Fra Diavolo ou L’Hôtellerie de Terracine
(Fra Diavolo oder Das Gasthaus von Terracina; Eugène Scribe),
opéra comique 3 Akte (28. Jan 1830 Paris, Théâtre Feydeau)
Musik von Eugen d’Albert

Fra Diavolo, unter dem Namen des Marquis von San Marco (Tenor)
Lord Kookburn, ein reisender Engländer (Bariton)
Pamella, seine Gemahlin (Mezzosopran)
Lorenzo, Offizier bei den römischen Dragonern (Tenor)
Matteo, Gastwirt (Bass)
Zerline, seine Tochter (Sopran)
Giacomo, Bandit (Tenor)
Beppo, Bandit (Bass)
Francesco, ein Bauer (Bass)
Ein Müller (Bass)
Ein Soldat (Tenor)

Ouvertüre

ERSTER AKT
Offene Vorhofhalle eines Gasthauses bei Terracina

Nr. 1 – Introduktion

CHOR der DRAGONER
Römische Soldaten, so trinkt auf neue Waffentaten!
Wein gibt in dem Krieg jedesmal den Sieg!
Wein verleiht im Krieg jedesmal den Sieg!
Römische Soldaten, so trinkt auf neue Waffentaten!
Wein verleiht im Krieg jedesmal den Sieg!
Klingen unsere Becher, grüßet uns ihr Zecher
Stets Viktoria! Grüßet stets Viktoria!

DRAGONER
zu Lorenzo
Wenn den Räuber wir heute fingen,
Welchen Lohn, o sprecht, welchen Lohn
Würde die Tat uns wohl bringen?

LORENZO
Zehntausend Piaster.

DRAGONER
Für uns allein?

LORENZO
Ganz allein.

DRAGONER
Und dann noch die Ehre!
Wer so glücklich wäre.
Sie klopfen mit den Bechern auf den Tisch
Holla, Herr Wirt, gebt uns noch Wein!
Und Ihr, Lorenzo, schenkt Euch ein!

MATTEO
bringt von rechts gefüllte Kannen zum Tisch der Dragoner und nimmt die leeren Kannen weg. Aufwärter sind ihm behilflich.

DRAGONER
Römische Soldaten, so trinkt auf neue Waffentaten!
Wein verleiht im Krieg jedesmal den Sieg!
Klingen unsre Becher, grüßet uns, ihr Zecher!
Lächelt uns Viktoria!

MATTEO
in der Mitte; zu Lorenzo, welcher sinnend und traurig rechts auf und ab geht
Habt Ihr zum Trunk den wilden Schwarm geladen,
So bleibt nicht so von fern,
Und nehmt das Glas zur Hand.

LORENZO
Trinkt ohne mich, ihr wackern Kriegskam’raden.

DRAGONER
Wie traurig ist Lorenzos Miene.

MATTEO
zu den Dragonern
Ich errate so leicht, was Lorenzo wohl fehlt,
Denn morgen wird, ihr Herrn,
Da wird mein Kind Zerline
Mit Franz, dem reichen Pächtersohn, vermählt!
Ich lad‘ euch alle ein.

LORENZO
für sich
Ach, das kostet mein Leben!
Er bleibt rechts vorn stehen

DRAGONER
So gebt noch Wein her! So gebt noch Wein her!
Römische Soldaten, so trinkt auf neue Waffentaten!
Wein verleiht im Krieg jedesmal den Sieg!

ZERLINE
kommt besorgt von rechts
Lasse, Lorenzo, nicht alle Hoffnung schwinden!

LORENZO
Sie fliehet da, wo die Liebe uns flieht!

ZERLINE
Lass mir den Trost, dass mein Auge dich siehet!

LORENZO
Im Kampfe werd‘ ich finden lang ersehnte Ruh!

ZERLINE
Nein!

LORENZO
Im Kampfe werd‘ ich finden die lang ersehnte Ruh!

ZERLINE
Könnt‘ ich, Lorenzo, mit dir zum Kampfe eilen!

LORENZO
Auf und verbanne mich aus deinem Sinn!

ZERLINE
Könnt‘ ich, Geliebter, Gefahren mit dir teilen!

LORENZO
Zu deinem Bräut’gam eile, eile nun dahin!

ZERLINE
Nein!

LORENZO
Im Kampfe werd‘ ich finden meine Ruh!
In diesem Augenblicke hört man links hinten Lärm.
Die Dragoner stehen auf
.

MYLORD, PAMELLA
links hinten
Ach, zu Hilfe!

LORENZO, ZERLINE, MATTEO, DRAGONER
Welcher Ruf?

MYLORD, PAMELLA
Ach, zu Hilfe!

LORENZO, ZERLINE, MATTEO, DRAGONER
Welcher Ruf?

MYLORD, PAMELLA
Kommt herbei,
kommt herbei, kommt herbei!
Schneller Tod droht uns schon.
Kommt herbei, kommt herbei!

LORENZO
Was ist das? Warum dies Geschrei?

Mylord und Pamella treten von links hinten auf. Der Diener und das Kammermädchen folgen mit Gepäck, Reisetaschen, Fernrohr und gehen sogleich nach rechts ab. Matteo setzt einen Stuhl in die Mitte. Pamella lässt sich darauf nieder.

MYLORD
ganz erschrocken
Signor Soldat!

LORENZO
Ein Brite ist’s

MYLORD
Signor Soldat!

LORENZO
Und ein Weibchen schön und reizend!

MYLORD
Vor Zorn wollte ich vergehen.

PAMELLA
Und ich vor Angst und Qual!

MYLORD
hält ihr ein Riechfläschchen entgegen
Ach, Mylady! Ach, Pamella!

PAMELLA
O mein Gemahl!

MYLORD
Ja, ich bin hier, Mylady!
Diese Dame
Ist meine ganz erschreckliche Gemahlin!

Pamella erhebt sich. Matteo stellt ihren Stuhl an seinen Platz zurück.

PAMELLA
Ach, welche Qual gewährt das Reisen,
Ich kann Italien nicht preisen.
Signor, der Räuber war so grob und ungalant,
Ein wahrer Gentleman vom Land.
Nach England will ich gehen,
Will Italien nicht mehr sehen.
Meine Spitzen, meine Bänder,
Meine seidenen Gewänder,
Alles wird verloren sein!
zu Mylord
Wenn sie mich im Zorn jetzt sehen
Hab ich Grund, der für mich spricht,
Und Mylord, ich will gestehen,
Weiter, weiter reis‘ ich nicht.

LORENZO, DRAGONER
Man sagt, dass hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein Spielchen macht!
Nur Mut, dass wir den Räuber finden,
Gedenkt des Lohnes, der euch / uns lacht!
Man sagt, dass hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein Spielchen macht!
Fort, Freunde, ihn zu finden,
Fort, denket welch ein Lohn euch lacht!

ZERLINE
Gewiss treibt hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein böses Spiel!
O eilt, den Räuber aufzufinden,
Stellt seiner Grausamkeit ein Ziel!
Gewiss treibt hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein böses Spiel!
Sie eilen, um ihn aufzufinden,
Stellen seiner Grausamkeit ein Ziel!

MATTEO
Gewiss treibt hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein böses Spiel!
O eilt, den Räuber aufzufinden,
Stellt seiner Grausamkeit ein Ziel!
Gewiss, dass hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein Spielchen macht!
Sie eilen, um ihn aufzufinden,

MYLORD
Ein reicher Lohn der Mühe lacht!
Ich finde hier in diesen Gründen
Nicht das von mir erwünschte Glück!
Man soll an ’n nächsten Baum mich binden,
Kehr‘ ich jemals hierher zurück!
Ich finde hier in diesen Gründen
Nicht das von mir erwünschte Glück!
Man soll mich am Baume binden,.
Kehr‘ ich einst jemals hierher zurück!

PAMELLA
Es will dies Missgeschick mir künden,
O trotze nicht auf Mut und Glück!
Hier wirst du keine Freude finden,
Und kehre nie hierher zurück!
Es will dies Missgeschick mir künden,
O trotze nicht auf Mut und Glück
Hier werd‘ ich nicht Freude finden,
Nein, niemals kehr‘ ich hier zurück!
Nach England will ich gehen,
Will Italien nicht mehr sehen,
Meine Spitzen, meine Bänder
Meine seidenen Gewänder,
Alles wird verloren sein!
Wenn sie mich im Zorn jetzt sehen,
Hab‘ ich Grund, der für mich spricht,
Und Mylord, ich will gestehen,
Weiter, weiter reis‘ ich nicht!

LORENZO
Man sagt, dass hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein Spielchen macht!
Nur Mut, dass wir den Räuber finden,
Gedenkt des Lohnes, der euch / uns lacht!
Man sagt, dass hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein Spielchen macht!
Fort, Freunde, ihn zu finden,
Fort, denket welch ein Lohn euch lacht!

ZERLINE
Gewiss treibt hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein böses Spiel!
Sie eilen, um ihn aufzufinden,
Stellen der Grausamkeit ein Ziel!
Gewiss treibt hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein böses Spiel!
Sie eilen, um ihn aufzufinden,
Stellen seiner Grausamkeit ein Ziel!

MATTEO
Man sagt, dass hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein Spielchen macht!
Sie eilen, um ihn aufzufinden,
Ein reicher Lohn der Mühe lacht!
Gewiss, dass hier in diesen Gründen
Fra Diavolo sein Spielchen macht!
Sie eilen, um ihn aufzufinden,
Ein reicher Lohn der Mühe lacht!

MYLORD
Ich finde hier in diesen Gründen
Nicht das von mir erwünschte Glück!
Man soll an ’n nächsten Baum mich binden,
Kehr‘ ich jemals hierher zurück!
Erhängt am Baum soll man mich finden,
Kehr‘ ich jemals hierher zurück!
Man soll mich am Baume erhängt nur finden,
Kehr‘ ich einst jemals hierher zurück!

PAMELLA
Es will dies Missgeschick mir künden,
O trotze nicht auf Mut und Glück!
Hier werd‘ ich nicht Freude finden,
O kehre nie hierher zurück!
Es will dies Missgeschick mir künden,
O trotze nicht auf Mut und Glück!
Hier wirst du keine Freude finden,
Nein, niemals kehr‘ ich hier zurück!

ZERLINE
Wie will mein Los ich preisen,
Kehrt Lorenzo bald zurück!

PAMELLA
Nein, ich will nicht mehr reisen,
Nein, mein Entschluss steht fest!
Welche Qual gewährt das Reisen!
Ach, mein Schicksal will ich preisen,

LORENZO, DRAGONER
Bin ich nach Haus nur erst zurück!
Fort, Kameraden, dem Räuber nach!

MYLORD
Nur mutig fort, ihm nach!
Man soll am Baum erhängt mich finden,
Erhängt mich, kehr‘ ich je zurück!
Ja, man soll erhängt mich finden,
Kehr‘ ich in dieses Land zurück!

MATTEO
Fort, Freunde, eilt, o eilet,
Fort, eilt dem Räuber nach!

MYLORD
spricht
Ach, Sir Brigadier – Ihnen will ich mich erklären

LORENZO
geht an Zerline vorüber zu ihm
Ich höre, Mylord!

MYLORD
Ich have die Ehre, zu sein ein englisch Mensch.
Ich have entführen nach Gebrauch Miss Pamella, eine sehr reiche Erbin, und ich have ihr geheiratet – aus bloßer Inclination! (inclinäschen).

PAMELLA
seufzend
Ach leider nur zu Gretna Green!

MYLORD
Um zu vermeiden der Verfolgung der Verwandten, bin ich gerissen mit Miss Pamella nach Italien und habe mitgenommen der Aussteuer, wie ich schon gesagt aus Inclination!
wie früher
Ach ja!

MYLORD
Eine kleine Meile von hier sind gekommen die spitzigen Buben –

PAMELLA
Yes, yes, Signor, Banditen!

MYLORD
Haben gepacken der Pferde und haben verschossen der Postillon von die Bock. Man legte mich –

PAMELLA
Nein, nein, man warf Sie –

MYLORD
Richtig – man warf mich mit der Erde auf die Nase, drückte mir einige Flintenkolben ins Genick –

PAMELLA
Und plünderte unsern Wagen.

MYLORD
Und hat mir genehmigt der Aussteuer, welche ich haben aus Inclination mit geheiratet!

LORENZO
Von welcher Seite kamen die Räuber?

MYLORD
Das kann ich nicht bestimmen, denn als sie kamen gekuckt in meinen Wagen, habe ich
geschlafen an der Seite von Mylady.

PAMELLA
Yes – Mylord schläft überhaupt gern, und ich hab‘ es stets gesagt – das viele schlafen wird
Ihr Unglück sein!

LORENZO
Was hat man Ihnen geraubt?

MYLORD
Yes! sehr viel Raupen! Man haben gesuchen, man haben gefunden, man haben genommen!

PAMELLA
Alle meine Diamanten sind fort!

MYLORD
Und sie wuaren so hübsch und so teuer!

PAMELLA
Und ich sah so hübsch mit ihnen aus.

LORENZO
Kein Zweifel, es war Diavolos Bande. Wo flohen sie hin?

MYLORD
Die spitzigen Buben haben sich nach dem Gebirge gezogen – und unsere Diamanten auch!

LORENZO
Auf, Dragoner! noch einen Reiterschluck und dann zu Pferde.

Matteo schenkt ein. Die Dragoner trinken, bereiten sich zum Aufbruch und sammeln sich um Lorenzo.

ZERLINE
zu Lorenzo
Dieser Räuber, lieber Lorenzo, soll ein fürchterlicher
Mensch sein! Ach, wenn du nur kein Unglück hast.

LORENZO
Früher war mir das Leben lieb – jetzt hat es keinen Wert mehr für mich.

ZERLINE
vorwurfsvoll
Lorenzo!

LORENZO
Morgen heiratest du ja. Dein kindlicher Gehorsam geht über deine Liebe, doch mach‘ ich dir keine Vorwürfe. Leb‘ wohl, sei glücklich, und gedenke meiner zuweilen – auch wenn ich vielleicht gefallen sein sollte.

ZERLINE
Du wirst leben, ich werde für dich beten!

LORENZO
Bitt‘ und bete, dass ich morgen nicht den Tag deiner Hochzeit erlebe.

ZERLINE
Was sagst du?

LORENZO
trocknet schnell eine Träne
Fort, fort – die Pflicht vor allem! Bald, Mylord, bring ich hoffentlich gute Nachricht. Adio, Vater Matteo, lebe wohl, Zerline.

Er eilt rasch mit den Soldaten nach links hinten ab.

MYLORD
Der Herr Lieutenant schien sehr bewegt – ja, die Fra Diavolo ist eine entsetzliche Mensch, die aller Leute erschrecken.

MATTEO
Sie irren, Mylord. Lorenzo kennt keine Furcht, hat früher den Krieg mitgemacht, ist brav, hat nur einen Fehler.

PAMELLA
Und welchen?

MATTEO
Er ist verliebt, hat nichts als seinen Sold und eine Büchsenkugel zur Aussicht.

MYLORD
Freilich, solche Aussicht ist ein unsicheres Kapital.

MATTEO
seine Tochter ansehend
Sonst wäre mir’s gerade gelegen gewesen – aber man muss auch die Vernunft zu Rate ziehen.
Frisch, Zerline – Gläser und Flaschen fort.

MYLORD
geht an Pamella vorüber zu Matteo
Ich have große Lust, den Mut der hiesigen Einwohner zu beleben mit einigen Guineen.
zu Matteo
Herr Wirt wollen Sie eine Anzeige stilisieren, ich will demjenigen, der mir meinen Verlust wieder bringt, sehr viel Geld versprechen – und was ich verspreche, behalte ich!

MATTEO
Sehr gern.

Er setzt sich links und schreibt, was ihm Mylord Kookburn leise diktiert.

PAMELLA
beobachtete Zerline
Miss Zerline weint, sie muss wohl Kummer haben, ist dem so?

ZERLINE
Zu ihrer Rechten, sich fassend
Ach nein, Signora.
Sie trocknet die Augen.

PAMELLA
Yes, yes – ich versteh‘ – der junge Dragoner – er warf dir Blicke zu, und diese Blicke sprechen,
ach, ich liebe dich wie mein Leben!

ZERLINE
Ach, Signora –

PAMELLA
Ich kenne das – ach, eine Heirat aus Liebe, aus Inclination ist so t e u e r – nicht wahr, Mylord –

MYLORD
im Diktieren zu Matteo, welcher das Verzeichnis der geraubten Sachen aufnimmt
Kostet mich über zwanzigtausend Lire.

PAMELLA
etwas zornig
Hören Sie nicht Mylord?

MYLORD
Sie sehen, dass ich beschäftigt bin und quälen mich. Ich maken der Annoncen zu die Publikum für die Belohnigung.
zu Matteo
Schreibt dreitausend Lire.

PAMELLA
Das ist zu wenig – schreiben sie zehntausend Lire! Der Schmuck allein war gegen zweimalhunderttausend Lire wert. Ist er verloren, ist es lediglich Ihre Schuld, Mylord, warum blieben Sie nicht auf der Landstraße?

MYLORD
Um dem galanten Kavalier zu entgehen, der uns fortwährend auf dem Fuße folgt.

PAMELLA
Können Sie ihm verwehren, den Weg zu reisen, welchen wir nehmen?

MYLORD
No! Aber Sie kann verhindern zu ansehn ihm und zu singen mit ihm. The devil hol‘ die verdammte Barcarol gestern Abend, die ganz und gar nicht unterhalten hat mich!

PAMELLA
Es ist doch wohl erlaubt zu musizieren!

MYLORD
Yes, aber nicht zu kokettiern.

PAMELLA
Ich kokettiere n i e, h a v e nicht kokettiert, und werde –

MYLORD
Yes, Sie have kokettiert! Yesterday! und das will ich nicht.

PAMELLA
Sie wollen nicht?

MYLORD
Das heißt, ei will, and ei will not!

Matteo und Zerline befestigen die Anzeige des Lords an der Hinterwand und gehen dann
nach rechts ab.

Nr. 2 – Duett

MYLORD
Ich möchte gern, ich möchte gern
Bewundert Sie Mylady sehn,
Der Fashionable soll von fern
Vor ihrer Anmut Reizen stehn.
Das möcht‘ ich gern, das möcht‘ ich gern.
Doch dass der Stutzer jeden Tritt
Bekrittelt, witzelt und bespricht,
Uns folgt mit unverschämtem Schritt,
Das will ich nicht, das will ich nicht,
Nein, nein, nein, nein, nein, Goddam!
Das will ich nicht, das will ich nicht.

Ich bin so gut, ich bin so gut,
Sie müssen mir das eingestehn,
Um Sie modern geschmückt zu sehn,
Verschwende ich mein Hab und Gut,
Ich bin so gut, ich bin so gut.
Doch ging es nur nach ihrer Bitte,
Müsst‘ ich nach des Landes Sitte,
Hier ein Cicisbeo, Cicisbeo sein!
Das will ich nicht, das will ich nicht!
Nein, nein, nein, no, no, no, Goddam!
Das will ich nicht, das will ich nicht.

PAMELLA
treibt den Lord, auf ihn zuschreitend, nach der rechten Ecke
Ich möchte gern, ich möchte gern
Geneigt mich zeigen ihrem Lobe,
Sparen in der Garderobe!
Das möcht‘ ich gern, das möcht‘ ich gern.
Denn mein Gemüt ist sanft und still,
Gehorsam ist mir stete Pflicht!
Doch trotzt man mir und ruft ich will!
Dann will ich nicht, dann will ich nicht.
Nein, nein, nein, no, no, no, Mylord!
Dann will ich nicht, dann will ich nicht.

MYLORD
spricht
Ah! Sie wollen nicht! Sie werden wollen müssen, denn nie werden Sie sehen wieder den Herrn Marquis aus Neapel.

Man hört Peitschenknallen von links hinten. Zerline und Matteo eilen von rechts herbei.

MATTEO
spricht
Halt, da fährt ein Wagen vor!

Nr. 3 – Quintett

MATTEO
Seht, ein Wagen hält still!
Welch ein Glück für unser Haus,
Ein Kavalier steigt aus
Und wohnen will er hier,
Ja, wohnen will er hier!

Marquis tritt mit dem Diener von links hinten auf und nimmt die Mitte. Zwei Aufwärter eilen von rechts herbei. Der Diener entfernt sich auf einen Wink Matteos mit den beiden Aufwärtern nach rechts.

MYLORD
unangenehm berührt
Seh‘ ich recht, ja er ist es.

PAMELLA
betroffen
Ja, es ist der Marquis!

MARQUIS
artig
Mylady treff‘ ich hier. –

MYLORD
Was seh‘ ich, er ist es,
Er folgte dreist uns bis hierher
Ihn fesselt die Liebe,
Ich zweifle nun nicht mehr!
Er folgte hierher!
Zweifeln kann ich nun nicht mehr!

PAMELLA
Was seh‘ ich, er ist es,
Er folgte dreist uns bis hierher!
Wen seh‘ ich, er ist es,
Ich zweifle nun nicht mehr!
Er fand mich wieder,
Er folgte dreist mir bis hierher!

MARQUIS
Wen seh‘ ich, sie ist es,
Mir lächelt heut das schönste Glück.
Was seh‘ ich, sie ist es.
Welch schöner Augenblick!
Die Holde seh‘ ich wieder,
Mir lächelt heute das Glück!

ZERLINE
Was hör‘ ich, sie wär‘ es,
Wie fesselt sie sein kühner Blick.
Was hör‘ ich, sie wär‘ es,
Wohl lächelt ihm das Glück!
Er fand sie wieder,
Ja, er traf sie hier!

MATTEO
Was seh‘ ich, sie ist es,
Es scheint, als suche sie sein Blick!
Ihm lächelt heut‘ das Glück!
Was hör‘ ich, sie ist es,
Ja, es sucht sie sein Blick!
Signor, was stehet zu Befehle?

MARQUIS
Nur Geduld, ihr braucht euch nicht so sehr zu eilen,
Denn bis morgen denke ich bei Euch zu weilen!
Ja, bis morgen bleib‘ ich hier!

MYLORD
zu Pamella
Vernehmen Sie – vernehmen Sie –
Er will länger hier weilen!
Und das geschieht nicht wegen mir,
Nein, Ihretwegen bleibt er hier,
Bloß ihretwegen bleibt er hier!

MARQUIS
Ja, ich folg‘ den Scherzen,
Die Zufall mir beut,
Zur Tändelei mit Herzen,
Ist Glück und Lieb‘ bereit.

PAMELLA
Ja, es ist die Liebe,
Die aus ihm spricht!
Entflammt‘ ich diese Triebe,
So kann ich dafür nicht.

MARQUIS
Ja, ich folg‘ den Scherzen,
Die der Zufall heut,
Zur Tändelei mit Herzen
Ist Glück und Lieb‘ bereit!

ZERLINE
Ach, es scheint, die Dame
Raubt ihm die Ruh.
Er wirft ihr pitän Blicke
Voll Liebe zu.

MYLORD
Ihn fesselt nur Liebe,
Ich zweifle nicht länger,
Ich zweifle nicht länger,
Nicht länger zweifle ich mehr!

MATTEO
Was hör‘ ich, was seh‘ ich!
Er suchte und fand sie!
Ihm lächelt das Glücke,
Ihm lächelt heut‘ das Glück!

MARQUIS
Ja, ich folg den Scherzen,
Die Zufall mir beut!
Zur Tändelei mit Herzen
Ist Glück und Lieb‘ bereit!

PAMELLA
Ja, es ist die Liebe,
Die aus ihm spricht!
Entflammt‘ ich diese Triebe,
So kann ich dafür nicht!
Erstaunen fesselt die Sinne,
Er folgte dreist mir bis hierher!

MARQUIS
Ja, ich folg‘ den Scherzen,
Die der Zufall beut,
Zur Tändelei mit Herzen
Ist die Liebe und das Glück bereit!
Ich suchte und fand sie,
Ich danke dem Zufall dies Glück nur,
Er führet zu meiner Dame mich!

ZERLINE
Ha, es scheint die Dame
Raubt ihm die Ruhe,
Er wirft ihr pitän Blicke
Voll Liebe zu!

MYLORD
Ihn fesselt nur Liebe,
Ich zweifle nicht länger!

MATTEO
Was hör‘ ich, was seh‘ ich!
Er suchte und fand sie!
Ihm lächelt das Glück hier!
Ihm lächelt heute hier das Glück!

Mylord zwingt seine Gemahlin, sich mit ihm nach rechts zu entfernen.
Pamella verneigt sich im Abgehen gegen den Marquis. Zerline und ein Aufwärter tragen von rechts einen gedeckten Tisch heraus und stellen ihn, mit einem Stuhl dahinter, in der Mitte auf.

MATTEO
Frisch, mein Töchterchen, besorge alles was der Herr Marquis befehlen wird. Ich hoffe, Sie werden mit meinen Leuten und meiner Zerline zufrieden sein. Ich muss heut‘ abend fort, aber sie bleibt hier als Wirtschafterin.

MARQUIS
Ihr verreist vielleicht?

MATTEO
Ein paar Stunden von hier zu meinem künftigen Schwiegersohn, dem Pachter Francesco.
Morgen soll die Hochzeit sein, und ich will ihn und die Gäste holen.

ZERLINE
beiseite
O Himmel!

MARQUIS
Habt Ihr viel Gäste im Hause?

MATTEO
Außer Euer Gnaden, Mylord noch und seine Gemahlin!

MARQUIS
Weiter niemand?
Er sinnt einen Augenblick nach.
Mylady ist allerliebst, aber Mylord scheint etwas übler Laune zu sein.

ZERLINE
Kein Wunder, wenn man soeben von Banditen und Räubern ausgeplündert ist.

MARQUIS
während des Essens
Ach – ich glaube nicht an diese Räubermärchen!

MATTEO
Ich glaube an diese Räuber wie an unsern Herrgott und –

MARQUIS
Märchen, um die Reisenden zu erschrecken. Bei Tag und Nacht hab‘ ich diese Berge durchstreift, ich bin nie angefallen worden.

MATTEO
Sonst – früher vielleicht, aber seit Fra Diavolo hier haust –

MARQUIS
Fra Diavolo – wer ist das?

ZERLINE
Von dem Spitzbuben haben Sie auch nichts gehört? Das ist – wie soll man’s nennen, der Haupt- und Matador-Bandit!

MATTEO
Der ist überall!

ZERLINE
Und nirgends – wenn man ihn fangen will!

MATTEO
Von einem Kardinal hat er ein Amulett gestohlen, und damit macht er sich unsichtbar.

MARQUIS
Nicht möglich!

ZERLINE
Ja – unsichtbar haben wir ihn alle gesehen! Und die Kugeln –

MARQUIS
Nun, was ist mit den Kugeln?

ZERLINE
Nichts ist’s mit den Kugeln! sie tun ihm nichts, sie prallen von ihm zurück, oder er fängt sie mit den Händen und steckt sie mir nichts dir nichts in die Tasche!

MARQUIS
In welche Tasche denn‘ mein Kind?

ZERLINE
Ach, das weiß der liebe Himmel! In die Spitzbubentasche vermutlich! Wir haben
auch ein Lied auf ihn.

MARQUIS
Schon ein Lied auf ihn?

MATTEO
Ja, Euer Gnaden, ihm zu Ehren, ein langes Lied!

ZERLINE
Zweiundzwanzig Strophen – wenn Euer Gnaden befehlen, will ich’s singen, während Sie speisen.

MARQUIS
Muss ich durchaus alle zweiundzwanzig Strophen hören?

ZERLINE
Nach Belieben.

MATTEO
Wir zwingen niemand.

MARQUIS
Bravissimo!

MATTEO
geht nach dem Schenktisch rechts hinten zur Mandoline
Hier Zerline, nimm!

ZERLINE
Danke, Vater ich werde ohne Mandoline singen.

Nr. 4 – Romanze

ZERLINE
Erblickt auf Felseshöhen
Den stolzen Räuber dreist und hehr!
Fest gestützt auf sein Gewehr,
Seht ihn drohend stehn.
Er nähert sich, es winkt
Sein roter voller Federbusch,
Und sein samtner Mantel sinkt
Wohl auf sein reiches Kleid.
Zittert! denn in des Sturmes Droh’n
Ruft des Echos banger Ton:
Diavolo! Diavolo! Diavolo!

Und zürnet seine Stirne,
So bebt der kühnste Feind im Streit,
Manche hübsche Dirne
Lobt seine Artigkeit.
Ich selbst kann das bezeugen,
So manches Mädchen traf sein Blick,
Und mit sinnendem Schweigen
Kehrt es zum Wald zurück.
Zittert! denn den Räuber betrachtend,
Ruft sie leis‘ und schmachtend:
Diavolo! Diavolo! Diavolo!

MARQUIS
erhebt sich, ergreift Zerline bei der Hand und führt sie einige Schritte vor
Vielleicht oft ohne Gü½nde,
Klagt manches Herz den Räuber an,
Dass es Ursach finde,
Dass Liebe klagen kann.
Auf seinen Namen waget
So mancher Jüngling wohl sein Glück,
Und obgleich der Neuling zagt,
Lacht ihm Fortunas Blick!
Bebet, bebet vor Seufzern der Liebe,
Und nennt die Herzensdiebe:
Diavolo! Diavolo! Diavolo!

Zerline eilt mit einem Aufschrei an ihm vorüber nach rechts. Beppo und Giacomo erscheinen von links hinten in demütiger, kriechender und bittender Haltung. Matteo zeigt sich zu gleicher Zeit, mit Hut und Stock zum Ausgehen gekleidet, von rechts.

ZERLINE
erblickt die beiden
Himmel! Wer ist denn das?

MATTEO
derb
Was verlangt ihr?

BEPPO
demütig
Herberg nur für diese Nacht.

GIACOMO
ebenso
Im Namen der Schutzpatronin!

MATTEO
Hier ist kein Aufenthalt für Abenteurer und Vagabunden.

BEPPO
Wir sind Pilger!

ZERLINE
Wenn dem so wäre, lieber Vater.

MATTEO
In solchem Aufzuge!

BEPPO
Ein Gelübde zwingt uns –

MATTEO
Und welches?

GIACOMO
Unser Glück zu versuchen.

MATTEO
Dazu ist hier nicht der Ort.

MARQUIS
zieht die Börse und gibt den Beiden etwas Geld
Nehmt – im Namen dieses hübschen Mädchens.

BEPPO, GIACOMO
Ach, gnäd’ger Herr Marquis!

MATTEO
schnell und erstaunt
Sie kennen Euer Gnaden.

MARQUIS
Ja wohl, heute Morgen begegnete ich den armen Teufeln und beschenkte sie schon einmal. Herr Wirt, ihr Abendessen und Nachtlager werde ich zahlen. Wie viel?

MATTEO
Drei Lire für den Kopf, Signor.

MARQUIS
Mehr als diese Köpfe wert sind, indessen abgemacht.

MATTEO
Euer Gnaden Empfehlung genügt, mehr bedarf es nicht.

ZERLINE
zeigt nach oben
Vater, sie können da oben in der Bodenkammer schlafen.

MATTEO
leise
Nicht im Hause, wenn ich nicht da bin.
Er ruft nach rechts.
Giovanni!
Ein Aufwärter kommt von rechts
Gib ihnen zu essen, und dann hier im Nebenhause
er zeigt nach rechts hinten
auf dem Boden machst du ihr Nachtlager.
Der Aufwärter geht nach rechts ab.
Du, Zerline, begleitest mich bis zur Kapelle, wir plaudern von deinem künft’gen Mann.
zum Marquis
Euer Gnaden wünsch‘ ich angenehme Ruh‘; möcht‘ ich so glücklich sein, Sie noch Morgen hier zu treffen.

MARQUIS
Ich hoff‘ es, Adio, Adio! Leb wohl, schönes Kind!

Matteo, Zerline gehen nach rechts hinten ab.

BEPPO
nimmt die Weinflasche, die auf dem Tisch steht, ein Glas und schenkt sich ein; zu dem Marquis
Dein Wohlsein – du sollst leben.

MARQUIS
erhebt sich stolz, als habe er nicht recht gehört
He!

BEPPO
wie früher Ich sag‘ – dein Wohlsein.

MARQUIS
Was hat dieser Kerl für eine Art?

GIACOMO
Perdoni, Kapitän! es ist ein Rekrut, der wenig Lebensart und Respekt versteht.
zu Beppo
Nimm deinen Deckel ab, Kerl.
Er schlägt ihm den Hut ab.
Er weiß noch nichts von Disziplin, Kapitän, aber ist sonst aus gutem Hause, ehrlicher Leute Kind; seine Mutter starb im Gefängnisse, der Vater sitzt noch. Er war Haushofmeister, Sekretär, hat sich die Finger kurz geschrieben, und will sie sich jetzt wieder bei uns lang arbeiten. Er ist herzhaft.

MARQUIS
Damit ist’s nicht allein getan, man muss zu leben wissen. Solch miserabeles Gesinde!, als ich jetzt die Ehre habe zu kommandieren, hab‘ ich in meinem Leben nicht gesehen. Zum Glück, dass ich noch ein wenig Disziplin und Ordnung in diese Kerle gebracht.
zu Beppo
Wasser!
Er streift sich die Ärmel auf; Beppo gießt ihm aus der Karaffe Wasser auf die Hände.

MARQUIS
wüscht sich
Bei der ersten Vertraulichkeit schlag‘ ich dir den Schädel ein; das wird dich schon klüger machen.

BEPPO
für sich
Das glaub‘ ich auch.

GIACOMO
leise zu ihm
Er hält Wort.

BEPPO
leise
So?

GIACOMO
Ja.

MARQUIS
Serviette!

Er trocknet sich die Hände und wirft dann Beppo die Serviette zu. Beppo lässt sie gewandt in
seiner Brottasche verschwinden.

MARQUIS
Was führt euch her?

BEPPO
Unser Streich ist gelungen. Mylords Diamanten sind unser.

MARQUIS
Das wusst‘ ich längst.

GIACOMO
Alles traf zu, wie Sie uns vorhergesagt.

MARQUIS
Das wusst ich. Nicht umsonst bin ich Mylord nachgereist, habe in allen Gasthäusern mit ihm soupiert, mit Mylady Barcarolen gesungen. Glaubt mir, das Barcarolen singen mit Mylady ist ein sauer Stück Arbeit.

GIACOMO
Wir erkennen dankbar, Kapitän, was Sie für uns und unsere gute, rechtschaffene Bande tun.

MARQUIS
Mylord leistete keinen Widerstand, also haben wir niemand verloren?

GIACOMO
Nein, Kapitän, im Gegenteil einen Mann gewonnen. Der Postillon war ein alter Kamerad von uns; die römische Jacke gefällt ihm nicht länger, er will wieder brav werden!

BEPPO
Zu uns kommen.

GIACOMO
ihm bedeutend
Nun ja – brav werden.

MARQUIS
Ist er in unserer Gewalt?

GIACOMO
Ja.

MARQUIS
sich die Krawatte vor einem kleinen Taschenspiegel rangierend
So schießt ihn tot. Unbeständigkeit gehört nicht für unsern Stand; bei Mädchen, da ist es etwas anderes. Was Mylords Diamanten betrifft, so nimm achttausend Lire, und bringe sie der kleinen Fiorina. Was gilt’s, in der nächsten Oper wird sie noch besser singen. Ich liebe die Kunst – und besonders die Künstlerinnen.

GIACOMO
Gut, Kapitän!

MARQUIS
Weiter gibt es nichts.

GIACOMO
Nein. Ich glaub‘, man hat Sie getäuscht.

MARQUIS
Wieso?

GIACOMO
Die Schatulle von Mylord, welche im Wagen sein sollte –

MARQUIS
Freilich, mit hunderttausend Lire in Gold? Mylady hat mir selbst gesagt, dass er sie in Livorno bei einem Banquier placieren wollte.

GIACOMO
Wir haben nichts gefunden.

MARQUIS
Blinde Teufel!

BEPPO
Vielleicht hat er sie zum Spott unterwegs ausgegeben.

MARQUIS
So geht’s, wenn ich nicht bei allem bin! Aber wissen muss ich um jeden Preis, was mit dem Gelde geworden ist. Geht. –
Noch einmal gilt es, mit Mylady zu musizieren! Sind die Schurken glücklich, einen solchen Chef zu haben!
Die Seitentür rechts öffnet sich
Mylady kommt!
Er bemerkt beide am Tisch, die Reste seines Mahles verzehrend, streng
Seid ihr noch nicht fort?!

Beppo und Giacomo eilen nach links hinten davon, Weinflasche und Speisereste mitnehmend. Marquis geht nach hinten an den Schenktisch und ergreift die Mandoline. Zwei Aufwärter kommen von rechts und entfernen den Speisetisch nach rechts. Pamella erscheint gleichzeitig von rechts, die Tör offen lassend.

Nr. 5 – Terzett

PAMELLA
Zur Tür gewendet

Rezitativ

Sogleich wird man den Punsch,
Für Sie, Mylord, bereiten!

MARQUIS
sie begrüßend
Erlauben Sie, Mylady!

PAMELLA
Sie sind noch hier, Signor? Und mein Gemahl ist hier in dem oberen Zimmer; Sie kennen ihn, ein wütender Othello!

MARQUIS
Keine Kränkung ist es, singen wir ein Duett, und mit der Zither werde ich begleiten jenes Lied, das wir gestern erst mit so reger Lust versuchten.

PAMELLA
sieht nach der Tür rechts
Ich höre ihn, er ist’s!

MARQUIS
greift in die Mandoline und singt
Der Gondolier auf leichtem Boot,
Scheut für Bettina nicht den Tod;
Beim Zitherklang
Ertönt sein Sang;
Es winkt vielleicht ein Blick
Gegenliebe zurück.
Auf tiefer Flut
Schaukelt Liebe den Mut,
Schaukelt Liebe den –
Er sieht, dass Mylord noch nicht kommt und er unbemerkt ist, legt die Mandoline auf den Tisch links und wendet sich zu Pamella
Die Glut, die in mir brennt, soll ihr Feuer mich verzehren!

PAMELLA
Signor, ich darf nichts weiter hören.
Sie will gehen

MARQUIS
Schweigen will ich, doch bleiben Sie. –
Wenn mit pitänm Bangen,
Wenn mit zärtlichem Verlangen
Ich schweigend Sie betrachte,
O können Sie das wehren.

PAMELLA
Wenn nur das Aug‘, der Mund nicht spricht,
Verbiet‘ ich seine Sprache nicht.

MARQUIS
Stumm vor Lust steh‘ ich vor Ihnen,
Und betrachte diese Mienen!
Dieses Kleid, so sittsam und schön! –
Er erblickt ein mit Diamanten besetztes Medaillon, welches Pamella am Halse trägt
Doch welch reiche Diamanten muss ich sehn!

PAMELLA
Weil ich im Busen sie verbarg,
Entgingen sie der Räuber Gier!

MARQUIS
beiseite
So blind zu sein ist doch zu arg!
zu ihr
Ein Überfluss ist diese Zier.
Doch was schließt dieses reiche seltne Kleinod ein,
Ach, was schließt es ein?

PAMELLA
nimmt das Medaillon vom Hals und öffnet es
Es hat’s mein Gemahl bestellt! –
Hier sehn Sie selbst, was es enthält.
Mein Bild, sollt‘ es wohl ähnlich sein?

MARQUIS
O Himmel, was muss ich sehn!
Sie zärtlich fixierend.
Wie reizend und schön.
Unter diesem Augenlide
Verbirgt der Schalk Cupido,
Da versteckt er sich! ach, schöne Frau!
In ihren Augen wohnt der Friede,
Der aus meinem Busen wich!
Und dies Bild wäre für ihn, den Tyrannen, den Barbaren!

PAMELLA
Was machen Sie?

MARQUIS
Es bleibet mein!

PAMELLA
Mein Herr!

MARQUIS
Ich trenne nie mich mehr von diesen Zügen –

PAMELLA
Mein Herr!

MARQUIS
An meinem Herzen soll es fortan liegen.

PAMELLA
Es kommt mein Mann!

Mylord erscheint von rechts, mit einer Zeitung in der Hand.

MARQUIS
nimmt rasch die Mandoline vom Tisch links und singt
Der Gondolier auf leichtem Boot,
Scheut für Bettina nicht den Tod!
Beim Zitherklang
Ertönt sein Sang,
Die Gefahr wird verlacht,
Selbst wenn Eifersucht wacht.
Auf tiefer Flut
Schaukelt Liebe den Mut!
Schaukelt Liebe, schaukelt Liebe,
Schaukelt Liebe den Mut!

MYLORD
Bravi! Bravi! Bravi!

Marquis legt die Mandoline auf den Tisch links.

PAMELLA
Sie sind’s, Mylord?

MYLORD
Ja wohl, ich bin’s.

PAMELLA
Mylord hört, dass wir hier musizieren!

MYLORD
Wie hass‘ ich dieses Musizieren.

PAMELLA
Ach, leider kann Sie gar nichts rühren,
Was mir ein Vergnügen gewähret;
Ein Lied, ein Duettchen nur hier auszuführen,
Selbst das wird von Ihnen verwehrt.
Ach, leider kann Sie gar nichts rühren,
Was mir ein Vergnügen gewähret;
Ein Duettchen selbst wird mir durch Mylord,
Durch Mylord verwehrt.
Ach, leider kann Sie gar nichts rühren,
Was mir ein Vergnügen gewähret;
Ein Lied, ein Duettchen nur hier auszuführen.
Selbst das wird durch Mylord verwehrt.

MYLORD
Die Musik kann mich niemals rühren,
Da sie mir Verdruss nur gewähret;
Ein solches Unisono, wie beide führen,
Das wird durch den Eh’mann verwehrt!

MARQUIS
Wir wollen ein Duo studieren,
Das reines Vergnügen gewähret;
Der Lord soll sein Weibchen verlieren,
Sein Gold sei mir ferner dann auch noch beschert!

PAMELLA, MARQUIS
Wie liebt die Musik doch mein Herz!
Sie stimmt zu Freude und zu Scherz!

MYLORD
Beide scheinen ganz einig, man sieht es zu klar,
Dass schon früher ein kleines Verständnis hier war!

PAMELLA
Leider rührt ihn nichts, was mir Vergnügen gewährt,
Ach ein Duett, das wird mir selbst verwehrt!
Alles wird mir verwehrt!

MYLORD
Ein solches Unisono wird durch den Eh’mann verwehrt!
Das wird durch mich verwehrt!

MARQUIS
Ja, Mylord soll sein Weibchen verlieren,
Dazu noch sein Gold!
Ja, wir wollen hier ein Duo studieren!
Das Vergnügen uns gewährt!
Bravo! die Musik hat den Frieden hier,
Sie hat den Frieden hier gewährt!

PAMELLA
spricht
Wir wiederholten die Barcarole.

MYLORD
Nicht artig von Ihnen, hier die Zeit zu verlieren, während ich wartete auf den Punsch!

MARQUIS
Charmant, Mylord! wir musizierten, während Sie den Punsch tranken.

MYLORD
Ich habe nicht getrunken, ich habe keinen bekommen, ich soll noch trinken!

MARQUIS
Welche Bedienung – holla!

MYLORD
Ich habe keinen Durst mehr – er ist mir vergangen!

MARQUIS
Vielleicht seit dem Verlust der Diamanten –

MYLORD
Yes – und noch andere Nebendinge, die mir unangenehm sind.

MARQUIS
Ist vielleicht den hunderttausend Lire in Goldstücken, – das sie in Livorno umsetzen wollten, – etwas Unangenehmes begegnet?

MYLORD
Nein, die befinden sich wohl, die hab‘ ich noch.

MARQUIS
beiseite
Desto besser!
laut
Das freut mich, denn ihr Verlust würde
mir ebenso nahe, wie Ihnen Mylord, gegangen sein.

PAMELLA
Wie gut sind Sie, Marquis!

MARQUIS
Ich sagte das nur, um Ihnen mein Portefeuille anbieten zu können.

MYLORD
Danke! Ich bin mit allem wieder versehen.

MARQUIS
Wie haben Sie aber das Gold so verbergen können?

MYLORD
Mein Scharfsinn! – He, he! das sag‘ ich nicht! – Mein Scharfsinn

MARQUIS
An dem zweifle ich nicht.

PAMELLA
Er hatte das Gold in Papiere umgesetzt und alles eingenäht.

MARQUIS
Wo?

MYLORD
lächelnd
Raten Sie!

MARQUIS
Ich errate nie etwas.

MYLORD
In meinem und meiner Frau Reisekleid.

MARQUIS
Nicht möglich!
Er sieht Pamella an, zu ihr
Dieses schöne kostbare Kleid!
sich lachend zu Mylord wendend
Das ist eine köstliche Entdeckung!

MYLORD
lacht ebenfalls
Yes, yes! – Wir sind beide ganz gestopft von lauter Gold und Banknoten.

MARQUIS
für sich, mit einigen Schritten nach vorn.
Gut, dass man das weiß.

In diesem Augenblicke hört man draußen links einen kriegerischen Marsch. Pamella und Mylord wenden sich nach hinten und sehen nach links hinaus. Beppo und Giacomo zeigen sich links hinten.

Nr. 6 – Finale

MYLORD, PAMELLA
Höret doch!

MARQUIS
Welch ein Marsch tönt von Ferne hierher.

BEPPO und GIACOMO
schleichen herbei und treten dem Marquis zur Linken
Ein Offizier, mit ihm Soldaten,
Scheinen hierher zu ziehn! – Wir fliehn!

MARQUIS
Niemals! – Wer wird gleich beben!

BEPPO
Hier gilt’s das Leben!

MARQUIS
Ihr Buben traut auf mich nicht mehr!

Lorenzo eilt mit den Dragonern von links hinten herbei; einer der Dragoner trägt ein Schmuckkästchen. Zerline kommt gleichzeitig von rechts hinten zurück. Drei Aufwärter treten von rechts heraus. Landleute sammeln sich vorn rechts und links hinten.

CHOR der SOLDATEN und LANDLEUTE
Viktoria!
Welch beglückter Tag!
Denn es unterlag
Jene Räuberbande,
Schrecken diesem Lande,
Frohlockt, sie fiel unserm / ihrem Mut.
Viktoria!

ZERLINE
zu Lorenzo
Lorenzo seh‘ ich wieder!

MYLORD, PAMELLA
zu Lorenzo
Signor, erklären Sie!

ZERLINE
Lorenzo seh‘ ich wieder!

MYLORD, PAMELLA
Ich bitte, reden Sie!

LORENZO
Wir verfolgten still und sacht
Der kühnen Räuber Schritte,
Und des Gebüsches Nacht
Führte sicher uns in des Hohlwegs Mitte.

MARQUIS
Und ich war nicht dabei!

LORENZO
Wir griffen an mit Blitzesschnelle,
Als Männer fochten sie im Streite,
Zwanzig blieben auf der Stelle.

MARQUIS
Kaum halt‘ ich mich!

LORENZO
Doch die andern voll Schrecken,
Sie suchten darauf das Weite.
Das Echo vom Berge und Wald
Von unserm Siegesruf erschallt. Viktoria!

CHOR der SOLDATEN und LANDLEUTE
Viktoria!
Welch beglückter Tag!
Denn es unterlag
Jene Räuberbande,
Schrecken diesem Lande!
Sie unterlag unserm/ihrem Mut!
Viktoria!

LORENZO
zu Mylord, indem er dem Dragoner das Schmuckkästchen abnimmt und es überreicht
Bei einem der Banditen, der tot zur Erde sank,
Da fand ich hier, Mylord, diesen Schmuck.

PAMELLA
Der meine ist’s!

MYLORD, PAMELLA
Tausend Dank!

MARQUIS
für sich
O Missgeschick!

ZERLINE
Welches Glück!

MYLORD, PAMELLA
Welches Glück!

MARQUIS
für sich
Missgeschick! Ha, es raubt der junge Held
Mir die Truppen und mein Geld.

LORENZO
Mylord, leben Sie wohl.

ZERLINE
So schnell willst du uns schon verlassen?

LORENZO
Ich muss fort!

ZERLINE
Bleibe doch, bleibe doch ein Weilchen nur.

LORENZO
Den Räuberchef gelang’s uns nicht zu fassen,
Doch wir sind bereits auf seiner Spur!
Leb‘ wohl, Zerline!

PAMELLA
hält ihn zurück
Einen Augenblick, ich bitte!
zu Mylord
Mylord, Ihr Portefeuille.

MYLORD
Und warum, liebes Kind?

PAMELLA
für sich
Hier heischt es wohl die Sitte!
Sie ergreift es halb mit Gewalt und nimmt einige Banknoten heraus; laut zu Lorenzo
O glauben Sie, Mylord schützt Tapferkeit und Mut,
Und bittet, hier zehntausend Lire anzunehmen.
Sie zeigt auf die Bekanntmachung, welche Matteo und Zerline früher hinten befestigten
Lesen Sie selbst.

LORENZO
weigert sich lebhaft
Niemals! – Sie wollen mich beschämen!

PAMELLA
Bedenken Sie, dass diese kleine Schuld
Leicht Zerlines Hand für Sie bestimmt.

ZERLINE
nimmt die Banknoten
Mein Glück verdank‘ ich Ihr Huld,
Ich nehm‘ es an, da er’s nicht nimmt.
So reich wie Franz ist er jetzt!

LORENZO
freudig
Darf ich wohl?

ZERLINE
Ja, du darfst.

LORENZO
Deine Hand?

ZERLINE
Meine Hand!

LORENZO
Und dein Herz?

ZERLINE
Und mein Herz!

LORENZO
Vom Vater begehren?

ZERLINE
O süßes Los!

ZERLINE, LORENZO
Ja, die Hoffnung lächelt wieder,
Fähret mich in deinen Arm,
Und morgen tönen Hochzeitslieder,
Jubelt froher Gäste Schwarm.

MARQUIS
O senke dich, o Nacht hernieder,
Und waffne meinen Räuberarm;
Ja, bald bin ich der Räuber wieder
Und spotte dieser Feinde Schwarm!

BEPPO, GIACOMO
O senke dich, o Nacht hernieder,
Und waffne unsern starken Arm;
Wir kehren schnell als Sieger wieder,
Verspotten dieser Feinde Schwarm!

PAMELLA
Meinen Schmuck, ihn seh‘ ich wieder,
Dank des jungen Kriegers Mut;
Er warf die stolzen Feinde nieder,
Rettete uns Hab‘ und Gut!

MYLORD
Ihren Schmuck erhält sie wieder,
Dank des jungen Kriegers Mut;
Er warf die frechen Räuber nieder,
Rettete mir Hab‘ und Gut!

LORENZO
spricht mit seinen Dragonern und ordnet sie in Reih und Glied. Es wird langsam dunkel.

MARQUIS
leise zu Giacomo und Beppo
Nur nicht verzagt, hier heißt’s gewagt.
Der Vater kommt heut‘ nicht zurück.

BEPPO, GIACOMO
leise zu ihm
Doch die Soldaten?

MARQUIS
Sie ziehen fort,
Und suchen uns an anderm Ort!

LORENZO
im Hintergrund
Wohlan! – Nur fort, Kameraden, fort!

MARQUIS
Ha, sie gehen! wir bleiben hier!

LORENZO
zu Zerline, vortretend
Ach, Zerline! morgen früh!

MYLORD
Ihren Schmuck erhielt sie wieder,
Dank des jungen Kriegers Mut;
Er warf unsre Feinde nieder,
Rettete mir Hab‘ und Gut!

PAMELLA
Meinen Schmuck erhielt ich wieder,
Dank des jungen Kriegers Mut;
Er warf unsre Feinde nieder,
Rettete uns Hab‘ und Gut;

ZERLINE, LORENZO
Ach ja, die Hoffnung lächelt wieder,
Führet dich in meinen Arm;
Morgen tönen Hochzeitslieder,
Jubelt froher Gäste Schwarm!

MARQUIS
für sich
Senke dich, o Nacht, hernieder,
Waffne meinen Rächerarm!
Bald bin ich der Räuber wieder,
Spotte dieser Feinde Schwarm!

BEPPO, GIACOMO
Senke dich, o Nacht hienieder,
Waffne unsern starken Arm;
Bald sind wir die Sieger wieder,
Spotten dieser Feinde Schwarm!

CHOR der DRAGONER und LANDLEUTE
Ja, die Hoffnung lächelt wieder,
Führt sie bald in seinen Arm;
Morgen tönen Hochzeitslieder,
Jubelt froher Gäste Schwarm!

ZERLINE
Denk‘, Geliebter, der Stunden,
Die Glück und Liebe spenden!

LORENZO
Denk‘, Geliebte, der Stunden,
Die Glück und Liebe spenden!

MARQUIS
leise zu Beppo
Eh‘ die Nacht ist verschwunden,
Da ist jener Schmuck
Und all ihr Gold
In uns’rer Hand!

MYLORD, PAMELLA
Unerhofftes Glück gab der Augenblick,
Freude lächelt wieder, strahlet auf uns nieder!
O Augenblick voller Lust,
Vor Freude bebt die Brust!
O Dank dieses jungen Kriegers Arm,
Meinen/Ihren Schmuck erhielt ich/sie wieder.
Dank des jungen Kriegers Mut!
Er warf uns’re Feinde nieder,
Rettete uns Hab‘ und Gut!

ZERLINE, LORENZO
Unerhofftes Glück gab der Augenblick,
Freude lächelt wieder, strahlet auf uns nieder!
O Augenblick voller Lust,
Vor Freude bebt die Brust!
Ach ja, die Hoffnung lächelt wieder,
Führet bald dich in meinen Arm,
Morgen tönen Hochzeitslieder,
Jubelt froher Gäste Schwarm!

MARQUIS
Bald, o süßes Glück, siegt die Rache wieder,
Schmettern wir euch nieder!
O Augenblick voller Lust,
Vor Freude bebt die Brust!
Die Rache waffnet meinen Arm!
Senke dich, o Nacht, hernieder,
Waffne meinen Rächerarm;
Bald kehr‘ ich als Sieger wieder,
Spotte dieser Feinde Schwarm.

BEPPO, GIACOMO
Naht der Augenblick, wo wir sind zurück,
Siegt die Rache wieder, schmettern wir euch nieder!
O Augenblick voller Lust,
Vor Freude bebt die Brust!
Die Rache waffnet unsern Arm!
Senke dich, o Nacht, hernieder,
Waffne unsern Rächerarm;
Bald sind wir die Sieger wieder,
Spotten dieser Feinde Schwarm!

CHOR der DRAGONER
Unerhofftes Glück gab der Augenblick,
Ruhmgekrönt als Sieger, jubelt tapfre Krieger!
O Augenblick voller Lust,
Vor Freude bebt die Brust!
Viktoria! der Sieg beschützte unsern Arm!
Ja, die Hoffnung lächelt wieder,
Führt die Braut in seinen Arm;
Morgen tönen Hochzeitslieder,
Jubelt froher Gäste Schwarm!

CHOR der LANDLEUTE
Unerhofftes Glück gab der Augenblick,
Freude lächelt wieder, strahlet auf uns nieder!
O Augenblick voller Lust,
Vor Freude bebt die Brust!
Viktoria! der Sieg beschützte ihren Arm!
Ja, die Hoffnung lächelt wieder,
Führt die Braut in seinen Arm!
Morgen tönen Hochzeitslieder,
Jubelt froher Gäste Schwarm!

ZERLINE
Denk‘, Geliebter, der Stunden,
Die Glück und Liebe spenden!

LORENZO
Denk‘, Geliebte, der Stunden,
Die Glück und Liebe spenden!

MARQUIS
leise zu Beppo
Eh‘ die Nacht ist verschwunden,
Da ist dieser Schmuck
Und all ihr Gold
In uns’rer Hand!

MYLORD, PAMELLA
Unerhofftes Glück gab der Augenblick!
Freude lächelt wieder, strahlet auf uns nieder!
Ha Augenblick voller Lust, vor Freude bebt die Brust!
O Dank des jungen Kriegers, des Helden tapfern Arm!

ZERLINE, LORENZO
Unerhofftes Glück gab der Augenblick,
Freude lächelt wieder, strahlet auf uns nieder!
Ha Augenblick voller Lust, vor Freude bebt die Brust!
Vor Freude bebet meine Brust, meine Brust!

MARQUIS
für sich
Bald, o süßes Glück, siegt die Rache wieder,
Schmettern wir euch nieder!
Ha Augenblick voller Lust, vor Freude bebt die Brust!
Die Rache waffnet meinen Arm!

BEPPO, GIACOMO
für sich
Naht der Augenblick, wo wir sind zurück,
Siegt die Rache wieder, schmettern wir euch nieder!
Ha Augenblick voller Lust, vor Freude bebt die Brust!
Die Rache waffnet unsern Arm!

CHOR der DRAGONER
Unerhofftes Glück gab der Augenblick,
Ruhmgekrönt als Sieger, jubelt tapfre Krieger!
Ha Augenblick voller Lust, vor Freude bebt die Brust!
Viktoria! der Sieg beschützte unsern Arm!

CHOR der LANDLEUTE
Unerhofftes Glück gab der Augenblick,
Freude lächelt wieder, strahlet auf uns nieder!
Ha Augenblick voller Lust, vor Freude bebt die Brust!
Viktoria! der Sieg beschützte ihren Arm!

Lorenzo marschiert mit den Dragonern nach links hinten ab. Zwei Aufwärter holten von rechts Lichter und Lampen und leuchten nun nach rechts voran. Marquis, Mylord, Pamella wenden sich zum Abgang nach rechts in ihre Zimmer. Beppo und Giacomo werden vom dritten Aufwärter in ihr Quartier nach rechts hinten abgeführt. Zerline sieht Lorenzo nach und winkt ihm Lebewohl zu. Die Landleute zerstreuen sich nach rechts und links hinten.


ZWEITER AKT
Zimmer im oberen Stockwerk des Gasthauses

Nr. 7 – Rezitativ und Romanze

ZERLINE
Nur unbesorgt, Mylord, während Sie zu Nacht hier speisen,
Da bereite ich Ihr Zimmer und das Bett.
Alles, alles soll in Ordnung sein! –
Sie stellt das Licht auf den Tisch rechts.
So viele Gäste waren noch nie in unserm Hause,
Und ich verliere die Geduld!
Zerline! Zerline, man klingelt hier, dann muss ich fort,
Man ruft und klopft bald hier, bald dort!
Wenn ich heut‘ den Kopf verliere,
Ist es nicht meine Schuld!

Welches Glück, ich atme freier,
Endlich sag‘ ich mir allein,
Wie Lorenzo mir so teuer,
Ach, das sag‘ ich mir allein!
Ins Geheim nur darf ich wagen,
Dies Geständnis mir zu sagen!
Die Erinn’rung wird mir schenken,
Was die Brust mit Lieb‘ erfüllt,
Ach, ich muss wohl seiner denken,
Denn mein Herz verschließt sein Bild.
Welches Glück, ich atme freier,
Endlich sag‘ ich mir allein,
Wie Lorenzo mir so teuer,
Ach, das sag‘ ich mir allein!

MYLORD
Yes, ich bin müde und will schlafen!

ZERLINE
Da haben wir’s, lange kann ich nicht für mich allein sein. Man kommt.
Durch die Tür links hinten hinaus sprechend
Wenn Mylord und Mylady befehlen, ihre Zimmer sind bereit, hier am Ende des Ganges.
Sie zeigt nach rechts vorn.

Mylord und Pamella treten von links hinten ein.

Nr. 8 – Terzett

MYLORD
Liebe Frau, lass uns schlafen gehn!

PAMELLA
So früh? Ich muss gestehn!

MYLORD
Ich bin müde, will schlafen gehn!

PAMELLA
Sie waren sonst, vor einiger Zeit,
Zum Schlafen nicht so schnell bereit!
Sie wollen wirklich schlafen gehn?

MYLORD
Welch Glück für einen Ehemann,
Wenn er recht ruhig schlafen kann!

ZERLINE
Es scheint, dass Mylord gerne schläft,
Dass Mylord gerne schläft!

MYLORD
O welches Glück für einen Mann,
Wenn er recht schlafen kann!

PAMELLA
Sie waren sonst vor ein’ger Zeit
Zum Wachen mehr bereit!

MYLORD
Dass man schnell mein Bett bereite!

PAMELLA
Weit munterer wie heute!

ZERLINE
Kaum ein Jährchen ist hier verschwunden,
Und es schwand ihre Zärtlichkeit,
Weilet meiner Liebe Stunden,
Weilet immer so wie heut.

MYLORD, PAMELLA
Kaum ein Jährchen ist hier verflossen,
Unter Scherz und Zärtlichkeit;
Sonst so artig und unverdrossen,
Und nun so kalt und mürrisch heut!

MYLORD
Zu Bette, fort! zu Bette, fort!
Denn morgen früh, da reisen wir!

Er wendet sich nach hinten.

PAMELLA
zu Zerline tretend
Nein, nein, ich bleibe noch an diesem Ort,
Ich bleibe noch zur Hochzeit hier.

ZERLINE
freudig zu Pamella
Wie muss ich dafür dankbar sein!

PAMELLA
zu Zerline
Wohl heischt es Pflicht und Weiberehre,
Dir manchen kleinen Wink zu geben.
Vernimm von einer Frau die Lehre,
Die Männer alle, alle sind –

MYLORD
unterbricht sie, die Mitte nehmend
Liebe Frau, ich muss schlafen gehn!

ZERLINE
ergreift vom Tisch rechts das Licht
Sollte Mylord wohl noch etwas vermissen?

MYLORD
Yes! – Unterm Kopf ein weiches Kissen.

Er wendet sich nach rechts vorn

PAMELLA
Du, mein Kind, folgst ins Zimmer mir!

ZERLINE
Mylady braucht nur zu befehlen,

Sie stellt das Licht wieder auf den Tisch und eilt nach links vorn durch die Glastür.

MYLORD
wirft im Abgehen einen Blick auf Pamella.
Doch – an ihrem Halse seh‘ ich fehlen
Das Medaillon, die schöne Zier! –
Das schwarze Band, an dem es hing!

PAMELLA
ein wenig verlegen
Das Portä½t?

MYLORD
Yes! – Das Medaillon!

PAMELLA
Ist anderswo.

MYLORD
Und warum?

Zerline kommt, indem sie die Tür offen last, von links vorn mit einem Kopfkissen zurück, ergreift das Licht vom Tisch rechts und wartet an der Glastür rechts vorn.

PAMELLA
Mylord, Sie wollten zu Bette gehen!
Welch Glück für einen Ehemann,
Wenn er so ruhig schlafen kann!

ZERLINE
Kaum ein Jährchen ist hier verschwunden,
Und es schwand ihre Zärtlichkeit,
Weilet, meiner Liebe Stunden,
Weilet immer so wie heut‘!

MYLORD, PAMELLA
Kaum ein Jährchen ist hier verflossen,
Unter Scherz und Zärtlichkeit;
Sonst so artig und unverdrossen,
Und nun so kalt und mürrisch heut‘!

Zerline leuchtet nach rechts vorn durch die Glastür voran, unter dem Arm das Kopfkissen. Mylord und Pamella folgen ihr. Es wird dunkel.

MARQUIS
Alle sind in ihren Zimmern, und niemand bemerkte mich auf der Treppe. Rekognoszieren wir ds Terrain. Im ersten Stockwerk das zweite Zimmer am Ende des Ganges, so sagte man mir. Dies wäre also das erste Zimmer. Richtig. Das zweite – vielleicht jenes?
Er sieht in die Glastür links vorn, welche Zerline offen ließ.
Nein, eine finstre Kammer.
Er sieht nach der Glastür gegenüber
Ha, dort jene Tür wird nach dem Gang zu unserm Engländer führen; wie es scheint, kein andrer Ausgang, die Beute kann also nicht entwischen. Jetzt gilt es, meine Gefährten von allem zu benachrichtigen, sie sind hier neben auf dem Heuboden einquartiert.
Er öffnet das Fenster im Hintergrund.
Sie sollten schon unten sein, und ich sehe sie nicht.
Die Nacht ist sehr dunkel, vielleicht streifen sie ums Haus. Wohlan, mein Signal. Hört man mich, so tut es auch weiter nichts. In Italien singt man Tag und Nacht!

Nr. 9 – Barcarole

MARQUIS
Dorina, jene Kleine,
So jung und schön zu sehen,
Sie sang einmal alleine
Mit zartem Liebesfleh’n.
Es birgt deinen Tritt die Nacht,
Du triffst dein Mädchen allein!
O nahe dich nur still und sacht,
Dorina harrt, Geliebter, dein!
Es starb die Abendröte,
Die unsre Flur umfließt,
Nur Philomelens Flöte
Die stille Nacht begrüßt.
Mein liebes Mütterchen schläft,
Im Kümmerchen schläft sie so fern!
Kein Lauscher dich mehr verrät,
Es starb die Abendröte,
Es winkt der Liebesstern!

Beppo und Giacomo erscheinen gegen das Ende des Gesanges am Fenster im Hintergrund und steigen ins Zimmer.

MARQUIS
halblaut durch den ganzen Auftritt
Nur näher, ohne Lärm!

GIACOMO
Wir hatten Mühe, unbemerkt von unserem Boden herunterzukommen.

BEPPO
lauter
Indessen da sind wir auf den Schlag.

MARQUIS
nach rechts vorn sehend
Still! Mylord und Mylady sind soeben nach ihrem Zimmer gegangen.

GIACOMO
Und die hunderttausend Lire und die Diamanten, die man uns genommen?

BEPPO
Die Bankscheine –

MARQUIS
zeigt nach rechts vorn
Sind in jenem Zimmer!

Beppo, Giacomo wollen dorthin eilen.

MARQUIS
sie zurückhaltend
Wo wollt ihr hin?

GIACOMO
Unser Eigentum holen!

MARQUIS
Noch einen Augenblick. Noch sind sie nicht eingeschlafen, erst muss Zerline sie verlassen haben.

BEPPO
Mit ihr müssen wir auch abrechnen; denn die zehntausend Lire, die sie Belohnung erhalten, gehören eigentlich zu Masse.

MARQUIS
Wird sich alles finden. Ihr wollt‘ ich’s gönnen, aber dem Loenzo, ihrem Geliebten, Fluch und Tod. Beim Sankt Diavolo, meinem Schutzpatron, er soll mir meine zwanzig Leute bezahlen; Rache will ich haben, so wahr ich ein Italiener bin!

ZERLINE
rechts draußen
Gute Nacht, Mylord. Sie haben weiter nichts zu befehlen?

MARQUIS
Sie kommt.
Er zeigt nach der Glastür links vorn
Hier verbergt euch in jenes dunkle Kabinett.

BEPPO
sich nach links wendend
Dort hinein?

MARQUIS
Freilich, nur so lange als die Kleine hier verweilt.

Alle drei schlüpfen durch die Glastür links vorn und machen die Tür zu.

ZERLINE
zurücksprechend
Gute Nacht, Mylord! Gute Nacht, Mylady! Sie werden sehr gut schlafen, denn unser Haus ist ganz sicher und sehr ruhig.
Gottlob! Alles schläft, und ich bin nicht böse darüber, denn ich bin, gerade heraus gesagt, herzlich müde. Nun will ich auch gleich zu Bette gehen; es ist schon spät, und morgen muss ich sehr früh heraus. Mein Bett ist freilich nicht so weich und schön, als das Bett von Mylady. – Aber was tut es – ich werde recht sanft und fest schlafen, ich bin so zufrieden und glücklich!

GIACOMO
aus der offenen Glastür links sehend, leise
Am Ende ist dies ihr Schlafzimmer?

BEPPO
Was ist da zu tun?

MARQUIS
Zu warten, bis sie eingeschlafen.

BEPPO
Wenn das nur bald geschieht!

ZERLINE
Morgen früh kommt Lorenzo zurück, hält um mich an, mein Vater kann nichts mehr einwenden, denn hier – hier sind zehntausend Lire, die ihm gehören.
Sie zieht die Papiere aus ihrem Korsett
Was sag‘ ich, ihm – die uns, uns gehören. Es ist doch noch alles richtig? Tausend, zweitausend, dreitausend, lauter Bankscheine – ach, was mag ich die gern, sie seh’n so allerliebst aus!
Sie küsst sie
Sie sollen auch immer bei mir bleiben, hier unter meinem Kopfkissen soil ihr Plätzchen sein!
Sie verbirgt sie dort
So, da sind sie die ganze Nacht bei mir.

BEPPO
leise
Die Spitzbubenscheine!

MARQUIS
leise
Wirst du schweigen!

BEPPO
leise, unwillig
Bald wird man’s Reden verlernen!

ZERLINE
rückt den Toilettentisch neben dem Bett etwas mehr vor
Und wenn Franz morgen kommt, so sag‘ ich ihm gerade heraus: ‚Ich lieb‘ dich nicht‘, das wird ihn trösten. Und morgen, morgen um diese Zeit bin ich Lorenzos Frau. Seine Frau – ach, wie lange hab‘ ich mich schon mit diesem Gedanken herumgetragen – jeden Abend schlief ich damit ein; jetzt sind alle Hindernisse gehoben, morgen bin ich seine Frau!

Während des Ritornells beginnt sie ihre Toilette, setzt sich, nimmt ihr Halstuch ab, legt die Ohrringe beiseite und bindet die Bänder ihres Häubchens los.

Nr. 10 – Kavatine

ZERLINE
Ja schon morgen, welches Glücke,
Da lacht der Ehe Band,
Ja morgen, seliges Geschick!
Da empfängt Lorenzo meine Hand!
Zu dem schönen, süßen Bunde,
Da schlägt nun bald die frohe Stunde,
Morgen schon, ja morgen schon!
Zum süßen Bunde,
Da schlägt die Stunde,
Ja morgen schon!
Viel besser woll’n wir uns vertragen,
Als Mylady sich mit dem Gemahl!
Rühmend darf ich’s von Lorenzo sagen,
Er kennt nicht Eifersucht und ihre Qual.
Ei, ei! die verdammte Nadel!
Wie stach ich mich!

BEPPO
Welch allerliebstes Kind!
Es wäre ein Mädchen zum Verführen.

MARQUIS
stößt ihn fort und beobachtet Zerline
Nur fort, nur ich als Chef
Darf hier rekognoszieren!

ZERLINE
fährt in der Toilette fort
Ich darf wohl Lorenzo trauen,
Und er weiß, wie ich ihn liebe!
Ich bin nicht so wie and’re Frauen!
Ja, schon morgen, welches Glücke!
Da lacht der Ehe Band,
Ja, morgen, seliges Geschick!
Da empfängt Lorenzo meine Hand!
Zu dem schönen, süßen Bunde,
Da schlägt nun bald die frohe Stunde,
Morgen schon, ja morgen schon!
Zum süßen Bunde,
Da schlägt die Stunde,
Ja morgen schon!

Sie nimmt ihre Schürze ab, zieht die Aermel ihres Korsetts aus, Hals und Arm sind bloß; sie zieht ferner eine Art Ueberkleid aus, das vorn nicht schloss, unter welchem sie ein weißes Kleidchen trug, in welchem sie bleibt; sie legt ihre Sachen auf einen Stuhl neben dem Bett.

Zwar fehlen mir wohl die Manieren,
Die Koketterie so hübsch und fein,
Doch wird mein Mann am Arm mich führen,
Er soll schon mit mir zufrieden sein,
Ja, ja, ja, ja, er soll zufrieden sein!
Für ein einfach ländliches Mädchen,
Da bin ich schon recht fein gebaut!
Und es ist in manchem Städtchen
Wohl schon ein hässlicheres Bräutchen getraut!

MARQUIS, BEPPO, GIACOMO
Ha, ha, das ist allerliebst!
Sie ziehen sich zurück.

ZERLINE
erschrocken innehaltend
Ich glaub‘, ich hörte lachen!
Sie geht nach rechts vorn.
Ei, sollte das wohl Mylord sein?
Nein, der lacht wohl niemals, schlief schon ruhig ein!
Sie horcht an der andern Seite.
Alles still!
Es schlägt nun bald die frohe Stunde,
Morgen schon, ja morgen schon!
Zum süßen Bunde,
Da schlägt die Stunde,
Ja morgen schon!
Sie setzt den Toilettentisch wieder zurück, setzt sich aufs Bett und bindet ihre Schuhe los.
Doch nun ist’s Zeit, ich muss zu Bett!

MARQUIS, BEPPO, GIACOMO
Endlich doch. –

ZERLINE
Ich muss zu Bett! –
Sie kniet neben dem Bett.
Heilige Jungfrau, ich rufe dich!
Beschütze ihn, wach‘ über mich.
Sie steht auf, löscht das Licht aus und legt sich zu Bett. Es wird dunkel.
Gut‘ Nacht! Gut‘ Nacht, mein Lorenzo!
Gut‘ Nacht, lieber Mann! –
O heil’ge Jungfrau, ich rufe dich!
Beschütze ihn, wach über – –
Der Schlaf überwältigt sie, ihre Augen schließen sich.

MARQUIS
leise
Wagt nicht zu atmen, bald ist’s getan!
Bald siegt die Rache, glückt unser Plan!

MARQUIS, BEPPO, GIACOMO
schleichen vor, mit ganz leiser Stimme
Wagt nicht zu atmen, bald ist’s getan!
Bald siegt die Rache, glückt unser Plan!

MARQUIS
nähert sich dem Bett
Sie schläft! –

BEPPO
mit Giacomo zu seiner Linken
Wo schläft der Mylord?

MARQUIS
Ich will dir’s zeigen!

GIACOMO
Hier dieser Dolch bringt ihn zum Schweigen!

ALLE DREI
Wagt nicht zu atmen, bald ist’s getan!
Bald siegt die Rache, glückt unser Plan!

Giacomo geht hinter dem Marquis weg, um nach rechts vorn zum Lord ins Zimmer zu gehen.

BEPPO
nach dem Bett zeigend
Doch habt ihr dieses Mädchens wohl gedacht,
Wie dann, wenn vom Lärmen sie erwacht.

MARQUIS
An alles hat mein Freund gedacht!

GIACOMO
Was tun wir?

BEPPO
Beginnen wir mit ihr!

GIACOMO
Hauptmann, sprich!

MARQUIS
Mich dauert dieses hübsche Kind.

BEPPO
Was hör‘ ich da! Es will der Hauptmann
Hier den Tugendhelden spielen.

MARQUIS
Loser Bub‘! hier nimm meinen Dolch,
Er gibt ihm einen Dolch.
Um nach dem Herzen ihr zu zielen!

ALLE DREI
Wagt nicht zu atmen, bald ist’s getan!
Bald siegt die Rache, glückt unser Plan!

BEPPO
schleicht mit aufgehobenem Arm zum Bett

ZERLINE
träumend
O heil’ge Jungfrau, beschütze ihn!
Wach‘ über mich, wach über mich!

Beppo verwirrt, hält inne und sinkt betend auf die Knie.

GIACOMO
Zaudre nicht! Eile!

MARQUIS
Nur schnell, es drängt die Zeit!

Beppo erhebt sich und hebt von neuem den Arm gegen Zerline. In diesem Augenblick wird draußen unter dem Mittelfenster heftig angepocht.

ALLE DREI
erschrocken
Ha, was ist das, wer klopfet da von außen?
Stille nur! gebt acht!

Man klopft noch stürker.

ZERLINE
ermuntert sich
Mich schon wieder zu wecken!
Wer lärmt denn da draußen,
Mitten in der stillen Nacht!

CHOR der DRAGONER
in Begleitung von Blechinstrumenten von außen unter dem Mittelfenster
Nur aufgestanden in dem Wirtshaus,
Es sind Soldaten an der Tür,
Kommt, kommt herab und kommt heraus, kommt!
Die Dragoner bitten um Quartier!

Alle drei ziehen sich nach der Glastür links vorn zurück

BEPPO
zitternd
Ha, Dragoner sind’s! Hauptmann sprich!

MARQUIS
Nur keine Furcht

BEPPO
Was führt sie her?

Der Tag bricht an und es wird langsam hell.

LORENZO
von außen unter dem Mittelfenster
Zerline, ach kennst du meine Stimme nicht mehr?
Es ist dein Geliebter, er kehret zurück!

ZERLINE
ist inzwischen aufgestanden, zieht sich an und legt die Schuhe an
Es ist Lorenzo, ha welches Glück!

MARQUIS, BEPPO, GIACOMO
fast an der Glastür links vorn
Wir müssen weichen von diesem Ort,
Auf lasst uns schleichen, nur ganz stille fort.
Sie verbergen sich durch die Glastür links vorn.

ZERLINE
hat sich inzwischen immer noch mit ihrem Anzug beschäftigt; spricht
Nur einen Augenblick Geduld! Nicht so ungestüm!
Sie geht an das Mittelfenster, öffnet es und spricht hinaus
Bist du’s wirklich, Lorenzo?

LORENZO
Freilich, Zerline.

ZERLINE
Ganz gewiss auch?

LORENZO
Seit einer Stunde steh‘ ich mit meinen Kameraden hier vor der Tür.

ZERLINE
Ich muss mich doch erst ankleiden; warum kommt ihr so früh. Aber halt!
Sie ergreift vom Tisch rechts einen Schlüssel und wirft ihn hinab.
Hier ist der Küchenschlüssel; geht zur kleinen Tür herein. Die Lampe brennt, und der Tag bricht ja ohnedem schon an.
Sie geht wieder zum Toilettentisch rechts, um sich völlig anzukleiden.
Jetzt heißt es eilen – so – Nadeln her! – Man muss sich doch wenigstens können sehen lassen, namentlich vor Soldaten, denn die kenne ich; das ist dreistes verwegnes Volk!

MYLORD
Nur ruhig, Mylady! ich werde sehen, was es gibt.

Lorenzo eilt von links hinten herein.

ZERLINE
erblickt Lorenzo und hüllt sich schnell in die Vorhänge des Bettes.
Halt, bist du schon da! Das ist nicht artig, Lorenzo; um diese Stunde geht man nicht so gerade zu.

LORENZO
Verzeih, Zerlinchen. Ach, du bist so allerliebst in deinem Negligé.

MYLORD
tritt im Nachtkostüm durch die Glastür rechts vorn auf, zu Lorenzo
Sie sind’s mein Herr Soldat!? Was bedeutete der Lärm und was bringt zurück Sie?

LORENZO
Gute Nachricht. Meister Diavolo kann uns nicht mehr entwischen!

ZERLINE
tritt vor, Lorerizo zur Linken
Was hör‘ ich?

MYLORD
Lorenzo zur Rechten
Was hör‘ ich?

LORENZO
Wir suchten ihn in ganz falscher Richtung.
Drei Stunden von hier gab uns ein ehrlicher Müller, der zwei Tage sein Gefangener gewesen, ganz andre und bessre Auskunft. Er hat ihn in einem Halbwagen hierher den Weg nach Terracina nehmen sehen.

ZERLINE
Nicht möglich?

LORENZO
Er hat sich uns zum Führer angeboten, und da er den Räuber kennt, so nahm ich sein Anerbieten mit Freude an. Ehe wir indessen aufbrechen, müssen meine Soldaten ein wenig ruhen; sie waren die ganze Nacht auf den Beinen, und sterben fast vor Hunger!

MYLORD
Sterben vor Hunger! God dam, das sein eine große Unannehmlichkeit!

ZERLINE
Jetzt sollen sie aber auch gleich zu essen haben – und das Beste heb‘ ich für dich auf!

Es ist heller Tag geworden.

MYLORD
Und ich, mein Herr Soldat, ich will gehn zu Mylady, denn sie möchte sein kapabel zu sterben vor Schreck. Ich habe gesagt an sie: ‚Beruhigen Sie sich, ich will sehen, was es gibt‘
mit Frauenstimme
‚Mylord, meine liebe Mylord, lassen Sie mich gans nicht allein!‘ – Und sie hat mich gedruckt mit so viel Zärtlichkeit an ihr Herz, was schon lange nicht mehr ist geschehen – ich sage Ihnen, seit langer Zeit einmal wieder die erste zärtliche Druckerei.

LORENZO
lächelnd
So war der Lärm und Spektakel doch zu etwas gut.

MYLORD
Yes – gut für Mylady, für die Frauen – aber für uns, die wir Männer sein sollen –

Hinter der Glastür links vorn wird ein Stuhl umgeworfen.

MYLORD
erschrocken
Holla – Signor Lorenzo – haben Sie gehört?

MARQUIS
hinter der Glastür links vorn
Tölpel!

LORENZO
kalt zu Mylord
Es ist irgend etwas umgefallen.

MYLORD
Sind wir denn nicht allein hier?

LORENZO
Das Geräusch war in Myladys Zimmer.

MYLORD
zeigt ängstlich nach links vorn
Nein, nein, dort war’s, es muss jemand da sein.

LORENZO
Sie glauben?

MYLORD
noch ängstlicher
Ich bin meiner Sache gewiss!

BEPPO
hinter der Glastür links vorn; leise
Wir sind verloren!

Nr. 11 – Finale

MYLORD
Wïä’s nicht gut, hier zu sehn,
Was dort den Lärmen gemacht?

LORENZO
Es kann geschehn!

MYLORD
ladet ihn ein, voranzugehen
Yes, ich bitte.

BEPPO
leise
Es ist vorbei!

MARQUIS
Nur ruhig, doch müsst ihr beide
Hier vom Fenster gehn!

Lorenzo will in die Glastür links vorn; Marquis tritt in dem Augenblick heraus und macht die Tür zu.

MYLORD, LORENZO
Großer Gott!

MARQUIS
die Mitte nehmend, den Finger auf dem Mund
Bitte zu schweigen!

MYLORD
Es scheint, der Herr macht hier die Runde!

LORENZO
Ja es ist jener Herr,
Den schon gestern hier ich fand!

MARQUIS
Derselbe.

LORENZO
laut und heftig
Was führt ihn her zu dieser Stunde?

MARQUIS
Nur stille! wohl hab‘ ich Grund,
Ihr lieben Herrn, es nicht zu sagen!

LORENZO
Welchen Grund?

MARQUIS
Aber da sie hier so dringend fragen –
Gesetzt es wär‘ – ein artig ‚Stelldichein.‘

MYLORD, LORENZO
O Gott!

MARQUIS
Sie werden, hoff‘ ich, doch verschwiegen sein!

MYLORD, LORENZO
Reden Sie!

MARQUIS
Nun, so ist’s! Ihnen gesteh‘ ich es ein,
Ja, ja, es war ein Stelldichein!

MYLORD, LORENZO
Eifersucht und Verdacht,
Schleicht sich hier bei mir ein,
Und der Zorn der erwacht,
Mehret meines Herzens Pein!

MARQUIS
Ich lach‘ aus vollem Herzen,
Mich freuet ihre Pein,
Und der Zorn bei ihren Schmerzen,
Kann Lust nur für mich sein!

BEPPO, GIACOMO
Am Fenster der Glastüre
Ach, bald der Hast entbunden,
Ach, wie froh und glücklich will ich sein,
Ein Ausweg ist jetzt gefunden!
In ihrem Zorn, ihrer Pein!

MYLORD
zum Marquis
Doch nun genug der geheimnisvollen Miene,
Wem galt hier Ihre Gegenwart?

LORENZO
Galt sie vielleicht Zerline?

MYLORD
Galt sie vielleicht Mylady?

MARQUIS
So drohend mich zu fragen, ist nicht die rechte Art!
Von dem Geheimnis bin ich der Herr nicht mehr.

MYLORD, LORENZO
Welche von beiden führte sie hierher?

MARQUIS
Beiden vielleicht galt diese Ehr‘!

MYLORD, LORENZO
Mein Herr, mein Herr, ich verlange nunmehr,
Hier deutlicher zu sprechen, und das jetzt den Augenblick.

MARQUIS
beide vergnügt betrachtend, für sich
An beiden mich zu rächen, welch unverhofftes Glück!
Er nimmt Mylord beiseite
Ihrer eignen Ehre wegen, den Finger auf den Mund.
Myladys Reiz, nun ja – hat mich hierher geführt,
Und dieses teure Bild bleibe ein Pfand von unserm Bund!
Er zeigt ihm das Bild, welches er Pamella weggenommen.

MYLORD
Ah! God dam, wir boxen uns!

MARQUIS
kalt und leise zu ihm
Ich bin bereit! – Genug!
Mylord geht mit Bewegungen des Boxens auf der rechten Seite wütend auf und ab; nimmt Lorenzo beiseite, mit Beziehung auf Mylord
Ich ersparte so gern eine bittre Kränkung dir,
Doch du verlangst?

LORENZO
Ja!

MARQUIS
Wegen ihr, wegen Zerline war ich hier!

LORENZO
O Gott!

MARQUIS
Wegen ihr war ich hier!

LORENZO
Ich bin verraten von ihr!
Hier wird die Rache Pflicht. Nur fort!
Er will hinaus.

MARQUIS
hält ihn auf, halblaut
Halt, bleibe hier und übereil‘ dich nicht.

LORENZO
Ihr verteidigt sie?

MARQUIS
Ja. Für sie nichts weiter mehr!

LORENZO
nimmt den Marquis beiseite, mit innerlicher Wut
Hatten Mut Sie, mein Herr,
Zu beschimpfen meine Ehr‘,
So werden Sie –

MARQUIS
Genug! – Sogleich! –
Um sie sieben Uhr, beim Hohlweg dort.

LORENZO
Mein Wort!

MARQUIS
Bald ist’s um ihn getan,
Und an dem dunklen Ort
Glückt der Plan,
Rächt der Gefährten Mut,
Der Kam’raden Blut!

MYLORD
Welche Lust, sich zu rächen,
Sie betäubt meinen Schmerz,
Und mit ihr will ich brechen,
Denn hier endet der Schmerz!
Welche Lust gibt die Rache!

MARQUIS
Welche Lust gibt die Rache!
Welche Lust für mein Herz,
Ihre Wut ich verlache,
Und sie dient mir zum Scherz!
Welche Lust gibt die Rache!

LORENZO
Welche Lust, sich zu rächen,
Sie betäubt meinen Schmerz,
Und mit ihr will ich brechen,
Wenn auch bräche mein Herz!
Welche Lust gibt die Rache!

BEPPO, GIACOMO
Welche Lust, sich zu rächen,
Wie frohlockt jetzt mein Herz,
Unsre Haft jetzt zu brechen
Gelingt wohl diesem Scherz!
Welche Lust gibt die Rache!

Pamella kommt von rechts vorn durch die Glastür; Zerline gleichzeitig von links hinten eintretend.

PAMELLA
zu Mylord
Ha, welcher Lärm in diesem Hause,
Und ich erhielt Bescheid noch nicht.

ZERLINE
zu Lorenzo
Bereit ist alles jetzt zum Schmause;
Doch warum dies finstere Gesicht?

MYLORD, LORENZO
jeder beiseite
Ungetreue!

PAMELLA
O teurer Gatte!

MYLORD
Ich will scheiden machen lassen mich von Sie!

PAMELLA
Und warum?

MYLORD
Weil ich will!

ZERLINE
zu Lorenzo
Kenst du nicht mehr Zerline?

LORENZO
Fort von mir, Treulose, und frage, frage nicht!

PAMELLA, ZERLINE
Warum dies düstre Schweigen,
Warum hier dies Betragen?

LORENZO
Deine Ehre heißt mich schweigen,
Lässt mich nicht zu reden wagen!

ZERLINE
Rede doch!

LORENZO
Fort von mir!

ZERLINE
O so sprich!

LORENZO
Lasse mich!

LORENZO
Rede doch!

LORENZO
Deinen Schwur gebe ich dir zurück!
An Zerline vorübergehend, leise zum Marquis
Bald, Signor, ist’s an der Zeit!

MARQUIS
Ihr sehet mich bereit!

LORENZO
leise zum Marquis
Es bleibt dabei!

ZERLINE
Ach, mein Lorenzo!

MYLORD
zu Pamella
Lassen Sie mich!

PAMELLA
Doch was erzürnt Sie gegen mich?

MYLORD
Welche Lust, sich zu rächen,
Sie betäubt meinen Schmerz;
Ja, mit ihr muss ich brechen,
Denn hier endet der Scherz!
Ich muss jetzt mit ihr brechen!
Harte Pein! Harte Pein!

PAMELLA
Welche Art, welch Betragen,
Verdient dies wohl mein Herz?
Solche Sprache zu wagen,
Verdient sie mein Herz?
Welch grausames Betragen!
Harte Pein! Harte Pein!

MARQUIS
Welche Lust gibt die Rache,
Ha, wie freut mich ihr Schmerz;
Ihre Wut ich verlache,
Und sie dient mir zum Scherz!
Es gibt mir Lust die Rache,
Ich verlach‘ ihre Wut!

LORENZO
Welche Lust, sich zu rächen,
Sie betäubt meinen Schmerz;
Ja, mit ihr muss ich brechen,
Wenn auch bräche mein Herz!
Ich muss jetzt mit ihr brechen,
Harte Pein! Harte Pein!

ZERLINE
Welche Art, welch Betragen,
Verdient dies wohl mein Herz?
Solche Sprache zu wagen,
Ach, mich tötet noch der Schmerz!
Welch grausames Betragen!
Harte Pein! Harte Pein!

BEPPO, GIACOMO
Welche Lust, sich zu rächen,
Wie frohlockt jetzt mein Herz!
Unsre Haft hier zu brechen,
Das gelingt seinem Scherz!
Die Haft für uns zu brechen,
Das gelingt seinem Scherz!

Mylord will rechts vorn durch die Glastür abgehen; Pamella hält ihn eindringlich zurück; Zerline bestürmt Lorenzo um eine Erklärung; Marquis verharrt in freudiger Bewegung in der Mitte; Beppo, Giacomo winken ihm unbemerkt und freudig zu.

Zwischenaktmusik


DRITTER AKT
Italienische Gebirgslandschaft

Nr. 12 – Rezitativ und Arie

MARQUIS
Meine Freunde sind hier
Ganz im Stillen versteckt,
Ein Wink nur von mir,
Und sie nahen – es schlägt die Stunde der Rache,
Gibt es ein schöneres Los!

Arie
Ich zähle Freunde unter den Scharen,
Die mutvoll folgen Diavolos Wort;
Mir untertänig ist schon seit Jahren
Jeder Wanderer von fernem Land und Ort!
Eitles Bemühen,
Mir zu entfliehen,
Ich herrsche als König hier!
Ich zähle Freunde unter den Scharen,
Die mutvoll folgen Diavolos Wort;
Mir untertänig ist schon seit Jahren
Jeder Wanderer von fernem Land und Ort!
Ein Banquier rückt heran,
Das Gold und Eure Börse her. –
Ein großer Herr kommt an,
Nur Gold, nur Gold, gebt alles her! –
Wer ist der betresste Wicht,
Es ist ein Kriegslieferant!
Euer Gold, schließt auf, ich halte hier Gericht! –
Ha! ein armer Pilger gehet dort!
‚Ich bin ohne Geld und ohne Brot!‘
Kamerad, hier ist beides, geh‘ ruhig weiter fort! –
Doch seht das hübsche junge Mädchen,
Wie sie zitternd mir zu Füßen fällt.
‚Ach, ach Erbarmen, ich bitte gar schön,
Ach, ach, ach, ach, ach, weh mir Armen,
Ach, lasset mich gehn!
Ach, ach, ach, ach, ach, liebster Räuber,
Vor Angst stockt mein Blut,
Ich bin ein armes, ein ehrliches Ding!
Ach, all‘ meine Habe und alles mein Gut,
Für Euer Hoheit, da ist’s zu gering!‘

Kavatine
Nie berauben wir zarte Schönen,
Denn sie zu schonen heischt die Pflicht!
Doch will ihr Herz die Bitte krönen,
Dann nehmen dankbar wir, was es verspricht!
Ha, welch ein Glück und welch ein Zauberschein
Liegt in dem Stand, ein Räuberfürst zu sein! –
Doch, doch, doch muss man wohl bedenken! –
Bewegung des Hängens.

Rondo
Es entfliehet die Zeit, und winket,
Und sie ladet uns zum Genuss!
Des Glückes Wage sinket,
Und der Freude folgt Verdruss.
Wo Gefahren sich drohend heben,
Wo sie fürchterlich um uns stehn,
Da heißt es: lustig leben,
Und froh in die Zukunft sehn!
Ich habe Gewalt, einem Mächtigen gleich,
Hab‘ Rechte wie er, bin auch ebenso reich!
Entführe die Weiber, beraube den Mann!
Hört, dort rufet ein Mädchen mit klopfendem Herzen:
‚Ach, lieber Herr Spitzbub, ach!‘
Dort schreit ein Geizhals in seinen Schmerzen:
‚Ach, Euer Gnaden, geehrter Herr Räuber, ach!.‘
Es entfliehet die Zeit und winket,
Und sie ladet uns zum Genuss!
Des Glückes Wage sinket,
Und der Freude folgt Verdruss.
Wo Gefahren sich drohend erheben,
Wo sie fürchterlich um uns stehn.
Da gilt es lustig leben,
Und froh in die Zukunft sehn!
Ich habe Gewalt einem Mächtigen gleich!
Hab‘ Rechte wie er, bin auch ebenso reich!
Wohl flieht die Zeit und winket,
Sie ruft und ladet zum Genuss!
Des Glückes Wage, ach, sie sinket,
Und der Freude folgt Verdruss!
Es fliehet die Zeit, sie ladet zum Genuss,
Die Zeit entflieht, sie ladet, winket zum Genuss!

Die Dragoner mit grünen Zweigen auf den Helmen nahen sich von rechts hinter dem Hause. Bauern und Bäuerinnen kommen von verschiedenen Seiten, teils von rechts und links, teils über die Gebirgspfade von oben. Matteo, Francesco als Bräutigam mit einem Blumenstrauss im Knopfloch und Francescos Vater kommen von rechts den Berg herunter. Beppo und Giacomo treten von rechts aus dem Hause und nehmen am Tisch links vorn Platz. Mylord mit einem Fernrohr, Pamella mit einem Schirm; von einem Diener und einem Kammermädchen gefolgt, kommen von rechts aus dem Hause, nehmen am Tisch rechts vorn Platz und werden mit Tee und Frühstück bedient. Aufwärter gehen von rechts aus dem Hause bedienend auf und ab.

Nr. 13 – Chor

CHOR
Tanzet dem Frühling fröhlich entgegen,
Seht auf den Wegen bunte Blumen für uns blühn!
Pflücket die Blüte, schmücket die Hüte,
Und singt ein heiter Lied dem Mai!
Versammelt euch in Reihn,
Lasst heut‘ uns glücklich sein!

Junge Bäuerinnen schmücken die Kappelle links oben mit Kränzen und Blumen.

GIACOMO
halblaut zu Beppo
Fauler Kerl, bist du da?

BEPPO
Ein Stündchen auszuruhen, ist doch wohl nicht zu viel!

GIACOMO
Der Hauptmann wartet sicher um diese Zeit,
Das ganze Dorf versammelt sich zu Tanz und Spiel!

BEPPO
Nun freilich, man feiert ja das Pfingstfest heut‘!
Doch sieh, du hast ja nicht einmal ein Zweiglein auf dem Hut!
Soll dein Spott uns hier Unglück sein?

GIACOMO
Bewahr‘! ich bin ein gottesfürchtig Blut,
Und ich bete wahrlich nicht zum Schein!

CHOR
Tanzet dem Frühling fröhlich entgegen!
Seht auf den Wegen bunte Blumen für uns blühn!
Pflücket die Blüte, schmücket die Hüte
Und singt ein heiter Lied dem Mai!
Versammelt euch in Reihn,
Lasst heut uns glücklich sein!

MATTEO
zu Francesco
Ein schöner Tag blickt auf uns nieder,
Kündet Glück dir bei dem Bunde,
Doch eh‘ ertönen Sang und Lieder,
Gedenke dieser Stunde.
Zur heil’gen Jungfrau lass‘ uns flehn!
Ihr gelte unser herzliches und frommes Gebet.

Die Dragoner wenden sich gegen die Kapelle links hinten. Die Bauern und Bäuerinnen, Matteo, Francesco, Francescos Vater, Beppo, Giacomo wenden sich ebenso mit dem Gesicht gegen die Kapelle links hinten, knieen und beten.

CHOR
Du Heil’ge wirst uns gnädig sein,
Erhöre unsre fromme Bitte,
Beschütze unsre kleine Hütte
Und lasse unsern Fleiß gedeihn.

MATTEO
Das Kind, das mich erfreut,
Des Vaters Lieb‘ erhalt.

MÄNNER
Gutes Jahr schenk‘ uns heut,

MÄDCHEN
leise und verschämt
Einen Mann gib uns bald!

CHOR
Du Heil’ge wirst uns gnädig sein!
Erhöre unsre fromme Bitte,
Beschütze unsre kleine Hütte
Und lasse unsern Fleiß gedeihn!

Die jungen Bäuerinnen kommen von der Kapelle herab. Die Knieenden erheben sich.
Matteo ladet die Anwesenden mit einer Bewegung nach rechts ein, ins Haus zu treten.

CHOR
Tanzet dem Frühling fröhlich entgegen!
Seht auf den Wegen bunte Blumen für uns blühn!
Pflücket die Blüte, schmücket die Hüte
Und singt ein heiter Lied dem Mai!
Versammelt euch in Reihn,
Lasst heut‘ uns glücklich sein!

Die Dragoner gehen nach rechts hinter dem Hause ab. Matten, Francesco und Francescos Vater gehen nach rechts ins Haus. Bauern, Bäuerinnen und Aufwärter folgen ins Haus. Der Diener und das Kammermädchen ebenso. Mylord und Pamella erheben sich und Mylord folgt der nach oben nach dem Gebirge voranschreitenden Pamella, wobei ihm sein rotseidenes Taschentuch aus der Rocktasche hängt. Beppo bemerkt es, schleicht hinter dem Lord her, zieht es behutsam heraus, wirft es auf den Boden und berührt leicht den Ärmel Mylords. Mylord wendet sich um. Beppo zeigt auf das am Boden liegende Taschentuch, als ob es der Lord verloren habe, hebt es auf und überreicht es. Mylord nickt zufriedengestellt, reicht Beppo ein Trinkgeld und geht langsam weiter, indem er das Tuch wieder auf die vorige Weise in die Tasche steckt.
Beppo stiehlt es ihm zum zweitenmal und steckt es zu sich. Mylord und Pamella gehen über einen Gebirgspfad nach links hinten ab.

GIACOMO
beobachtend, mit einigen Schritten nach rechts.
Sie entfernen sich.
Er sieht sich überall um.
Wirst du nicht den Hauptmann gewahr?

BEPPO
setzt sich auf den Stuhl links vorn
Nein – ich seh‘ ihn nirgends – vielleicht ist er schon wieder fort

GIACOMO
Faulenzer, was tust du da?

BEPPO
Nichts. Der Müßiggang gewährt eine angenehme Beschäftigung und diese liebe warme Frühlingssonne ist gar zu einladend.

GIACOMO
Im Fall, dass der Hauptmann verhindert sein sollte, würden wir im nächsten hohlen Baume seine Befehle finden, so war sein Wort.

BEPPO
erhebt sich und fasst mit der Hand in den hohlen Stamm, der sich hinter ihm befindet.
Das wäre hier!
Er zieht das Blatt heraus, welches Fra Diavolo vorhin in die Höhlung geworfen.
He – da ist etwas – ein Zettelchen – richtig, seine Hand.

GIACOMO
Rasch gelesen.

BEPPO
liest unbeholfen
Sobald die Carbonaden aufgegessen –

GIACOMO
korrigiert ihn
Sobald die Carabinieri aufgesessen –

BEPPO
Lorenzo nach seinem Rinderfuß aufgebrochen –

GIACOMO
Lorenzo nach seinem Rendezvous aufgebrochen –

BEPPO
Und kein Salat mehr vorhanden ist –

GIACOMO
Und kein Soldat mehr vorhanden ist –

BEPPO
Gebt ihr mir Feigen von dem Böcklein der Leimsiederei –

GIACOMO
Gebt ihr mir ein Zeichen mit dem Glücklein der Einsiedelei –

BEPPO
Ich werde alsdann mit einigen Brauergesellen zu euch stoßen –

GIACOMO
Ich werde alsdann mit einigen braven Gesellen – zu euch stoßen –

BEPPO
Mylord bellt!

GIACOMO
Mylord fällt!

BEPPO
Und Mylady wird sich ohne Zwiefel rästen lassen –

GIACOMO
Und Mylady wird sich ohne Zweifel trästen lassen –

BEPPO
Setzt euch auf euern Hut!

GIACOMO
Seid auf eurer Hut!

BEPPO
Ermordet mich!

GIACOMO
Erwartet mich!

BEPPO
Frau Diavolo. – Ist er denn verheiratet?

GIACOMO
Fra Diavolo – Esel!

BEPPO
Sehr deutlich!

GIACOMO
Deutlich oder nicht, er befiehlt und wir gehorchen. Wir müssen betreiben, dass
die Dragoner aufsitzen.

BEPPO
Nicht nötig, sie machen bereits Anstalt.

GIACOMO
Desto besser –

BEPPO
Eines nur setzt mich in Verlegenheit, nämlich grade heute Mylord anzuhalten und zu bestehlen, an einem heiligen Festtage.

GIACOMO
Wenn er ein Christ wäre – aber es ist ja nur ein Engländer, Doch sieh – Lorenzo naht – traurig – er seufzt!

BEPPO
Wird sich bald ausgeseufzt haben,

Beide eilen nach links vorn ab. Lorenzo tritt langsam von rechts hinter dem Hause auf. Zwei Aufwärter kommen zugleich mit Lorenzo von rechts aus dem Hause und entfernen von rechts vorn den Teetisch und die Stühle.

Nr. 14 – Romanze

LORENZO
Ewig will ich dir gehören!
Ach, so sprach einst ihr Mund.
Keine Macht soll je zerstüren
Meiner Treue festen Bund.
Und die Ungetreue wendet
Schon von mir ihr Herz;
Ach, wie gern möcht ich mich überreden,
Bloße Täuschung sei mein Schmerz.
Ehre soll allein mich leiten,
Und ich will die Falsche fliehn,
Da wo Männer mutvoll streiten,
Fort zu Kampf und Schlachten ziehn.
Ja, meinem Herzen, muss es sie hassen,
Wird es dennoch schwer,
Sie für immer zu vergessen,
Denn ach, ich liebte sie zu sehr.

Matteo, Zerline im Festkleide, Francesco, Francescos Vater und ein Müller kommen von rechts aus dem Hause. Die Dragoner treten von rechts hinten auf. Bauern und Bäuerinnen kommen von rechts aus dem Hause und hinter dem Hause. Aufwärter gehen bedienend ab und zu.

MATTEO
Tische und zu trinken her, die Dragoner nehmen schon einen Schluck auf den Weg.

Er geht, während sich Zerline Lorenzo zu nähern sucht, ab und zu.

Die Aufwärter bringen von rechts aus dem Hause einen mit Gläsern und Flaschen besetzten Tisch und stellen ihn rechts hinten auf.

ZERLINE
leise und schüchtern
Lorenzo, dich sucht‘ ich – mein Vater ist, wie du siehst, zurückgekommen.

LORENZO
halblaut
Gut.

ZERLINE
leise
Und mit ihm Francesco.

LORENZO
wie oben, bewegter
Francesco?

ZERLINE
wie oben
Ich soll ihn heiraten – alles ist bereit!

LORENZO
wie oben
Desto besser!

ZERLINE
wie oben
In einer Stunde gehöre ich mir nicht mehr an – wenn du nicht sprichst.

BEPPO, GIACOMO
zu Zerline
He da – zu trinken, mein Kind!

MATTEO
Zerline, hörst du nicht – man ruft dort!

ZERLINE
ungeduldig
Den Augenblick – ach! das fehlt auch noch!

Sie winkt einem Aufwärter, welcher Beppo und Giacomo bedient.

Nr. 15 – Finale

CHOR der DRAGONER
Nur fort, nur fort, zu neuem Streite,
Habt acht, dass unser Plan gelingt;
Der Sieg verschafft uns neue Beute,
Heut ist der Tag, der ihn uns bringt!

MATTEO
Ach, ein Weilchen noch verziehet nur!

CHOR der DRAGONER
Nur schnell hinweg, dass es gelingt!
Nur fort, nur fort zu neuem Streite!
Habt acht, dass uns der Sieg gelingt!
Heute ist der Tag, der ihn bringt! –
Es ist soeben sieben Uhr!

LORENZO
Was sagt ihr? Schon sieben Uhr?
Ha, nur fort!
zu einem Unteroffizier, den er heranwinkt
Du wartest eine Viertelstunde,
Bleibest dort am Walde stehn;
Bring‘ ich dir selber keine Kunde,
Wirst du mit den Soldaten,
Gleich weiter vorwärts gehn!

MATTEO
zu Lorenzo
Allein geht ihr zum Wald!

LORENZO
Ha, mich rufet die Ehre!

BEPPO
beiseite, zu Giacomo
Ein sichrer Tod wird dort sein Lohn.

GIACOMO
Ha, endlich, Beppo, geht er schon.

ZERLINE
Lorenzo anblickend
Nein, ich darf den Geliebten so nicht lassen!

ZERLINE
immer mit Lorenzo beschäftigt
Verdien‘ ich denn von ihm nicht eine Gunst des Blickes!
Sie eilt zu ihm, halblaut
Ach, mein Lorenzo, ach, höre mich aufs neue!
Was tat ich denn?

LORENZO
Ha, Falsche!

ZERLINE
Rede doch!

LORENZO
Ungetreue! So eile zu dem zurückzukehren,
Der in dieser Nacht sich zu dir stahl!

Er wendet sich von ihr ab und stellt seine Soldaten in Reih‘ und Glied.

ZERLINE
Was muss ich hören! ach, ich ärmste
Trage nicht diesen Schimpf, diese Qual!

BEPPO
trinkend und mit Giacomo die Soldaten beobachtend
Geh’n sie fort?

GIACOMO
Ja, sogleich!

ZERLINE
Welches Dunkel schwebt hier!

BEPPO
schlägt auf den Tisch
Holla! mehr Wein!

Matteo reicht Zerline eine Flasche Wein. Zerline bringt sie den Beiden zum Tisch links vorn.

BEPPO
Sieht Zerline, verwundert zu Giacomo
Doch sieh, das junge Mädchen ist’s, ich wette
Die gestern so lange blieb an der Toilette!

GIACOMO
Der alles reizend stand, die sich so niedlich fand!

BEPPO
aufstehend
Halt! Wie war doch ihr Sang?
Lachend Zerline vor dem Spiegel kopierend.
Für ein einfach ländliches Mädchen,
Da bin ich schon ganz fein gebaut!

GIACOMO
Und es ist in manchem Städtchen –

ZERLINE
Was hör‘ ich?

GIACOMO
Wohl schon ein hässlichers Bräutchen getraut.

BEPPO
Ach ja, ein hässlichers Bräutchen getraut!

BEIDE
Ach ja, wohl ein hässlichers Bräutchen getraut!

ZERLINE
aufmerksam durch diese Worte, sucht sich zu erinnern
Was ist das? Welche Worte vernahm mein Ohr!
die Mitte nehmend, zu Lorenzo, der soeben mit den Soldaten fort will
Weilet noch! O weilet noch! ach, hört mich an!

ALLE
Was ist mit ihr?

Beppo und Giacomo rästen sich, um sich nach links vorn zu entfernen.

ZERLINE
ihn zurückhaltend
Hört mich, meine Freunde, hört mich an.
Gestern Abend – war ich allein in meinem Zimmer. Ja -ganz allein – Ich sprach mit mir selbst, und Worte, die, wie ich glaubte, Gott nur allein gehört haben könnte, und diese Worte, vernahm ich in diesem Augenblick hier – ganz in der Nähe.

LORENZO
Und von wem?

ZERLINE
zeigt nach links auf Beppo und Giacomo
Von diesen beiden hier.
Sie müssen gestern in meiner Nähe gewesen sein.

LORENZO
Und weshalb? In welcher Absicht? Das muss heraus.

ALLE
O Gott!

LORENZO
zu seinen Soldaten, auf die beiden Banditen zeigend
Dieser beiden versichert euch.

CHOR
Ja, beide nehmt sogleich gefangen! sogleich! sogleich!

Beppo und Giacomo verschwinden in diesem Augenblick links vorn. Vier Dragoner eilen ihnen nach und bringen sie gefangen auf die linke Ecke zurück.

LORENZO
Ha, wären diese von der Schar, der wir heut‘ entgegenziehen?
zu dem Müller, der Lorenzo zur Rechten tritt
Du kennest ihren Chef, versprachst ihn auszuliefern,
So rede frei, so rede frei! erkennst du unter diesen ihn?

Der MÜLLER
beide Banditen betrachtend
Nein!

BEPPO, GIACOMO
O Himmel, welches Glück!

LORENZO
Verdächtig bleibt mir dennoch ihr Blick!

Ein SOLDAT
welcher Beppos Taschen durchsucht, zu Lorenzo
Seht diesen Dolch und dieses Briefchen hier,
In ihren Taschen war’s versteckt!

LORENZO
hastig nach dem Papier greifend
Zeigt mir!

LORENZO
liest
Sobald die Carabinieri aufgesessen, Lorenzo nach seinem Rendez-vous aufgebrochen und kein Soldat mehr vorhanden ist, gebt ihr mir ein Zeichen mit dem Glücklein der Einsiedelei. Ich werde alsdann mit einigen braven Gesellen zu euch stoßen, Mylord fällt und Mylady wird sich ohne Zweifel trästen lassen. Seid auf eurer Hut! Erwartet mich! Fra Diavolo.

ALLE
O Gott!

PAMELLA
zitternd zu Mylord
Ja, ein Komplott ist’s, wie gesagt!
Ach, Lorenzo, reden Sie!

LORENZO
Ja, Dank, es tagt!
Er gibt seinen Soldaten Befehle.

MYLORD
Ich zittre –
zu Pamella
für Sie!

PAMELLA
entgegnet
Für Sie!

MYLORD
Aus Liebe diese Angst ich leide.

PAMELLA
So versöhnt denn die Furcht uns nun beide!

LORENZO
zu einem Soldaten, leise
So wie ich dir befohlen, verteilest du alle!
zu einem andern, auf Giacomo zeigend.
Du – gehst sogleich mit ihm zur Kapelle!
Wehrt er sich, ja, wehrt er sich, so fällt er auf der Stelle!
zu den Gästen, nach rechts und links zeigend.
Ihr Freunde nun, ihr bergt euch hier!
Nur stille, er geht sicher in die Falle!
zu Beppo.
Und du, du bleibst hier bei mir! Höre!
Den leisesten Verrat, ihn zahlst du mit deinem Blut!
Er schlägt auf seinen Karabiner und zeigt auf einen Busch rechts vorn.
Denke, ich bin da! verstanden?

BEPPO
Nur zu gut!

LORENZO
Still!

Zwei Soldaten sind mit Giacomo Zur Kapelle links hinaufgegangen; durch ein offenes Fenster sieht man deutlich, wie Giacomo langsam läutet. Beppo furchtsam umherblickend, ist allein vorn in der Mitte geblieben. Lorenzo, Zerline, Matteo, Pamella, Mylord, Müller und die Dragoner verstecken sich rechts. Alle übrigen haben sich rechts und links hinter Felsen, Lauben, Mauern, Gesträuche und Bäumen versteckt.
Beppo zieht, um sich den Angstschweiß zu trocknen, das dem Lord gestohlene rotseidene Taschentuch hervor und wischt sich damit ab. Mylord bemerkt erstaunt sein Tuch wieder in den Händen Beppos, begreift, tritt Beppo näher, entreißt ihm das Tuch und gibt ihm eine schallende Ohrfeige; dann tritt er in sein Versteck zurück.

CHOR
versteckt; leise
Gott, zu dem wir hier flehen,
Begünst’ge seinen Plan!

ZERLINE
ebenso, bei Lorenzo
Kommt jemand schon?

LORENZO
versteckt, den Karabiner in Anschlag; leise
Nein, nein! Noch nicht!

BEPPO
beiseite
Blieb er doch auf halbem Wege stehn!

CHOR
Gott, erhör‘ unser Flehen,
Begünst’ge seinen Plan!

MATTEO
leise, bei Lorenzo
Doch jemand nahet.

LORENZO
Gebet acht! seid nur stille!

MARQUIS
erscheint mit dem Gewehr auf der Schulter von rechts hinten.
Beppo!

LORENZO
zu Beppo, den Karabiner in Anschlag; leise
Ha, rühr‘ dich nicht!

MARQUIS
Sind wir allein jetzt hier,
Und kann ich ohne Furcht mich nah’n?

LORENZO
wie oben, leise
Sage ja!

BEPPO
zitternd, ganz leise
Ja!

LORENZO
Viel lauter!

BEPPO
laut, mit dem Kopf schüttelnd
Ja! ja! Kapitän!

MARQUIS
herabsteigend und sorglos, Beppo zur Rechten
Hoffnung und Glück wartet hier mein,
Führt mich zurück, und ladet mich ein.

BEPPO
Allerliebst wird das sein!

Der MÜLLER
neben Lorenzo rechts vorn im Gebüsch versteckt, sieht den Marquis und spricht zu Lorenzo, ihm bedeutend, dass es Diavolo sei
Diavolo ist’s!

LORENZO
Ha! was sagst du?
Er gibt einigen Dragonern einen Wink. Die Dragoner halten sich auf den Marquis schussbereit.

Der MÜLLER
Ich beschwör‘ es!

MYLORD
Ha, der Marquis!

PAMELLA
Wär’s möglich, was hier mein Auge sieht!

MYLORD
Dieser Galan wär‘ nichts als ein Bandit!

MARQUIS
lehnt sich zuversichtlich auf Beppos Schulter und stützt sich mit der andern Hand auf seine Büchse
Du siehst, Beppo, wie der Himmel lachet dem Plane!
Bald ist’s getan; der Lord, wenn es glückt,
Sein Weib, das mich entzückt,
Alles ist mein!

LORENZO
ist von hinten näher geschlichen, springt nun herzu und entreißt ihm das Gewehr; laut
Diesmal nicht!

Alle springen in diesem Augenblick vor.
Marquis begreift die Gefahr und sucht den Gebirgspfad hinauf zu entfliehen. Die Dragoner geben Feuer auf ihn. Marquis stürzt getroffen über die Felsen in einen Abgrund. Zwei Dragoner versichern sich Beppos. Zwei Dragoner führen Giacomo aus der Kapelle herzu. Pamella reicht Mylord versöhnt die Hand. Matteo vereinigt Lorenzo und Zerline.

CHOR
Viktoria! Viktoria! Viktoria!
Viktoria!

LORENZO, ZERLINE, MYLORD, PAMELLA, MATTEO

Romanze des ersten Aufzuges

O Herr, wir danken dir!
Allein durch deine hohe Macht
Ward die kühne Tat vollbracht,
Lächelt der Friede hier!
Droht Sturmes Wut nicht mehr,
So singt der Schiffer auf dem Meer,
Und so klopft in neuer Lust,
Freudig auch unsere Brust! –
Ohne Beben und Furcht hinfort,
Das nennt man nun das Schreckenswort:
Diavolo! Diavolo! Diavolo!

ALLE
Diavolo!
Viktoria! Der Räuber fiel in unsre Hand!
Ha, welches Glück für dieses Land,
Seht, er fiel in unsre Hand!