Charles-Camille Saint-Saëns
Samson und Dalila
Oper in drei Akten
Personen
Dalila (Mezzosopran)
Samson (Tenor)
Oberpriester (Bariton)
Abimelech, Satrap von Gaza (Baß)
Ein Kriegsbote der Philister (Tenor)
Ein alter Hebräer (Baß)
1. Philister (Tenor)
2. Philister (Baß)
Philister und Hebräer
Die Oper spielt in Gaza in Palästina um 1150 v. Chr.
Erster Akt
Freier Platz in Gaza
Zur Linken das Portal des Dagon-Tempels. Beim Aufgehen des Vorhangs ist zahlreiches hebräisches Volk, Männer und Frauen, auf dem Platze versammelt mit schmerzlichen und flehenden Gebärden. Samson unter ihnen.
CHOR.
Gott Israels! Erhöre unser Flehen!
Sieh uns im Staub!
Du nur kannst uns befrein.
Rette dein Volk, o Herr!
Sieh unsre Tränen.
Laß deinen Zorn durch sie entwaffnet sein!
Seit jenem Tag, wo sich dein Antlitz wandte,
schwand unser Heil;
dein Volk, es ward besiegt!
Vorhang auf.
Herr, willst denn du Israel, das verbannte,
tiefer noch beugen, bis es unterliegt?
Ach, wehe uns! Tag um Tag sinkt hernieder,
taub bleibt dein Ohr, o Herr, für unser Leid!
Wann naht die Stunde der Erlösung wieder,
die uns von Schmach und vom Bann uns befreit?
Vom Feinde sahn wir unser Land verwüsten,
von frecher Hand ward dein Altar entweiht;
in schwerem Joch die tapfern Helden büßten,
die Gut und Blut uns zu opfern bereit.
Bist du nicht mehr der Gott,
der unsre Väter einst wunderbar aus Ägypten befreit?
Herr, ward Israel an dem Bund zum Verräter,
den es beschwor einst in der Knechtschaft Zeit?
SAMSON tritt hervor und wendet sich an das Volk.
Haltet ein, meine Brüder!
Den Namen preist des Herrn,
den gelobt unsre Väter.
Die Stunde ist nicht fern,
die euch bringt den Erretter.
Ja, schon ward mir zuvor
die Verheißung kund.
Leiht dem Herrn euer Ohr,
er spricht durch meinen Mund.
Unser Gott, so gnadenreich,
seht, er kommt euch zu erretten,
verheißt jetzt Freiheit euch.
Brüder, brecht eure Ketten!
Bau wieder, gläubge Schar,
unserm Gott den Altar!
CHOR.
Umsonst, vergebnes Sehnen!
Nimmer wird uns der Sieg.
Wer kann uns Waffen geben?
Wer rüstet uns zum Krieg?
Unser Trost sind die Tränen!
SAMSON.
Ist der Herr nicht bei dir
mit seinen Engelsscharen?
Er führt dein Panier,
er schützt dich vor Gefahren,
wie so oft er tat zu der Väter Zeiten,
die er beschirmet hat,
als sie sich kühn befreiten.
Er führte sie durchs Meer
trocknen Fußes ans Land,
da das feindliche Heer
in den Wogen verschwand!
CHOR.
Ach! Jene Zeit ist hin,
wo noch Wunder geschehen.
Mutlos ward unser Sinn.
Gott ist taub unserm Flehen.
SAMSON.
Töricht Volk, halte ein,
du lästerst deinen Gott!
Er will stets bei dir sein.
Wirf auf ihn deine Not.
Sind wir in seiner Hut,
wer kann uns widerstreben?
Nur auf mit frischem Mut,
der Sieg wird dann nicht fehlen.
Herr der Herrn, höre uns, segne uns!
Leih unserm Arm die Kraft,
die uns den Sieg verschafft.
Unser Hort, unser starker Gott!
CHOR.
Seht, der Geist kommt über ihn,
der Herr hat ihn gesendet.
Auf, wir wollen mit ihm ziehn,
der unsre Knechtschaft endet.
Jede Furcht sei verbannt.
Der Glaube kehrt uns wieder.
Jehova, deine Hand
schützet uns. Auf, ihr Brüder!
ABIMELECH tritt von links auf mit Gefolge von Kriegern.
Wer ist's, von dem der Ruf ertönt?
Sind's wieder jene feigen Sklaven,
die unsre Macht so oft verhöhnt,
die noch nicht gebeugt durch ihre Strafen?
Ich lache der ohnmächtgen Wut,
ich fürchte keinen Verrat.
Doch nun ist erschöpft unsre Gnade,
ihr alle büßt mit eurem Blut! –
Der Gott, den ihr zu rufen wagt,
ist ewig taub eurem Leid.
Was hilft's, daß ihm eure Not ihr klaget?
Ihr bleibt der Knechtschaft doch geweiht.
Wenn seine Macht euch kann erretten,
steigt er herab von seinem Thron!
Er komme nur selbst, brech eure Ketten,
eurem Glauben an ihn zum Lohn.
Könnt ihr euren Gott vergleichen
mit Dagon, dem höchsten Gott?
Durch den stets den Sieg wir erreichen,
auch gegen euch, Jehova zum Spott.
Euer Land ward uns zum Raube,
eurem Glauben sprechen wir Hohn.
Wie den Falken flieht die Taube,
floh Jehova vor Dagon.
SAMSON begeistert.
Du lästerst den Gott unsrer Väter,
und die Erde verschlang dich noch nicht?
Zittre nun, es naht das Gericht.
Ein Engel kommt zu rächen
den Frevel unerhört;
zu strafen dein Verbrechen,
schwingt er sein Flammenschwert.
Ja, alle Himmelsscharen
führt er zum Kampf heran,
die schmetternd herniederfahren,
im Sturm hör ich sie nahn. –
Herbei kam nun die Zeit,
wo Gottes Zorn erwacht;
und sein Volk ist bereit,
sein Gebot sei vollbracht.
Herr, vor deinem Grimme
zittert das Erdenrund.
Wir hören deine Stimme,
im Donner wird sie kund.
CHOR DER HEBRÄER.
Herr, vor deinem Grimme
erbebt das Erdenrund.
Wir hören deine Stimme,
im Donner wird sie kund.
ABIMELECH.
Halt ein, frecher Tor, schweigt, Verwegne!
Der Tod ist euch allen gewiß.
SAMSON.
Israel, werde frei!
Mein Volk, erhebe dich.
Furchtbar die Rache sei,
sieh, dein Gott kämpft für dich.
Der Herr führt unser Schwert,
wie einst er mit uns war.
Sein Volk hat er erhört,
lenkt zum Sieg seine Schar.
CHOR.
Israel, werde frei,
mein Volk, erhebe dich usw.
SAMSON.
Du gebietest den Winden,
und dir gehorcht das Meer.
Den Pfad lehrst du uns finden,
ziehst im Sturm vor uns her.
Abimelech ergreift sein Schwert und stürzt sich auf Samson, um ihn zu durchbohren. Samson entreißt ihm das Schwert und schlägt Abimelech zu Boden.
ABIMELECH niederstürzend.
Weh mir!
Die philistäischen Krieger wollen Abimelech zu Hilfe eilen, Samson treibt sie mit dem Schwert zurück. Allgemeines Entsetzen und Verwirrung. Samson geht mit den Hebräern triumphierend rechts ab.
Die Pforten des Dagon-Tempels öffnen sich. Der Oberpriester erscheint, umgeben von vielen Priestern, Tempeldienern und Hütern. Er steigt die Tempelstufen herab und bleibt vor Abimelech stehen. Die Philister weichen ehrfurchtsvoll zurück.
OBERPRIESTER.
Was seh ich? Abimelech!
Ermordet von den Sklaven!
Und ihr laßt sie entfliehn?
Herbei! Ergreift die Waffen,
rächt den Tod eures Herrn.
Die Empörer bestraft,
vernichtet jenes Volk,
das uns zu trotzen wagt!
ERSTER PHILISTER.
In den Adern erstarrte
all mein Blut bei der Tat.
Die Hand war mir gelähmt,
die das Schwert ergriffen hat.
ZWEITER PHILISTER.
Mein Auge war geblendet,
den Sinn umhüllte Nacht,
die Kraft kehrte erst wieder,
als der Mord schon vollbracht.
OBERPRIESTER.
Feige! Ihr flieht vor jenen Schwachen?
Ihr erzittert vor ihrem Gott?
Fürchtet ihr unsichtbare Rache,
womit euch ein Wehrloser droht?
EIN PHILISTÄISCHER KRIEGSBOTE.
O Herr, das Volk der Hebräer,
das, von Samson geführt,
sich empört, verwüstet rächend unser Feld.
Schon ist unsre Ernte zerstört.
ERSTER UND ZWEITER PHILISTER.
Weh uns! Hier ist Hilfe vergebens.
Verlaßt diesen blutigen Ort!
O Herr, zu retten uns das Leben,
fliehn wir in die Berge fort!
OBERPRIESTER.
Fluch euch, ewger Fluch eurem Stamme,
ihr Kinder Israel!
Weh euch, vertilgt sei selbst der Name
vom Volke Israel.
Fluch dir, der das Volk hat verleitet,
rächen will ich's, zittre vor mir.
Ein schrecklich Los sei dir bereitet,
ewgen Haß schwör ich dir.
Fluch ihr, die den Frevler geboren,
Fluch, wer geliebt ihn hat!
Wenn er ein Weib in Lieb erkoren,
üb sie an ihm Verrat!
Fluch dem Gott, den jener verehret,
dem Gott, der ihn hat erhört!
Sein Tempel sei von mir verheeret,
sein Altar sei zerstört!
ERSTER UND ZWEITER PHILISTER.
Dein Gott hat uns verlassen,
wir fliehen diesen Ort.
Komm mit uns in die Berge,
wir suchen Hilfe dort.
Die Philister drängen den Oberpriester zur Flucht und eilen nach links ab, Abimelechs Leiche mit sich nehmend. Hebräische Frauen und Greise eilen von rechts herbei. Sonnenaufgang. Heller Tag.
CHOR DER MÄNNER.
Lobet den Herren, tönt, ihr Jubellieder,
steigt zum Himmel hinan.
Er war mit uns, er erlöste uns wieder,
er hat Großes getan.
Aus tiefer Not hat er uns errettet,
allein durch seine Macht.
Er schlug den Feind, der uns lange gekettet.
Ihm sei Dank gebracht.
EIN ALTER HEBRÄER.
Er strafte uns in seinem Grimme,
weil wir verachteten sein Gebot.
Bis wir erhoben unsre Stimme,
ihn riefen in der tiefsten Not.
Da neigte er sein Antlitz nieder,
führte uns den Retter herbei,
den Arm bewehrte er uns wieder,
sein Volk, er macht es wieder frei.
MEHRERE ALTE HEBRÄER.
Er hat sein Volk nun wieder erhoben
aus der Knechtschaft Schmach.
Vor seinem Zorn die Feinde zerstoben,
wer ihn höhnt, unterlag.
Lobet den Herren, tönt, ihr Jubellieder,
zum Himmel steigt hinan!
Er war mit uns, er erlöste uns wieder,
er hat Großes getan.
Die Pforten des Dagon-Tempels öffnen sich wieder. Dalila erscheint, im Gefolge junger Mädchen und Frauen. Alle mit Blumenkränzen geschmückt und Girlanden in den Händen.
DIE FRAUEN.
Des Lenzes volle Blütenpracht,
den Helden sei sie dargebracht.
Grüßt, Schwestern, sie alle
mit hellem Schalle, singt Jubellieder,
weil holder Friede wieder lacht.
Der Jugend Reiz, der Schönheit Glanz
beut mit dem Frühling euch den Kranz.
Die holde Liebe mit süßem Triebe,
sie winkt uns wieder
und ladet euch zu Spiel und Tanz.
DALILA schreitet auf Samson zu.
Gegrüßt seist du mir, stolzer Krieger,
der sein Volk befreiet nun hat.
Dalila preist die Heldentat,
doch auch in der Liebe warst du Sieger.
Willst du deines Sieges dich freun,
nach Sorek, dem lieblichen Tale,
folg mir nun zum Freudenmahle,
Dalila harret dort dein.
SAMSON zur Seite.
O Gott, viel ließt du mich vollbringen,
gib mir Kraft, auch hier wie zuvor.
Stähle mein Herz, schließe mein Ohr
dem Ton, der den Sinn will bezwingen.
DALILA.
O komm, dir winkt der schönste Lohn,
sieh mich in Liebe erglühen.
Es will die Rose von Saron
an deiner Brust nur erblühen.
Terzett
SAMSON.
Laß mich entfliehn dem holden Klang,
mein schwaches Herz will sie berücken.
Verlösch die Glut in ihren Blicken,
die schon verzehrend mich durchdrang.
Ach vergebens, ihr widerstehen
kann ich nicht mehr, die Kraft mir fehlt.
O hilf mir, Herr, ich ruf zu dir!
Sieh meinen Kampf, Gott, erhöre mein Flehen.
DALILA.
Süßer als der Traube Saft
sind die Küsse von meinen Lippen.
Von dem Becher komme zu nippen,
der dich berauscht mit Wunderkraft.
Komm an meiner Brust zu erwarmen
und verschmähe meine Liebe nicht.
Du stolzer Held, meiner Augen Licht,
ruhe sanft in meinen Armen.
ALTER HEBRÄER.
Entflieh, mein Sohn, verschließe ihr dein Ohr,
sie lockt dich nur in ihre Schlingen.
Der Feindin darf dies nimmermehr gelingen,
die zum Racheopfer dich erkor.
Ach wehe dir, kannst du nicht widerstreben,
dem falschen Weib, das deine Ruh bedroht.
Der Schlange Gift bereitet dir Verderben,
falle nicht ab von dem Herrn, deinem Gott.
Tanz der Priesterinnen Dagons
Die jungen Mädchen in Dalilas Gefolge beginnen einen pantomimischen Tanz mit ihren Kränzen und Girlanden, womit sie die hebräischen Krieger anzulocken versuchen. Samson, in leidenschaftlicher Erregung, sucht vergebens Dalilas Blicke zu vermeiden, widerstrebend folgen seine Augen allen ihren verführerischen Bewegungen. Dalila nimmt inmitten der Tanzenden an ihren Pantomimen und üppigen Gebärden teil.
DALILA.
Die Sonne, sie lachte,
der Frühling erwachte
und küßte die Flur.
Er zog durch die Lande
im Blumengewande
auf duftender Spur.
Er bannet die Schmerzen,
die einsame Herzen
lang verschwiegen quält,
und Liebesgedanken
durchziehn ohne Schranken
wonnig die hoffende Welt.
Genieße des Lebens,
es schwindet so bald;
du leugnest vergebens
der Liebe Gewalt.
Und wirst du vergessen
und bist du verwaist,
was du einst besessen,
keiner dir entreißt.
Sie wendet sich an Samson:
Ich ruf ihn mit Tränen,
sein harr ich mit Sehnen,
bis er wiederkehrt,
die Liebe erhört.
Dann will ich ihn lassen
nimmermehr von mir,
fester ihn umfassen,
küssen für und für.
O du wonnige, selige Zeit,
o wärst du nicht mehr weit.
ALTER HEBRÄER.
Ein böser Geist hat dies Weib auserkoren,
dir zum Verderb, denn Verrat brütet sie.
Folge ihr nicht, sonst bist du verloren.
Hör meinen Ruf, eh's zu spät, fliehe sie!
Vorhang.
Zweiter Akt
Das Tal Sorek in Palästina
Links Dalilas Haus, dessen Eingang von einem leichten Portikus überdacht ist. – Üppige Blattpflanzen und Schlinggewächse umgeben das Gebäude. Beim Aufgehen des Vorhanges beginnt die Nacht, und bis zum Schluß des Aktes wird es immer dunkler.
DALILA ist noch reicher geschmückt als im ersten Akt. Beim Aufgehen des Vorhangs sitzt sie in der Nähe ihres Hauses nachdenkend auf einem Felsblock.
Samson! Diese Nacht muß ihn bringen.
Er kommt, meine List wird gekrönt.
Meine Rache muß heut gelingen,
die unsere Götter versöhnt.
O Liebe, meinem Haß steh zur Seite,
dein süßestes Gift leihe mir,
daß ich sein Schicksal ihm bereite:
Samson, er lieg gefesselt vor mir.
Meinem Reiz wollte er sich entziehen!
Vergebliches, törichtes Mühn!
Die Erinnrung kann er nicht fliehen,
diese Flamme verzehret ihn.
Mein bleibt er und ist mein Sklave!
Die Brüder alle fürchten ihn.
Ich fürchte ihn nicht, nein, ich lache,
sinkt er zu meinen Füßen hin.
Liebe ist stärker als sie alle;
selbst er, der Stärkste unterliegt.
Er, der sein Volk erhob vom Falle,
von einem Weibe wird er besiegt.
OBERPRIESTER.
Ich erklomm diese Felsen,
um allein dich zu sehn.
Dagon, der mich gesendet,
ließ kein Leid mir geschehn.
DALILA.
Ich grüße euch, mein Vater,
seid hoch willkommen mir,
die gehorsam euch ehret.
OBERPRIESTER.
Ich vertraue auch dir.
Leichten Sieg hat errungen
der Hebräer Schar,
die unsre Stadt bezwungen,
als niemand ahnte Gefahr.
Das Heer war furchtbetört
bei dem Namen von Samson,
des Kühnheit unerhört,
selbst die Tapfersten flohn.
Dem Lande zum Verderben
ließ ein rächender Gott
ihn Wunderkraft erwerben,
jeder irdschen Macht zum Spott.
Samson ist auserwählet
ein Gelübde bindet ihn,
daß er sein Volk errettet,
ward Großes ihm verliehn.
DALILA.
Ich weiß, daß seine Taten
täglich neu euch bedrohn.
Dir und dem Land zum Schaden,
seine Kraft spricht euch Hohn.
OBERPRIESTER.
In deinem Arm, die Kraft er einst sich schwinden sah,
da hat er sich ermannet, dich zu fliehn, Dalila.
Man sagt, daß deine Liebe jetzt von ihm wird verlacht,
daß den Reiz er verschmähet, der ihm Gefahr gebracht.
DALILA.
Ich weiß, daß seine Brüder
seine Klagen gehört,
daß er kämpft mit der Liebe,
die ganz sein Herz betört.
Samson kann mich nicht fliehen,
ringt er auch noch so heiß.
Ich weiß, wie er mich liebet,
daß ihn nichts mir entreißt.
Mir nicht wagt er zu trotzen,
wenn er euch auch besiegt.
Er bleibt stets doch mein Sklave,
wenn mir im Arm er liegt.
OBERPRIESTER.
So übe deinen Zauber,
leihe uns deine Macht,
daß er, wehrlos gefesselt,
unser sei diese Nacht.
Verkauf deinen Sklaven mir
um jeden Preis, ich zahl ihn dir,
lieferst du den Feind uns gefangen,
darfst kühn den höchsten Lohn du verlangen.
DALILA.
Was fragt Dalila nach eurem Gold,
sie übt Verrat für keinen Sold.
Hätt ich ihm nicht Rache geschworen,
dein Werben an mir wär verloren.
In falschem Wahn ihr euch betrügt,
Samson hat niemals mich besiegt.
Nimmer in Lieb ich ihn umfasse,
weil noch mehr als du ich ihn hasse.
OBERPRIESTER.
Wohl hab ich deinen Haß geahnt, den Plan erkannt.
Mein Geist durchschaute dich.
Er muß dir unterliegen. Doch ist er dir gewiß?
Hat er sich nie ermannt deiner Macht zu entfliehen?
Hat er nichts dir verschwiegen?
DALILA.
Wohl! Schon dreimal hat er durchkreuzt meinen Plan,
das Geheimnis der Kraft, die ihn stählt, zu durchschaun.
Ich umstrickte ihn nur, ich gewann seine Liebe,
weil ich hoffte, daß dann nichts verborgen mir bliebe.
Doch dreimal täuschte er mich, hier erlahmt mein Bemühn.
Noch kenne ich nicht die Macht, die ihm Stärke verliehn.
Vergebens suchte ich tolle Liebe zu heucheln,
vergebens hoffte ich sein Vertrauen zu erschmeicheln.
Ich sah den stolzen Mann, als mein Arm ihn umwand,
meinem Lager entfliehen, weil er meinen Sinn erkannt.
Aber heute gewiß will mein Ziel ich erreichen, er zittert jetzt vor mir.
Ich sah ihn schon erbleichen,
und ich weiß, heut kommt er,
die Trennung trägt er nicht.
Er ersehnt schon die Zeit, wo mein Arm ihn umflicht.
In diesem letzten Kampf sollst du siegen mich sehen,
Samson kann meinen Tränen nicht widerstehen.
OBERPRIESTER.
Und Dagon, unser Gott, wird dir zur Seite sein,
denn du kämpfst für sein Reich.
Er wird dir Sieg verleihn.
DALILA.
Ich will, um meinen Haß zu kühlen;
er soll Dalilas Ketten fühlen.
Er sei durch die Liebe besiegt,
bis er hier im Staub vor mir liegt.
OBERPRIESTER.
Des Rächers Los hat dich getroffen,
mein Hoffen ruht auf dir allein.
Der Ruhm sei dein.
Ich will, um meinen Haß zu kühlen,
er soll Dalilas Ketten fühlen.
Er sei durch die Liebe besiegt.
Bis er hier im Staub vor mir liegt.
DALILA UND OBERPRIESTER.
Wir schwören hier vereint
Tod unsres Volkes Feind,
Tod unsres Volkes stärkstem Feind.
OBERPRIESTER.
Samson bist du gewiß heute nacht hier zu sehen?
DALILA.
Sicherlich!
OBERPRIESTER.
Dann leb wohl, eh er naht, muß ich gehen.
Ich kehre bald zurück auf dem geheimen Pfad.
Das Geschick meines Volks, es ruht in deiner Hand.
Den Schlüssel mußt zu seinem Vertraun du finden,
das Geheimnis der Kraft, die ihn schützt, du ergründen.
Geht ab.
DALILA nähert sich langsam ihrem Hause zur Linken und lehnt sich im Vordergrund nachdenkend an einen Pfeiler.
Wenn auf sein Herz, es kann nicht sein,
den Zauber verlor meine Liebe?
In Dunkel hüllt die Nacht uns ein,
daß die Tat verborgen auch bliebe.
Doch ach, er kommt noch nicht.
Samson kommt von der rechten Seite, zaudernd, erregt, in Verwirrung. Die Nacht wird düsterer.
SAMSON.
Willenlos hat hierher mich gelenkt mein Schritt.
Ich wollte fliehn vor ihr, ich kann es nicht.
Meiner Liebe fluch ich, aber doch muß ich lieben.
Hinweg, hinweg von hier, solang mir Kraft geblieben.
DALILA.
Du bist's, du bist's, geliebter Mann.
Deiner harr ich mit Sehnen.
Mein Leid, vergessen ist es schnell
in deiner Nähe.
Gegrüßt sei mir, o du mein stolzer Held!
SAMSON.
Halt ein, du täuschest dich.
Hören darf ich dich nicht.
Mich beschleicht tiefe Reu.
DALILA.
Samson – o du Geliebter mein,
warum meine Liebe verachten?
Warum willst du nicht glücklich sein?
Warum soll vergebens ich schmachten?
SAMSON.
O wende ab den holden Blick.
Ich fühl vor ihm mein Herz erbeben.
Gern würde ich opfern mein Leben
deiner Liebe süßestem Glück.
DALILA.
Holder Mann, holder Mann,
der mich Arme hat erkoren.
Könntest du glauben,
dich liebt ich nicht mehr?
Du allein bist mein Heil,
bist mein Herr.
Hab ich verloren schon den Reiz für dich?
SAMSON.
Weh mir, erwählet von dem Herrn
folge ich seinem heiligen Willen,
bleibe ich deinem Zauber fern.
Laß gehorsam mich sein Wort erfüllen.
Ich kam hierher zum Lebewohl.
Israel wird herrlich auferstehn,
und die Stunde bald kommen soll,
die uns groß, die uns frei wird sehen.
Gottes Stimme, sie sprach zu mir:
du bist erwählt für mich zu streiten,
dein Volk zu führen zurück zu mir,
euch zu erlösen von allen Leiden.
DALILA.
Was kümmert mein trostloses Herz
der Ruhm und das Glück deiner Brüder?
Ich fühl nur den einzigen Schmerz,
daß dich dein Gott entreißt mir wieder.
Nur Liebe hat ganz mich beseelt,
seit ich geglaubt den zärtlichen Schwüren.
Sie wird zum Gift, das mich verzehrt,
wenn dich, mein Glück, ich soll verlieren.
SAMSON.
O schweig, du kennst mein Herz noch nicht.
Es gehorcht nur dem Ruf der Pflicht.
Dein Leid, ich kenn's, es zehrt auch mich,
Dalila, Dalila, ich liebe dich.
DALILA.
Es gibt einen mächtigen Gott,
dem alle Götter unterliegen.
Du vernahmst durch mich sein Gebot.
Es muß der Gott der Liebe siegen.
O denk an die selige Zeit,
wo du mir zu Füßen geschworen,
Liebe und Treue in Ewigkeit,
die mir, ach für immer nun verloren.
SAMSON.
Unglückselge, an mir zweifle nicht.
Möge zwischen uns ein Höhrer richten.
Ja, treffe mich Gottes Gericht.
Sein Blitz möge mich hier vernichten.
So groß ist meine Lieb zu dir,
daß Gott ich selbst zu trotzen wage.
Sei's zum ewigen Fluch für mich.
Dalila, Dalila, ich liebe dich.
DALILA.
Mein Herz erschließet sich
in der Glut deiner Liebe,
wie dem Sonnenstrahl die Blüte.
Ach, meiner Tränen Flut
stets unversiegbar bliebe,
wenn dein Herz mich je verriete.
O sag, daß Dalila
stets dein eigen soll sein,
daß ihr du hast vergeben,
nur dies Wort sage mir:
Dalila, ich bin dein!
Ach, siehe mich vor Wonne beben,
du mein höchstes Glück, mein Leben!
SAMSON.
Dalila, Dalila, ich liebe dich.
DALILA.
Wie in der Lüfte Hauch
sanft die Ähren sich wiegen,
jede Blüte leis erbebet,
so schauert still mein Herz
beim Klange deiner Stimme,
die das Hoffen neu belebt.
So rasch fliegt nicht der Pfeil
nach dem tödlichen Ziel,
wie ich in deine Arme,
wo nun sterben ich will.
Ach, siehe mich vor Wonne beben,
du mein höchstes Glück, mein Leben!
SAMSON.
Mit meinen Küssen will deine Tränen ich trinken,
laß an mein Herz wonnetrunken mich sinken.
Dalila, Dalila, ich liebe dich.
DALILA.
Doch nein, ich träume nur.
Die arme Dalila traut nicht deinen Schwüren,
die ihr Herz nur betört,
wie einmal schon geschah,
als ich dich sollt verlieren.
SAMSON.
Ich vergaß bei dir meinen Gott,
mein Gelübde, mein Volk, sein Gebot,
den Herrn, der mich gnädig erwählte,
mit Wunderkraft den Arm mir stählte.
DALILA.
Auch du sollst mein Herz nun durchschaun.
Gott, dein Herr ist's, den ich neide,
dein Gott, dem mit blindem Vertraun du folgst,
während ich durch dich leide.
Den Schwur, der dich ihm hat geweiht,
der dich zwingt, dich mir zu entwinden,
nenne ihn mir aus Barmherzigkeit!
Laß dein Geheimnis mich ergründen.
Blitze, Donner.
SAMSON.
Dalila, was willst du von mir?
Weh! Müßte ich zweifeln an dir?
DALILA.
Wenn je ich besaß deine Liebe,
bewähre sie jetzt ihre Macht.
Nur Fluch hätte sie mir gebracht,
wenn des Vertrauns beraubt ich bliebe.
SAMSON.
Halt ein, zuviel begehrst du.
Jenes Rätsel meines Lebens
deckt ein ewges Geheimnis dir zu.
DALILA.
Doch gilt's mein Glück, es gilt meine Ruh.
SAMSON.
Selbst deine Macht ist hier vergebens.
Blitze, Donner.
DALILA.
Ja, falsch ist meine Macht,
denn falsch sind deine Schwüre.
Mich beschimpft dein Verdacht.
Wenn dein Herz ich jetzt nicht rühre,
wenn der Schwur, den du erfüllst,
ein Geheimnis mir bliebe,
du das Rätsel nicht enthüllst,
war nur ein Trug deine Liebe.
SAMSON.
Mein gepeinigtes Herz fleht um Gnade zu dir.
O Herr, sieh meinen Schmerz,
o mein Gott, bleib bei mir.
DALILA.
Nur für ihn lebte ich.
Mein Glück war's, ihn zu lieben.
Doch alles schwand für mich,
Tränen sind nur mir geblieben.
SAMSON.
Herr, starker Gott,
verlaß nur jetzt mich nicht!
DALILA.
Mein letztes Lebewohl ersticken Tränenfluten.
Flieh, Samson, diesen Ort.
Laß still mein Herz verbluten.
SAMSON.
Schone mich!
DALILA.
Das Gebot!
SAMSON.
Frage nicht!
DALILA.
Das Gebot, nenn es mir,
noch einmal flehe ich zu dir.
SAMSON.
Vernimm, wie Gottes Stimme spricht
in Donnerworten.
Seinem Blitz entflieht der nicht,
der untreu ihm geworden.
DALILA.
Dir, wie ihm biet ich Trotz, komm!
SAMSON.
Nein!
DALILA.
Komm!
SAMSON.
Laß mich los!
Gottes Zorn spricht nicht Hohn.
DALILA.
Ich verachte sein Drohen!
SAMSON.
Treffen wird mich sein Fluch!
DALILA.
Feigling, nun ist's genug,
geh, ich verachte dich, fahr hin!
Blitze und Donner, Dalila flieht in das Haus. Das Gewitter tobt mit furchtbarer Wut. Samson hebt die Arme flehend zum Himmel, wie um Schutz dort zu suchen – bleibt wieder zögernd stehn – und stürzt dann Dalila nach ins Haus. Philistäische Kriegsleute kommen von rechts, sammeln sich vorsichtig um das Haus von Dalila. Heftiger Donnerschlag. Dalila beugt sich aus dem Fenster.
DALILA.
Herbei, Philister, zu mir!
SAMSON.
Ha, Verrat!
Die Krieger stürzen herbei und drängen sich eilig ins Haus.
Vorhang.
Dritter Akt
Samson in Ketten geschmiedet. Seine Haare sind gekürzt, seine Augen geblendet. Samson dreht eine Handmühle.
SAMSON.
Siehe mein Elend, Herr, sieh meine Qualen.
Erbarm dich mein, der ach, so tief gefallen.
Weil sich mein Fuß verirrt vom rechten Pfad,
hat fürchterlich gestraft mich deine Hand.
Wann willst du enden mein bittres Leiden?
Wann mich befreien aus der Hand meiner Feinde?
Des Augenlichts haben sie mich beraubt
und häufen Schmach, grimmen Hohn auf mein Haupt.
CHOR.
Samson, Samson, was hast du deinen Brüdern getan?
SAMSON.
O Gott! Israel, in der Schmach,
von dir unerbittlich getroffen,
wagt nicht mehr, Gnade noch zu erhoffen
für alle Schuld, die es verbrach.
Kann unsre Reu deine Strafe nicht enden?
Soll deine Gnade uns nie mehr erblühn?
Wird deinem Volk die Schuld nie mehr verziehn?
Willst du dein Antlitz von uns ewig wenden?
CHOR.
Gott hat deinem Arm uns vertraut.
Wir hatten fest auf dich gebaut.
Samson, was tatst du deinen Brüdern?
Was tatst du dem Gott deiner Väter?
SAMSON.
Brüder, euer Klagegesang
noch das Maß meiner Leiden vermehret,
meine Seele von Reu verzehret,
vergebens nach Erbarmen rang.
Gott nimm als Sühne hin mein Leben,
laß mich für sie das Opfer sein.
Laß meine Schuld mich büßen allein,
doch deinem Volke sei vergeben.
Gott, noch einmal fleh ich dich an.
Deine Hand, die mich schlug, will ich preisen.
Willst dein Volk du dem Feind entreißen,
nimm Israels gnädig dich an.
CHOR.
Für jenes Weib er uns verriet,
für Dalila, die ihn verraten.
Der einst für sein Volk siegreich stritt,
hat nun sein Volk mit Fluch beladen.
Samson, was hast du deinen Brüdern getan?
Philistäische Krieger treten in das Gefängnis ein, lösen Samson von der Kette los und führen ihn ab. – Der Oberpriester, von vornehmen Philistern und Anführern der Krieger umgeben, auf erhöhtem Platze. Dalila inmitten junger Mädchen mit Blumen geschmückt. Trinkschalen und Kannen in den Händen. Eine große Menge von Volk erfüllt alle Tempelräume. Der Tag bricht an.
CHOR.
Die Sonne erwacht, der Tag bricht herein,
und die Fackel bleicht beim rosigen Schein.
Unsre festlichen Spiele soll er nicht trüben.
Wir wolln lieben,
der Freud allein wolln wir uns weihn.
Vorm Hauche des Morgens entfliehet die Nacht,
die Wonne nur und Jubel hat gebracht.
Sinkt die Sonne wieder zum Schlummer nieder,
dann, Freunde, lacht wieder Liebesglück
uns mit süßem Blick.
Ballett.
OBERPRIESTER.
Seht hier, er naht, der Richter Israels,
zu würzen unser Fest, euren Blick zu ergötzen.
Dalila, schnell herbei, ihm den Met zu kredenzen.
Reich deinem Gemahl den süßen Trank.
Er soll die Schale leeren, dich würdig zu ehren,
soll er feiern dich im Liebessang.
CHOR.
Samson, laß uns trinken mit dir,
laß Dalila, die Schöne, leben!
Preise der Mädchen holde Zier.
Der Wein wird dir Kraft wieder geben.
SAMSON von einem Knaben geführt.
Meine Seele, tief betrübt,
beugt sich, Herr, deinem heilgen Willen.
Mein Schicksal soll sich hier erfüllen,
wenn Kraft deine Gnade mir gibt.
DALILA tritt zu Samson, eine Trinkschale in der Hand.
Ich biete dir zum Gruß meine treue Hand.
Ich knüpfe jetzt aufs neu unsrer Liebe Band.
Wie du oft in nächtgen Stunden
einst den Weg zu mir gefunden,
hat dir deiner Augen Nacht
zurück dein Liebchen gebracht.
Denke der wonnigen Zeiten,
als dich umschlungen mein Arm.
Die höchste Lust dir bereiten,
denk meiner Küsse so warm.
Siehe mich vor Wonne beben.
Mein höchstes Glück, o du mein Leben.
Die Liebe diente nur mir,
ganz meine Rache zu kühlen.
Eines nur zog mich zu dir:
dein Geheimnis zu enthüllen.
Blöder Tor, dir ward dein Recht.
Du schmiedetest selbst deine Bande.
Dalila hat nun gerächt ihren Gott,
ihr Volk, ihre Schande.
CHOR.
Dalila hat nun gerächt ihren Gott,
ihr Volk, ihre Schande.
SAMSON.
Herr, dein Gebot achtet ich nicht
in meiner Leidenschaft blindem Verlangen.
Gerecht war, o Gott, dein Gericht,
weil diesem Weib ich angehangen.
OBERPRIESTER.
Wohlan, Samson,
der Liebe Ruf wird doch bei dir Erhörung finden?
Was einst bei ihr die Wonne schuf,
mögst du uns im Lied nun verkünden.
Vermag Jehovas Wundermacht
dein Augenlicht zurückzugeben,
sei gleich ein Opfer ihm gebracht,
will ich zum Gott ihn erheben.
Doch flehest du vergeblich ihn,
den Gott, der dich wählte zur Rache,
verachte, verhöhne ich ihn.
Ich deines Gottes Grimm nur lache.
SAMSON.
Gott, du hörst den Lügenprophet,
wie er lästert den heilgen Namen.
Daß du den Frevler mögst verdammen,
erfleht von dir mein heiß Gebet.
Rüste mich aus zum Rachewerke,
Herr, durch deinen Gnadenblick
und gib noch einmal mir zurück
der Augen Licht und meine Stärke.
CHOR.
Hahahahaha! Dein Drohn wird von uns verlacht!
Dein Arm hat keine Macht.
Versuch's mit deiner Rache.
Samson, du schreckst uns nicht.
Dein Gott hört dich nicht,
kann dich nicht sehend machen.
OBERPRIESTER.
Auf, Dalila, laß uns feiern den Tag,
wo Dagons Macht Jehova unterlag.
Mög unser Gott stets Beistand verleihen.
Kommt, ihm ein Dankesopfer zu weihen.
Dalila und der Oberpriester wenden sich gegen den Opferaltar, besteigen seine Stufen und ergreifen die heiligen Gefäße. – Auf dem mit Blumen geschmückten Altar wird ein Opferfeuer entzündet. Dalila und der Oberpriester gießen aus den heiligen Gefäßen Trankopfer in die Flamme, welche auflodert, dann wieder verschwindet, aber bei der dritten Strophe des Opferganges hoch emporschlägt. Samson steht in der Mitte der Szene einsam mit seinem Knaben. Vom Schmerz tief gebeugt, scheint er im Gebet versunken.
DALILA UND OBERPRIESTER.
Dagon sei Dank gebracht,
der mich / dich gnädig erwählte
zu dem Werkzeug seiner Macht
und mit Mut mein / dein Herz beseelte.
Preis dir, mächtgem Herren der Welt,
dem die Götter selbst sich beugen,
dessen Gebot alles erhält,
wollst gnädig zu uns jetzt dich neigen.
CHOR.
Segne den Weinstock und unser Feld,
die Herde segne, den Hirten im Zelt,
daß stets des Friedens Sonne uns scheint.
Schirme dein Volk, Herr, vor jedem Feind.
DALILA UND OBERPRIESTER.
Empfang mit gnädger Huld die Gaben,
die wir bringen zur Sühne aller Schuld.
Laß unser Opfer gelingen
vor der Priester heiligem Blick.
Mögst die Zukunft du offenbaren.
Lasse deinen gläubigen Scharen künden
unsres Volkes Geschick.
CHOR.
Herr, segne uns.
Gott sei uns gnädig für und für.
Um deinen Schutz flehn wir zu dir.
Samson gabst du in unsere Macht,
hast Israel ganz zu Fall gebracht.
DALILA UND OBERPRIESTER.
Dagon steigt hernieder,
Flammen lodern wieder hoch empor
auf der geweihten Stätte.
Er neigt sein Ohr des Volkes heißem Gebete.
Dagons Macht seht hier sich neu bewähren.
Laßt ihn uns jubelnd verehren.
Ihm sei Dank und Ehr gebracht.
CHOR.
Dagon steigt hernieder,
Flammen lodern wieder hoch empor
auf heiliger Stätte.
Er neigt sein Ohr unsrem Gebet.
Dagons Macht seht hier sich bewähren,
ihm sei Dank und Ehr dargebracht.
OBERPRIESTER zu Samson.
Um unsern Sieg würdig zu krönen,
herbei, Samson, her zum Altar!
Vor Dagon knie nieder im Staube.
Bring unsrem Gott ein Opfer dar.
Zum Knaben.
Führ ihn zu uns,
geleite seine Schritte, allen zur Schau,
hier in des Tempels Mitte.
SAMSON.
O Herr, die Stunde ist da.
Nur jetzt verlaß mich nicht,
führ mich zum Säulenpaar.
Mein Kind, fürchte dich nicht.
Der Knabe führt Samson zwischen die beiden Marmorsäulen.
CHOR.
Dagon steigt hernieder,
Flammen lodern wieder hoch empor
auf heilger Stätte.
Dagons Macht seht hier sich bewähren.
Ihm sei Dank und Ehr dargebracht.
Mächtiger Gott Dagon, hör uns!
Höchster der Götter, gib uns stets Sieg.
Tilg unsre Feinde! Herr, wir flehn dich!
Israel ward durch dich nun für immer geschlagen,
und Jehova blieb taub allen Bitten und Klagen.
Du gabst uns Sieg, Dank dir, Dagon,
Preis dir, Dagon!
Tilgtest die Feinde, die dich verachten,
straftest sie, Jehova zum Hohn,
die dein Machtgebot frech verlachten.
Gnädig sei uns, Herr, für und für.
Um deinen Schutz flehn wir zu dir.
Samson gabst du ganz in unsre Macht,
hast Israel zum Falle gebracht.
Dank dir, Dagon! Ruhm dir, Dagon! Heil dir!
SAMSON hat unterdessen die Säulen mit seinen Armen umschlungen und zu erschüttern versucht.
Starker Gott, erbarme dich mein,
dem frevelnd sie das Aug geblendet.
Herr, wollest mir nur jetzt verleihn
die Kraft, die du gnädig einst gespendet.
Laß mich jetzt dein Rächer sein.
Stärke mich, dies Volk dem Tod zu weihn!
Der Tempel stürzt zusammen unter dem Wehgeschrei des Volkes.
Vorhang.
Ende der Oper