In einem Walde, in den er von Schlaf umfangen bei Nacht sich verirrt, erblickt der Dichter bei Tagesanbruch einen Hügel, den er zu besteigen beginnt, als drei Thiere, ein Panther, ein Löwe und eine Wölfin ihm entgegentreten. Dem voll Furcht Zurückeilenden begegnet Virgil, den er um Schutz, namentlich gegen die Wölfin, anruft. Virgil theilt ihm mit, daß er einen andern Weg einschlagen müsse, da die Wölfin Jeden hemme und erst später durch einen Windhund ihr Ende finden werde; er bietet sich zum Führer durch Hölle und Fegefeuer an; durch das Paradies werde eine andere Seele ihn geleiten. So brechen sie auf.
Hölle - Gesang 02
Anruf der Musen. Dante spricht gegen Virgil seinen Zweifel aus, ob er befähigt zu der Wanderung sei; Aeneas und Paulus seien Ausnahmen, denen er sich nicht vergleichen dürfe. Virgil, um ihn zu ermuthigen, erzählt ihm den Anlaß seines Kommens: Beaitrix, ihren Platz im Himmel verlassend, habe ihn aufgesucht und beauftragt Dante beizustehen, nachdem sie selbst durch Lucia, und diese durch ein edles Weib im Himmel auf die Gefahr des Freundes und die Nothwendigkeit der Hülfe aufmerksam gemacht worden. Dadurch ermuthigt schreitet Dante mit Virgil dem Eingang der Hölle zu.
Dante und Virgil kommen an das Thor der Hölle und treten ein. Seufzen und Klagen tönt ihnen entgegen. Hier sind die Thatenlosen, die weder Ehre noch Schande auf Erden erworben, und daher von Himmel wie Hölle ausgeschlossen sind. Sie ziehen nackt einer Fahne nach, von Wespen und Bremsen blutig gestochen. Die Dichter gelangen zum Acheron, wo Charon die Seelen übersetzt. Er will Dante als Lebenden zurückweisen, beruhigt sich aber bei Virgils Mittheilung, daß höherer Wille es so wolle. Zahllose Scharen von Seelen drängen sich an das Ufer. Plötzlich erbebt das Gefilde, es blitzt und stürmt, Dante sinkt bewußtlos hin.
Erwacht sieht sich Dante jenseit des Acheron im Höllenvorhof, wo man keine Klagen, nur Seufzer vernimmt. Hier weilen die tugendhaften Heiden und die ungetauft gestorbenen Christenkinder. Virgil berichtet auf Dantes Frage, daß viele Seelen von Christus diesem Vorhof entführt worden seien. In einem abgesonderten Kreise befinden sich die Dichter Homer, Horaz, Ovid und Lucan, die Virgil begrüßen und Dante in ihre Mitte aufnehmen. Sie gehen einem Feuer zu und gelangen zu einem von sieben Mauern umfangenem Schlosse, in dessen Mitte auf grüner Aue die Seelen edler Männer und Frauen, Philosophen, Naturforscher sich aufhalten. Virgil und Dante setzen dann ihren Weg allein fort.
Zweiter Kreis der Hölle. Am Eingang steht Minos und bestimmt durch die Zahl der Umschlingungen mit seinem Schweife die Abtheilung, in die jede ihm ihre Schuld beichtende Seele gehört. Er weist Dante zurück, wird aber von Virgil ebenso wie vorher Charon besänftigt. Dunkel und von Klagen und Geheul erfüllt ist der Kreis, in welchem die Seelen der der Wollust Fröhnenden vom Sturme umhergetrieben werden. Virgil nennt ihm die Namen vieler Männer und Frauen. Besonders fesselt ein Paar Dantes Aufmerksamkeit, das er mit Zustimmung Virgils anredet: Francesca da Rimini und Paolo Malatesta. Francesca erzählt ihm ihre Geschichte, während der Sturm schweigt. Dante, von Mitleid ergriffen, sinkt ohnmächtig nieder.
Dritter Kreis, der der Schlemmer, die von Hagel, Schnee und Regen zu Boden gedrückt und von Cerberus zerfleischt werden. Virgil beschwichtigt den Cerberus durch eine in den Rachen geworfene Hand voll Erde. Aus der Schar der Liegenden erhebt sich ein Schatten, Ciacco aus Florenz, und verkündet auf Dantes Befragen ihm die Zukunft der Stadt. Dante unterrichtet sich bei Virgil über die am jüngsten Tage eintretende Veränderung in der Strafe der Sünder.
Vierter Kreis, der der Geizigen und Verschwender, von Plutus, dem Gotte des Reichthums beherrscht. Geizige und Verschwender wälzen im Halbkreise einander Lasten entgegen; wenn sie zusammenstoßen, kehren sie sich schimpfend um. Besonders zahlreich sind Geistliche unter den Geizigen. Virgil knüpft daran eine Schilderung des Wirkens der von den Menschen viel geschmähten Fortuna, in deren Hand die Glücksgüter ruhen. Weiter kommen die Dichter an einem siedenden Quelle hinab zum fünften Kreis, in welchem in einem Sumpfe, sich balgend und beißend, die Zornigen sich befinden, während im Schlamme unter dem Wasser die Trübsinnigen, die zum sittlichen Zorne nicht fähig sind, ihr Lied gurgeln. Dante und Virgil umwandern den Sumpf und gelangen zu einem Thurme.
Nachdem ein Feuersignal von dem Thurme gegeben und von der andern Seite des Sumpfes beantwortet worden, kommt der Fährmann Phlegyas und führt, wenn auch unwillig, die beiden Dichter in seinem Boot über den Sumpf. Aus demselben taucht eine Seele, die des Philipp Argenti, auf und wundert sich, Dante als Lebenden hier zu sehen. Dante in sittlichem Zorne weist ihn zurück und wird dafür von Virgil gelobt. Sie erreichen die Höllenstadt Dis, die den sechsten Kreis bildet und mit der die untere Hölle beginnt. In der Nähe der Stadt setzt sie Phlegyas aus. Virgil bittet die über der Mauer wachenden Teufel um eine Zwiesprache. Dante harrt angstvoll aus Virgils Rückkehr. Dieser kommt unverrichteter Sache wieder, die Dämonen verschließen das Thor. Virgil spricht Dante Muth ein und vertröstet ihn auf das Nahen himmlischer Hülfe.
Dante, der Virgils zweifelndes Selbstgespräch belauscht, fragt ihn, ob schon Jemand aus dem ersten Kreise hierher hinabgestiegen sei. Virgil erwidert, er selbst sei einmal, durch Erichtho beschworen, hier gewesen und kenne daher Weg und Steg. Auf der Thurmspitze zeigen sich die drei Furien, die Medusa herbeirufen um Dante zu versteinern. Virgil gebeut ihm die Augen zu verschließen. Ein donnerähnliches Getöse verkündet das Nahm des himmlischen Abgesandten, der den Dämonen zu öffnen befiehlt. Die Dichter treten ein. Dante sieht ein Gräberfeld mit glühenden Särgen, deren Deckel aufgeschlagen sind. In ihnen liegen die Ketzer. Dante und Virgil wandeln zwischen den Särgen und der Stadtmauer hin.
Virgil belehrt Dante über die in den Särgen Liegenden, unter ihnen auch Epikur u. a. Atheisten. Aus einem Sarge richtet sich Farinata Uberti auf, mit dem sich Dante unterhält. Dazwischen erhebt sich ein zweiter Schatten, der Vater von Guido Cavalcanti, und fragt nach seinem Sohne, den er nach einer Aeußerung Dantes gestorben wähnt, weshalb er stumm zurücksinkt. Dante setzt das Gesprach mit Farinata über die politischen Verhältnisse von Florenz fort und erhält die erste Prophezeiung seiner Zukunft. Dante fragt, wie es komme, daß die Geister die Zukunft, aber nicht die Gegenwart kennen und erhält darüber Aufkunft. Nachdem Farinata ihm noch ein paar Schatten genannt, sinkt er zurück. Virgil verweist Dante wegen seiner Zukunft auf Beatrix. Sie wenden sich dann links nach der Mitte zu, wo ein ekler Duft aus der Tiefe aufsteigt.
Papst Anastasius unter den Ketzern. Beim langsamen Hinabsteigen zum siebenten Kreise belehrt Virgil Dante über die Eintheilung der drei letzten Kreise, in denen Gewalt, Betrug und Verrath bestraft werden. Gewalt ist dreifacher Art, gegen den Nächsten, gegen sich, gegen Gott, daher ihr Kreis in drei Zirkel zerfällt. Verrath ist deswegen schwerer bestraft als Betrug, weil dieser nur gegen die allgemeine Menschenliebe, jener aber gegen die specielle Liebe, die Vertrauen erweckt, verstößt. Auch ertheilt Virgil Auskunft, warum die in den frühern Kreisen befindlichen Sünder weniger streng bestraft werden, und endlich, wiefern der Wucher gegen Gott und die Natur sündigt.
Siebenter Kreis, vom Minotaurus bewacht, den Virgil beschwichtigt. Die Dichter schreiten einen Bergsturz hinab; Virgil erzählt, derselbe sei bei Christi Tode entstanden. Unten angekommen sehen sie einen breiten Graben mit kochendem Blute angefüllt. Am Ufer reiten Centauren und schießen auf die Sünder, die aus dem Blutstrom auftauchen Sie halten die beiden Dichter für sündige Seelen und drohen zu schießen. Virgil erklärt, er werde dem Chiron Bescheid geben. Diesen bittet er um einen Führer, der Dante über den Strom trage. Nessus, der dazu bestimmt wird, gibt Auskunft über die in den Stron versenkten Seelen. Es sind Tyrannen, deren er eine Anzahl namhaft macht. Nach der Schwere der Schuld stecken die Seelen mehr oder minder tief im Blute. Nachdem sie herübergekommen, kehrt Nessus zurück.
Zweiter Zirkel des siebenten Kreises: Diejenigen, die Gewalt an ihrem Leben und Gute geübt. Die Dichter kommen in ein Gehölz, wo die Harpyen hausen. Dante hört Seufzer und glaubt, sie rühren von im Walde versteckten Leuten her. Auf Virgils Antrieb einen Zweig brechend, wird er seinen Irrthum gewahr: Blut und Klageworte dringen daraus hervor. Der Verwundete ist Petrus de Vineis, der sich aus Gram über Verleumdung getödtet. Er bittet Dante, sein Gedächtniß wieder zu Ehren zu bringen. Aus Dantes Fragen gibt er über das Leben und Leiden der in Bäume verwandelten Seelen der Selbstmörder bis zum jüngsten Tage Auskunft. Plötzlich stürmen zwei Seelen heran, von Hunden verfolgt. Die eine deckt sich hinter einem Busch und wird sammt diesem von den Hunden zerfleischt. Der Busch beklagt sich darüber und gibt sich als Florentiner zu erkennen.
Dritter Zirkel des siebenten Kreises: die Sünder, die an Gott, Natur und Kunst Gewalt geübt haben. Ein Flammenregen fällt auf eine glühende Sandfläche, auf welcher die Sünder teils rücklings liegen, teils kauern, teils laufen, je nachdem sie Gotteslästerer, Wucherer oder Sodomiten sind. Die Dichter treffen den Kapaneus, der wie einst die Götter schmäht. Dann kommen sie zum Phlegethon, dessen Ursprung wie den der anderen Höllenflüsse Virgil erklärt; Lethe, belehrt er ihn, sei auf dem Berge der Reinigung. Sie verlassen den Wald und gehen am Rande des Phlegethon in die Sandfläche hinein.
Die an der Natur sündigenden, die Sodomiten. Hier trifft Dante seinen Lehrer, Brunetto Latini, der ihm seine Leiden prophezeit und bitter über Florenz urteilt. Dante erklärt auf jeden Schicksalsschlag vorbereitet zu sein und bittet ihn um Auskunft über einige Genossen in seiner Schar. Doch bald nötigt ein anderer herannahender Haufe den Brunetto sich eilig davon zu machen, um seine Schar einzuholen.
An der Grenze zwischen dem siebenten und achten Kreise treffen die Dichter drei Schatten, die, um mit Dante sprechen zu können, ein Rad bilden und so sich bewegen. Es sind drei Florentiner, die Dante an seiner Kleidung erkennen und ihn bitten, ihrer zu gedenken: Guidoguerra, Tegghiajo Aldobrandi und Jacob Rusticucci. Am Felsenabhang angekommen, wo der Phlegethon brausend hinunterstürzt, wirft Virgil ein Seil, das Dante von sich löst, hinab, worauf von unten Geryon heraufsteigt.
Die an der Kunst oder Kultur sündigenden: die Wucherer. Sie sitzen am Rande der zum achten Kreise hinabführenden Felswand in glühendem Sand und Feuerregen. Mit Virgils Erlaubnis betrachtet sie Dante. Sie sind unkenntlich, aber als Zeichen tragen sie ein Säckchen vor der Brust, mit Wappen und Abzeichen. Von einem Florentiner Edelmanne wird Dante angeredet, der ihm zwei andere Adlige weist. Inzwischen hat Virgil den Geryon bestiegen und fordert Dante auf, ein Gleiches zu tun. Langsam senkt sich Geryon mit der Last hinab in die Tiefe und entfernt sich, nachdem er die Dichter unten abgesetzt.
Achter Kreis, Übelsäcke genannt, die Abteilung der Betrüger. Derselbe zerfällt in zehn Abteilungen, Säcke oder Schluchten, grabenartige Vertiefungen, die durch Dämme getrennt sind. Die Dichter schreiten auf den darüber gewölbten Felsklippen von einer zur andern nach dem Mittelpunkt zu. Im ersten Sacke befinden sich, in entgegengesetzter Richtung gehend, die Kuppler und Verführer. Unter jenen trifft Dante zahlreiche Bologuesen, unter diesen macht ihn Virgil auf Jason aufmerksam. Im zweiten Sacke befinden sich die Schmeichler, in Menschenkot versenkt. Unter ihnen ist Alexio Interminei von Lucca; auch die Buhlerin Thaïs wird bemerkt.
Dritte Schlucht des achten Kreises: die Simonisten. Sie sind in Löchern am Boden und an der Seite mit den Köpfen eingerammt, während ihre Füße herausragen und im Brande zucken. Virgil trägt Dante hinab. Hier trifft Dante den Papst Nicolaus III., der ihn für seinen ihn ablösenden Nachfolger Bonifaz VIII. hält. Heftiger Ausfall des Dichters gegen sie Simonie, wofür er Virgils Beifall empfängt. Von Virgil getragen, kommt Dante auf die die vierte und fünfte Schlucht verbindende Felsrippe.
Vierte Schlucht des achten Kreises: Wahrsager und Zauberer. Sie gehen weinend im Schritte mit umgedrehtem Oberkörper, so dass sie, zur Strafe für ihr unbefugtes Vorwärtsschauen in die Zukunft, nun immer rückwärts schauen müssen. Unter ihnen erblickt Dante Amphiaraus, Tiresias, Aruns, die Manto, Eurypylus, Michael Scotus, Bonatti und Asdente. Die Geschichte der Manto, nach welcher Mantua benannt ist, erzählt Virgil ausführlich.
Fünfte Schlucht des achten Kreises: die Bestechlichen. Sie stecken in einem Pechsee, in welchen die Teufel jeden auftauchenden mit Haken untertauchen. Auf Virgils Rat verbirgt sich Dante hinter einem Felsblocke, während er selbst auf die Teufel zugeht und sie durch den Hinweis auf seine göttliche Sendung zur Ruhe bringt. Jetzt wird Dante hervorgerufen und folgt, wenn auch bangend, dem Führer. Der mit ihnen verhandelnde Teufel teilt ihnen mit, die Brücke zum nächsten Damm sei eingestürzt, sie müssten daher in die Tiefe der fünften Schlucht hinabsteigen, um zu einem anderen Felsen zu gelangen. Zehn Teufel unter Führung eines elften werden als Geleit mitgegeben. Den darüber entsetzten Dante sucht Virgil zu beruhigen. Der Zug setzt sich in Bewegung.
Dante gewahrt einzelne Sünder auf Augenblicke aus dem Pech auftauchen; einer wird dabei erwischt und von einem Teufel am Haken heraufgezogen. Dante erkundigt sich nach seinem Namen und Ursprung und erhält von ihm auch Mitteilungen über andere Sünder in dieser Abteilung. Der Sünder weiß die Teufel zu foppen und diese, ärgerlich darüber, geraten in Streit. Zwei von ihnen fallen in das Pech und werden mit Haken herausgefischt. Die Dichter schreiten weiter, während jene noch damit beschäftigt sind.
Virgil, dessen Gedanken mit denen Dantes sich berühren, besorgt, die gefoppten Teufel möchten sie verfolgen, umfasst Dante und lässt sich mit ihm die Wand zur sechsten Schlucht hinunter. Hier treffen sie die Heuchler in von außen vergoldeten, schweren Bleikutten, langsam und weinend hinwandelnd. Einer erkennt Dante an seiner Sprache als Toskaner und redet ihn an: es ist Fra Catalano, der in Begleitung von Fra Loderingo geht. Am Boden liegt gekreuzigt Kaiphas und alle müssen über ihn schreiten. Bei Catalano erkundigen sie sich nach dem Aushang und erfahren, dass sie von den Teufeln betrogen worden. Zürnend schreitet Virgil voran, Dante ihm nach.
Siebente Schlucht des achten Kreises. Die Dichter erreichen sie mit Mühe anklimmend. Hier werden die Diebe und Räuber von Schlangen gestochen. Einer, so gestochen, geht in Flammen auf, erneuert sich aber sofort. Es ist Vanno Fucci aus Pistoja, der Dante die künftige Niederlage der Partei der Weißen verkündigt.
Die Dichter erblicken den Zentauren Cacus, der den Vanno Fucci wütend sucht. Dann gewahren sie drei Schatten, die einen vierten, Cianfa, der in eine sechsfüßige Schlange verwandelt worden, vermissen. Die Schlange stürzt sich auf Agnello Brunelleschi und verbindet sich mit ihm zu einem seltsamen Ungetüm. Buoso Donati tauscht mit dem in eine Schlange verwandelten Guercio Cavalcanti die Gestalt. Nur der dritte Schatten, Puccio Sciannato, bleibt unverwandelt.
Anrede an Florenz, dessen Bürger im Diebskreise zahlreich vertreten sind. Die Dichter klimmen die Steinwand wieder empor und gelangen zur achten Schlucht des achten Kreises, in der die bösen Ratgeber verweilen, jeder in eine Flamme eingehüllt. In einer zweigehörnten Flamme befinden sich die im Leben ungetrennten Ulysses und Diomedes, von denen der erstere auf Dantes Antrieb von Virgil angesprochen wird und Auskunft über sich und seine Ende erteilt.
Es nähert sich eine andere Flamme, die den Virgil an seiner Sprache als Lombarden erkennt und nach den Zuständen der Romagna fragt. Dante gibt auf Virgils Aufforderung die gewünschte Auskunft. Dann erteilt die Flamme, in der Gewissheit, mit einem nicht zur Welt Zurückkehrenden zu sprechen, Nachricht von sich. Es ist Guido von Montefeltro, der Ratgeber von Bonifaz VIII., wegen seiner bösen Ratschläge hierher versetzt, wovor ihn auch der heilige Franciscus, in dessen Orden er getreten, nicht schützen konnte. Die Dichter verlassen die achte Schlucht.
Neunte Schlucht des achten Kreises: die Stifter von Zwiespalt. Sie gehen in zerrissener Gestalt, von Teufeln zerfetzt und immer wieder hergestellt. Unter ihnen ist Mohammed, als der Begründer der größten religiösen Spaltung, sein Schwiegersohn Ali, der wieder den Mohammedanismus spaltete, ferner Pier von Medicina, der römische Tribun Curio, Mosca Lamberti, und endlich der Troubadour Bertram de Born, der sein eigenes Haupt als Laterne in der Hand trägt.
Dante hat im neunten Schlund einen Verwandten gesehen und trennt sich nur ungern von der Stätte. Aus der zehnten Schlucht dringen grässliche Wehklagen und ekle Düfte hervor. Hier sind die Falschmünzer und Alchimisten, die mit Grind und Aussatz bedeckt sind. Zwei, die sich gegenseitig aneinander stützen, kratzen sich mit den Nägeln den Schorf ab, der eine, ein Kretiner, berichtet von sich, dann der andere, der Florentiner Capocchio, der auf Anlass einer Äußerung Dantes über Sienas Bewohner deren leichfertiges Leben mit herber Ironie geißelt.
Unter anderen Fälschern erblickt Dante zwei Schatten, die wie rasend einherlaufen und um sich beißen. Der eine stürzt auf Capocchio los; es ist Giovanni Schicchi, ein Verfälscher der Gestalt. Der andere ist Myrrha. Dann sieht er einen Wassersüchtigen mit geschwollenem Bauche, den Münzverfälscher Adam von Brescia; endlich die Fälscher der Wahrheit in Worten, die im hitzigen Fieber liegen: Potiphars Weib und den Trojaner Sinon. Dante horcht auf eine Zänkerei zwischen Adam und Sinon und wird deswegen von Virgil getadelt.
Während die Dichter an der Felswand der letzten Schlucht hingehen, ertönt ein mächtig dröhnendes Horn. Dem Klange nachblickend, glaubt Dante gewaltige Türme zu sehen. Es sind aber, wie Virgil ihn belehrt, Riesen, die mit ihrem Oberleibe aus der Tiefe des letzten Höllenkreises emporragen. Unter ihnen Nimrod, der das Horn geblasen und in unverständlichen Worten die Wanderer anredet. Dann Ephialtes, mit festen Banden umschnürt, der sich im Zorne schüttelt, dass die Erde zu beben scheint. Endlich Antäus, der auf Virgils Bitte die beiden Dichter an den Boden des letzten Kreises hinabhebt und dort niedersetzt.
Dante ruft die Hilfe der Musen für die Schilderung des letzten Höllenkreises an. Eine Stimme warnt ihn, nicht auf die Häupter der Sünder zu treten, die im Eise eingefroren sind und zwischen denen er umherwandelt. Er unterhält sich mit Camiccione de' Pazzi und Sassol Mascherone, die zusammengefroren sind. Sie sind in der Abteilung Kaïna, in der Verräter und Mörder von Verwandten bestraft werden. Daran stößt Antenora, die Abteilung der Vaterlandsverräter. In ihr trifft Dante Bocca Abbati, der, trotzdem dass Dante ihn an den Haaren rauft, seinen Namen nicht nennen will, aber von einem anderen genannt wird und nun ebenfalls Dante noch andere nennt. Endlich bemerkt Dante zwei, von denen der eine das Gehirn des anderen zernagt, und richtet das Wort an jenen.
Die beiden Schatten sind Graf Ugolino della Gherardesca und Erzbischof Ruggieri degli Ubaldini, letzterer schon an der Grenze der dritten Abteilung, der Ptolemäa, in welcher der Verrat an Freunden gestraft wird. Ugolino erzählt seinen und seiner Söhne und Enkel Hungertod. Ausfall des Dichters gegen Pisa. Die Seelen in der dritten Abteilung liegen rücklings auf dem Eise, so dass ihnen die gefrorenen Tränen nach innen fließen und den Schmerz vermehren. Hier trifft Dante den Bruder Alberigo aus Faenza, dessen Körper noch auf Erden weilt und der ihm Gleiches von dem Genuesen Branca d'Oria berichtet, dessen Seele gleichfalls schon unten ist. Der Dichter schließt mit einem Ausfall auf Genua.
Letzte Abteilung des neunten Kreises, Indecca, der Strafort der Verräter an Wohltätern. Sie stecken ganz in durchsichtigem Eise. Hier eblickt Dante den Lucifer, der ausführlich beschrieben wird. Er zermalmt mit seinen drei Mäulern drei Verbrecher und zerreißt sie zugleich mit den Krallen. Es sind Judas Ischarioth, der Verräter Christi, und Brutus und Cassius, die Verräter Caesars. Am Mittelpunkt von Lucifers Leibe schwingt sich Virgil, Dante umfassend, um seine eigene Achse und klettert in entgegengesetzter Richttund an Lucifers Beinen empor. Dem staunenden Dante erklärt er, dass sie den Mittelpunkt der Erde durchgangen hätten. Durch eine dunkle höhlenartige Spalte wandern sie immer fort, bis sie das Tageslicht sehen und bei den Antipoden ins Freie treten.
Das Fegefeuer
Anruf der Musen, besonders der Kalliope. Dante erblickt den Stern der Venus und vier andere Sterne, die auf unserer Hemisphäre nicht sichtbar sind. Es kommt ein Greis, der erstaunt ist, zwei aus der Hölle Angelangte hier zu finden. Virgil gibt ihm Aufklärung über seine Sendung und bittet um Erlaubnis, Dante durch die sieben Reiche des Fegefeuers zu führen. Der Greis ist Cato von Utica, der Virgil aufträgt, am Ufer der Insel, auf der sie sich befinden, Dante zu waschen und mit Binsen zu umgürten.
Der Morgen bricht an. Die Dichter sehen aus der Ferne einen Engel in einem nur von seinen Flügeln als Rudern getriebenen Schiffe kommen, aus welchem er zahlreiche Seelen Abgeschiedener absetzt, um sich sogleich wieder zu entfernen. Die Seelen erkundigen sich bei den Dichtern nach dem Wege und staunen den lebenden Dante an. Plötzlich nähert sich ihm ein Schatten. Dante erkennt in ihm seinen Freund, den Sänger Casella, und versucht, doch vergeblich, ihn zu umarmen; er fasst nur Luft. Nachdem Casella erzählt, wie er hierher gekommen, singt er auf Dantes Bitte ein Lied desselben. Alle Schatten lauschen entzückt, werden aber von Cato scheltend zum Weitergehen angetrieben.
Dante bemerkt im Gehen, dass nur sein Körper, nicht auch der Virgils, Schatten wirft, und glaubt sich verlassen. Virgil klärt ihn darüber auf. Sie kommen an den Fuß des Berges, finden ihn aber so steil, dass sie sich nicht zu helfen wissen. Da naht langsamen Schrittes eine Geisterschar. Auch diese staunen über Dantes Körperlichkeit. Auf Virgils Bitte weisen sie den Weg und gehen mit ihnen. Einer der Schatten redet Dante an und gibt sich als König Manfred zu erkennen. Er und seine Begleiter hier sind im Kirchenbann gestorben; sie müssen dreimal so lange als der Bann gedauert im Vorraum des Fegefeuers bleiben, wenn nicht fromme Fürbitte die Zeit kürzt.
Dante schreitet, in Nachsinnen verloren, an Manfreds Seite hin. Plötzlich rufen die Schatten den Dichtern zu, hier sei der Weg, auf dem der Berg zu ersteigen. Es ist ein enger Pfad; mühsam klimmt Dante hinter Virgil bis zum ersten Absatz, der um den Berg herum läuft. Virgil gibt Dante, der staunt, die Sonne zur Linken zu haben, astronomische Belehrungen. Da ruft sie ein Schatten an, den sie erst nicht bemerken, dann aber mit einer Geisterschar hinter einem Felsen entdecken. Der Redende ist Belacqua, ein Bekannter Dantes. Von ihm erfahren sie, daß hier die geistig Trägen, die ihre Buße immer verschoben, so lange verweilen müssen, als sie gelebt haben, wenn nicht Fürbitte ihnen hilft.
Die Schatten rufen, als sie Dante als Lebenden erkennen, ihm nach. Dante blickt sich daher nach ihnen um, wird aber von Virgil getadelt, dass er durch dergleichen sich aufhalten lasse. Es begegnet ihnen eine andere Schar von Schatten, die das Miserere singt und, als sie Dante gewahrt, erstaunt. Zwei von ihnen kommen auf die Dichter zu. Virgil belehrt sie, dass Dante wirklich lebe und ihnen sehr nützlich sein könne, worauf sie alle herandrängen und um seine Fürbitte bei den Ihren ersuchen. Es sind die Seelen gewaltsam Gestorbener, die aber im Tode noch bereuten. Besonders werden Jacob del Cassero, Buonconte von Montefeltro und Pia, eine Sienesin, redend eingeführt.
Dante macht sich mit Mühe von der ihn anflehenden Schar los und richtet an Virgil die Frage, wie es möglich sei, dass Fürbitte einen Beschluss des Himmels wenden könne, da in seiner Aeneide doch das Gegenteil stehe. Virgil erklärt es ihm, verweist ihn aber wegen des Weiteren auf Beatrix. Dies spornt Dante zur Eile an. Sie treffen einen Schatten allein, der sich als Virgils Landsmann, Sordello, zu erkennen gibt. Die warme Begrüßung der Landsleute veranlasse Dante zu einer heftigen Strafrede gegen Italien und zuletzt gegen Florenz.
Sordell, als er VirgilabNamen erfährt, beugt verehrungsvoll sein Knie und bietet sich zum Führer an. Ein weiteres Hinaufsteigen sei jetzt, wo die Sonne untergegangen, unmöglich, daher er sie in einen Kreis von Seelen führen wolle, den sie gern sehen würden. In einer Talsenkung, voll von köstlichen Blumen und Düften, erblicken sie zahlreiche Seelen, die singen und mit deren Namen Sordell sie bekannt macht. Es sind Könige und Fürsten, die über dem Sorgen für den Staat das höhere Wohl verabsäumten und ihre Buße verschoben haben.
Dante und Beatrix sind in die Venus emporgestiegen. Es nahen Lichter unter Gesang. Eines derselben erbietet sich, Dante zu belehren. Es ist Karl Martell, Sohn Karls II von Neapel. Auf eine Aeußerung hin befragt ihn Dante, wie es möglich sei, daß von einem guten Vater ein schlechter Sohn abstammen könne. Der selige Geist gibt ihm Ausklärung darüber.
Die Nacht bricht ein. Dante wird im Schlafe von Lucia bis in die Nähe der Pforte des Fegefeuers entrückt. Er erwacht dort, allein mit Virgil, der ihm nachgefolgt ist. Sie wandern weiter und kommen an die Pforte, zu der drei Stufen hinaufführen. Auf der obersten sitzt ein Engel mit entblößtem Schwerte, der, nachdem Virgil über seine Sendung Aufschluß gegeben, sie zum Eintritt einladet. Dante steigt die Stufen empor und wirft sich vor dem Engel nieder. Dieser schreibt sieben P auf Dantes Stirne und öffnet dann mit einem silbernen und einem goldenen Schlüssel die Pforte. Zugleich warnt er vor dm Rückwärtschauen. Knarrend erschließt sich das Thor, aus welchem ein Tedeum Dante entgegenschallt.
Auf einem gewundenen Felspfade emporsteigend, gelangen die Dichter auf den Rand des ersten um den Berg laufenden Simses, in die erste Abtheilung des eigentlichen Fegefeuers. Hier sind die Hochmüthigen, von schweren Lasten zu Boden gedrückt. An den Wänden des Berges sind in weißem Marmor Bilder der Demuth zur Beschämung der Hochmüthigen dargestellt. Dante betrachtet dieselben, bis ihn Virgil auf die langsam heranschreitende Schar der unter ihren Lasten seufzenden Seelen aufmerksam macht. Eine Strafrede gegen den menschlichen Hochmuth schließt sich an.
Die büßenden Seelen beten das Vater unser und weisen den Dichtern auf Virgils Befragen den Weg zum nächsten Kreise. Dante wird von Graf Humbert von Santafiore angeredet. Dann erkennt er den Miniaturmaler Oberisi, der sich über die Vergänglichkeit irdischen Ruhmes ausspricht und ihm einen einst berühmten Sienesen, Provenzan Salvani, zeigt. Zugleich erhält Dante Aufklärung, wegen welcher That dieser sich schon jetzt hier befinde.
Am Fußboden des ersten Kreises sind Beispiele des Hochmuts aus der biblischen und antiken Geschichte und Mythologie in Bildern dargestellt. Es ist Mittag vorüber; ein Engel erscheint und zeigt den Dichtern den Weg zum zweiten Kreise. Er tilgt von Dantes Stirn das erst P, und Dante fühlt sich so leicht, als wenn eine schwere Last von ihm genommen sei.
Die Dichter betreten den zweiten Einschnitt des Berges, den zweiten Kreis des Fegefeuers. Schatten und Stimmen, die zur Liebe mahnen, fliegen an ihnen vorüber. Es ist der Kreis der Neidischen, die durch jene Stimmen zu der ihnen fehlenden Liebe getrieben werden sollen. Ihre Augen sind mit Gittern und Eisendraht verschlossen, durch welche ihre Thränen sich durchpressen. In schlechtem, härenem Gewande sitzen sie, sich an einander stützend, am grauen Felsenrande. Dante fragt, ob eine Seele aus Italien unter ihnen sei, und empfängt Antwort von einer Sienesin, Namens Sapia.
Zwei Schatten, Gui del Duca und Rinieri von Calboli, unterhalten sich über Dante und ersterer redet ihn an. Als er vernommen, daß Dante aus Florenz sei, spricht er sich in harten Worten über die Verderbniß in Toscana und Romagna aus. Dann wandern Dante und Virgil weiter und hören in Stimmen warnende Beispiele des Neides.
Ein Engel kommt, strahlender als die früheren, und lädt sie ein, den Weg zum dritten Kreise zu betreten. Nachdem Virgil Dante Auffschluß über eine ihm unverständliche Aeußerung des Gui del Duca gegeben und wegen des Weiteren auf Beatrice verwiesen, sieht Dante in einer Vision Bilder der Sanftmuth. Virgil ruft den wie im Traume hingehenden an, und als Dante seine Vision erzählen will, erklärt er, es bedürfe dessen nicht, er habe durch sein Anrufen ihn nur aufmuntern wollen. Ein immer dichterer Rauch umgibt die Fortschreitenden und entzieht ihnen jede Aussicht.
Im Rande weiterschreitend hält sich Dante an seinen Führer, um sich nicht zu verirren. Sie hören Stimmen das 'Agnus Dei' singen. Virgil belehrt Dante, daß diese Rauchsphäre der Aufenthalt der Zornigen ist. Dante wird von Marco aus Venedig angeredet, der ihn bittet für ihn zu beten. Dante, an ein Wort Marcos anknüpfend, bittet um Auskunft, weshalb die Tugend auf Erden so abnehme; ob der Grund auf Erden oder im Einfluß der Sterne zu suchen sei. Marco belehrt ihn, daß trotz des Einflusses der Sterne die Willensfreiheit des Menschen bestehe; es sei die schlechte Führung auf Erden, die jetzt in der Hand der Kirche vereinigt, statt an Kaiser und Reich verteilt sei, was den schlimmen Zustand hervorrufe. Nur drei tugendhafte Greise werden namhaft gemacht und über sie Auskunft erteilt. Der Schatten entfernt sich, da er den Kreis der Büßenden nicht verlassen darf.
Die Sonne senkt sich zum Untergang, als die Wanderer aus dem Rauch heraustreten. Dante sieht in der Phantasie Bilder des Zornes aus der Geschichte vor sich. Ein Ruf mahnt zum weiteren Steigen; er rührt von einem Engel her, dessen Glanz Dante nicht ertragen kann. Ein Lobgesang ertönt denen, die frei vom Zorn sind. Sie betreten den vierten Kreis, in dem die Trägen büßen. Alles ist hier stumm und schweigend, das Dunkel ist angebrochen; dieses benutzt Virgil, um Belehrungen über die natürliche und geistige Liebe, sowie über die Verirrungen der letzteren zu ertheilen und die verschiedenen Arten der Verirrung zu bezeichnen, von denen drei in den eben durchwanderten Kreisen, die drei anderen in den nächstfolgenden Kreisen gebüßt werden.
Virgil ertheilt Dante Belehrung über Liebe, Verlangen und die Freiheit des Willens. Inzwischen ist der Mond aufgegangen, es ist Mitternacht geworden. Eine Schar von Seelen kommt in schnellem Laufe hinter ihnen her, zwei, die an der Spitze voraneilen, führen als Beispiele löblichen Eifers Maria und Caesar an. Virgil fragt nach dem Eingang zum nächsten Kreise. Antwort ertheilt ein Abt von S. Zeno in Verona, der aber im Sprechen schon wieder entheilt. Zwei hinten Nachkommende schelten die Trägheit und führen Beispiele derselben an. Dante versinkt, nachdem alle sich entfernt, in Sinnen.
In einem Traumgesicht erblickt Dante ein häßliches Weib, das sich alsbald aber in eine bezaubernde Sirene verwandelt und singt. Da kommt ein anderes Weib und zeigt jene in ihrer wahren Gestalt. Dante erwacht. Die Sonne geht auf. Ein Engel weist den Weg zum nächsten Kreise. Sie kommen zum fünften Kreise, dem der Geizigen, die mit dem Gesicht zur Erde gekehrt ausgestreckt daliegen und seufzen. Virgil fragt nach dem Wege. Dante läßt sich mit Virgils Erlaubniß in ein Gespräch mit dem antwortenden Schatten ein, der sich als Papst Hadrian V zu erkennen gibt. Als Dante niederknieen will,verweist er es ihm; hier sei auch er nur Knecht des einen Herrn.
Verwünschung des Geizes. Eine Stimme führt Beispiele von edler Ertragung der Armuth an, als Sporn für die hier Büßenden. Dante redet den Schatten an. Es ist Hugo Capet, der in herber Weise das französische Königshaus verurtheilt und Gottes Rache herabfleht. Von ihm erfährt Dante, daß in der Nacht die hier weilenden Schatten warnende Beispiele des Geizes betrachten. Die Dichter wandern weiter; der Berg erzittert heftig, es ertönt ein Rufen und das 'Ehre sei Gott in der Höhe'. Dante vergeht vor Verlangen, den Grund zu erfahren.
Den beiden Dichtern kommt ein Schatten nach, der sie begrüßt und auf Virgils Frage Auskunft über die Erschütterung des Berges ertheilt. Die obere Region desselben ist über allen Witterungswechsel erhaben, nur unterhalb des Eingangs zum Fegefeuer findet solcher statt. Der Berg bebt nur, wenn eine Seele sich geläutert fühlt. Er berichtet ferner, daß er die geläuterte Seele sei, die 500 Jahre in diesem Kreise gelebt. Es ist der römische Dichter Statius; er spricht seine Verehrung für Virgil aus. Dante lächelt dabei; auf des Schattens Befragen theilt er ihm mit Virgils Erlaubniß mit, daß Virgil vor ihm stehe. Statius neigt sich und will Virgils Füße umfassen. Virgil wehrt ihm.
Die Dichter wandern in Statius Begleitung weiter. Statius erzählt wodurch er zum Christenthum bekehrt worden und weswegen er hier und im vierten Kreise habe büßen müssen. Virgil ertheilt ihm Auskunft von andern römischen und griechischen Dichtern, Männern und Frauen des Alterthums, die im Höllenvorhof weilen. Sie kommen in den sechsten Kreis, den der Schwelger, und sehen einen Fruchtbaum, dessen Zweige nach oben breiter werden. Eine Stimme verbietet davon zu essen und führt Beispiele der Mäßigung vor.
Die in diesem Kreise büßenden Seelen weinen und singen. Ein Haufe von Schatten kommt eilig gelaufen und holt die Dichter ein. Forese Donati, der hier verweilt, wird von Dante erkannt und ertheilt ihm Auskunft über die hier Büßenden; er selbst sei durch Fürbitte seiner Witwe rascher als zu erwarten war hierher aus dem Vorhof des Fegefeuers gelangt. Ihre Keuschheit veranlaßt zu einem Ausfall gegen die unkeuschen Florentinerinnen. Zuletzt fragt Forese den Dichter nach dem Ziel und Zweck seiner Reise und erhält Auskunft darüber.
Dante empfängt von Forese Auskunft über dessen Schwester Piccarda, sowie über mehrere Seelen dieses Kreises. Er läßt sich mit Bonagiunta von Lucca in ein Gespräch ein und bezeichnet die Aufgabe des wahren Dichters. Auf Foreses Frage, wann sie sich wiedersehen würden, spricht Dante seine Sehnsucht aus, bald aus dem Leben zu gehen. Prophezeiung Foreses über die Zukunft von Florenz. Dann entfernt er sich. Die Dichter kommen an einen andern Fruchtbaum, zu welchem Schatten verlangend emporschreien. Eine Stimme aus dem Baume vertreibt sie und führt warnende Beispiele der Völlerei und Trunkenheit an. Nach weiterm Wandern erscheint ein Engel, lädt zum Aufsteigen in den nächsten Kreis und weht ein P von Dantes Stirn. Eine Stimme preist die Enthaltsamen.
Auf Dantes Frage, wie es komme, daß Schatten abmagern können, erwidert, von Virgil aufgefordert, Statius mit einer Darlegung des Verhältnisses zwischen Leib und Seele und einer Schilderung des physiologischen Vorgangs der Zeugung und Entwicklung. So gelangen sie zum siebenten Kreise, in welchem die Wollüstigen büßen. Flammen brennen hier und nur ein schmaler Pfad am Rande bleibt zum Gehen fei. Durch das Feuer schallt ein Hymnus. Die durch die Flamme laufenden Geister nennen Beispiele der Keuschheit.
Die Schatten staunen über Dantes Körperlichkeit und einer befragt ihn. Noch ehe er antworten kann, kommt eine Schar von Schatten der hier weilenden entgegen; sie umarmen und küssen sich und eilen dann an einander vorüber. Der Schatten, der vorher gesprochen, belehrt Dante, daß hier die Wollust bestraft wird und die beiden Scharen verschiedene Arten derselben büßen. Er selbst gibt sich als Guido Guinicelli zu erkennen. Dante preist ihn als seinen Vorgänger im Dichten. Guido aber, das Lob ablehnend, weist auf den Troubadour Arnaut Daniel als ausgezeichneter hin. Dante spricht diesen an und Arnaut erwidert in provenzalischen Worten.
Der Abend bricht an. Ein Engel ladet zum Eintritt in die Flammen. Dante bebt zurück und Virgil weiß ihn nur dadurch zum Eintritt zu bestimmen, daß er ihm zuruft, jenseits dieser Flamme erwarte ihn Beatrix. Dante stürzt sich hinein. Sie schreiten dann auf den Gipfel des Berges zu. Die Nacht sinkt herab. Im Schlafe hat Dante gegen Morgen eine Vision: ein blumenpflückendes Weib erscheint ihm. Es ist Lea, das Bild des thätigen Lebens, im Gegensatze zu ihrer Schwester Rahel, dem Bilde des beschaulichen Lebens. Virgil erklärt ihm, daß er ihn hier verlasse. Fortan dürfe er dem eigenen, geläuterten und mit Gott geeinten Willen folgen.
Dante betritt den kühlen Hain auf dem Gipfel des Berges; das Laub regt sich im leisen Winde, Vögel singen, ein Bächlein rauscht. Am anderen Ufer desselben sieht er ein blumenpflückendes und singendes Weib. Er bittet sie näher zu kommen; sie tut es und schaut ihn lächelnd an. Zugleich fordert sie ihn auf, wenn er über etwas Auskunft wünsche, zu fragen. Er fragt nach dem Grunde der Windbewegung und der Entstehung des Wassers an dieser Stelle, wo nach früher Gehörtem Wind und Wasser nicht mehr sein könnten, und erhält Auskunft darüber. Die Luft entsteht von der Bewegung der Sphären, das Wasser stammt aus nie versiegender Quelle und bleibt sich immer gleich; es teilt sich in zwei Arme, die Quelle Lethe, die Vergessen der Sünde bewirkt, und Eunoë, die Erinnerung guter Taten erweckt.
Dante und die beiden andern Dichter folgen dem Gange der auf der andern Seite des Baches wandelnden Mathilde. Jetzt gewahrt er ein Leuchten durch den Wald, das sich vermehrt. Süße Töne erklingen, die Luft wird immer heller. Anruf der Musen. Schilderung des Triumphes der Kirche in einem allegorischen Aufzuge, auf einem von einem Greisen gezogenen Wagen, der von symbolischen Gestalten umgeben ist. Als der Wagen Dante gegenüber ist, ertönt ein Donnerschlag un der Wagen hält an.
Von den vierundzwanzig Alten erhebt einer die Stimme und alle stimmen dreimal ein. Engel bestreuen den Wagen mit Blumen. In der Blumenwolke erscheint Beatrix, roth, grün und weiß gekleidet. Dante fühlt die alte Liebe erwachen und wendet sich tiefbewegt zu Virgil. Dieser aber hat ihn verlassen. Er weint. Beatrix ruft ihn beim Namen. Nach kurzer Pause fährt sie in strenger Rede fort. Die Engel singen, Fürbitte einlegend. Beatrix redet die Engel an, und entwickelt Dantes reiche Begabung und die Schuld, in die er verfallen, nachdem sie der Erde entrückt worden. Es sei zu seiner Rettung kein Mittel als diese Wanderung übrig geblieben. Er müsse bereuen, ehe er in Lethe getaucht werde.
Beatrix wendet sich jetzt an Dante und hält ihm sein Schuld vor, indem sie ihm vorstellt, wie er nach ihrem Tode hätte sein und werden müssen. Er bekennt weinend seine Schuld. Sie fordert ihn auf, sein Antlitz zu erheben, um zu schauen, was er verloren. Die Blumenwolke ist verschwunden. Noch deckt sie der Schleier. Nun faßt ihn Mathilde, taucht ihn in Lethe ein und zieht ihn durch die Fluth ans andere Ufer. Die vier Frauen stellen ihn vor den Greisen hin, dessen Bild er in Beatricens Augen gespiegelt sieht. Die drei anderen Frauen nahen sich; auf ihre Bitte nimmt Beatrix den Schleier ab.
Dante, in Beatricens Anblick versunken, wird von dem Rufe der drei Frauen erweckt. Der Zug setzt sich wieder in Bewegung, in der Ordnung wie er kam. An den Baum der Erkenntniß gelangt, steigt Beatrix ab. Der Greif bindet die Deichsel an den Baum, worauf er sich neu begrünt. Unter den Klängen eines himmlischen Hymnus ebtschlummert Dante. Als er aufwacht, sieht er Mathilde über sich und fragt nach Beatriv. Sie sitzt allein unter dem Baume, nur von den sieben Frauen und den sieben Lichtern umgeben während der Greif und das übrige Gefolge verschwunden. In einer nun folgenden Vision, welche Beatrix ihn bei der Rückkehr aufzuschreiben auffordert, sieht er die Schicksale der christlichen Kirche bis auf die Gegenwart.
Die sieben Frauen singen. Der Zug setzt sich in Bewegung. Beatrix ermuntert Dante zum Fragen, fordert ihn auf, daß hier Gesehene und Gehörte auf Erden zu verkünden, und deutet ihm die Wiederherstellung der Kirche in reiner Gestalt an. Inzwischen ist es Mittag geworden. Sie haben den Mittelpubkt des Gipfels erreicht. Dort fließt die Quelle Eunoë, aus welcher Mathilde Dante trinken läßt. Er ist dadurch befähigt, zum Paradiese emporzusteigen.
Paradies
Anruf Apollos. Es ist Morgen; Beatrix schaut zur Sonne empor. Dadurch ermuthigt, blickt auch Dantes Auge hinauf, muß aber bald vor übermäßigem Glanze sich senken. Er ist, ohne daß er es bemerkt, in die Feuersphäre, die zwischen Erde und Mond liegt, eingetreten. Von Beatrix darüber belehrt, spricht er sein Befremden aus, wie er die leichteren Elemente der Luft und des Feuers habe durchsteigen können. Auch darüber empfängt er von Beatrix Aufklärung.
Nachdem der Dichter die Geistesschwachen abgemahnt, ihn weiter auf seiner Fahrt zu begleiten, fährt er fort. Sie gelangen in die Sphäre des Mondes, die sie wie ein dichtes diamantenes Gewölk umgibt. Er befragt Beatrix nach den dunklen Flecken im Monde. Nachdem er auf ihre Aufforderung seine eigene Ansicht über dieselben vorgetragen, widerlegt sie ihm diese und erklärt ihm den wahren Grund jener Flecken aus der verschiedenen Kraft der die Sterne lenkenden Intelligenz und aus der verschiedenen Fähigkeit der Sterne, diese Kraft in sich aufzunehmen.
Eben will Dante Beatrix gestehen, daß er seines Irrthums überführt sei, als eine neue Erscheinung ihn fesselt. Er sieht Gesichter aus dem Lichte auftauchen, die zu sprechen bereit sind. Er hält sie für Spiegelbilder, wird aber von Beatrix belehrt. Es sind die Seelen Derer, die ihr Gelübde nicht vollständig erfüllt haben. Eine Seele redet ihn an, die vor allen den Wunsch mit ihm zu sprechen zu hegen scheint. Es ist die Nonne Piccarda. Auf Dantes Frage, ob sie nicht nach höherer Seligkeit sich sehne, erwidert sie, daß solches Wünschen mit dem Wesen der Seligkeit unvereinbar sei. Sie erzählt ihm ihre Geschichte und die einer andern Nonne, Constanze. Darauf taucht sie im Lichte wieder unter. Dante wendet seine Blicke Beatrix zu.
Dante schwankt zwischen zwei Zweifeln, die gleich stark sind, weshalb er zur Aeußerung von keinem gelangt. Beatrix erräth sie. Der eine ist der, ob der durch Gewalt gehemmte Wille als Schuld anzurechnen sei; der andere die platonische Lehre, daß die Seele zu dem Sterne, von dem sie herstammt, zurückkehre. Die letztere widerlegt Beatrix und bezeichnet sie als besonders gefährlich; auch der andere Zweifel, weniger gefährlich, weil aus dem Glauben entspringend, wird dadurch widerlegt, daß ein freier Wille gar nicht gezwungen werden kann. Ein Wille also, der sich der Gewalt unterwirft, ist von Tadel nicht frei. Dante fragt weiter, ob ein unerfüllt gebliebenes Gelübde durch anderes Thun ersetzt werden könne.
Paradies - Gesang 05
Nachdem Beatrix Dante erklärt, warum sie mehr und mehr erglänze, beantwortet sie seine Frage in verneinendem Sinne. Beim Gelübde opfert der Mensch das Höchste, den freien Willen, und dafür gibt es keinen Ersatz. Zugleich warnt sie, leichtsinnig zu geloben. Dann kommen sie in die Sphäre des zweizen Planeten, des Mercur. Dante sieht tausende von Lichtern sich ihm nähern und vernimmt Stimmen. Eine derselben redet ihn an und erbietet sich, ihm Kunde zu ertheilen. Auf Beatrix' Aufforderung redet Dante den Geist an, worauf das Licht noch heller aufleuchtet und zu reden beginnt.
Der Sprechende ist Kaiser Justinian. Er erzählt seine eigene Geschichte, schildert die Thaten des römischen Adlers und tadelt das Verhalten der gegenwärtigen Parteien zur kaiserlichen Sache. Damit antwortet er auf Dantes erste Frage, wer er sei. Auf die zweite, warum er im Mercur verweile, antwortet er damit, daß hier die Seelen der nach Ehrer und Ruhm Strebenden wohnten. Unter ihnen ist auch Romeo, dessen Geschichte zum Schlusse erzählt wird.
Nachdem Iustinian geschlossen, stimmt er einen Lobgesang an und verschwindet dann in der kreisenden Bewegung der übrigen Lichter. Dante hegt einen an Iustinians Worte sich anknüpsenden Zweifel, wagt aber nicht Beatrix zu befragen. Sie kommt ihm lächelnd zuvor. Der Zweisel ist der, wie gerechte Rache gerecht bestraft werden könne. Ein weiterer Zweifel ist der. warum Gott gerade diesen Weg der Erlösung gewählt habe. Beide Zweifel werden von Beatrix gelöst. Endliche erklärt sie ihm noch eine Stelle der Rede, inwiefern Engel und Menschen von Gott unmittelbar geschaffen seien, die andern irdischen Wesen aber mittelbar.
Dante und Beatrix sind in die Venus emporgestiegen. Es nahen Lichter unter Gesang. Eines derselben erbietet sich, Dante zu belehren. Es ist Karl Martell, Sohn Karls II von Neapel. Auf eine Aeußerung hin befragt ihn Dante, wie es möglich sei, daß von einem guten Vater ein schlechter Sohn abstammen könne. Der selige Geist gibt ihm Ausklärung darüber.
Ein anderer Geist dieses Kreises, Cunizza, redet Dante an und erzählt von sich; zugleich fügt sie Prophezeiungen der Zukunft bei. Dann ergreift der neben ihr stehende Folco von Marseille das Wort; nachdem er von sich selbst und der Liebe, die ihn auf Erden beherrscht, gesprochen, nennt er unter den hier Weilenden auch Rahab und knüpft an ihr frommes Verhalten einen herben Tadel der Gegenwart.
Dante und Beatrix kommen in die Sonne. Nachdem Dante Gott für solche Gnade innigst gedankt, blickt er umher und sieht einen Kranz von Lichtern tanzen und singen. Dreimal umkreisen sie ihn und halten still. Eines der Lichter, Thomas von Aquino, redet ihn an und nennt ihm die einzelnen andern Lichter in diesem Kranze.
Der heilige Thomas von Aquino nimmt aufs neue das Wort und erklärt Dante eine ihm dunkel gebliebene Stelle seiner früheren Rede. Gott habe als Führer der Kirche zwei Fürsten bestimmt, Dominicus und Franciscus. Das fromme Leben und Streben des einen, des heiligen Franciscus von Assisi, schildert er, der Dominicaner. Ihm sei der anderem der heilige Dominicus gleich, dessen Orden aber in der Gegenwart arg ausgeartet sei.
Eine andere Zwölfzahl von Seligen bildet einen zweiten Kreis um die erste. Aus ihr ergreift der Franciscaner Bonaventura das Wort und verkündet das Lob des heiligen Dominicus, dessen Leben und Wirken er erzählt, um dann auf die Entartung des Franciscanerordens in der Gegenwart überzugehen. Endlich führt er die Namen der andern elf Seligen auf.
Die beiden Kränze von je zwölf Seligen tanzen in concentrischen Kreisen, aber nach entgegengesetzter Richtung. Dann ergreift Thomas von Aquino wieder das Wort und löst Dantes Zweifel bezüglich Salomos. Der Irrthum, in welchem Dante sich befunden, gibt Anlaß zur Anpreisung von Vorsicht beim Urtheilen.
Beatrix bittet die seligen Geister, Dante Aufklärung darüber zu gewähren, ob nach der Auferstehung ihr Licht dasselbe sein und bleiben, und ob dasselbe die Augen ihres auferstandenen Körpers nicht blenden werde. Antwort ertheilt darauf Salome, indem er berichtet, daß die Organe des neuen Leibes dem wachsenden Lichte entsprechen werden. Darauf steigen Beatrix und Dante in den Mars. Die Lichter in demselben bilden ein Kreuz, in welchem sie sich hin und her bewegen. Ein süßer Gesang zum Lobe Christi läßt sich vernehmen.
Nachdem der Gesang verstummt, schießt eines der Lichter an den Fuß des Kreuzes herab und redet Dante an. Es ist sein Ahnherr Cacciaguida. Dante sragt ihn mit Beatrix' Erlaubniß nach seinem Namen, worauf Cacciaguida Auskunft über sich und sein Geschlecht ertheilt und im Lobe des alten Florenz im Gegensatz zu dem neuen sich ergeht.
Dante, stolz auf seine Ahnen, bittet Cacciaguida um Nachricht über den Zustand von Florenz zu Cacciaguidas Zeit. Cacciaguida schildert das alte Florenz mit tadelnden Seitenblicken auf die Gegenwart.
Aus Veranlassung von Dante prophezeit Cacciaguida ihm die Leiden seiner Zukunft, seiner Verbannung, aber auch die Gunst, die er bei Cangrande della Scala erfahren werde. Des Dichters Schwanken, ob er alles auf seiner Wanderung Vernommene in seinem Liede melden solle, weiß Cacciaguida zu heben, indem er ihn auffordert, unerschrocken die volle Wahrheit zu verkünden.
Cacciaguida zeigt Dante eine Reihe kriegsberühmter Helden, deren Lichter schnell vorüberschießen. Dann steigen Beatrix und Dante in den Jupiter, in welchem die Seelen gerechter Fürsten weilen. Die seligen Geister dieses Planeten bilden die Worte 'Diligite justitiam qui judicatis mundum.' Daraus entwickelt sich die Gestalt eines Adlers. An die lateinischen Worte schließt sich ein Ausfall des Dichters gegen die Ungerechtigkeit aus Erden, besonders der römischen Curie.
Der Adler löst das Bedenken, welches Dante hegt. ob Jemand ohne den Glauben an Christus selig werden könne. Nur wer an Christum glaube, sei es an den erschienenen, sei es an den verheißenen, kann in den Himmel kommen. Freilich nicht jeder, der sich Christ nenne. Daran schließt sich ein heftiger Ausfall gegen die ungerechten Herrscher der Gegenwart, deren eine große Anzahl namhaft gemacht wird.
Nachdem der Adler geschwiegen, singen die einzelnen Seligen, die ihn bilden, einen Chorgesang. Dann ergreift der Adler aufs neue das Wort und gibt Auskunft über sechs das Auge und die Augenbraue des Adlers bildende Seelen. Unter ihnen sind Kaiser Trajan und der Trojaner Ripheus. Dante wundert sich, diese hier zu sehen, und empfängt Aufklärung seines Zweifels. Beide seien nicht als Heiden gestorben. Daran knüpft sich eine Betrachtung über die göttliche Gnadenwahl.
Dante blickt auf Beatrix, die aber nicht wie sonst lächelt und ihm den Grund erklärt. Sie sind in den Saturn, in welchem die beschaulichen Einsiedler weilen, gekommen. Dante sieht eine leuchtende Leiter, deren Spitze er mit den Augen nicht verfolgen kann. Lichter steigen auf derselben auf und nieder. Eins in seiner Nähe glänzt besonders helle. Dante redet es an und fragt, warum es ihm sich nähere und warum hier kein Gesang erschalle. Der Grund des letzteren ist derselbe, aus welchem Beatrix nicht gelächelt; ersteres geschieht weil Gott es so gewollt. Als Dante nach dem Warum dieses Wollens fragt, wird er belehrt, dies sei Geheimniß Gottes. Der Geist theilt ihm dann mit, daß er der Einsiedler Petrus Damianus sei, und tadelt am Schlusse das entartete Leben der Geistlichkeit zu Dantes Zeit. Plötzlich ertönt mächtiges Rufen.
Beatrix erklärt Dante das Rufen der Seligen als einen Schrei um Rache. Dann blickt er wieder auf die Seligen hin und gewahrt einen besonders hellen Lichtkreis. Es ist der heilige Benedict. Dante spricht den Wunsch aus, sein Antlitz unverschleiert zu sehen. Benedict vertröstet ihn auf den letzten Himmel. Dann spricht der Heilige von der Entartung der Mönchsorden in der Gegenwart. Beatrix und Dante fliegen zum achten Himmel, dem Fixsternhimmel, empor. Dante betritt ihn beim Zeichen der Zwillinge, das bei seiner Geburt leuchtete. Beatrix fordert ihn auf, ehe sie weiter steigen, noch einmal auf die Erde, die tief und winzig klein unter ihm liegt, zurückzuschauen.
Dante schaut den Triumphzug Christi, der als Sonne die andern seligen Geister erhellt. Dann blickt er in Beatrix' Augen, deren Lächeln er jetzt ertragen kann. Auf ihren Antrieb schaut er aufs neue empor und sieht die Jungfrau Maria. Eine Fackel schießt von oben herab und kreist um sie, lobsingend: der Erzengel Gabriel. Maria steigt empor, dem Sohne nach. Die zurückbleibenden seligen Geister strecken die Spitzen ihrer Flammen wie in Sehnsucht empor. Sie singen ihr zum Lobe dasRegina coeli.Gleichwie das ruhnde Vöglein das im lieben Laubdunkel aus dem Nest der süßen Kleinen Die Nacht die alles hüllt hindurch geblieben Um sich zu srenn am Anblicke der Seinen Und Kost zu sinden womit es sie speise 6 Wobei ihm schwere Mühen leicht erscheinen Der Zeit voraneilt aus dem ossnen Reise Heiß sehnend daß die Sonne alles lichtet Schars spähend ob es nicht schon dämmert leise So stand jetzt meine Herrin ausgerichtet Ausmerksam hingewendet nach der Gegend 12 Wo minder eilig Sol die Fahrt verrichtet Als ich sie so gespannt sah und erwägend War mirs wie dem der sich begnügt bescheiden Mit Hoffnung wenn auch andre Wünsche hegend l dh nach Mittag nach der Mitte des Himmels
Beatrix ersucht die Seligen des achten Himmels, Dantes Sehnsucht zu stillen. Der heilige Petrus kommt der Bitte nach und prüft Dante im Glauben, indem er ihn fragt, was Glaube sei, wie er sich ihn angeeignet habe, warum die Bibel Gottes Wort sei und was die Wunder derselben verbürge. Nachdem alles befriedigend beantwortet, stimmen die Seligen das ‘Herr Gott dich loben wir’ an. Petrus fordert Dante auf, seinen Glauben und den Grund desselben auszusprechen. Als auch dies geschehen, umarmt er ihn freudig.
Ein zweiter Lichtglanz tritt heran, der Apostel Jacobus. Er und Petrus begrüßen sich. Jacobus prüft Dante über die Hoffnung, und zwar, was sie sei, wie stark sie in ihm sei, und woher sie ihm stamme. Auf die zweite Frage antwortet Beatrix, auf die beiden andern Dante. Die Seligen stimmen einen Hymnus an. Ein drittes Licht, der Apostel Johannes, tritt hinzu und bewillkommt die beiden andern. Dante vernimmt von ihm, daß nur Christus und Maria mit ihrem Leibe bekleidet schon jetzt im Himmel seien. Dante will auf Beatrix schauen, bemerkt aber zu seinem Schrecken, daß sein Auge von dem Hinschauen auf Johannes geblendet ist.
Johannes prüft Dante über die Liebe, und zwar das Ziel derselben, als welches Dante Gott bezeichnet. Vernunft und Offenbarung wie die Werte Gottes, das Leben und Leiden Christi bezeugen diese Liebe. Ein dreifaches Heilig erschallt. Nun kann Dante, der vorher geblendet war, wieder sehen. Er sieht ein viertes Licht; es ist Adam. Dieser gibt Dante Auskunft über vier Punkte: über sein Alter, die Dauer seines Aufenthaltes im Paradiese, die Ursache des Sündenfalls und die erste Sprache der Menschen.
Nach einem Lobgesange auf die Dreieinigkeit ergreift Petrus das Wort und spricht zürnend über den Zustand der entarteten Kirche. Darauf schweben alle Heiligen empor und verschwinden. Dante und Beatrix kommen in den neunten Himmel, den Krystallhimmel, dessen Beschaffenheit sie ihm erklärt. Daran knüpft sich eine Strafrede gegen die der göttlichen Ordnung zuwiderlaufende Entartung der Menschheit, deren Grund in dem Mangel eines höchsten Herrschers zu finden, doch werde einst eine bessere Zeit kommen.
Dante sieht einen lichten Punkt, um den neun Kreise sich drehen, der nächste am schnellsten, der fernste am langsamsten. Es ist Gott; jene Kreise sind die Ordnungen der Engel. Beatrix klärt ihn darüber auf, warum die Bewegung eine andere sei als in der körperlichen Welt, und macht ihm die einzelnen Ordnungen der Engel namhaft.
Beatrix belehrt Dante über den Zweck der Schöpfung. Die Schöpfung zerfällt in Gebilde reiner Form (Engel), Mischung von Form und Stoff (Mensch) und reinen Stoffes (körperliche Welt). Alle drei sind zugleich geschaffen. Ein Theil der Engel empörte sich gegen Gott. Sie widerlegt die irrige Ansicht, daß die Engel Wollen, Verstehen und Erinnern hätten. Dies sei ein Irrthum: aber schlimmer als Irrthum sei das absichtliche Entstellen der Wahrheit. Damit geht sie auf das verkehrte Treiben der Prediger und Priester über. Endlich spricht sie, zum Gegenstande zurückkehrend, über die Zahl der Engel.
Die Seligen des neunten Hinmiels verschwinden. Dante blickt Beatrix an, die in himmlischer unbeschreiblicher Schönheit erglänzt. Sie gelangen ins Empyreum. Dante sieht einen Fluß von Licht, in ewigem Frühling prangend. Funken tauchen aus dem Flusse und senken sich in die umher blühenden Blumen. Beatrix heißt ihn aus dem Flusse trinken. Kaum haben seine Augenlider das Wasser berührt, als der lange Fluß sich in einen runden verwandelt. Funken und Blumen sind zu Engeln und Seligen geworden. Die Seligen bilden die Gestalt einer Rose, in deren Mitte ihn Beatrix stellt. Aus einem der wenigen noch leeren Plätze liegt eine Krone; sie ist für Heinrich VII bestimmt.
Die Engel senken sich in die Blätter der aus Seligen bestehenden weißen Rose; hin und her zu und von Gott schwebend, holen sie neue Liebe und Güte um sie den Seligen zu bringen. Dante überschaut das Ganze. Als er dessen einzelne Theile betrachten und sich um Auskunft an Beatrix wenden will, ist sie verschwunden. An ihrer Stelle steht der heilige Bernhard, der ihm Beatricens Platz in der Rose zeigt. Dante scheidet von ihr mit einem Dankgebete und lenkt dann seinen Blick auf die Himmelskönigin Maria.
Bernhard schildert Dante die Eintheilung der Rose des Paradieses und nennt ihm eine Anzahl von Seligen. Die ganze Rose ist in zwei Hälften getheilt, die die Heiligen des alten und des neuen Bundes einnehmen. Die inneren Reihen der Rose nehmen die Kinderseelen ein und zwar solche der jüdischen und christlichen Zeit; letztere jedoch nur, wenn sie getauft gestorben sind. Dann fordert Bernhard Dante ausm Maria anzublicken, die der Engel Gabriel singend umschwebt. Endlich Gott selbst anzuschauen, vorher aber mit ihm ein Gebet zu Maria zu senden.
Gebet des heiligen Bernhard zu Maria, daß diese Gott um die Gnade bitte, daß Dante Gott schauen dürfe. Das Gebet wird erfüllt; Dante erklärt die Unzulänglichkeit der Sprache, das Geschaute auszudrücken. Er sagt nur, daß er in einem Glanze drei Kreise gesehen, von gleicher Größe, aber ungleicher Gestalt; in dem mittleren das gottähnliche Menschenantlitz. Vergeblich aber ist sein Bemühen, das Verhältniß dieses Bildes zu dem Kreise zu entdecken. Da durchzuckt ihn ein Blitz und er fühlt die vollste Seligkeit.