Chor

    Römische und ägyptische Große, Krieger, Sklaven und Frauen der Cleopatra (Anfangs- und Schlußchor) (Kleine Aufgaben)

    Ballett

    Festtanz (1. Akt), Waffentanz (3. Akt) (Größere Aufgaben)

    Orchester

    2 Flöten, 2 Oboen, 2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten, Harfe, Streicher, Continuo (Cello, Violine, Fagott, Cembalo)
    Bühnenmusik: Oboe, Fagott, Harfe, Streichquartett, Gambe (aus dem Orchester zu besetzen)


    HANDLUNG

    Ort: Alexandria in Ägypten
    Zeit: 40 v. Chr.

    1. Akt. 1. Bild. Ebene am Nil. Caesar trifft im Hafen von Alexandria ein, Cornelia, die Gattin des geschlagenen Pompejus, und ihr Sohn Sextus bitten den Sieger, mit Pomoejus Frieden zu schließen. Dieser ist dazu bereit und sendet nach Pompejus, um sich mit ihm auszusöhnen. Da naht Achillas als Abgesandter des Königs Ptolemäus und legt Caesar als Zeichen der Unterwerfung und Treue das Haupt des Pompejus zu Füßen. Entrüstet gelobt Caesar, den Mord zu rächen; und auch Sextus schwört seiner Mutter, den Vater zu rächen.
    2. Bild. Galerie im Palast des Ptolemäus. Cleopatra kämpft um ihre Krone, die Ptolemäus an sich reißen will. Sie gebührt ihr als der Erstgeborenen. Durch ihre Schönheit hofft sie das Herz Caesars zu gewinnen. Ptolemäus erfährt von Achillas vom rasenden Zorn des Feldherrn; Achillas rät, Caesar noch heute zu ermorden; er selbst will es tun, wenn ihm der König die schöne Cornelia als Preis verspricht. Ptolemäus erklärt sich bereit.
    3. Bild. Grabmal des Pompeius. Caesar gedenkt des großen Gegners. Als eine ihrer Hofdamen verkleidet, fleht Cleopatra Caesar um Beistand gegen den rohen Ptolemäus an. Von ihrer Schönheit geblendet, verspricht er ihr zu helfen. Cleopatra triumpiert und hofft, nun ihren Bruder vernichten zu können. Ihren Vertrauten Nirenus beauftragt sie, Caesar abends in ihre Gemächer zu führen, wo sie ihm ein Liebesfest bereiten will. In tiefer Trauer kommen Cornelia und Sextus und erneuern am Grabe des Ermordeten ihren Racheschwur. Cleopatra gelobt ihnen Hilfe.
    4. Bild. Festsäle im Palast des Ptolemäus. In dem Festestrubel soll die Rache an Ptolemäus vollzogen werden. Doch Achillas verhindert es. Sextus und Cornelia werden gefangengen genommen.

    2. Akt. 1. Bild. Terrasse der Cleopatra. Caesar wird heimlich zu Cleopatra geführt, die sich ihm zu erkennen gibt und zugleich ihre Liebe gesteht.Entsetzt eilt Nirenus zu ihnen: Verrat! Achillas naht mit Bewaffneten, um Caesar zu ermorden. Vergebens sucht ihn Cleopatra zu retten. Nur ein Sprung von der Terrasse ins Meer bleibt ihm noch als letzter Ausweg.
    2. Bild. Gemach im Serail des Ptolemäus. Die gefangene Cornelia weist den sie bedrängenden Ptolemäus stolz ab. Den herbeistürzenden Sextus überwältigt Achillas, der die Kunde bringt, daß Cleopatra an der Spitze der römischen Truppen nahe, um Caesars vermeintlichen Tod zu rächen. Zum Lohn für seine Treue fordert er nochmals Cornelia. Da Ptolemäus ihn höhnisch abweist, sagt sich Achillas von ihm los. Cornelia ermahnt den Sohn, trotz Caesars Tod mutig auszuharren, und dieser gelobt aufs neue Rache an dem König.

    3. Akt. 1. Bild. Ebene am Meer. Ptolemäus hat im Kampf gesiegt und läßt Cleopatra, in Ketten legen. Schwer soll sie büßen. Doch Caesar lebt! Aus der Brandung konnte er sich retten; ohne Kraft und Waffe fühlt er sich jedoch wehrlos. Ihn nicht bemerkend führt Sextus den schwerverwundeten Achillas herbei. Dieser übergibt Sextus seinen Ring, der ihm den Gehorsam seiner in der Nähe versteckten Krieger verbürgen soll. Mit ihnen soll er die Rache an Ptolemäus vollziehen. Caesar hat das Gespräch jedoch unfreiwillig belauscht und übernimmt jetzt selbst die Führung der kleinen Schar.
    2. Bild. Zelt des Ptolemäus. Caesar befreit die gefangene Cleopatra und eilt fort zum letzten Kampf.
    3. Bild. Ebene am Nil. Der Sieg ist errungen; Ptolemäus ist von Sextus' Hand gefallen. Von Würdenträgern feierlich geleitet, tritt Cleopatra zu Caesar. Sie hat ihr Ziel erreicht, ihrem Lande durch die Freundschaft mit Rom langen Frieden zu sichern.


    WERK UND WIEDERGABE

    Der Hintergrund.* Ein großartiger historischer Stoff, der vor Händel einen Shakespeare, nach ihm einen Shaw bewegte! Im Gegensatz zu den meisten anderen heroischen Opern Händels folgt der "Julius Caesar" den historischen Tatsachen ziemlich genau. Es handelt sich um den ägyptischen Feldzug Caesars und sein Liebesabenteuer mit der schönen 19jährigen Schwester des jungen Ptolemäus, Cleopatra, die durch Achillas und seine Leute von der Regentschaft ausgeschlossen war und durch Caesar auf den Königsthron gebracht wurde. (Bei Plutarch heißt es über Cleopatra: "Ihre Schönheit war an und für sich nicht so außerordentlich, daß jeder, der sie sah, von ihr betroffen wurde; bei näherer Bekanntschaft jedoch übte sie eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus.") Cleopatra vermochte Caesar bis Juni 47 zu fesseln - als er endlich von ihr schied, hatte er noch drei Jahre zu leben. Unschwer erkennt man, wie Händels Sympathien nicht bei dem herrschsüchtigen, wenn auch sehr gefühlsbetont gezeichneten Caesar, sondern bei der klugen und verführerischen Cleopatra liegen: der eigentlichen positiven Gestalt der Oper. Wie stets bei der Händel-Oper, sind die historischen Vorgänge nur antike Verkleidungen der Verhältnisse des aufgeklärten englischen Bürgertums und seines Kampfes gegen die Auswüchse des Feudalabsolutismus. Die schöne Ptolemäerin Cleopatra, die sich zur verantwortungsbewußten Herrscherin wandelt, ist dem skrupellosen römischen Imperator weit überlegen.

    Der Text. Wieder komponierte Händel einen Operntext Nicolà Francesco Hayms. Als Vorlage zum "Caesa" diente ihm vermutlich das von G. F. Bussani verfaßte Buch zu der Oper "Giulio Cesare in Egitto" von Antonio Sartorio (1677). Trotz der komplizierten Anlage und einer Reihe von Zugeständnissen an die zeitgenössische Librettistik besitzt das Buch dramatische Farbe; der charakterlich etwas unscharfe Caesar bleibt im Schatten der schillernden Erscheinung Cleopatras. Man beachte, daß Haym aus dem zum Teil in Verkleidungen herumlaufenden Sextus einen glühenden Rächer seines Vaters, aus Cornelia eine stark profilierte Frauengestalt gemacht hat.

    Die Musik zeigt, wie stark und kühn sich Händel von einem, wertvollen historischen Stoff anregen ließ. Mit seiner zweiten italienischen Oper, die er über ein Thema der römischen Geschichte schrieb, erreichte er nach dem Il Radamisto eine neue Stufe seiner musikdramatischen Meisterschaft. Den vollen Sieg Händelscher Gesangsdramatik über den Schematismus des frühklassischen Operntyps erlebt der Hörer in der Musik aus dem Umkreis Cleopatras. Man braucht dabei nicht nur an das berühmte, empfindungstiefe Arioso "Es blaut die Nacht, die heiße Nacht Ägyptens" zu denken - auch in den anderen, vorwiegend in Moll-Farben getauchten Arien Cleopatras erreicht Händel Stimmungen von einer erlesenen musikalischen Schönheit und Vertiefung des Ausdrucks. Anderseits ist das heroische Pathos immer wieder durch ironische Gefühlstöne durchbrochen. Wärme und Plastik der musikalischen Charakterisierung scheinen nicht weniger bei der zweiten Frauengestalt, der trauernden Cornelia, bemerkenswert. Wiederum spricht aus den Arien Caesars männliches Selbstbewußtsein. In seiner Arie vom Jägersmann mit dem köstlich konzertierenden Solohorn wird deutlich, wie Händel den überlieferten Arienformen immer neue farbige Lichter aufsetzt; bei Caesars ergreifendem Monolog am Grab des Pompejus erhebt sich die Sprache zum bedeutsamen Largo-Rezitativ; zum reinen Naturbild, das den dämmernden Abend mit lyrischer Üppigkeit besingt, wird die Arie im dritten Akt. Obgleich der "Caesar" in seiner äußeren Anlage die wesentlichen Elemente der italienischen Opera seria aufweist: Scheidung von Rezitativ und Arie, Überwiegender dreiteiligen Da-capo-Arie, häufige Koloraturen, oft für Kastratenstimmen, und ähnliche Stilmittel zur Zeichnung der Charaktere, sind sie doch bereichert durch Kraft und Erfahrung des Händelschen Genies. Händels Tat ist es, sich nicht blindlings diesem Formgerüst zu unterwerfen, sondern es durch seine volkstümlichen Melodien, ihre Bildhaftigkeit und Empfindungsstärke mit Leben zu erfüllen. Gerade der "Caesar" enthält (im Vergleich zu anderen Händel-Opern) eine interessante Auflockerung des strengen Baus: am Anfang und Schluß ist der Chor, wenn auch nur mit kleinen Aufgaben, einbezogen; an zwei Stellen gibt es Duette (darunter das feine Kammerduett Cornelia-Sextus), und Cleopatras kokette Verführungsszene spielt sich vor dem reizvoll klanglichen Hintergrund eines auf der Bühne placierten Kammerorchesters ab.

    Werkgeschichte. Der "Giulio Cesare" entstand Ende 1723 in wenigen Wochen. Die Uraufführung am 20. Februar 1724 an der von Händel begründeten und geleiteten ersten Royal Academy of Music im Haymarket-Theater in London bildete eine Wende seines bewegten Opernlebens: einer der größten Triumphe. Die glänzendsten Stimmen der Zeit waren aufgeboten; die Titelrolle sang der gefeierte Kastrat Senesino, die Cleopatra die nicht minder berühmte Francesca Cuzzoni. Bald zog der "Caesar", in Hamburg in deutscher Sprache, in den Musikstädten Europas ein. Doch geriet das Werk bald in Vergessenheit, und es dauerte noch bis 1922, daß es der Kunsthistoriker Oskar Hagen im Rahmen seines Göttinger Erneuerungswerkes der deutschen Bühne zurückgab - leider in einer vom musikhistorischen Standpunkt allzu freien Bearbeitung, die der musikalischen, textlichen und szenischen Großarchitektur Gewalt antut und eigentlich nur die Orchesterbesetzung des Originals in der Chrysanderschen Ausgabe respektiert. In den folgenden Jahrzehnten erwies sich der "Caesar" jedoch als die Händelsche Oper, die am tiefsten ins Bewußtsein und Gefühlsleben des opernfreudigen Publikums eingedrungen ist. (Die Cleopatra wurde in Dresden, München und Wien durch Sängerinnen wie die Cebotari, Della Casa und Seefried geradezu zur interessant-pikanten Starrolle.) Nach dem Versuch Rückerts, das Werk 1950 in Leipzig in einer älteren deutschen Übertragung Emilie Dahnck-Baroffios aufzuführen, liegt es seit dem Hallischen Händelfest von 1959 unter dem Titel der Hamburger Premiere von 1725 "Caesar in Agypten" in einer Aussage und Form gerecht werdenden neuen deutschen Fassung vor; sie wurde von den Hallensern Harry Kupfer, Wolfgang Gubisch und Horst-Tanu Margraf auf Grund der Originalpartitur erarbeitet. Ende 1963 wurde der Münchner "Caesar" ins neuerbaute Nationaltheater mit übernommen.

    Bühnenpraxis: Acht Bühnenbilder. Ouvertüre. 29 Musiknummern und Secco-Rezitative (Continuo). Dauer: etwa 2 Stunden 30 Min.

    Bemerkungen: Die Opernpflege der Gegenwart hat sich weitgehend von den Mißdeutungen des humanen dramatischen Gehaltes und den starren Formen der Hagenschen Händel-Erneuerung befreit, die sich in den zwanziger Jahren ganz besonders an "Caesars" Fersen hefteten. Anderseits wäre gerade bei dieser Händel-Oper der Gefahr zu begegnen, die Schönheit, Erhabenheit und Würde einer stofflich so aparten Seria mit heraldisch-imposanten Prunk-Gepränge, ballettistischen Ausdrucksornamenten, moderner Psychologie und filmischem Cleopatra-Glamour zu betrachten. Die neue Hallische Bearbeitung bietet (trotz der nicht ganz glücklichen Aufgliederung in 19 Szenen) eine gute Grundlage; für das Tempo des Ablaufs hat eine Einheitsbühne manche Vorteile. Den ursprünglichen Titel sollte man beibehalten.


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    Giulio Cesare in Egitto
    Julius Caesar
    Oper 3 Akte [Libretto]
    Nicolà Francesco Haym
    Musik von Georg Friedrich Händel
    20. Febr. 1724 King's Theatre London

    Solisten

  • Gajus Julius Caesar - Heldenbariton/Hoher Baß/Charakterbariton

  • Cornelia (Gattin des Pompejus) - Dramatischer Alt

  • Sextus Pompejus (ihr Sohn) - Lyrischer Tenor

  • Cleopatra (Königin von Ägypten) - Jugendlich-dramatischer Sopran/Dramatischer Koloratursopran

  • Ptolemäus (ihr Bruder, König von Ägypten) - Seriöser- oder Charakterbaß

  • Achillas (Ägyptischer Feldherr) Charakterbariton oder -baß

  • Kleine Rollen

  • Curio (römischer Tribun) - Bariton/Baß

  • Nirenus (Vertrauter der Cleopatra) - Baß

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