003
Nachdem die ehrenvollen frohen Grüße
Nun drei- und viermal wiederholet worden,
Entzog Sordell sich fragend: »Ihr, wer seid ihr?« -
Poscia che l'accoglienze oneste e liete
furo iterate tre e quattro volte,
Sordel si trasse, e disse: «Voi, chi siete?».
006
»Bevor noch Seelen sich zu diesem Berge
Gewendet, werth zu Gott emporzusteigen,
Ward mein Gebein von Oktavian begraben.
«Anzi che a questo monte fosser volte
l'anime degne di salire a Dio,
fur l'ossa mie per Ottavian sepolte.
009
Ich bin Virgil, verlor um andern Fehl nicht
Den Himmel, als weil mir der Glaube fehlte!« -
Also entgegnete nunmehr mein Führer.
Io son Virgilio; e per null' altro rio
lo ciel perdei che per non aver fé».
Così rispuose allora il duca mio.
012
Wie Einer ist, der sich vor Augen plötzlich
Ein Ding erblickt, worüber er erstaunet,
Der glaubt und nicht, und sagt: es ist - es ist nicht!
Qual è colui che cosa innanzi sé
sùbita vede ond' e' si maraviglia,
che crede e non, dicendo «Ella è . . . non è . . . »,
015
So schien der Andre, neigte drauf das Antlitz,
Und kehrete zu ihm zurück in Demuth;
Umfing ihn dann wo der Geringre fasset.
tal parve quelli; e poi chinò le ciglia,
e umilmente ritornò ver' lui,
e abbracciòl là 've 'l minor s'appiglia.
018
»O, der Lateiner Ruhm, sagt' er: durch welchen
Gezeiget unsre Sprache, was sie konnte,
O ew'ger Preis des Ortes wo ich her war!
«O gloria di Latin», disse, «per cui
mostrò ciò che potea la lingua nostra,
o pregio etterno del loco ond' io fui,
021
Welch' ein Verdienst zeigt dich mir, welche Gnade,
Wenn ich es werth bin dein Gespräch zu hören,
Sprich, kommst du aus der Höll? aus welchem Kreise?« -
qual merito o qual grazia mi ti mostra?
S'io son d'udir le tue parole degno,
dimmi se vien d'inferno, e di qual chiostra».
024
»Durch alle Kreise des wehvollen Reiches,
Antwortet' er: bin ich hierher gelanget,
Mich regte Himmelskraft, mit dieser komm' ich.
«Per tutt' i cerchi del dolente regno»,
rispuose lui, «son io di qua venuto;
virtù del ciel mi mosse, e con lei vegno.
027
Durch Thun verlor ich nicht, allein durch Nichtthun,
Die Schau der Sonne, welche du ersehnest,
Und die nur allzuspät von mir gekannt ward!
Non per far, ma per non fare ho perduto
a veder l'alto Sol che tu disiri
e che fu tardi per me conosciuto.
030
Da unten ist ein Ort, nicht trüb von Qualen,
Nein nur von Finsternissen, wo die Klagen
Nicht hallen wie Geschrei, nein, Seufzer sind sie:
Luogo è là giù non tristo di martìri,
ma di tenebre solo, ove i lamenti
non suonan come guai, ma son sospiri.
033
Allda bin ich bei den unschuld'gen Kleinen,
Die schon des Todes Zähne trafen, eh' sie
Erlöset worden von der Schuld der Menschheit:
Quivi sto io coi pargoli innocenti
dai denti morsi de la morte avante
che fosser da l'umana colpa essenti;
036
Bin dort bei denen, die sich nicht bekleidet
Mit den drei heil'gen Tugenden, und fehllos
Die andern kannten, und sie all' befolgten.
quivi sto io con quei che le tre sante
virtù non si vestiro, e sanza vizio
conobber l'altre e seguir tutte quante.
039
Doch, weißt du es, und kannst du, gieb ein wenig
Uns Weisung, daß wir schneller hingelangen,
Allwo den rechten Anfang hat die Läutrung.« -
Ma se tu sai e puoi, alcuno indizio
dà noi per che venir possiam più tosto
là dove purgatorio ha dritto inizio».
042
Er sprach: »Kein fester Ort ist uns bestimmet:
Ich darf hier aufwärts gehen und umher auch.
So weit ich kann, geh' ich mit dir als Führer.
Rispuose: «Loco certo non c'è posto;
licito m'è andar suso e intorno;
per quanto ir posso, a guida mi t'accosto.
045
Doch siehe wie der Tag bereits sich neiget,
Und bei der Nacht kann man nicht aufwärts gehen:
Drum thut man wohl, gedenkt man schöner Ruhstatt.
Ma vedi già come dichina il giorno,
e andar sù di notte non si puote;
però è buon pensar di bel soggiorno.
048
Zur Rechten sind von hier entrückte Seelen:
Wenn dir's genehm ist, führ' ich dich zu ihnen:
Nicht ohne Lust magst du sie kennen lernen.« -
Anime sono a destra qua remote;
se mi consenti, io ti merrò ad esse,
e non sanza diletto ti fier note».
051
»Wie ist das, ward entgegnet: wollte Einer
Bei Nacht aufsteigen, würd' er da von Jemand
Gehindert, oder wär's, daß er nicht könnte?« -
«Com' è ciò?», fu risposto. «Chi volesse
salir di notte, fora elli impedito
d'altrui, o non sarria ché non potesse?».
054
Da fuhr Sordell, der edle, mit dem Finger
Am Boden hin und sprach: »Sieh, nicht den einen
Strich überschrittst du nach der Sonne Hingang;
E 'l buon Sordello in terra fregò 'l dito,
dicendo: «Vedi? sola questa riga
non varcheresti dopo 'l sol partito:
057
Doch nicht als brächt' ein ander Ding noch Hind'rung
Empor zu gehn, als nur das nächt'ge Dunkel:
Dasselbe hemmt den Willen so mit Ohnmacht.
non però ch'altra cosa desse briga,
che la notturna tenebra, ad ir suso;
quella col nonpoder la voglia intriga.
060
Wohl könnte man darin hinunterwandeln,
Und sich ergehen ringsumher am Abhang,
Indeß der Horizont den Tag verschließet.« -
Ben si poria con lei tornare in giuso
e passeggiar la costa intorno errando,
mentre che l'orizzonte il dì tien chiuso».
063
Worauf mein Herr gewissermaßen staunend
Sprach: »Wohl, so führ' dahin uns, wo du sagest:
Daß man da bleibend Lust empfahen könne.« -
Allora il mio segnor, quasi ammirando,
«Menane», disse, «dunque là 've dici
ch'aver si può diletto dimorando».
066
Ein wenig waren wir von hier entfernet,
Als ich gewahrte, daß der Berg da einbog,
Nach Art wie diesseits sich die Thäler tiefen.
Poco allungati c'eravam di lici,
quand' io m'accorsi che 'l monte era scemo,
a guisa che i vallon li sceman quici.
069
»Wir werden dorthin gehen, sprach der Schatten:
Allwo der Abhang einen Busen machet,
Und wollen dort den neuen Tag erwarten.« -
«Colà», disse quell' ombra, «n'anderemo
dove la costa face di sé grembo;
e là il novo giorno attenderemo».
072
Vom Sturz zur Ebne war ein Pfad gewunden,
Der uns am Rande führete des Abhangs,
Bis mehr als mitten schwindet dieser Vorsprung.
Tra erto e piano era un sentiero schembo,
che ne condusse in fianco de la lacca,
là dove più ch'a mezzo muore il lembo.
075
Gold, feines Silber, Scharlachbeer und Bleiweis,
Indisches Holz, hellleuchtendes und klares,
Frischer Smaragd, den man nur eben abbrach:
Oro e argento fine, cocco e biacca,
indaco, legno lucido e sereno,
fresco smeraldo in l'ora che si fiacca,
078
Vom Kraut und von den Blumen, die in dieser
Vertiefung stehn, wär' alles dies besieget,
Besiegt wie von dem Größeren das Kleinre.
da l'erba e da li fior, dentr' a quel seno
posti, ciascun saria di color vinto,
come dal suo maggiore è vinto il meno.
081
Es hatte hier Natur nicht bloß gemalet,
Nein, durch Annehmlichkeit von tausend Düften
Erschuf sie da ein unbegreiflich Neues.
Non avea pur natura ivi dipinto,
ma di soavità di mille odori
vi facea uno incognito e indistinto.
084
»Salve Regina« singend hier im Grünen,
Sah' ich auf Blumen Seelen ruh'n, die außen,
Der Tiefung halben, nicht zu sehen waren. -
‹Salve, Regina› in sul verde e 'n su' fiori
quindi seder cantando anime vidi,
che per la valle non parean di fuori.
087
»Bevor das Endchen Sonne noch zu Nest geht,
Begann der Mantuaner, der uns wandte:
Wollt nicht, daß ich zu Jenen euch geleite.
«Prima che 'l poco sole omai s'annidi»,
cominciò 'l Mantoan che ci avea vòlti,
«tra color non vogliate ch'io vi guidi.
090
Von diesem Hange könnt ihr besser Aller
Gesicht und Antlitz fassen als da unten
In der Vertiefung unter ihnen selber.
Di questo balzo meglio li atti e ' volti
conoscerete voi di tutti quanti,
che ne la lama giù tra essi accolti.
093
Der da am höchsten sitzt und sich gehabet,
Als hätte er versäumt, was thun er sollte:
Und der den Mund nicht regt zu Andrer Singen:
Colui che più siede alto e fa sembianti
d'aver negletto ciò che far dovea,
e che non move bocca a li altrui canti,
096
Rudolph der Kaiser war er, der die Wunden
Wohl heilen konnte, die Italien fällten,
Daß spät es sich erhebt durch einen Andern!
Rodolfo imperador fu, che potea
sanar le piaghe c'hanno Italia morta,
sì che tardi per altri si ricrea.
099
Der Andre, deß Anblick ihn tröstet, herrschte
Im Lande, wo das Wasser quellet, welches
Die Moldau in die Elb' und die in's Meer führt:
L'altro che ne la vista lui conforta,
resse la terra dove l'acqua nasce
che Molta in Albia, e Albia in mar ne porta:
102
Ottokar war sein Nam', und in den Windeln
War er viel besser als der bärt'ge Wenzel,
Sein Sohn, den Ueppigkeit und Faulheit weidet.
Ottacchero ebbe nome, e ne le fasce
fu meglio assai che Vincislao suo figlio
barbuto, cui lussuria e ozio pasce.
105
Und jenes Näslein, das vertraut im Rathe
Mit dem erscheinet, deß Ansehn so hold ist,
Starb fliehend und die Lilie entblätternd.
E quel nasetto che stretto a consiglio
par con colui c'ha sì benigno aspetto,
morì fuggendo e disfiorando il giglio:
108
Da sehet hin, wie er sich an die Brust schlägt!
Den Andern schaut, der seiner Wange seufzend
Mit seiner Hand ein Bett gemacht: der Vater
guardate là come si batte il petto!
L'altro vedete c'ha fatto a la guancia
de la sua palma, sospirando, letto.
111
Und Eidam sind sie von dem Unheil Frankreichs:
Sie kennen sein sündhaft und schmutz'ges Leben,
Und daher kommt der Schmerz, der sich auf sie wirft.
Padre e suocero son del mal di Francia:
sanno la vita sua viziata e lorda,
e quindi viene il duol che sì li lancia.
114
Der also gliederstark erscheint und singend
Zu dem mit der männlichen Nase stimmet,
Trug aller Tugend seinen Gurt umwunden:
Quel che par sì membruto e che s'accorda,
cantando, con colui dal maschio naso,
d'ogne valor portò cinta la corda;
117
Und, wär' als König hinter ihm verblieben
Der Jüngling, der sich hinter ihm gelagert,
Wohl ging die Tugend dann von Schaal' in Schaale,
e se re dopo lui fosse rimaso
lo giovanetto che retro a lui siede,
ben andava il valor di vaso in vaso,
120
Was man nicht sagen kann von andern Erben;
Jakob und Friedrich haben die Gezweige,
Doch keiner hat von seinem bessern Erbtheil.
che non si puote dir de l'altre rede;
Iacomo e Federigo hanno i reami;
del retaggio miglior nessun possiede.
123
Selten erstehet wieder durch die Sprossen
Die menschliche Rechtschaffenheit, und solches
Will, der sie giebt, und man erfleht von ihm sie!
Rade volte risurge per li rami
l'umana probitate; e questo vole
quei che la dà, perché da lui si chiami.
126
Auch dem Benasten gelten meine Reden
Nicht wen'ger als dem andern Pierre, der mitsingt,
Ob dem Provence und Puglien schon wehklagt.
Anche al nasuto vanno mie parole
non men ch'a l'altro, Pier, che con lui canta,
onde Puglia e Proenza già si dole.
129
So viel geringer ist vom Stamm der Schößling,
Als sich Constanza über Beatrice
Und Margaretha noch des Gatten rühmet.
Tant' è del seme suo minor la pianta,
quanto, più che Beatrice e Margherita,
Costanza di marito ancor si vanta.
132
Den König schauet des einfachen Lebens
Dort ruhen einsam: Heinrich ist's von England:
Der hat in seinen Zweigen wen'ger Ausfall.
Vedete il re de la semplice vita
seder là solo, Arrigo d'Inghilterra:
questi ha ne' rami suoi migliore uscita.
135
Der sich bei jenen tiefer streckt am Boden,
Aufblickend - Markgraf Wilhelm ist's, um welchen
Alessandria und ihr Kriegen weinen machet
Quel che più basso tra costor s'atterra,
guardando in suso, è Guiglielmo marchese,
per cui e Alessandria e la sua guerra
138
Den Montserrater und den Cannaveser.
fa pianger Monferrato e Canavese».

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