003
Auf unsres Erdendaseins Wegesmitte
Erfand ich mich in einem dunklen Wald,
Da abgeirrt vom rechten Pfad die Schritte.
Nel mezzo del cammin di nostra vita
mi ritrovai per una selva oscura,
ché la diritta via era smarrita.
006
Wie jenes dichte Dickicht ungestalt,
Verrucht und rauh, bedrückt mich schwer zu sagen,
Da jetzt die Furcht noch in mir widerhallt,
Ah quanto a dir qual era è cosa dura
esta selva selvaggia e aspra e forte
che nel pensier la paura!
009
Kaum daß der Tod uns Bittrer's läßt ertragen.
Doch um des Guten, das ich dorten fand,
Will ich auch andres noch zu künden wagen.
Tant' è amara che poco è piú morte;
ma per trattar del ben ch' io vi trovai,
dirò de l'altre cose ch' io v'ho scorte.
012
Weiß nicht, wie ich mich in den Wald verrant,
So war vom Schlafe mir der Sinn benommen,
Weiß nicht, wie mir der wahre Weg entschwand.
Io non so ben ridir com' io v'entrai,
tant' era pieno di sonno a quel punto
che la verace via abbandonai.
015
Doch als ich dann zum Fuß des Bergs gekommen,
An dessen Hängen ausläuft jenes Tal,
Das mir gemacht vor Furcht das Herz beklommen,
Ma poi ch' i' fui al piè d'un colle giunto,
là dove terminava quella valle
che m'avea di paura il cor compunto,
018
Schaut' ich empor: Der Morgensonne Strahl
Vergoldete schon licht des Berges Rücken,
Der jeden führt gradaus zum rechten Mal.
Guardai in alto, e vidi le sue spalle
vestite già de' raggi del pianeta
che mena dritto altrui per ogne calle.
021
Geringer fühlt' ich da die Furcht mich drücken,
Die in des Herzens Tiefe mir verharrt
In jeder Nacht, getrübt durch Schicksalstücken. -
Allor fu la paura un poco queta
che nel lago del cor m'era durata
la notte ch' io passai con tanta pièta.
024
Wie einer, der ans Land gerettet ward,
Tief atemholend rückschaut nach der nassen
Gefahr, so hat mein Geist zurückgestarrt,
E come quei che con lena affannata
uscito fuor del pelago a la riva,
si volge a l'acqua perigliosa e guata,
027
(Noch auf der Flucht, als könn`er sich nicht fassen),
Nach jener Schlucht im unwegsamen Wald,
Die nie ein Wesen lebend noch verlassen.
Così l'animo mio, ch' ancor fuggiva,
si volse a rietro a rimirar lo passo
che non lasciò già mai persona viva.
030
Nach kurzer Rast der Glieder trat ich bald
Den Aufstieg an empor zur wüsten Stelle,
Den unt'ren Fuß stets festgestemmt zum Halt,
Poi ch' èi posato un poco il corpo lasso,
ripresi via per la piaggia deserta,
sí che 'l piè fermo sempre era 'l piú basso.
033
Und dorten, gleichsam an des Abhangs Schwelle,
Erschien ein gar behendes Panthertier,
Leichtfüßig, mit gepardelt-fleck'gem Felle.
Ed ecco, quasi al cominciar de l'erta,
una lonza leggera e presta molto,
che di pel macolato era coverta;
036
Nicht aus dem Angesichte wich es mir,
So daß nach aufwärts mir kein Raum gegeben,
Zur Rückkehr meines Wegs bewog's mich schier. -
E non mi si partía dinanzi al vólto,
anzi impediva tanto il mio cammino,
ch' i' fui per ritornar piú volte vòlto.
039
Zur Zeit des Morgenanfangs war es eben,
Die Sonne stieg mit jener Sterne Schar,
Die Gottes Liebe rief zuerst ins Leben,
Temp' era dal principio del mattino,
e 'l sol montava 'n su con quelle stelle
ch' eran con lui quando l'amor divino
042
Als alle Schönheit er zum Licht gebar,
So daß ich Grund, voll Hoffnung mich zu freuen
Des Tieres mit dem scheckig-bunten Haar,
Mosse di prima quelle cose belle;
sí ch' a bene sperar m'era cagione
di quella fera a la gaetta pelle
045
Der Zeit und Jahr'szeit in des Lenz's Ernauen.
Doch nicht so sehr, daß ich nicht Furcht empfand
Beim Anblick eines Löwen, dessen Dräuen
L'ora del tempo e la dolce stagione;
ma non sí che paura non mi desse
la vista che m'apparve d'un leone.
048
Mir schien, als sei es gegen mich gewandt.
Erhobnen Haupts mit hungergier'gen Zähnen,
Daß selbst die Luft drob schien in Furcht gebannt,
Questi parea che contra me venesse
con la test' alta e con rabbiosa fame,
sí che parea che l'aere ne temesse.
051
Und einer Wölfin, deren lüst'res Gähnen
Aus ihrer Abgezehrheit Wut entsprang,
Die viele schon gebracht zu Gram und Tränen.
Ed una lupa, che di tutte brame
sembiava carca ne la sua magrezza,
e molte genti fe' già viver grame,
054
Die Furcht, mich niederschmetternd, so durchdrang
Bei ihrem Anblick, diesem grauenvollen,
Daß alle Hoffnung mir zum Aufstieg sank.
Questa mi porse tanto di gravezza
con la paura ch' uscía di sua vista,
ch' io perdei la speranza de l'altezza.
057
Wie Menschen, die gern viel erwerben wollen,
Und kommt die Zeit dann, die Verluste zeigt,
Mit allen Sinnen dem Geschicke grollen,
E qual è quei che volontieri acquista,
e giugne 'l tempo che perder lo face,
che 'n tutt' i suoi pensier piange e s'attrista;
060
So trieb das Tier, das auf mich niedersteigt,
Das friedelose, mich im Vorwärtsschieben
Allmählich dorthin, wo die Sonne schweigt.
Tal mi fece la bestia sanza pace,
che, venendomi incontro, a poco a poco
mi ripigneva là dove 'l sol tace.
063
Indes ich so zum tiefen Grund getrieben,
Sich meinem Auge ein Gebilde weist,
Das schien vom langen Schweigen matt geblieben.
Mentre ch' i' rovinava in basso loco,
dinanzi a li occhi mi si fu offerto
chi per lungo silenzio parea fioco.
066
Als ich in großer Öde dort den Geist
Erschaut, rief ich ihm zu: »Erbarm dich meiner,
Ob Schatten oder Mensch, wer du auch seist!«
Quando vidi costui nel gran diserto,
« Miserere di me, » gridai a lui,
« qual che tu sii, od ombra od omo certo ! »
069
»Ich war ein Mensch, heut aber bin ich keiner,«
Gar er zur Antwort, »in der Lombardei
Zu Mantua geboren, war ich einer
Rispuosemi: « Non omo, omo già fui,
e li parenti miei furon lombardi,
mantovani per patria ambedui.
072
Zu Cäsars spätster Zeit, dann lebt ich frei
Im Rom Augusts, des Guten, als bezwungen
Die Stadt vom Trug noch der Abgötterei.
Nacqui sub Iulio, ancor che fosse tardi,
e vissi a Roma sotto 'l buono Augusto
al tempo de li dei falsi e bugiardi.
075
Ein Dichter war ich, einst hab' ich besungen
Anchises' tapfren Sohn, der Troja floh,
Nachdem die Flammen Ilions Stolz veschlungen.
Poeta fui, e cantai di quel giusto
figliuol d'Anchise che venne da Troia,
poi che il superbo Iliòn fu combusto.
078
Doch du, was suchst du denn die Qualen so
Und steigst nicht auf zur schönsten Bergeshelle,
Grund alles Heils, des' alle Seelen froh?«
Ma tu perché ritorni a tanta noia ?
perché non sali il dilettoso monte
ch' è principio e cagion di tutta gioia ? »
081
»Bist du Virgil, sag, bist du jene Quelle,
Aus der so reich der Strom der Rede bricht?«
Gab ich verschämt ihm Antwort auf der Stelle.
« Or se' tu quel Virgilio e quella fonte
che spandi di parlar sí largo fiume ? »
rispuos' io lui con vergognosa fronte.
084
»O du, der andrer Dichter Ruhm und Licht,
Vergelte brünft'ge Liebe und Begehren,
Mit denen ich durchforschte dein Gedicht!
« O de gli altri poeti onore e lume,
vagliami il lungo studio e 'l grande amore
che m'ha fatto cercar lo tuo volume.
087
Du warst mein Meister, und aus deinen Lehren
Allein der Schreibart schöne Form entsprang,
Die meiner Dichtung Kunst gebracht zu Ehren.
Tu se' lo mio maestro e 'l mio autore;
tu se' solo colui da cu' io tolsi
lo bello stilo che m'ha fatto onore.
090
Ich wich vor jenem Tier, das auf mich drang:
Hilf, hehrer Weiser, mir von ihm, das Zagen
Und Beben mir durch Puls und Adern zwang.«
Vedi la bestia per cu' io mi volsi:
aiutami da lei, famoso saggio,
ch' ella mi fa tremar le vene e i polsi. »
093
»Dir ziemt es, andre Wege einzuschlagen,«
Erwidert er, als er mich weinen sah,
»Soll dich dein Fuß aus dieser Wildnis tragen.
« A te convien tenere altro viaggio, »
rispuose poi che lagrimar mi vide,
« se vuo' campar d'esto loco selvaggio :
096
Das Tier, um das dein Hilferuf geschah,
Läßt keinen zieh'n des Wegs, nein, hemmt ihn immer,
Bis er verendet liegt als Leiche da.
Ché questa bestia, per la qual tu gride,
non lascia altrui passar per la sua via,
ma tanto lo 'mpedisce che l'uccide;
099
Es ist so bös, von unersättlich grimmer
Begierde, so im Innersten verdorrt,
Daß nach dem Fraße noch sein Hunger schlimmer.
E ha natura sí malvagia e ria,
che mai non empie la bramosa voglia,
e dopo il pasto ha piú fame che pria.
102
Mit vielen Tieren pflanzt dies Tier sich fort
Und wird es tun, bis, martervoll zerrissen,
Der Spürhund ihm verwehret fernern Mord.
Molti son li animali a cui s'ammoglia,
e piú saranno ancora, infin che 'l Veltro
verrà, che la farà morir con doglia.
105
Der wird nicht sein um Land und Gold beflissen,
Der sich der Weisheit, Liebe, Tugen bot.
Er, ein Lombarde, wird Italien wissen
Questi non ciberà terra né peltro,
ma sapienza, amore e virtute,
e sua nazion sarà tra
108
Aus Schmach emporzuziehn, um seine Not
Sind Nisus und Eurialius gefallen,
Ihm ging Camilla, Turnus in den Tod.
Di quella umíle Italia fia salute
per cui morí la vergine Cammilla,
Eurialo e Turno e Niso di ferute.
111
Der jagt von Ort zu Ort mit Zahn und Krallen,
Das Tier und stürzt es in den Höllenschlund,
Woher der Neid es sandte als Vasallen.
Questi la caccerà per ogne villa,
fin che l'avrà rimessa ne lo 'nferno,
là onde invidia prima dipartilla.
114
Dir aber geb ich meinen Willen kund:
Auf, folge mir, ich will dein Führer werden,
Ich führ' zu ew'gen Stätten dich zur Stund'.
Ond' io per lo tuo me' penso e discerno
che tu mi segui, e io sarò tua guida,
e trarrotti di qui per loco etterno,
117
Dort wirst du schau'n verzweifelte Gebärden
Der Schatten, die nach zweitem Tode schrei'n,
Der Geister Not, die einst gewallt auf Erden;
Ov' udirai le disperate strida,
vedrai li antichi spiriti dolenti,
che la seconda morte ciascun grida;
120
Dann wirst du seh'n in Glut und Feuerschein
Zufriedene, die alle Hoffnung hegen,
Mit Seligen einst selbst zu sein.
E vederai color che son contenti
nel foco, perché speran di venire
quando che sia a le beate genti.
123
Doch strebst du auch empor zum höchsten Segen,
So muß ich scheidend meine Führerschaft
Für dich in würdigere Hände legen.
A le qua' poi se tu vorrai salire,
anima fia a ciò piú di me degna :
con lei ti lascerò nel mio partire ;
126
Der Fürst, der dort regiert, hält mich in Haft,
Weil ich voreinst nicht sein Gesetz gehalten,
Läßt droben keinen zu durch meine Kraft.
Ché quello Imperador che là su regna,
perch' io fu' ribellante a la sua legge,
non vuol che 'n sua città per me si vegna.
129
Er herrscht allwärts, doch droben liegt sein Walten,
Dort seine Burg, und dort sein hoher Thron,
Glückselig, wem die Wonnen wich entfalten.«
In tutte parti impera e quivi regge;
quivi è la sua città e l'alto seggio :
oh felice colui cu' ivi elegge ! »
132
Und ich zu ihm: »Bei jenem Gottessohn
Den, Dichter, du nicht kanntest, hör mein Flehen,
Hilf mir, bis ich dem schlimmsten Weh entflohn,
E io a lui: « Poeta, io ti richeggio
per quello Dio che tu non conoscesti,
acciò ch' io fugga questo male e peggio,
135
Sei du mein Führer, laß das Tor mich sehen
St. Peters, lehre mich auch Schmerz und Schmach
Verstorbener, von der du sprachst, verstehen!«
Che tu mi meni là dov' or dicesti,
sí ch' io veggia la porta di san Pietro
e color cui tu fai cotanto mesti. »
138
Da schritt er vor, ich aber folgte nach.
Allor si mosse, e io li tenni retro.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert