003
Die Augen hatt' ich und zugleich die Seele
Dem Antlitz meiner Herrin zugewendet
Und sie entzogen jedem andren Ziele.
Già eran li occhi miei rifissi al volto
de la mia donna, e l'animo con essi,
e da ogne altro intento s'era tolto.
006
Doch lächelte sie nicht: Denn, lächelt' ich,
Also begann sie, würde dir geschehen,
Wie Semele, als sie zu Asche wurde.
E quella non ridea; ma «S'io ridessi»,
mi cominciò, «tu ti faresti quale
fu Semelè quando di cener fessi:
009
Es leuchtet meine Schönheit, die, wie du
Gesehn, des ewigen Palastes Stufen
Hinan sich immer strahlender entzündet,
ché la bellezza mia, che per le scale
de l'etterno palazzo più s'accende,
com' hai veduto, quanto più si sale,
012
Jetzt so, daß wenn sie ungemildert bliebe,
Dem Laub dein sterbliches Vermögen gliche,
In das ein Wetterstrahl herniederfährt.
se non si temperasse, tanto splende,
che 'l tuo mortal podere, al suo fulgore,
sarebbe fronda che trono scoscende.
015
Entrückt sind wir zum siebenten Planeten,
Der unter des entflammten Löwen Brust,
Vermischt mit ihm, jetzt seine Kraft entsendet.
Noi sem levati al settimo splendore,
che sotto 'l petto del Leone ardente
raggia mo misto giù del suo valore.
018
Nun folge sorglich mit dem Geist den Augen
Und mache sie zu Spiegeln von dem Bilde,
Das dir erscheinen wird in diesem Spiegel. -
Ficca di retro a li occhi tuoi la mente,
e fa di quelli specchi a la figura
che 'n questo specchio ti sarà parvente».
021
Wer wüßte, welche Wonne meinen Blicken
Das Schau'n des sel'gen Angesichtes bot,
Als ich mich doch zu andrer Sorge wandte,
Qual savesse qual era la pastura
del viso mio ne l'aspetto beato
quand' io mi trasmutai ad altra cura,
024
Der sähe draus, wie gern bereit ich war,
Der himmlischen Begleiterin zu folgen,
Wög' er die ein' und andre Seite ab.
conoscerebbe quanto m'era a grato
ubidire a la mia celeste scorta,
contrapesando l'un con l'altro lato.
027
In dem Kristalle, der die Welt umkreisend
Den Namen seines hohen Führers trägt,
Zu dessen Herrscherzeit die Bosheit tot war,
Dentro al cristallo che 'l vocabol porta,
cerchiando il mondo, del suo caro duce
sotto cui giacque ogne malizia morta,
030
Sah in des Goldes Farbe, das ein Strahl
Bescheint, ich eine Leiter aufgerichtet,
So hoch, daß sie mein Auge nicht verfolgte.
di color d'oro in che raggio traluce
vid' io uno scaleo eretto in suso
tanto, che nol seguiva la mia luce.
033
Die Sprossen sah so mannigfachen Glanz
Ich niedersteigen, daß jedwedes Licht
Des Himmels dort ich ausgestreuet wähnte.
Vidi anche per li gradi scender giuso
tanti splendor, ch'io pensai ch'ogne lume
che par nel ciel, quindi fosse diffuso.
036
Und wie, natürlicher Gewohnheit folgend,
Die Kräh'n bei Tagesanbruch sich gemeinsam,
Die kalten Federn zu erwärmen, regen,
E come, per lo natural costume,
le pole insieme, al cominciar del giorno,
si movono a scaldar le fredde piume;
039
Dann diese gehn, nicht wieder umzukehren,
Zurück zum Ausgangspunkte andre fliegen,
Noch andre weilend sich im Kreise drehn,
poi altre vanno via sanza ritorno,
altre rivolgon sé onde son mosse,
e altre roteando fan soggiorno;
042
Also zu tun schien jenes Lichtgefunkel,
Das auf und ab dort stieg, sobald zu einer
Bestimmen Sprosse sie gekommen waren.
tal modo parve me che quivi fosse
in quello sfavillar che 'nsieme venne,
sì come in certo grado si percosse.
045
Das Licht indes, das uns am nächsten weilte,
Erglühte so, daß bei mir selbst ich dachte:
Die Liebe seh' ich wohl, die du mir kündest. -
E quel che presso più ci si ritenne,
si fé sì chiaro, ch'io dicea pensando:
'Io veggio ben l'amor che tu m'accenne.
048
Doch sie, von welcher ich das wie und wann
Des Schweigens und der Red' erwart', ist stumm,
Weshalb ich trotz des Wunsches besser schweige.
Ma quella ond' io aspetto il come e 'l quando
del dire e del tacer, si sta; ond' io,
contra 'l disio, fo ben ch'io non dimando'.
051
Sie aber, die mein Schweigen in dem Anschaun
Von dem gewahrte, welcher alles sieht,
Sie sagte: Löse nur dein heiß Verlangen. -
Per ch'ella, che vedëa il tacer mio
nel veder di colui che tutto vede,
mi disse: «Solvi il tuo caldo disio».
054
Und ich begann: Wohl macht mich mein Verdienst
Nicht deiner Antwort wert; doch ihretwillen,
Die mir vergönnt zu fragen, sel'ges Leben,
E io incominciai: «La mia mercede
non mi fa degno de la tua risposta;
ma per colei che 'l chieder mi concede,
057
Das in den Glanz der eignen Freudigkeit
Du dich verbirgst, verkünde mir die Ursach,
Die dich so nahe zu mir hergeführt,
vita beata che ti stai nascosta
dentro a la tua letizia, fammi nota
la cagion che sì presso mi t'ha posta;
060
Und sage mir, warum in diesem Kreise
Die süße Symphonie des Himmels schweigt,
Die in den andren so andächtig tönte? -
e dì perché si tace in questa rota
la dolce sinfonia di paradiso,
che giù per l'altre suona sì divota».
063
So wie dein Aug', ist sterblich dein Gehör,
Sagt' er; derselbe Grund, der Beatrice
Nicht lächeln ließ, verhindert unser Singen.
«Tu hai l'udir mortal sì come il viso»,
rispuose a me; «onde qui non si canta
per quel che Bëatrice non ha riso.
066
Der heil'gen Leiter Stufen stieg so weit ich
Hinab, durch meine Rede und das Licht
Das mir als Mantel dient dich zu erfreuen.
Giù per li gradi de la scala santa
discesi tanto sol per farti festa
col dire e con la luce che mi ammanta;
069
Nicht größ're Liebe machte mich bereiter,
Denn, wie der Glanz der Lichter zeigt, entflammt
Auch andre Seelen mehr und gleiche Liebe.
né più amor mi fece esser più presta,
ché più e tanto amor quinci sù ferve,
sì come il fiammeggiar ti manifesta.
072
Doch, die uns zu bereiten Dienerinnen
Vom Ratschluß der die Welt regieret, macht,
Die hohe Liebe ist es, die hier auswählt. -
Ma l'alta carità, che ci fa serve
pronte al consiglio che 'l mondo governa,
sorteggia qui sì come tu osserve».
075
Ich sehe wohl, begann ich, heil'ge Leuchte,
Wie freie Lieb' an diesem Hofe ausreicht,
Um was die Vorsehung bestimmt, zu wollen;
«Io veggio ben», diss' io, «sacra lucerna,
come libero amore in questa corte
basta a seguir la provedenza etterna;
078
Was aber schwer mir zu begreifen dünkt,
Das ist, warum nur du vorherbestimmt wardst
Zu solchem Amte vor so viel Genossen. -
ma questo è quel ch'a cerner mi par forte,
perché predestinata fosti sola
a questo officio tra le tue consorte».
081
Es machte, eh' ich noch zum letzten Worte
Gelangt, dies Licht zum Zentrum seine Mitte,
Um die sich's drehte, gleich geschwinder Mühle.
Né venni prima a l'ultima parola,
che del suo mezzo fece il lume centro,
girando sé come veloce mola;
084
Dann sprach die Liebe, die darinnen weilte:
Ein Strahl von Gottes Licht kehrt sich zu mir;
Das Licht durchdringend, welches mich umhüllt.
poi rispuose l'amor che v'era dentro:
«Luce divina sopra me s'appunta,
penetrando per questa in ch'io m'inventro,
087
Indem mich seine Kraft mit meinem Schauen
Verbunden über mich erhebt, gewahr' ich
Die höchste Wesenheit, aus der es stammt.
la cui virtù, col mio veder congiunta,
mi leva sopra me tanto, ch'i' veggio
la somma essenza de la quale è munta.
090
Da her die Freudigkeit in der ich leuchte;
Denn nach dem Maß der Klarheit meines Schauens
Bestimmt sich auch die Klarheit meiner Flamme.
Quinci vien l'allegrezza ond' io fiammeggio;
per ch'a la vista mia, quant' ella è chiara,
la chiarità de la fiamma pareggio.
093
Doch die verklärteste der Himmelsseelen,
Der Seraph, der sein Aug' in Gott versenkt,
Genügen kann er deiner Frage nicht;
Ma quell' alma nel ciel che più si schiara,
quel serafin che 'n Dio più l'occhio ha fisso,
a la dimanda tua non satisfara,
096
Denn in den Abgrund ewigen Beschlusses
Vertieft sich, was du wissen willst, so weit,
Daß kein erschaffner Blick bis dahin vordringt.
però che sì s'innoltra ne lo abisso
de l'etterno statuto quel che chiedi,
che da ogne creata vista è scisso.
099
Berichte, wenn du heimkehrst, dies der Welt
Der Sterblichen, daß sie sich nicht erkühne,
Nach solchem Ziele hin den Fuß zu heben.
E al mondo mortal, quando tu riedi,
questo rapporta, sì che non presumma
a tanto segno più mover li piedi.
102
Auf Erden qualmt der Geist, wenn hier er leuchtet;
Erwäge denn, ob drunten er vermag,
Was ihm versagt bleibt auch als Himmelsbürger. -
La mente, che qui luce, in terra fumma;
onde riguarda come può là giùe
quel che non pote perché 'l ciel l'assumma».
105
So fühlt' ich mich gehemmt durch seine Worte,
Daß ich die Frage aufgab und in Demut
Ihn, wer er sei zu fragen mich beschränkte:
Sì mi prescrisser le parole sue,
ch'io lasciai la quistione e mi ritrassi
a dimandarla umilmente chi fue.
108
Inmitten von Italiens beiden Ufern
Erheben, unfern deiner Heimat, Felsen
So hoch sich, daß die Donner tiefer rollen.
«Tra ' due liti d'Italia surgon sassi,
e non molto distanti a la tua patria,
tanto che ' troni assai suonan più bassi,
111
Den Höcker, den sie bilden, nennt man Catria;
Ein Eremitenkloster liegt darunter,
Bestimmt nur zu andächtiger Betrachtung. -
e fanno un gibbo che si chiama Catria,
di sotto al quale è consecrato un ermo,
che suole esser disposto a sola latria».
114
Also begann er seine dritte Rede;
Dann aber fuhr er fort und sprach: Im Dienste
Des Herrn befestigt' ich mich dort so sehr,
Così ricominciommi il terzo sermo;
e poi, continüando, disse: «Quivi
al servigio di Dio mi fe' sì fermo,
117
Daß ich bei Speisen, nur mit Saft des Ölbaums
Bereitet, Frost und Hitze leicht ertrug,
Befriedigt von beschaulichen Gedanken.
che pur con cibi di liquor d'ulivi
lievemente passava caldi e geli,
contento ne' pensier contemplativi.
120
Wohl lieferte dies Kloster unsren Himmeln
Sonst reiche Ernte; doch nun ist's verweltlicht,
So sehr daß bald es allen offenbar wird.
Render solea quel chiostro a questi cieli
fertilemente; e ora è fatto vano,
sì che tosto convien che si riveli.
123
Im Kloster hieß ich Petrus Damianus;
Petrus peccator aber in dem Hause
Von unsrer Frau am Strand der Adria.
In quel loco fu' io Pietro Damiano,
e Pietro Peccator fu' ne la casa
di Nostra Donna in sul lito adriano.
126
Nur wenig Lebenszeit war mir geblieben,
Als zu dem Hute man mich lud und drängte,
Den nach dem Schlechten meist ein Schlecht'rer trägt.
Poca vita mortal m'era rimasa,
quando fui chiesto e tratto a quel cappello,
che pur di male in peggio si travasa.
129
Einst gingen Kephas und das große Rüstzeug
Des heil'gen Geistes mager her und schuhlos,
Die Speise nehmend aus jedweder Herberg';
Venne Cefàs e venne il gran vasello
de lo Spirito Santo, magri e scalzi,
prendendo il cibo da qualunque ostello.
132
Die Hirten unsrer Zeit bedürfen rechts
Und links, wer sie geleit' und unterstütze,
So schwer sind sie, und wer die Schleppe trage.
Or voglion quinci e quindi chi rincalzi
li moderni pastori e chi li meni,
tanto son gravi, e chi di rietro li alzi.
135
Den Zelter auch bedecken ihre Mäntel,
So daß in einem Fell zwei Bestien stecken.
O göttliche Geduld, wie lang' erträgst du's? -
Cuopron d'i manti loro i palafreni,
sì che due bestie van sott' una pelle:
oh pazïenza che tanto sostieni!».
138
Bei dieser Rede sah ich viele Flämmlein
Die Stufen niedersteigen und sich drehn,
Und schöner machte sie jedwede Drehung.
A questa voce vid' io più fiammelle
di grado in grado scendere e girarsi,
e ogne giro le facea più belle.
141
Um ihn gesammelt ruhten sie dann alle
Und taten einen Schrei so mächt'gen Tones,
Daß sich ein Gleichnis hier nicht finden läßt.
Dintorno a questa vennero e fermarsi,
e fero un grido di sì alto suono,
che non potrebbe qui assomigliarsi;
144
Verstehn konnt' ich ihn nicht, vom Schall bewältigt.
né io lo 'ntesi, sì mi vinse il tuono.

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