003
Am Schlusse seiner Wort' erhob der Räuber
Mit beiden Feigen seine Händ' und rief:
Das nimm dir, Gott! denn dir schleudr' ich es zu.
Al fine de le sue parole il ladro
le mani alzò con amendue le fiche,
gridando: "Togli, Dio, ch'a te le squadro!".
006
Seit jener Zeit bin ich ein Freund der Schlangen,
Denn eine schlang sich drauf um seinen Hals,
Als spräche sie: Nicht weiter sollst du reden!
Da indi in qua mi fuor le serpi amiche,
perch'una li s'avvolse allora al collo,
come dicesse 'Non vo' che più diche';
009
Und eine andr' umschlang die Arm' und fesselte,
Sich selbst vernietend, vorne ihn so fest,
Daß keinen Ruck er mehr zu thun vermochte.
e un'altra a le braccia, e rilegollo,
ribadendo sé stessa sì dinanzi,
che non potea con esse dare un crollo.
012
Pistoja ha! warum beschließt'st du nicht
Dich einzuäschern, daß du nicht mehr seiest!
Da deinen Stamm du übertriffst im Sünd'gen.
Ahi Pistoia, Pistoia, ché non stanzi
d'incenerarti sì che più non duri,
poi che 'n mal fare il seme tuo avanzi?
015
In allen dunklen Höllenkreisen sah' ich
Nicht einen Geist, so trotzig wider Gott,
Selbst den nicht, der von Thebens Mauern stürzte,
Per tutt'i cerchi de lo 'nferno scuri
non vidi spirto in Dio tanto superbo,
non quel che cadde a Tebe giù da' muri.
018
Der nun entfloh und sprach kein Wort mehr weiter.
Und kommen sah einen Centauren ich,
Der wüthend rief: Wo ist, wo ist der Trotz'ge?
El si fuggì che non parlò più verbo;
e io vidi un centauro pien di rabbia
venir chiamando: "Ov'è, ov'è l'acerbo?".
021
Nicht so viel Schlangen glaub' ich hat Maremma,
Als ich auf seinem Rücken ihrer sah,
Bis da, wo unsere Gestalt beginnt.
Maremma non cred'io che tante n'abbia,
quante bisce elli avea su per la groppa
infin ove comincia nostra labbia.
024
Auf seinen Schultern, dicht am Hinterhaupte
Lag mit gespreizten Flügeln ihm ein Drache,
Und der entzündet alles, was ihm ausstößt.
Sovra le spalle, dietro da la coppa,
con l'ali aperte li giacea un draco;
e quello affuoca qualunque s'intoppa.
027
Mein Meister sagte nun: Dieser ist Cacus,
Der oft am Fuß des Aventinschen Felsens,
So Blut vergoß, daß Pfützen draus entstanden.
Lo mio maestro disse: "Questi è Caco,
che, sotto 'l sasso di monte Aventino,
di sangue fece spesse volte laco.
030
Er geht nicht eines Weg's mit seinen Brüdern,
Wegen des list'gen Diebstahls, den er übte
An jener großen Heerd' in seiner Nähe.
Non va co' suoi fratei per un cammino,
per lo furto che frodolente fece
del grande armento ch'elli ebbe a vicino;
033
Weshalb denn unter Herkul's Keul' ihr Ende,
Die schlimmen Thaten fanden, der vielleicht
Ihm hundert gab, wovon kaum zehn er fühlte.
onde cessar le sue opere biece
sotto la mazza d'Ercule, che forse
gliene diè cento, e non sentì le diece".
036
Als er so sprach, war jener schon vorüber,
Und unter uns erschienen nun drei Geister,
Die weder ich noch auch Virgil bemerkt,
Mentre che sì parlava, ed el trascorse,
e tre spiriti venner sotto noi,
de' quai né io né 'l duca mio s'accorse,
039
Bis sie: Wer seid denn ihr? uns zugerufen,
Weshalb wir inne hielten im Gespräch,
Und nur auf sie allein dann achteten.
se non quando gridar: "Chi siete voi?";
per che nostra novella si ristette,
e intendemmo pur ad essi poi.
042
Nicht kannt' ich sie; doch es erfolgte nun
Was wohl zufällig zu erfolgen pflegt,
Daß einer mußte jetzt den andern nennen,
Io non li conoscea; ma ei seguette,
come suol seguitar per alcun caso,
che l'un nomar un altro convenette,
045
Indem er sprach: Wo ist Ciaufa geblieben?
Weshalb, den Führer aufmerksam zu machen,
Den Finger ich an Kinn und Nase legte.
dicendo: "Cianfa dove fia rimaso?";
per ch'io, acciò che 'l duca stesse attento,
mi puosi 'l dito su dal mento al naso.
048
Wenn du, o Leser, träge bist zu glauben,
Was ich jetzt sagen werde, ist's kein Wunder,
Denn kaum recht glaub' ich mir's, der ich's doch sah.
Se tu se' or, lettore, a creder lento
ciò ch'io dirò, non sarà maraviglia,
ché io che 'l vidi, a pena il mi consento.
051
Als ich die Augen fest auf sie gerichtet,
Tritt vor den einen eine Schlange hin,
Die mit sechs Füßen gänzlich ihn umklammert.
Com'io tenea levate in lor le ciglia,
e un serpente con sei piè si lancia
dinanzi a l'uno, e tutto a lui s'appiglia.
054
Den Bauch umschlang sie mit den Mittelfüßen,
Mit beiden vordern faßt' sie seine Arme,
Und mit den Zähnen packt' sie beide Wangen.
Co' piè di mezzo li avvinse la pancia
e con li anterïor le braccia prese;
poi li addentò e l'una e l'altra guancia;
057
Die Hinterfüße streckt'sie an die Schenkel,
Und ihren Schwanz steckt' sie dazwischen durch,
Um hinten durch die Rippen ihn zu ziehen.
li diretani a le cosce distese,
e miseli la coda tra 'mbedue
e dietro per le ren sù la ritese.
060
Nie wurzelte so fest an einem Baume
Epheu sich an, als hier das grause Thier
Die eignen Glieder um die fremden rankte.
Ellera abbarbicata mai non fue
ad alber sì, come l'orribil fiera
per l'altrui membra avviticchiò le sue.
063
Darauf, als waren sie von heißem Wachse,
Verschmolzen sie und mischten ihre Farbe,
Daß keiner mehr erschien, was er gewesen.
Poi s'appiccar, come di calda cera
fossero stati, e mischiar lor colore,
né l'un né l'altro già parea quel ch'era:
066
So schreitet, wenn Papyrus wir anzünden,
Der Flamm' ein braunes stets voran, das noch nicht
Ganz schwarz ist, und das Weiß' ist doch erstorben.
come procede innanzi da l'ardore,
per lo papiro suso, un color bruno
che non è nero ancora e 'l bianco more.
069
Die beiden andern schauten zu und jeder
Rief: Wehe! wie verwandelst du dich, Agnel!
Sieh du bist schon nicht zwei mehr und nicht einer!
Li altri due 'l riguardavano, e ciascuno
gridava: "Omè, Agnel, come ti muti!
Vedi che già non se' né due né uno".
072
Schon waren beide Köpfe eins geworden,
Und in dem Antlitz, worin zwei verloren,
Erschienen zwei Gestalten nun vermischt.
Già eran li due capi un divenuti,
quando n'apparver due figure miste
in una faccia, ov'eran due perduti.
075
Zwei Arme bildeten sich aus vier Streifen,
Und Schenkel, Beine, Unterleib und Brust
Wurden zu Gliedern, die man nie gesehen.
Fersi le braccia due di quattro liste;
le cosce con le gambe e 'l ventre e 'l casso
divenner membra che non fuor mai viste.
078
Jedwedes frühre Ansehn war vernichtet,
Keinen und zwei zeigte das grause Bild,
Und so ging es langsamen Schritts dahin.
Ogne primaio aspetto ivi era casso:
due e nessun l'imagine perversa
parea; e tal sen gio con lento passo.
081
So wie die Eidechs in der größten Gluth
Der Hundstagshitze über'n Weg dahinläuft
Gleich einem Blitz, von einem Zaun zum andern:
Come 'l ramarro sotto la gran fersa
dei dì canicular, cangiando sepe,
folgore par se la via attraversa,
084
So schien ein zornig Schlänglein jetzt zu fahren,
Gegen den Bauch der beiden andern Sünder,
Das braun und schwarz war wie ein Pfefferkorn.
sì pareva, venendo verso l'epe
de li altri due, un serpentello acceso,
livido e nero come gran di pepe;
087
Und jenen Theil, durch den die erste Nahrung
Der Mensch empfängt, durchbohrte es dem einen,
Und fiel dann ausgestrecket vor ihm nieder.
e quella parte onde prima è preso
nostro alimento, a l'un di lor trafisse;
poi cadde giuso innanzi lui disteso.
090
Der sah die Schlang' an, aber sprach kein Wort;
Vielmehr mit unbewegten Füßen gähnt' er,
Als ob Schlaf oder Fieber ihn ergriffen.
Lo trafitto 'l mirò, ma nulla disse;
anzi, co' piè fermati, sbadigliava
pur come sonno o febbre l'assalisse.
093
Er blickte auf die Schlang' und sie auf ihn,
Sie rauchten beide stark, die aus dem Rachen,
Der aus dem Mund', und beider Rauch ward Eins.
Elli 'l serpente e quei lui riguardava;
l'un per la piaga e l'altro per la bocca
fummavan forte, e 'l fummo si scontrava.
096
Es schweige doch Lucan, da wo er handelt
Vom elenden Sabellus und Nasidius,
Und hör' auf das, was hier wird losgelassen;
Taccia Lucano omai là dov'e' tocca
del misero Sabello e di Nasidio,
e attenda a udir quel ch'or si scocca.
099
Es schweig' Ovid von Arethus' und Cadmus,
Denn nicht beneid' ich ihn darum, wenn er
In Schlange den, in Quelle die verwandelt:
Taccia di Cadmo e d'Aretusa Ovidio,
ché se quello in serpente e quella in fonte
converte poetando, io non lo 'nvidio;
102
Denn nie hat er Stirn gegen Stirn zwei Wesen
So umgewandelt, daß beide Gestalten
Die Stoffe gegenseitig ausgetauscht.
ché due nature mai a fronte a fronte
non trasmutò sì ch'amendue le forme
a cambiar lor matera fosser pronte.
105
Auf solche Weis' entsprachen sie einander,
Daß ihren Schwanz die Schlange spaltete,
Die Bein' in Eins zusammenzog der andre.
Insieme si rispuosero a tai norme,
che 'l serpente la coda in forca fesse,
e 'l feruto ristrinse insieme l'orme.
108
Es schmolzen so die Schenkel und die Beine
Zusammen, daß von der Vereinigung
In kurzer Zeit sich keine Spur mehr zeigte;
Le gambe con le cosce seco stesse
s'appiccar sì, che 'n poco la giuntura
non facea segno alcun che si paresse.
111
Und die Gestalt, die dort verloren ging,
Nahm der gespaltne Schwanz nun diesseits an,
Die Haut ward weich hier und ward jenseits hart.
Togliea la coda fessa la figura
che si perdeva là, e la sua pelle
si facea molle, e quella di là dura.
114
Die Arme schwanden in die Achselhöhlen;
Der Schlange beide Füße, die da kurz,
Wuchsen so viel als jene sich verkürzten.
Io vidi intrar le braccia per l'ascelle,
e i due piè de la fiera, ch'eran corti,
tanto allungar quanto accorciavan quelle.
117
Aus den verschlungnen Hinterfüßen ward
Das Glied, welches der Mann verbirgt, und aus
Dem seinen streckt' er ihrer zwei heraus.
Poscia li piè di rietro, insieme attorti,
diventaron lo membro che l'uom cela,
e 'l misero del suo n'avea due porti.
120
Während der Rauch die beide nun bekleidet
Mit neuer Farb' und hier das Haar erzeugt,
Das er auf jener andern Seite raubt,
Mentre che 'l fummo l'uno e l'altro vela
di color novo, e genera 'l pel suso
per l'una parte e da l'altra il dipela,
123
Stand auf der ein' und niederfiel der andre;
Doch wandte keiner ab die bösen Lichter,
Durch deren Blick ein jeder sich verwandelt.
l'un si levò e l'altro cadde giuso,
non torcendo però le lucerne empie,
sotto le quai ciascun cambiava muso.
126
Der Aufgestandne zog nun nach den Schläfen,
Was er an Stoff zuviel hatt' im Gesicht,
Draus Ohren an den glatten Wangen wuchsen.
Quel ch'era dritto, il trasse ver' le tempie,
e di troppa matera ch'in là venne
uscir li orecchi de le gote scempie;
129
Aus dem was nicht zurückging, sondern stehn blieb,
Ward nun die Nase im Gesicht gebildet,
Die Lippen angeschwellt, wie sich's gebührte.
ciò che non corse in dietro e si ritenne
di quel soverchio, fé naso a la faccia
e le labbra ingrossò quanto convenne.
132
Der auf der Erde streckt die Schnautze vor,
Und zieht die Ohren in den Kopf zurück,
Sowie die Schnecke ihre Hörner einzieht.
Quel che giacëa, il muso innanzi caccia,
e li orecchi ritira per la testa
come face le corna la lumaccia;
135
Die einfache, zum Sprechen wohl geschickte
Zunge, sie spaltet sich, und die gespaltne
Des andern schließt sich, und der Rauch hört auf.
e la lingua, ch'avëa unita e presta
prima a parlar, si fende, e la forcuta
ne l'altro si richiude; e 'l fummo resta.
138
Die Seele die da Thier geworden war
Fliehet nun zischend durch das Thal dahin,
Und ihr nachredend spuckt der andre aus;
L'anima ch'era fiera divenuta,
suffolando si fugge per la valle,
e l'altro dietro a lui parlando sputa.
141
Drauf wandt' er ihm den neuen Rücken zu
Und sprach zum andern: Buoso soll nun laufen
Auf allen vieren durch das Thal wie ich.
Poscia li volse le novelle spalle,
e disse a l'altro: "I' vo' che Buoso corra,
com' ho fatt'io, carpon per questo calle".
144
So sah das siebente Gesindel ich
Austauschen und verwandeln, und die Neuheit
Entschuld'ge mich, wenn wo die Feder irrte.
Così vid'io la settima zavorra
mutare e trasmutare; e qui mi scusi
la novità se fior la penna abborra.
147
Und obgleich meine Augen wohl ein wenig
Verwirret, und mein Geist bestürzet war,
So konnten die doch nicht so heimlich fliehen,
E avvegna che li occhi miei confusi
fossero alquanto e l'animo smagato,
non poter quei fuggirsi tanto chiusi,
150
Daß ich Puccio Sciancato nicht erkannt;
Denn von den drei zuerst gekommnen war er
Der einzige, der nicht verwandelt war,
ch'i' non scorgessi ben Puccio Sciancato;
ed era quel che sol, di tre compagni
che venner prima, non era mutato;
153
Der andre der, um den du weinst, Gaville.
l'altr'era quel che tu, Gaville, piagni.
156

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