Des Kindes erster Trieb ist sinnliches Bedürfen,
Und später wächst die Kraft zu geistigen Entwürfen.

Wie alle Menschen nun von Anfang Kinder sind;
Die Menschheit selber, war sie Anfangs auch ein Kind?

Sie war's in einem Sinn, im andern Sinne nicht;
Die Menschheit war ein Kind wie neugebornes Licht.

Wie neugebornes Licht, im Osten angeglommen,
Nicht gleich dem Mittag ist, doch ebenso vollkommen;

Am Licht des Tages wird zur Blüte sich entfalten
Nur was im Morgenthau der Knospe war enthalten:

So nur entfaltet sich am großen Menschheitstag
Was eingewickelt in der Kindheit Wiege lag.

Die Menschheit, Gottes Kind, ist niemals mehr noch minder,
Nur mehr und minder sind die Menschen Gottes Kinder:

Wie mehr und minder ganz ist einer Blume Glanz,
Doch ist ein ganzer Glanz der volle Blumenkranz.

Wie aber eine Blum' ins große Kranzgeflecht,
So tritt der Einzelmensch ins menschliche Geschlecht.

Die Blume weiß nicht, wie sie an die Stelle kam,
Und nicht der Mensch, wozu er seinen Ort einnahm.

An seinem Orte macht er seine Kräfte gelten,
Beherrscht die Welt, und dient nur dem Gesetz der Welten.

Das echte Herrscherbild ist aber da geprägt,
Wo menschliches Gemüt die volle Menschheit trägt.

Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5, 1839, XIII. 43

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert