003
Wie dann, wenn sie die ersten Strahlen schnellt
Dahin, wo einst ihr Schöpfer hat geblutet,
Wann unters Bild der Wag' Iberus fällt
Sì come quando i primi raggi vibra
là dove il suo fattor lo sangue sparse,
cadendo Ibero sotto l'alta Libra,
006
Und heiß von Mittagsbrand der Ganges flutet,
So stand die Sonne; Abend ward es schon,
Als Gottes Engel dastand, frohgemutet.
e l'onde in Gange da nona rïarse,
sì stava il sole; onde 'l giorno sen giva,
come l'angel di Dio lieto ci apparse.
009
Er stand am Saume vor den Feuerloh'n,
Und wie er sang Beati mundo corde,
Klang es lebendiger als Menschenton.
Fuor de la fiamma stava in su la riva,
e cantava 'Beati mundo corde!'
in voce assai più che la nostra viva.
012
Dann: »Weiter geht's nicht, eh' nicht hier am Borde Das Feuer beißt. Erkorne, geht hinein Und seid nicht taub jenseitigem Akkorde.« So sprach er, als wir nahten, zu uns drei'n. Wie ich es hörte, ward mir so, als stände Am Grab' ich und man senkte schon mich ein. Ich streckte mich, verschränkend meine Hände, Nun ich das Feuer ansah, und mir war, Als säh' ich einsigesehne Menschenbrände. Da trat zu mir das gute Führerpaar Und sprach Virgil: »Mein Sohn, was auch geschehe, Qual mag hier sein, doch Tod nicht noch Gefahr. Besinn, besinn dich doch! wenn ohne Wehe Du fuhrst auf Geryon, beschirmt von mir, Was werd' ich tun, wo Gott ich näher stehe? Glaub nur, wenn in dem Bauch der Flamme hier Du tausend Jahre säßest, trotz des Brandes Verschwände nicht ein Haar vom Kopfe dir. Tritt selbst heran; statt jedes Unterpfandes, Wofern du glaubst, daß ich nicht redlich bin, Prüf mit der Hand am Saume des Gewandes. Gib jetzt, o gib jedwede Furcht dahin! Komm, schreite kühn hindurch! nicht länger schwanke!« Und ich wie starr und wider bessern Sinn. Da er nun sah, daß ich nicht weich' und wanke, Sprach er: »Bedenke, Sohn, wer deiner harrt; Dich und Beatrix trennt nur diese Schranke.« Wie Pyramus, fast schon zum Tod' erstarrt, Bei Thisbes Namen aufzuschaun sich mühte, Damals, als Maulbeerfrucht scharlachen ward, So kehrt' ich mich, weil all mein Trotz verglühte, Zum Meister, als ans Ohr der Name drang, Der stets mir quillt im innersten Gemüte. Darob kopfschüttelnd sprach er: »Gilt der Gang?« Und lächelte, wie wir bei Kindern pflegen, Wann ihren Trotz ein Apfel leicht bezwang. Dann schritt er mir voran, der Glut entgegen, Und Statius zuletzt ging hinter mir, Der erst uns beide trennt' auf langen Wegen. Als ich darin war, fühlt' ich die Begier, Mich in geschmolznem Glase zu erquicken, So übermäßig war die Hitze hier. Mein teurer Vater, um mir Trost zu schicken, Sprach von Beatrix nur auf diesem Gange: »Schon glaub' ich ihre Augen zu erblicken.« Uns leitet' eine Stimme mit Gesange Von drüben, bis wir, horchend nur auf sie, Austraten, wo man steigt zum letzten Hange.
Poscia "Più non si va, se pria non morde,
anime sante, il foco: intrate in esso,
e al cantar di là non siate sorde",
015
Venite benedicti domini,
ci disse come noi li fummo presso;
per ch'io divenni tal, quando lo 'ntesi,
qual è colui che ne la fossa è messo.
018
Tönt' es in einem Licht, das dort sich findet, Doch mich besiegt' es, und ich sah es nie. Und dann: »Der Abend kommt, die Sonne schwindet. Verweilet nicht, beschleunigt euren Schritt, Bevor der Westen schwarz wird und erblindet.« In solcher Richtung durch den Felsen schnitt Der Weg, daß stets vor mir ward weggenommen Der Strahl der Sonne, die zum Meere glitt. Wir hatten wenig Stufen erst erklommen, Da merkten wir am Schatten, der verschwand, Das Licht des Tags sei hinter uns verglommen. Und eh' der ungemeßne Himmelsrand Den gleichen Anblick rings begann zu zeigen Und Nacht all' seine Teile hielt umspannt, Nahm jeder eine Stuf' als Bett zu eigen, Weil die Natur des Berges wunderbar Die Kraft uns nahm, mehr als die Lust, zu steigen. Wie zahm beim Wiederkäun die Ziegenschar Daliegt, die flink und dreist zuvor gewütet Im Berggestrüpp, eh' sie gesättigt war, Im Schatten still, dieweil die Sonne brütet, Um ihren Hirten, der sich mit Bedacht Auf seinen Stab lehnt und gelehnt sie hütet; Und wie der Schäfer ruhig seine Nacht Mit seiner Herde zubringt auf den Weiden Und, daß der Wolf sie nicht zerstreue, wacht; So war es dort mit mir und jenen beiden, Ich wie die Geiß und wie die Hirten sie, Um uns die Felsen, die den Paß bekleiden. Nur wenig Himmels ließen sichtbar die, Doch in dem Wenig sah ich Sterne stehen, Und leuchtend sah ich sie und groß wie nie. Bei solchem Prüfen und gen Himmel Sehen Bezwang der Schlaf mich, und der Schlaf erkennt Nicht selten Dinge schon, eh' sie geschehen. Zur Stunde, glaub' ich, wo vom Orient Den heil'gen Berg zuerst anstrahlt Cythere, Die stets von Liebesglut, so scheint es, brennt, War mir's, als säh' ich eine junge, hehre Und schöne Frau auf blühendem Revier, Die Blumen pflück' und singend mich belehre: »Ich heiße Lea, so du fragst nach mir, Und immer rühr' ich meine schönen Hände, Um einen Kranz zu winden mir zur Zier, Weil gern geschmückt ich vor dem Spiegel stände. Nie hebet meine Schwester Rahel sich Vom Glas', und ihres Schauens ist kein Ende. Die eigne Schönheit schaut sie wonniglich, Wie ich mit Händen gern mir Zierat mache: Zu sehn befriedigt sie, zu schaffen mich.« Schon vor dem Dämmerglanz der letzten Wache, Der um so holder tagt dem Pilgersmann, Je minder fern er schlief vom eignen Dache, Entfloh das Dunkel, und mein Schlaf zerrann, Und ich erhob mich, und ich sah, zum Steigen Schickten sich schon die großen Meister an. »Die süße Frucht, die auf so vielen Zweigen Der Menschen Sorge sucht von Ort zu Ort, Sie bringt all deinen Hunger heut zum Schweigen.« Die Rede wandt' an mich mein teurer Hort, Und nie aus einem Festgeschenke quollen So hohe Freuden wie aus diesem Wort. So sehr kam jetzt mir Wollen über Wollen, Droben zu sein, daß mir zum Flug hinan Mit jedem Schritte mehr die Flügel schwollen. Als ich die höchste Stufe nun gewann, Die Treppe unter mir nach solchem Rennen, Da blickt' auf mich der Meister und begann: »Du sahst, mein Sohn, das ew'ge Feuer brennen Und zeitliches, und kömmst nun in das Land, Wo ich aus mir nichts weiter mag erkennen. Ich führte dich mit Kunst und mit Verstand; Jetzt wähle dir zum Führer dein Begehren: Der steile Weg, der enge Weg verschwand. Sieh da die Sonne deine Stirn verklären, Sieh Gras und Blumen, sieh die Bäume stehn, So diese Fluren aus sich selbst gebären. Bis froh dich jene schönen Augen sehn, Die weinend mich zu dir zu kommen baten, Magst hier du sitzen oder dich ergehn. Nicht warte mehr auf meine Wink' und Raten: Dein Will' ist frei, gesund, gerad' in sich; Ihm nicht zu folgen wäre nicht geraten. Drum krön' ich nun mit Kron' und Mitra dich.«
In su le man commesse mi protesi,
guardando il foco e imaginando forte
umani corpi già veduti accesi.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert