Auf unsres Erdendaseins Wegesmitte
Erfand ich mich in einem dunklen Wald,
Da abgeirrt vom rechten Pfad die Schritte.
So neigte sich der Tag; die Dämmerungen
Erbrachten allen Erdenwesen Rast,
Nur ich allein ward in den Kampf gezwungen
Durch mich geht's ein zur klagereichen Stätte,
Durch mich geht's ein zum ewiglichen Leid,
Durch mich zu der Verlornen langen Kette.
Ein Donner hat mich aus dem Schlaf gerüttelt,
Der mir den Kopf benommen tief und schwer,
Wie einen, den man jäh gewaltsam schüttelt.
So stiegen wir zum zweiten Kreise ein,
Der kleiner ist, doch größre Schmerzen schürt,
Dort steigert sich zum Wehgeschrei die Pein.
Bei Rückkehr des Bewußtseins, das geschwunden
Aus tiefstem Mitleid mit dem Schwäherpaar,
Das mir mit Traurigkeit den Sinn gebunden
»Pape Satan, Pape Satan aleppe,«
Schrie Plutus rauh uns an. Da sprach Virgil,
Dem alles kund: »Den Weg zur Felsentreppe
Fortfahrend sag ich, längst, eh' wir gekommen
Zum Fuß des hohen Turmes, konnt' ich seh'n
Zwei Lichter, hell am höchsten First erklommen
Die Farbe, die vor Furcht mir war verblichen,
Als mir mein Führer stumm zurückgekehrt,
Kam mir nun wieder, wie sie mir gewichen.
Geheime Pfade sind wir nun geschritten
Am Wall der Stadt, durch der Geplagten Reih'n,
Mein Meister vorn, ich folgend seinen Tritten.
An eines hohen Ufers oberm Rande,
Der rings im Kreise Steingetrümmer barg,
War angehäuft ein Volk noch schlimm'rer Schande.
Der Ort, wo wir zum Abstieg jetzt gelangen,
War wild und rauh und auch so ungestalt,
Daß jedes Auge er erfüllt mit Bangen
Es war dort Nessus noch nicht angekommen,
Als uns ein Dickicht unwegsam und dicht,
Das keine Pfade zeigte, aufgenommen.
Aus Mitleid mit der Stadt, die mich geboren,
Vereinte ich die Blätter, die verstreut,
Und gab sie ihm, der schon die Kraft verloren.
Nun trägt uns eines Ufers stein'ger Rand,
An dem im Schutz des Dampfes wir fürder kamen,
Der Wasser, so wie Dämme schützt vor Brand.
Schon hörten wir das Wasser niederlärmen,
Das von dem einen Kreis zum andern floß
Mit Brausen, wie wenn Bienenstöcke schwärmen
»Hier naht das Tier, dess' scharfer Schwanz die Festen
Des Bergs durchbohrt und Wall und Wehr zerbricht,
Dess' Stank sich hebt, die Welten zu verpesten.«
Der Unheilschacht heißt dieser Ort der Hölle,
Der ganz aus eisenfarb'gem Berggestein,
Umschlossen rings von gleichem Felsgerölle.
O Simon Magus, o elende Schar
Der Deinen! sie, die güt'ge Hochzeitsgaben
Aus Gottes Hand für Gold und Silber ba
Von neuer Pein hebt an jetzt mein Gedicht,
Um Stoff dem zwanzigsten Gesang zu schenken,
Des ersten Lieds, das von Versunk'nen spricht.
So sprachen wir, von Steg zu Stege gehend,
Was meinem Sange ich nicht anvertraut,
Bis wir, auf eines Bogens Scheitel stehend
Wohl sah ich Reiter aus dem Lager ziehn,
Den Sturm beginnen oder Must'rung halten,
Bisweilen auch zu ihrer Rettung fliehn
So gingen wir geleitlos schweigend hin,
Erst er, dann ich, so wie des Weges wandelt
Der Menoniten Chor, den Streit im Sinn
In jenem Teil des jugendlichen Jahres,
Da Tag und Nacht fast gleich, und Wärme leiht
Der Wassermann dem Strahl des Sonnenhaares
Am Schluß der Rede hat mit Schimpf und Spott
Der Räuber beide Fäuste hochgehoben,
Indem er schrie: »Nimm's hin, dir gilt das, Gott!«
Freu dich, Florenz, daß du so groß geworden!
Dein Flügelschlag herrscht über Land und Meer,
Dein Name klingt durch aller Hölle Borden!
Schon sah ich schweigend sich die Flamme heben
Und bald war unsren Blicken sie entfloh'n,
Da sie der holde Dichter freigegeben
Wer könnte, selbst mit ungebund'nem Wort,
Von Blut und Wunden das vollständig sagen,
Was ich hier sah, und spräch' er fort und fort.
Das viele Volk und die verschiednen Wunden
Betäubten meinen Blick, der trunken war,
Ersehnte Tränen hätten ihn entbunden.
Zur Zeit, als Juno das Geschlecht von Theben
Um Semele in Zornes Bann getan,
(Wovon sie mehrmals Kunde hat gegeben)
Derselbe Mund, der mich zuerst verwundet,
Daß beide Wangen sich gefärbt mit Scham,
Gab auch Arz'nei, von der mein Geist gesundet
Könnt' heis're, rauhe Reime ich benützen
Für diesen Schlund so wild und grauenhaft,
Auf den sich alle andren Felsen stützen
Es hob den Mund vom grauenhaften Mahl
Der Sünder dort und wischt ihn an den Haaren
Des Haupts, das er zerfleischt zu seiner Qual
Vexilla regis prodeunt inferni
Adversum nos. »Schau vor dich,« sprach Virgil,
»Ob du ihn siehst, der aus des Eises Kern nie

Das Fegefeuer

Zu bess'rer Fahrt laß ich das Segel schwellen,
Das meines Geistes Schifflein vorwärts bringt,
Hinweg von jenes Schreckensmeeres Wellen.
Schon stieg die Sonne auf zum Horizonte,
Dess' Meridian bedecket im Zenit
Jerusalem. Am Gegenpol begonnte
Indes in jäher Flucht aufs Feld versteut
Die Scharen sich zurück zum Berge wenden,
Wohin Vernunft sie spornt', gab ich erneut
Wenn so durch Freude oder Leid im Leben
Die Seele wird beherrscht durch eine Macht,
Und sie sich willenlos ihr hingegeben
Schon war ich von dem Schatten fortgestrebt,
Um meines Meisters Spuren nachzustreben,
Als einer hinter mir den Finger hebt.
Beim Abschiednehmen nach den Würfelspiele
Bleibt der zurück wohl, der verlor, voll Leid,
Und probt zum Lernen Würfe aus. Doch viele
Nachdem den Gruß mit heit'rer Sittsamkeit hier
Wir drei- bis viermal wiederholen sah'n,
Da trat Sordell zurück und sprach: »Wer seid ihr?«
Schon war's die Stunde, die der Schiffer Herz
Mit Heimweh füllt, wenn Abschied sie genommen
Von trauten Freunden, und der Sehnsucht Schmerz
Am Himmel war im Osten schon verblichen
Der Bettgenossin Titons Angesicht,
Die ihres teuren Freundes Arm entwichen
Als wir im Innern nun des Tor's der Gnade,
Das durch die Seelen sich des Dreh'ns entwöhnt,
Die schlechte Liebe führt' zum krummen Pfade
Fegefeuer - Gesang 11
O Vater unser, der im Himmel du,
Und ob allmächtig, deine Liebe droben
Dem Erstgeschaff'nen teilst vor allem zu
So wie ein Stier im Joch bin ich geschritten
Mit jener schwer belad'nen Seele dann,
So lang mein trauter Lehrer es gelitten
Fegefeuer - Gesang 30

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