ver per acque nitide e tranquille,
non sì profonde che i fondi sien persi,
015
Die Züge unsres Bilds zurückstrahlen,
So schwach jedoch, daß leichter eine Perle
Auf weißer Stirn in unserm Aug' erglänzt:
tornan d'i nostri visi le postille
debili sì, che perla in bianca fronte
non vien men forte a le nostre pupille;
018
So sah Gesichter ich bereit zu sprechen;
Drob mich ein Irthum dem entgegen faßte,
Der Lieb' einst weckte zwischen Mensch und Quelle.
tali vid'io più facce a parlar pronte;
per ch'io dentro a l'error contrario corsi
a quel ch'accese amor tra l'omo e 'l fonte.
021
Kaum hatt' ich wahrgenommen sie, so wandt' ich,
Da ich für Spiegelbilder sie gehalten,
Die Augen, um zu sehn, von wem sie kämen.
Sùbito sì com'io di lor m'accorsi,
quelle stimando specchiati sembianti,
per veder di cui fosser, li occhi torsi;
024
Da sah ich nichts, und wandte vorwärts sie
Grad' in das Licht der holden Führerin,
Die lächelnd in den heil'gen Augen glühte.
e nulla vidi, e ritorsili avanti
dritti nel lume de la dolce guida,
che, sorridendo, ardea ne li occhi santi.
027
Wundre dich nicht, sprach sie, weshalb ich lächle
Ueber die kindische Einbildung, da
Dein Fuß der Wahrheit noch nicht ganz vertraut,
"Non ti maravigliar perch'io sorrida",
mi disse, "appresso il tuo püeril coto,
poi sopra 'l vero ancor lo piè non fida,
030
Vielmehr, so wie er pflegt, dich irre führt,
Denn wahre Wesen sind es die du schauest,
Wegen Gelübdes Bruch hierher verwiesen.
ma te rivolve, come suole, a vòto:
vere sustanze son ciò che tu vedi,
qui rilegate per manco di voto.
033
Drum sprich mit ihnen, höre sie und glaube,
Daß das wahrhaft'ge Licht, das sie beseligt,
Sie keinen Schritt von ihm sich läßt entfernen.
Però parla con esse e odi e credi;
ché la verace luce che le appaga
da sé non lascia lor torcer li piedi".
036
Ich wandte mich zum Schatten, der da zeigte
Die meiste Lust zu sprechen, und begann
Gleich einem, den die Ungeduld verzehrt:
E io a l'ombra che parea più vaga
di ragionar, drizza' mi, e cominciai,
quasi com'uom cui troppa voglia smaga:
039
O wohl erschaffner Geist, der in den Strahlen
Der ew'gen Liebe jene Wonn' empfindet,
Die nicht gekostet, nie begriffen wird;
"O ben creato spirito, che a' rai
di vita etterna la dolcezza senti
che, non gustata, non s'intende mai,
042
Lieb wird mir's sein, wenn du mit deinem Namen
Und deines Schicksals Kenntniß mich erfreust.
Drob willig sie und mit lächelnden Augen:
grazïoso mi fia se mi contenti
del nome tuo e de la vostra sorte".
Ond'ella, pronta e con occhi ridenti:
045
Gerechtem Wunsche schließet unsre Liebe
Niemals das Thor, nicht mehr als jene Liebe,
Die ihren ganzen Hof sich ähnlich sehn will.
"La nostra carità non serra porte
a giusta voglia, se non come quella
che vuol simile a sé tutta sua corte.
048
Als Klosterjungfrau lebt' ich in der Welt einst,
Und wenn du dein Gedächtniß recht erforschest,
Wird, daß ich schöner bin, mich dir nicht bergen.
I' fui nel mondo vergine sorella;
e se la mente tua ben sé riguarda,
non mi ti celerà l'esser più bella,
051
Du wirst vielmehr erkennen. daß Piccarda
Ich bin, die hier mit diesen andern Seelen
In dieser trägsten Sphär' ich selig bin.
ma riconoscerai ch'i' son Piccarda,
che, posta qui con questi altri beati,
beata sono in la spera più tarda.
054
All' unsre Wünsche, die entflammet, um
Dem heil'gen Geiste zu gefallen, jauchzen,
Daß wir zu seinem Orden sind gebildet.
Li nostri affetti, che solo infiammati
son nel piacer de lo Spirito Santo,
letizian del suo ordine formati.
057
Und dieses Loos, das wohl so niedrig scheint,
Ward uns bestimmt, weil unsere Gelübde
Zum Theil verletzt und unerfüllt geblieben.
E questa sorte che par giù cotanto,
però n'è data, perché fuor negletti
li nostri voti, e vòti in alcun canto".
060
Drob ich zu ihr: In euren Angesichtern
Erglänzt ich weiß nicht was, doch göttliches,
Das euer frühres Bild in uns verwandelt.
Ond'io a lei: "Ne' mirabili aspetti
vostri risplende non so che divino
che vi trasmuta da' primi concetti:
063
Drum war ich nicht so rasch mich zu erinnern;
Doch jetzt hilft das mir was du mir gesagt,
Daß leichter ich jetzt wieder dich erkenne.
però non fui a rimembrar festino;
ma or m'aiuta ciò che tu mi dici,
sì che raffigurar m'è più latino.
066
Doch sage mir: Ihr, die ihr selig hier,
Wünscht ihr wohl einen höhern Ort, um mehr
Zu schaun und Gott befreundeter zu werden?
Ma dimmi: voi che siete qui felici,
disiderate voi più alto loco
per più vedere e per più farvi amici?".
069
Erst lächelte sie mit den andern Schatten
Ein wenig, dann sprach sie zu mir so heiter,
Als glänzte sie im ersten Liebesfeuer:
Con quelle altr'ombre pria sorrise un poco;
da indi mi rispuose tanto lieta,
ch'arder parea d'amor nel primo foco:
072
Mein Bruder, es befriedigt unsern Willen
Der Liebe Macht, die uns nur wünschen läßt
Was unser ist, und andern Durst nicht wecket.
"Frate, la nostra volontà quïeta
virtù di carità, che fa volerne
sol quel ch'avemo, e d'altro non ci asseta.
075
Wenn höher wir hinauf zu kommen wünschten,
So stritten unsre Wünsche mit dem Willen
Dessen, der uns hierher gewiesen hat.
Se disïassimo esser più superne,
foran discordi li nostri disiri
dal voler di colui che qui ne cerne;
078
Das aber, wirst du sehn, kann nicht stattfinden
In diesem Kreis, wo Liebe nur darf herrschen,
Wenn du des Orts Natur dir recht betrachtest;
che vedrai non capere in questi giri,
s'essere in carità è qui necesse,
e se la sua natura ben rimiri.
081
Vielmehr gehört zu diesem sel'gen Sein
Notwendig, daß man bleib' in Gottes Willen,
Und alle Willen so zu Einem werden,
Anzi è formale ad esto beato esse
tenersi dentro a la divina voglia,
per ch'una fansi nostre voglie stesse;
084
So daß, wie wir von Stufe sind zu Stufe
In diesem Reich, dem ganzen Reich gefällt
Wie dem, der uns mit Lust zu ihm erfüllt.
sì che, come noi sem di soglia in soglia
per questo regno, a tutto il regno piace
com'a lo re che 'n suo voler ne 'nvoglia.
087
In seinem Willen ruhet unser Friede;
Er ist das Meer, zu dem sich alles zieht,
Was er geschaffen und was die Natur macht.
E 'n la sua volontade è nostra pace:
ell'è quel mare al qual tutto si move
ciò ch'ella crïa o che natura face".
090
Da ward mir klar, wie überall im Himmel
Es Paradies ist; ob des Höchsten Gnade
Auch nicht auf gleiche Weise hier hinabströmt.
Chiaro mi fu allor come ogne dove
in cielo è paradiso, etsi la grazia
del sommo ben d'un modo non vi piove.
093
Doch wie es wohl geschieht, wenn eine Speise
Uns sättigt und der Wunsch nach andrer bleibt,
Man diese dann begehrt, für jene danket:
Ma sì com'elli avvien, s'un cibo sazia
e d'un altro rimane ancor la gola,
che quel si chere e di quel si ringrazia,
096
So that auch ich mit Worten und Gebärden,
Um zu erfahren, welch Geweb' es war,
Das mit dem Webschiff sie nicht ausgeführt.
così fec'io con atto e con parola,
per apprender da lei qual fu la tela
onde non trasse infino a co la spuola.
099
Vollkommnes Leben und hohes Verdienst
Erhebt ein Weib zum Himmel, deren Regel
Kleidung und Schleier in der Welt bestimmt,
"Perfetta vita e alto merto inciela
donna più sù", mi disse, "a la cui norma
nel vostro mondo giù si veste e vela,
102
Damit man bis zum Tode wach' und schlafe
Mit dem Gemahl, der jeden Wunsch annimmt,
Den Liebe bildet nach seinem Gefallen.
perché fino al morir si vegghi e dorma
con quello sposo ch'ogne voto accetta
che caritate a suo piacer conforma.
105
Ich floh jung aus der Welt, um ihr zu folgen,
Hüllte mich in ihr Kleid, und ich gelobte,
Den Weg zu wandeln, den sie vorgeschrieben.
Dal mondo, per seguirla, giovinetta
fuggi' mi, e nel suo abito mi chiusi
e promisi la via de la sua setta.
108
Doch Männer mehr des Bösen als des Guten
Gewohnt, entrissen mich dem süßen Kloster,
Und Gott weiß wie mein Leben drauf beschaffen.
Uomini poi, a mal più ch'a bene usi,
fuor mi rapiron de la dolce chiostra:
Iddio si sa qual poi mia vita fusi.
111
Und jener andre Glanz, der sich dir zeiget
Zu meiner rechten Seit' und ist entzündet
Vom ganzen Lichte dieser unsrer Sphäre,
E quest'altro splendor che ti si mostra
da la mia destra parte e che s'accende
di tutto il lume de la spera nostra,
114
Versteht von sich was ich von mir dir sagte.
Auch sie war Nonn' und auch ihr ward vom Haupte
Der heil'gen Binden Schatten so geraubt.
ciò ch'io dico di me, di sé intende;
sorella fu, e così le fu tolta
di capo l'ombra de le sacre bende.
117
Doch ob sie auch zur Welt ohn' ihren Willen
Und gegen guten Brauch zurückgeführt ward,
Löste sie dennoch nie des Herzens Schleier.
Ma poi che pur al mondo fu rivolta
contra suo grado e contra buona usanza,
non fu dal vel del cor già mai disciolta.
120
Constanzens Licht, der großen, ist das hier,
Die mit dem zweiten Sturmwind, der aus Schwaben,
Den dritten und die letzte Macht erzeugte.
Quest'è la luce de la gran Costanza
che del secondo vento di Soave
generò 'l terzo e l'ultima possanza".
123
So sprach zu mir sie und begann zu singen
Ave Maria, und singend entschwand sie,
So wie in tiefes Wasser Schweres sinkt.
Così parlommi, e poi cominciò 'Ave,
Maria' cantando, e cantando vanio
come per acqua cupa cosa grave.
126
Mein Auge, das so lange sie verfolgte
Als möglich war, nachdem es sie verloren,
Wandte zum höchsten Ziel sich seiner Sehnsucht
La vista mia, che tanto lei seguio
quanto possibil fu, poi che la perse,
volsesi al segno di maggior disio,
129
Und richtete sich ganz auf Beatrice.
Doch diese blitzte so in meine Augen,
Daß es zuerst die Sehkraft nicht ertrug,
e a Beatrice tutta si converse;
ma quella folgorò nel mïo sguardo
sì che da prima il viso non sofferse;
132
Was säumiger mich machte sie zu fragen.
e ciò mi fece a dimandar più tardo.
135

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