Sie beklagt das mit Dornen verwundte Haupt ihres Königs

1
Sei beklagt, du Kaiserhaupt,
Alles Schmucks und Ehrn beraubt,
Hoch beleidigt, hoch verhöhnet
Und zum Spott mit Dorn gekrönet,
Zerbeult, zerstochen und verwundt.

2
Sei beweinet und beklagt,
Daß man dich so grausam plagt,
Daß man dich so gar vernichtet
Und so übel zugerichtet,
Du hoher Sitz der Majestät.

3
Du bist würdig, daß man dich
An soll beten ewiglich,
Daß man dir, als Gottes Sohne,
Auf soll setzen seine Krone;
Und dennoch wirst du so verhöhnt!

4
Ach, was tu ich, Jesu Christ,
Daß du so verschimpfet bist!
Denn ich fühl in meinem Herzen,
Daß ich diesen Spott und Schmerzen
Mit meiner Schuld verursacht hab.

5
Meine Hoffart ists allein,
Die dir bringet diese Pein.
Und die Dornen, die dich stechen,
Solln mein Haupt, das stolze, rächen,
Das sich zu hoch erheben wolln.

6
Ach vergib mir, großer Gott,
Diese Schmach und diesen Spott.
Laß den Balsam deiner Wunden,
Die dein heilges Haupt empfunden,
Zum Trost auf meine Seele falln.

7
Überschwemm mit deinem Blut
Meinen Stolz und Übermut,
Daß ich an dem großen Tage
Dir zu Ehrn die Krone trage,
Die du hierdurch erworben hast.

Heilige Seelenlust oder geistliche Hirtenlieder - Zweites Buch 10

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