Johann Friedrich Reichardt

Die Geisterinsel

Ein Singspiel in drey Akten

Libretto von Johann Friedrich Wilhelm Gotter und Friedrich Hildebrand von Einsiedel

Uraufführung: 06.07.1798, Königliches Nationaltheater am Gendarmenmarkt, Berlin

Personen

Prospero, gewesener Herzog von Mayland, Zauberer

Miranda, seine Tochter

Fernando, Prinz von Neapel

Fabio, Edelknabe des Prinzen, durch eine Sängerinn zu spielen

Oronzio, Küchenmeister des Prinzen

Stefano, Kellermeister des Prinzen

Ariel, ein Sylfe des Prinzen, durch eine Sängerinn zu spielen

Caliban, eine Gnome, Sohn der Sycorax

Maja, ein Schatten, von der ersten tragischen Actrice zu spielen

Sycorax, ein Schatten, von dem ersten tragischen Acteur zu spielen

Ruperto, ein Bootsmann

Geister und Sylfen

Matrosen

Die Handlung währt von einem Morgen zum andern.

Bemerkungen, die Decorationen betreffend.

Der Eingang von Prospero’s Zelle ist rechts zwischen der dritten und vierten Koulisse; ein bewegliches Felsenstück tritt vor, wenn die Scene wechselt.
Maja’s Grabmahl steht links, nahe an der zweyten Koulisse; es wird bey Veränderungen ebenfalls durch Wald oder Fels dem Auge des Zuschauers entrückt. In der pantomimischen Scene des dritten Akts, berstet solches mit Geräusch von oben bis unten, und stürtzt in die Koulisse hinein. Man sieht den Grabhügel eröffnet; letzterer muß die Versenkung von vorne einfassen, und so eingerichtet seyn, daß die emporsteigende Figur auf dem Rande desselben stehen kann.
Die ganze Tiefe des Theaters ist nur da zu gebrauchen, wo das Meer den Hintergrund ausmacht. Die Felsen des Meer-Ufers müssen Stufen haben, daß man dieselben sichtbar besteigen kann.
Die romantische Gegend im zweyten Akt, schließt mit einem Horizont – Vorhange, der hinter dem beweglichen Felsen-Stücke, das den Eingang von Prospero’s Zelle verbirgt, niederfällt. Eben dieser Felsen dient in der Folge zum Volkan, aus dem späterhin ein blühender Rosenbusch emporsteigt.
Die rauhe Felsen Gegend im vierten Auftritt des zweyten Akts, hat einen damit übereinstimmenden Hintergrund, von weniger Tiefe als die romantische Gegend. In der Mitte desselben stehen ein paar Bäume, hinter welchen Ariel sich verbergen und lauschen kann.
Bey der Wald – Decoration, im zwölften Auftritte, steht in der Vertiefung des Theaters ein angefangener Holzstoß von Stöcken und starken Aesten: Es muß derselbe so eingerichtet seyn, daß man artificielles Holz, ebenfalls Stöcke und Aeste vorstellend, darauf legen kann. In der sechsten Scene des zweyten Akts steht in der Vertiefung ein großer Busch, der in der Folge transparent wird, hierauf verschwindet, und eine artificielle Figur sichtbar werden läßt.

Bemerkungen, die Kleidungen betreffend.

Prospero. Ein weites faltiges schleppendes Gewand, von dunkelrothem Atlaß, mit goldenen Frangen, die Ermel desselben über den Ellbogen zurückgezogen; weiße knappe Ermel darunter. Ein blauer Zaubergürtel, worauf die Himmelszeichen in Gold gestickt sind, und welcher von der rechten Schulter nach der linken Hüfte herab hängt. Das Gewand ist von einer Fingerstarken goldenen Schnur umgürtet, welche den Leib zweymahl umschlingt, und rechts eine Schleife bildet; an beyden Enden der Schleife hangen goldne Quasten. Eine pyramydalische Mütze, von der Farbe des Gürtels, um die ein Gewinde von schwarzem mit Sternen durchwirktem Flor läuft, dessen beyde Enden von der Höhe der Mütze längst des Rückens herabfallen. Weißes Haar, und langer weißer Bart. Ein Zauberstab, schwarz und weiß gestreift, und weiße Sandalen.
Miranda. Ein Gewand von weißem Milchflor in griechischem Costum; darunter ein engeres Gewand; von hellblauem Atlaß. Ein hellblauer Gürtel. Das Haar mit Perlen durchflochten, und in fliegenden Locken. Ein dünner Schleier von der Farbe des Gürtels, der glatt auf dem Haar befestigt ist, und längst des Rückens herabfällt. Es ist zu bemerken, daß dieser Schleier im ersten Akt verlohren geht, und von Fabio im zweyten Akt gefunden wird.
Caliban. Ein Sclavenkleid von grauer Farbe; eine hellrothe breite Schärpe; ein Ueberwurf, von dunkelbraunen kurzem Pelzwerk, auf einer Schulter befestigt. Die halbsichtbaren Beine sind tiegerartig, die Füße aber mit Socken bekleidet. Ein unförmlicher Hinterkopf, mit schwarzem borstigem Haar; ein Buckel, ein Spitzbauch; das Gesicht in Karikatur gemahlt.
Ariel. Ein Sylfen – Gewand von Silber – Zindel; ein rosenfarbner Flor, der zugleich den Gürtel ausmacht, wallt von der Schulter den Rücken hinab. Schmetterlings – Flügel von buntgemahltem Flor. Das Haar fliegend mit einem Kranz von Granat – Blüthen und weißen Rosen. Die halbsichtbaren Arme und Beine, mit fleischfarbenem Taft bekleidet; weiße Sandalen, mit einem goldnen Gewinde befestigt.
Fernando. Spanische Tracht, von Kornblumenblauem Atlaß, mit Ponceaufarbigen Puffen, die Schärpe von dem Stoffe der Puffen, das Wehrgehänge von weißem Atlaß; das Haar nachläßig fliegend; weder Hut noch Gewehr. Ein großer Siegelring.
Fabio. Spanische Tracht; rosenfarb mit Smaragdgrünen Puffen, und mit Silber besetzt. Eine Schärpe von der Farbe der Puffen; ein silbernes Achselband. Ein Hut mit Federn um die Figur zu verlängern, da die Rolle durch ein Frauenzimmer gespielt wird.
Oronzio. Spanische Tracht; schwarz mit Feuerfarbnen Puffen; der Mantel wie das Kleid; die Schärpe wie die Puffen. Eine schwarze spanische Perücke. Ein Bauch. Ein volles gleißendes Gesicht.
Stefano. Spanische Tracht, Karmelit mit schwarzen Puffen. Ein hageres Gesicht, Runzeln, und eine kupfrige Nase. Eine weiße runde Perücke. Podagra – Stiefeln.
Ruperto. Braune Jacke, schmal mit Silber besetzt. Weste und Schiffer – Beinkleider weiß und blau gestreift; blauer Bund. Hut mit einer Tresse.
Die Matrosen. Eben so, nur ohne Silber, und Tressen um den Hut.
Maja. Ein schleppendes Todtengewand, von weißem Kreppflor, mit langen runden Ermeln, welche die Hälfte der Hand bedecken; ein dichter Schleier glatt auf dem Kopfe befestigt, der das Haar und den obern Theil des Gesichts verhüllt, und rückwärts in zwey langen Enden herabfällt. Eine einfache Glorie in Glanz vergoldet, schwebt über dem Haupte.
Sycorax. Ein schleppendes Gewand, von schwarzen dichten ungeglänztem Zeug. Ein rother Zaubergürtel mit schwarzen Charakteren, der von der linken Schulter zur rechten Hüfte herabhängt. Eine Kupferfarbne Larve. Schwarzes wild gelocktes Haar; hochrothe Handschuhe. Ein schwarz und rothgestreifter Zauberstab.
Vier Sylfenknaben. In fleischfarbenen Taffent eingenäht. Blaue Schärpe. Rosenguirlanden, die von der Schulter zur Hüfte herabfallen, fliegende Haare.
Erster Akt.

Erster Auftritt.

Auf einer Seite eine Felsengrotte, deren Eingang mit Muscheln und Korallenzweigen geziert ist; auf der andern ein Wald mit einzelnen Sitzen von Rasen, oder abgehauenen Stämmen. Die Aussicht auf das Meer ist von Bäumen und Felsen begränzt. Weiter vor ein Grabhügel mit einem Denkmal von Bruchsteinen, in Form eines Altars.

MIRANDA ist beschäftigt Blumen, die sie in ihrem aufgeschürzten Gewande trägt, auf das Grab zu streuen.

Arie.

Sterbt auf meiner Maja Grabe,
Blumen, meine ganze Haabe,
Blumen, ihr zur frommen Gabe
Von der Wehmuth hingestreut!
Ach! und du, zu der in Thränen
Meine Blicke sich erheben,
Maja! höre, wie mein Sehnen,
Deinem Fluge nachzustreben,
Jeden Morgen sich erneut!
Sterbt auf meiner etc.

Sie stürzt sich weinend auf das Denkmal.

GEISTERCHOR unsichtbar.
Wolken verschweben;
Tiefer ins Leben
Hoffend zu schauen,
Lindert den Schmerz;
Stilles Vertrauen
Heilet das Herz.
MIRANDA die sich während dieses Gesanges wieder aufgerichtet und in sanfter Begeisterung zugehört hat. Ich danke euch, ihr mitleidigen Geister! Eure Lehre sey mir heilig! Ich will meine Thränen abtroknen. Ich bin es einem Vater schuldig, der mich liebt. Er hat eignen Kummers genug. Er kömmt! O daß es mir gelänge, ihn aufzuheitern!

Zweyter Auftritt.

Prospero. Miranda.

MIRANDA ihm entgegen gehend. Hab‘ ich euch beleidigt, lieber Vater? Küßt ihm die Hand.
PROSPERO ernsthaft. Wie kömmst du auf die Frage?
MIRANDA. Weil ihr heute meinen Morgengruß verschmäht habt.
PROSPERO. Du schlummertest noch so sanft, als ich die Zelle verließ!
MIRANDA. Warum eilt ihr auch dem Tage zuvor?
PROSPERO. Die Morgenluft war so einladend – und ich konnte nicht länger schlafen.
MIRANDA. Eure Miene sagt mir, daß euch abermahls Sorgen geweckt haben.
PROSPERO. Du irrst, Miranda.
MIRANDA. Ich irre nicht. Zu auffallend ist die Veränderung, die ich seit einiger Zeit an euch bemerke. Heiterkeit und Ruhe sind von euch gewichen. Ihr bringt den Tag in finsterm Nachdenken zu, und Nachts windet ihr euch seufzend auf eurem Lager. – Was fehlt euch?
PROSPERO wendet sich schwermüthig gegen Majas Grabmal. Ach!
MIRANDA. Ist es der Verlust unserer Freundinn, der euch zu Boden drückt?
PROSPERO sich gegen sie kehrend und seine Hand auf ihre Schultern legend. Um deinetwillen. – Ich bin alt, und werde ihr bald folgen.
MIRANDA. O, denkt doch daran nicht!
PROSPERO. Arme Verlassene! was wird dann aus dir werden?
MIRANDA. Was der Himmel will. – War sie, die wir beweinen, war nicht Maja einst auch von der ganzen Welt verlassen? Schmachtete sie hier nicht viele Jahre, unter der Gewalt der alten, bösen Sycorax? und sandte euch nicht endlich der Himmel hierher, ihren Zauber zu lösen?
PROSPERO. Sie hat mir diesen Dienst tausendfältig vergolten. Sie hat den Saamen des Guten in dein Herz gelegt. Sie liebte dich, wie ihr Kind.
MIRANDA. Ich liebte sie, wie meine Mutter.
PROSPERO. Sie war eine Heilige, – durch Leiden ohne Zahl geprüft, und reif zur Vollendung. – Diese Insel glich einer Wildniß. Sie betete Gedeihen auf meinen Fleiß herab, und die Wildniß ward ein Garten.
MIRANDA. Ihr Segen ruht auf uns und dieser Einöde. Wohl mir, die ich nichts kenne, als ihre stillen Freuden! – Mein Fürstenthum ist hier. Für mich ist Mayland auf unsrer Insel.

Arie

Hier, wo wir, geborgen
Vor Stürmen und Sorgen,
In einsamer Zelle
Des Lebens uns freun,
Flößt jegliche Stelle
Ergözen mir ein.
Es rauschet die Quelle
Mir Labung entgegen:
Es athmet der Hain
Balsamische Düfte.
Ein Genien Chor,
Zum Wohlthun verbunden,
Bewohnet die Lüfte,
Bezaubert mein Ohr;
Und stärket und hebet,
In muthlosen Stunden,
Mit Trost mich empor.
Und ewiger Seegen
Der holden Natur
Umschwebet,
Belebet
Die lachende Flur.
PROSPERO steht auf. Umarme mich, mein Kind: der Himmel erhalte dir diese glückliche Stimmung! Er drückt sie an seine Brust.
MIRANDA. Bester Vater! – lernt vergessen, und ihr werdet eben so glücklich seyn, als ich. Woran mangelt es euch hier? kann euer Herz noch an einem Lande hangen, wo euer eigner Bruder an euch zum Vertäther ward? könnt ihr euch noch nach falschen Höflingen, und treulosen Unterthanen zurück sehnen? Hier, wo die ganze Natur willig eurem Stabe gehorcht, und liebreiche Geister mit euch im Bunde stehen!
PROSPERO. Ich traure nicht um das Vergangene. Die Zukunft allein schwebt vor meiner Seele.
MIRANDA. Die Zukunft? O, die Zukunft ist noch ferne, unvermerkt kettet sich ein Tag an den andern –
PROSPERO einfallend. Unvorbereitet überrascht den Sichern das Unglück.
MIRANDA. Hoffen und Vertrauen haben mich die Schutzgeister gelehrt.
PROSPERO. Und mich lehrt Caliban zittern.
MIRANDA. Caliban, sagt ihr? – Daß mich schaudert, wenn ich ihn erblicke, das begreife ich; denn er ist häßlich, wie die Sünde. – Aber Ihr? Wie vermag er euch Furcht einzujagen? Ihr habt seine Mutter, die weyland furchtbare Zauberinn Sycorax, überwältigt; habt ihm die Macht, euch zu schaden genommen, habt ihn neun volle Jahre geduldet, und –
PROSPERO ihr in die Rede fallend. Woher weißt du, daß die neun Jahre voll sind?
MIRANDA. Ich weiß nicht – es fiel mir so ein – hab‘ ichs getroffen? sind sie voll?
PROSPERO bestürtzt. Sonderbare Eingebung! – Getroffen! – Heute geht das neunte zu Ende. – Eben heute!
MIRANDA. Warum legt ihr so viel Nachdruck auf diese Worte?
PROSPERO. Weil unser Schicksal an diesem Tage hängt.
MIRANDA. Erklärt euch deutlicher!
PROSPERO. Ich kann nicht.
MIRANDA. Habt ihr Geheimnisse vor eurer Tochter?
PROSPERO. Nein, aber du hast keine Aufmerksamkeit für deinen Vater.
MIRANDA. Könnt ihr mir das vorwerfen? Ich höre euch so gern erzählen; und behalte ich nicht alles, bis auf den kleinsten Umstand? –
PROSPERO. Meine Erzählungen haften in deinem Gedächtnisse, meine Warnung schwebt an deinem Ohre vorüber.
MIRANDA. Ich will alle meine Sinne anstrengen.
PROSPERO. Wenn es bey dir stände, dich des Schlafs zu erwehren?
MIRANDA erstaune. Des Schlafs? was sagt ihr?
PROSPERO. Er ist die Wirkung des Fluches, den die wüthende Sycorax dir zurückließ. Sobald ich dich der sorglosen Unbefangenheit entreißen will, in der du der Gefahr entgegen taumelst – fallen dir die Augen zu.
MIRANDA. Laßt mich versuchen, sie offen zu erhalten! – theilt mir eure Warnung mit! Redet!
PROSPERO.

Duo.

Vernimm die Schrecken, die uns drohn,
So bald, vom Horizont entflohn,
Der Sonne Strahlen heut erblassen!
MIRANDA.
Was für Gefahren uns auch drohn,
Ich spreche jedem Schrecken Hohn,
Wenn mich des Vaters Arm‘ umfassen.
PROSPERO.

Recitativ.

Neun Jahre schon
Von diesem Strand,
Durch meine Kunst, zur Unterwelt gebannt,
Kehrt heute – Hörst du mich?
MIRANDA mit dem Schlafe kämpfend.
Ich hör‘, ich wache.
PROSPERO.
Kehrt heute Sycorax – Sobald den Sternen – Thron
Die Nacht besteigt – zu kränkevoller Rache
Hierher zurück; und ihr, und ihrem Sohn
Muß ich –

Faßt die schlummernde Miranda bey der Hand.

Du schläfst? Erwache!

Miranda ermuntert sich allmählig wieder.

A tempo.

Vernimm die Schrecken, die uns drohn,
Sobald, vom Horizont entflohn
Der Sonne Strahlen heut erblassen!
MIRANDA.
Was für Gefahren uns auch drohn,
Ich spreche jedem Schrecken Hohn,
Wenn mich des Vaters Arm‘ umfassen.
PROSPERO.
Ich muß der Feinde frechem Hohn
Dich ohne Beystand überlassen.
MIRANDA wach, aber betäubt.
Ich lausche bang auf jeden Ton,
Doch deiner Worte Sinn zu fassen,
Streb‘ ich vergebens.
PROSPERO.
Dich umwallen
Des Zauberschlafes Düfte schon.
MIRANDA.
Ich höre nur ein fernes Lallen,
Auf deiner Lippe stirbt der Ton.
PROSPERO.
Und ließ ich ihn, wie Donner, schallen;
Dein Zauberschlaf –
MIRANDA sich ermunternd.
Er ist entflohn.
PROSPERO.
Er spräche selbst dem Donner Hohn.
MIRANDA.
Er soll mich nicht mehr überfallen.
Versuchs noch einmahl!
PROSPERO.
Wohl, gieb Acht!
ARIOSE.
Zurück, zu schwarzer Rache,
Kehrt Sycorax bey Nacht;
Gelähmt ist meine Macht,
Kein Geist, der dich bewache!
Und Caliban –

Die Musik bricht rasch ab.

MIRANDA im Traume. Ja, ja doch – gute Nacht! Schläft ganz ein.
PROSPERO. Es ist über uns beschlossen! Sie schläft am offnen Abgrunde, und ich kann sie nicht ermuntern! – O du, deren fromme Gebeine unter diesem stillen Hügel schlummern, Maja, Maja, laß den Schutz deines Gebets über ihr walten, wenn die entscheidende Nacht beginnt, wenn Kraft und Bewußtseyn von mir weichen, und die treuen Geister dieses Eilandes den Einflüssen ihrer alten Tyranninn erliegen! Man hört eine sanfte Musik.
Ha! diese lieblichen Töne verkündigen mir die Ankunft meines Sulfen.

Dritter Auftritt.

Ariel auf einer Wolke. Prospero. Miranda schlafend. Die Musik dauert fort, bis Ariel ganz herab ist.

ARIEL ruft. Prospero!
PROSPERO! Ariel!
ARIEL. Frohe Botschaft, guter Meister! ich habe ein Schiff entdeckt.
PROSPERO freudig. Ein Schiff? wie nahe?
ARIEL. Mit untergehender Sonne kann es hier seyn.
PROSPERO. Gütiger Himmel! willst du uns retten? Zu Ariel. Wo kömmt es her?
ARIEL. Von nördlicher Küste, und scheint seinen Lauf westwärts zu lenken.
PROSPERO. Aendre seine Richtung, guter Ariel! Eile, fliege, und geleite es sicher in die Bucht der Insel?
ARIEL. Was Ariel vermag, darf Prospero von seiner Treue erwarten.

Arie.

Mein Eifer kann
Dem Schicksal nur erliegen.
Den Steuermann
Gewisser zu betrügen,
Will ich aus Wolken ihn,
Durch sanfte Melodien,
In leichte Träume wiegen.
Froh will ich dann
Mit meinem Raub entfliegen.
Mein Eifer kann
Dem Schicksal nur erliegen.

Ab.

PROSPERO faßt Miranda bey der Hand. Miranda! Miranda! Theile die Hofnung deines Vaters! – Sie hört mich nicht! Er erblickt Caliban. Ha! da kömmt der Unhold, dessen Stimme den Schlaf zu jeder Stunde von ihren Augenliedern scheucht!

Vierter Auftritt.

Caliban. Prospero. Miranda.

CALIBAN erblickt Miranden, und eilt auf sie zu. Noch nicht ausgeschlafen, sprödes Liebchen?
MIRANDA fährt erschrocken auf und schreyt Caliban! Flieht in die Zelle.
CALIBAN. Sachte, sachte, scheue Gemse! Nimm wenigstens ein Küßchen mit auf den Weg! Will ihr nach.
PROSPERO vertritt ihm den Weg. Verwegner, wo du dich unterstehst! –
CALIBAN drohend. Ho! ho! nicht so laut, Herr! oder ich rede auch aus dem Tone. – Die neun Jahre sind um. Die Weissagung trift ein. Eure Herrschaft hat ein Ende. – mit der Insel.
PROSPERO. Elender Gnome! du trotzest auf die ohnmächtige Drohung deiner Mutter?
CALIBAN. Ohnmächtig? Und doch erblaßt ihr vor Furcht, so oft ich euch daran erinnere! Mein Mütterchen hält Wort; sie ist mir diese Nacht im Traume erschienen: Söhnchen Caliban, sprach sie, morgen komm ich unter Blitz und Donner wieder! Morgen setz‘ ich dich in dein Erbtheil ein, und führe Mirandchen in deine Arme.
PROSPERO. Sohn einer Furie, du lügst, wie sie.
CALIBAN. Ich lüge nicht, und mein Mütterchen ist keine Furie. Aber ihr seyd ein Räuber. – Hört nur! wir wollen uns vergleichen. Gebt mir eure Tochter im Guten, so will ich euch aus Grosmuth die Insel noch ein Weilchen lassen. Wo nicht, so macht euch gefaßt, hundert Klaftern tief bey Schlangen und Eidexen zu wohnen.
PROSPERO. Schweig, Undankbarer! wird es mir nie gelingen, dir sanftere Gesinnungen einzuflößen? Wie viel Mühe hab‘ ich nicht verschwendet, dich der thierischen Roheit zu entreißen, in der ich dich fand! du krochst auf allen Vieren, ich lehrte dich den Gang des Menschen. Du belltest wie ein Hund, ich verlieh dir die Sprache.
CALIBAN. O! dafür bin ich euch allerdings verbunden; denn ohne Sprache, könnt‘ ich euch nicht fluchen.
PROSPERO. Von nun an zieh ich meine Hand von dir ab. Ich will meine Wohlthaten nicht länger mit Füßen treten sehen.
CALIBAN. Ha ha ha! über die Wohlthaten! Mir meine Insel zu nehmen! mich zum Sclaven zu machen! Mein armes Mütterchen ins Meer zu stürzen!
PROSPERO ergreift ihn. Hab‘ ich Hand an deine Mutter gelegt? Hab‘ ich sie ins Meer gestürtzt? –
CALIBAN schnell und bittend. Nein, nein! – Sie sprang von selbst hinein. – Laßt mich nur loß! Windet sich loß, und fährt hämisch fort. Aber daß ihr Sie in den Bauch einer bezauberten Fichte bannen wolltet, das könnt ihr doch nicht leugnen, he?
PROSPERO. Ich wollte nichts, als ihr Gleiches mit Gleichem vergelten. In eben diesem Ker ker ward von ihr die fromme Maja zwanzig Jahre lang gepeinigt.
CALIBAN. Das sind alte Geschichten; die wollen wir heute nicht aufrühren. Ich habe lustigere Dinge im Kopfe. – Sagt indessen eurer Tochter, daß diese Nacht unsre Brautnacht ist.
PROSPERO spöttisch. Geh, Ungeheuer, und spiegle dich erst in der Quelle!
CALIBAN. O, dafür ist gesorgt! Wißt ihr nicht, daß ich Prinz Wunderschön werde? daß ich eine Gestalt annehmen kann, was ich für eine will?
PROSPERO drohend. Wenn du dich meiner Tochter auf hundert Schritte näherst, so will ich –
CALIBAN. Was willst du? Prahler! – Hast du vergessen, daß du verdammt bist, die Nacht meines Triumphs zu verschlafen? – Schlafe! Träume! – ich will schon mit Prinzessinn Mirandchen fertig werden.

Arie.

Ein schlaues Blendwerk dieser Nacht
Soll sie an meine Seite ketten.
Vergebens strebet deine Macht,
Die Stolze von der Schmach zu retten!
Wie soll ihr schauderndes Entsetzen,
Wie soll mich ihre Wuth ergötzen,
Wenn sie getäuscht, verlacht –
In meinem Arm erwacht!

Prospero, der in tiefen Gedanken stand, geht ab in die Zelle; Caliban verfolgt ihn mit folgendem Gesange bis an den Eingang.

Als redende Zeugen,
Wie ganz sie mein eigen,
Beim festlichen Schweigen
Der Wundernacht ward –
Erscheinen,
Im kleinen,
Zwey süße Gestalten
Von Calibans Art.
Sie schrecken,
Sie necken,
Dich grämlichen Alten;
Sie spotten der Falten;
Sie rupfen,
Sie zupfen
Am Zottelbart.

Ab.

Fünfter Auftritt.

Meerufer. Auf einer Seite hohe Fessen, auf der andern Wald. Das Ufer selbst schroff und von Klippen.

Final.

MIRANDA tritt auf.
Schmachtend flöh ich aus der Zelle;
Welche nie erlebte Schwühle!
Bänglich seufzt die träge Welle;
Tiefes Schweigen herrscht im Hain.
Hoch auf Felsen wohnet Kühle;
In das weite Meer zu blicken,
Wird den matten Geist erquicken,
Und die Brust von Angst befreyn.

Steigt den Felsen hinan, und verliert im Gehen ihren Schleier.

CALIBAN tritt auf.
Rücket schneller, träge Stunden! –
Wo verweilst du, Nacht der Wonne? –
Dehnet schadenfroh die Sonne,
Mir zur Marter, ihren Lauf? –
Still! – ein Mittel ist gefunden;
Schlaf soll meine Sehnsucht kühlen. –
Zu den süßesten Gefühlen
Wecke dann, o Nacht, mich auf!

Legt sich unter die Bäume und schläft ein.

PROSPERO tritt auf.
Welche Stille! Welche Schwühle!
Welche bangen Vorgefühle!
Ausgerüstet zum Verderben,
Lauert dort ein Wolkenheer.
Wie die Fluthen schon sich kräuseln!
Dumpfer schon die Wipfel säuseln!
Schwärzer sich die Klippen färben!
Und Miranda schweift umher!

Ach! wenn sie zu lange weilte!
Wenn der Sturmwind sie ereilte! –
Wo erruft sie meine Stimme?
Wie entdeck‘ ich ihre Spur?

Seh ich recht? – mir däucht, sie klimme
Hoch auf jenes Felsen Rücken,
Und verliere voll Entzücken
Sich im Anschaun der Natur.

Steigt den Felsen hinan, und verliert sie aus den Augen. Der Sturm nähert sich.

ARIEL erscheint auf einer Wolle.
Vor des nahen Sturmes Grimme
Kehr‘ ich, arm an Hülfe, wieder.
Eines Sylfen schwacher Stimme
Ist das Meer nicht unterthan.
Geist der Welten, schau hernieder
Auf der bleichen Schiffer Streben!
Rette der Bedrängten Leben,
Und vertraue sie mir an!

Das Theater verfinstert sich. Unter Blitz und Donner beginnt der Sturm. Das Meer fängt an zu wogen.

CALIBAN erwacht und fährt erschrocken in die Höhe.

Recitativ.

Wo bin ich? – Was erblick ich?

Arie.

Tod und Aufruhr gatten
Sich im Graun der Nacht! –
Ha! der Mutter Schatten
Ist im Sturm erwacht! –
Mit des Orkus Heeren,
Fährt sie stolz daher;
Ihren Zepter ehren
Himmel, Erd und Meer!
Caliban ist Meister;
Sein Triumph hebt an!
Auf, ihr Rachegeister!
Zeiget ihm die Bahn!

Ab.

Sturm, Blitz und Donner nehmen zu. Man hört von Weitem ein Chor von Schiffern.

CHOR DER SCHIFFER in der Ferne.
Wehe! Wehe!
Weh uns Armen! –
Gott der Hilfe, hab‘ Erbarmen! –
Brich des Sturmes Wuth! –
Bändige die Fluth! –

Näher, indem man das nothleidende Schiff erblickt; einzelne Stimmen.

Standhaft! – Ringet! – Kämpfet! – Strebet!
Schöpfet neuen Muth!
Der auf Wolken schwebet,
Euer Vater lebet!
Laßt nicht ab zu flehn! –

Alle Stimmen.

Hab‘, o Vater! Hab‘ Erbarmen!
Laß uns nicht vergehn!
Eile beyzustehn!

Der Sturm wächst, das Schiff verschwindet.

Keine Rettung! Kein Erbarmen! –
Ach, wir scheitern – sinken, – vergehn –

Der Sturm nimmt ab; einzelne Stimmen der Ertrinkenden.

Weh uns Armen! –
Wehe! – Wehe!

Ende des ersten Akts.

Zweyter Akt.

Erster Auftritt.

Romantische Gegend. Aussicht auf das Meer.

Fernando. Ariel ungesehen.

FERNANDO tritt langsam und schwermüthig auf, und richtet Blick und Geberde gen Himmel.

Recitativ.

Der du des Grabes offnem Schlunde
Mich wunderbar entrissest – ach verzeih! –
Erstickt von Thränen, stirbt auf meinem bebenden Munde
Des Herzens Dank. Zu frisch ist noch die Wunde;
Zu laut umstöhnt mich noch der Brüder Angstgeschrey. –

Die Musik wiederholt einzelne Gedanken aus dem Schlußchore des ersten Akts.

Ists möglich, daß nur ich – nur ich gerettet sey? –
Gerettet? ich allein? – Ists Wohlthat? ist es Strafe? –
Wohin verschlug mich mein Geschick? –
Vergebens lauscht mein Ohr – mein Blick –
Die ganze Schöpfung ruht in Todtengleichem Schlafe.
Ach!
ARIEL hallt den Ton nach.
Ach!
FERNANDO.
Echo nur, giebt meine Seufzer mir zurück. –

Arie.

Werd ich des Daseyns Wonne schmecken
In diesem bangen Aufenthalt?
O, werd ich hier ein Herz entdecken,
Das mir entgegen wallt?
Zerrissen sind des Lebens Bande
Für den, der fremd, auf ödem Strande,
Wo keines Menschen Stimme hallt,
Bedroht von tausendfachen Schrecken,
In tiefer Schwermuth wallt.
Werd ich des Daseyns Wonne schmecken?
Werd ich?
ARIEL fällt in die Melodie der Arie ein.
Du wirst ein Herz entdecken,
Das dir entgegen wallt.
FERNANDO nachdem er mit frohem Erstaunen sich überall umgesehen hat.
Bothe des Trostes! himmlischer Sänger!
Stille mein Sehnen! weile nicht länger!
Zeige dich mir!
Nun erst, o Schicksal, bin ich genesen.
Rund um mich weben mächtige Wesen. –
Seliger Geister Freystadt ist hier.
Bothe des Trostes! himmlischer Sänger!
Stille mein Sehnen! weile nicht länger!
Zeige dich mir!

Er hört kommen, erblickt den Prospero, und wirft sich vor ihm nieder.

Zweyter Auftritt.

Prospero. Fernando.

Duo.

FERNANDO.
Ich zolle dir im Staube,
O Schutzgott, meinen Dank.
PROSPERO.
Dich täuscht ein frommer Glaube;
Der Gottheit zolle Dank.

Hebt ihn auf.

FERNANDO.
Aus deinem Auge blicket
Der Himmelsbürger Ruh.
PROSPERO ihn umarmend.
Der an sein Herz dich drücket,
Er ist ein Mensch, wie du.
FERNANDO.
Ein Sterblicher, wärst du?
PROSPERO.
Ein Sterblicher, wie du!
FERNANDO.
Der Unbestand des Glückes,
Gewaltsam traf er mich.
PROSPERO.
Die Allmacht des Geschickes
Traf mich so sehr, als dich.
FERNANDO.
Ich kämpfte mit den Wogen;
Dem Tod entrann ich kaum.
PROSPERO.
Von Menschen, falsch wie Wogen,
Ward ich verfolgt, betrogen;
Dem Tod entrann ich kaum.
BEYDE.
Wie gleicht sich unser Traum!
FERNANDO.
Umfaßt von deinen Armen,
Vergeß‘ ich meinen Schmerz.
PROSPERO.
Geneigter zum Erbarmen
Schuf eignen Gram mein Herz.
PROSPERO.
Wer bist du?
FERNANDO.
Mein Name ist Fernando; mein Vaterland Neapel.
PROSPERO. Kennst du den König von Neapel?
FERNANDO erschüttert. Ob ich ihn kenne? ob ich Alfonso kenne?
PROSPERO mit Theilnahme. Lebt Alfonso noch?
FERNANDO. Er lebt. Wendet sich weg, um eine Thräne abzutrocknen.
PROSPERO. Du weinst! Warum erschüttert meine Frage dich so heftig?
FERNANDO. Die Ursache ist eben so unglaublich, als gerecht.
PROSPERO. Laß mich sie wissen!
FERNANDO. Sie ist unglaublich, sag‘ ich dir. Die Zeugen dessen, was du zu wissen verlangst, verschlang das Meer.
PROSPERO. Erkläre dich deutlicher!
FERNANDO. Alfonso ist – mein Vater.
PROSPERO. Fremdling! entweihe die Stunde deiner Rettung nicht durch eine Unwahrheit.
FERNANDO. Dieser Ring ist das einzige Kleinod, das mir übrig blieb. Zieht einen Ring vom Finger, und reicht ihn Prospero hin.
PROSPERO indem er den Ring betrachtet, für sich. Was seh‘ ich. Laut. Kennst du die Inschrift dieses Ringes?
FERNANDO. Kein Sterblicher konnte sie mir entziffern.
PROSPERO. Sie enthält das Schicksal dessen, der ihn dir gab.
FERNANDO. Ich erstaune!
PROSPERO. Er war einst glücklich, und hat aufgehört es zu seyn.
FERNANDO. Welche übermenschliche Weisheit! Getroffen! wahr, nur allzu wahr!
PROSPERO. Von wem hast du ihn?
FERNANDO. Von der Hand meines Pathen, eines edlen guten Fürsten, der ein besseres Loos verdiente.
PROSPERO. Sein Name?
FERNANDO. Prospero von Mailand. Seine Geschichte wird dir nicht unbekannt seyn.
PROSPERO Wie sollten eitle Welthändel zu meinen Ohren dringen?
FERNANDO. Durch seinen Bruder Antonio gestürzt, mußte er sein Land meiden.
PROSPERO. Erzähle mir, was du von der Sache weißt.
FERNANDO. Es ist ein Gewebe von Undank, Ungerechtigkeit und Verrätherey. Der Aufruhr brach los, ehe Prospero ihn nur ahnen konnte. Auf dem einsamen Waldschlosse, wo er seine Tage den Wissenschaften widmete, wurde er bey Nacht überfallen, und nebst seiner fünfjährigen Tochter gefangen genommen. Alsbald rüstete sich mein Vater, seinem alten Bundsfreunde zu Hülfe zu eilen. Da erscholl die Nachricht, er sey dem Kerker entronnen, habe sich mit seinem Kinde nach Genua geflüchtet, und sich dort zur See begeben. Auf der Fahrt nach Neapel sey er verunglückt. Mein Vater war untröstlich. Er klagt den Antonio öffentlich des Brudermordes an. Die Wahrheit blieb ein Geheimniß. Hat man die Unglücklichen über Bord geworfen? Hat man sie auf einer wüsten Insel ausgesetzt? Gott allein weiß es, und wird es rächen!
PROSPERO. Fremdling, du verstehst die Kunst zu rühren. Wie überzeugst du mich aber, daß Prospero nicht eben so viel Tadel verdient, als du Mitleid für ihn fühlest. Vielleicht war er mehr schwach, als gut. Vielleicht überließ er unwürdigen Günstlingen das Ruder der Regierung, um müßigen Träumereyen nachzuhängen. Für sich. Dank sey dem Unglücke, das mich Selbsterkenntniß gelehrt hat!
FERNANDO Ariels Erscheinung ahnend, für sich. Welche kühle Luft erhebt sich plötzlich! –

Dritter Auftritt.

Ariel von Fernando ungesehen. Vorige.

ARIEL. Meister, ich habe ihrer noch drey gerettet, einen frischen Jüngling und zwey häßliche Alte.
PROSPERO. Sorge für sie! Ariel ab.
FERNANDO für sich. Was ist ihm? mit wem sprach er? – Mich schaudert!

Vierter Auftritt.

Miranda. Vorige.

MIRANDA die von ferne gelauscht hat. Darf ich näher kommen Vater?
PROSPERO. Du darfst.
MIRANDA schüchtern. Willkommen, lieber Fremdling!
FERNANDO fällt auf die Knie. Ich danke dir, holdselige Nymphe!
MIRANDA freudig zu Prospero. Er spricht, wie wir!
PROSERO winkt Fernando aufzustehn. Mache meine Tochter nicht eitel!
MIRANDA halb laut zu Prospero. Ach, Vater! welch ein schöner, schöner Mann!
PROSPERO halb laut zu ihr. Du findest ihn schön, weil du ihrer nicht mehr kennst, als zwey.
MIRANDA. Zwey? Wen kenn‘ ich außer Euch?
PROSPERO. Caliban.
MIRANDA verächtlich. Rechnet ihr den auch mit?
PROSPERO auf Fernando zeigend. Gegen eine Anzahl von Männern ist er nur ein Caliban.
MIRANDA. Ich verlange nie einen schönern zu sehen.
FERNANDO für sich. Welche bezaubernde Gestalt! welche unaussprechliche Anmuth!
PROSPERO für sich. Ihre Augen begegnen sich schon.
MIRANDA zu Fernando. Sey doch nicht so stumm, lieber Fremdling!
FERNANDO. Entzücken fesselt meine Zunge. Ich wähne in Elysium zu seyn.
MIRANDA. Ich verstehe dich nicht.
PROSPERO. Diese Ueberspannung deiner Fantasie, Fremdling, ist die Folge der Wunder, die du heute erfahren hast. Bald genug werden aufwachende Bedürfnisse dich erinnern, daß du noch auf der Welt bist. – Geh Miranda, und sorge für seine Erquickung!
MIRANDA. Wollen wir nicht lieber zusammen gehen, Vater?
PROSPERO. Wir kommen nach.
MIRANDA. Nachkommen? – Aber verweilt auch nicht zu lange! Meine Anstalten sollen bald gemacht seyn. Will ab, kehrt wieder um, und kömmt zurück.
PROSPERO. Was willst du?
MIRANDA. Ihn nur noch einmahl ansehen.
FERNANDO lächelnd für sich. Allerliebste Unschuld!
PROSPERO. Geh, du weißt nicht, was du redest, noch was du thust.
MIRANDA. Lieber, guter Fremdling! du gefällst mir gar zu wohl. O, es wird dir auch bey uns gefallen! dafür ist mir nicht bange. Ich habe zwar noch nie einen Gast zu bewirthen gehabt; aber das kann ja keine Kunst seyn.

Rondo.

Froher Sinn und Herzlichkeit
Lehren uns Erfindsamkeit,
Einen Gast zu pflegen.
Frohsinn kürzet ihm die Zeit,
Zwanglos eilet Herzlichkeit
Seinem Wunsch entgegen.
Früchte will ich dir zum Mahl
Frisch vom Baume pflücken;
Will mit Blumen ohne Zahl
Unsre Zelle schmücken;
Kräuter dir zum Lager streun,
Wenn der Abend sinket;
Mit Gesange dich erfreun,
Bis der Schlaf dir winket.
Froher Sinn etc.
Wenn der Schöpfung stille Pracht
Deinen Blick erheitert;
Wenn der Freundschaft sanften Macht
Sich dein Herz erweitert;
Wirst du reichen Maaßes hier
Trost und Freude finden;
Werden schnell, wie Träume, dir
Deine Tage schwinden.
Froher Sinn etc.

Ab.

Fünfter Auftritt.

Prospero. Fernando.

FERNANDO für sich. Wenn es ein Traum ist, gütiger Himmel, so laß mich nie wieder erwachen!
PROSPERO für sich. Ich muß dieser aufkeimenden Leidenschaft Hindernisse in den Weg legen. Laut. Fremdling! – oder hörst du dich lieber Fernando nennen? – Spotte der Einfalt dieses Kindes nicht! Ihre Jugend, ihre Entfernung von der Welt entschuldigen sie.
FERNANDO mit Feuer. Einfalt nennst du – was mich an ihr entzückt, was sie in meinen Augen unendlich über ihr Geschlecht erhebt! Die Einfalt eines Engels! die Offenheit des goldnen Alters!
PROSPERO. Ich kenne die Menschen, und diese Kenntniß lehrt mich, eben so kalt und verschlossen gegen dich seyn, als sie freymüthig und zuvorkommend ist.
FERNANDO für sich. Welche schnelle Veränderung!
PROSPERO. Ob du der bist, für den du dich ausgiebst? ob das Ungefähr dich hieher leitete? ob du dieses entlegene Eiland in feindlicher Absicht aufsuchtest? – ich wage keine Muthmaßung. Nur zu bald aber werde ich den Gastfreund vom Kundschafter, den Sohn eines großen Königs – von einem nichtswürdigen Betrüger zu unterscheiden wissen.
FERNANDO ruhig und fest. Prüfe mich! du sollst mich bewährt finden.
PROSPERO.

Arie.

Fremdling höre
Meinen Willen, deine Pflicht!
Stör‘! o störe
Dieser Freystatt Ruhe nicht!
Ich bin Vater – und ich wache
Ueber meines Kindes Ehre.
Ich bin mächtig – und ich schwöre
Dem Verräther ewig Rache,
Der in ihr das Herz mir bricht.
FERNANDO. Tief ist deine Warnung in mein Herz gedrungen. – Empfange du dagegen, mein unverletzliches Gelübde! – Heilig sey mir das Gastrecht, das du mir angedeihen lässest! Heiliger, als Tempel und Altäre, diese Freystatt, in die du mich aufnimmst! – Schütze mich! von mir hast du nichts zu fürchten.
PROSPERO stolz. Ich! fürchten? ich! Jüngling du ahnest nicht, in wessen Gewalt du bist.

Duo.

PROSPERO.
Friedsam ruht vor deinen Blicken
Jenes Felsen grauer Rücken;
Auf! berühr‘ ihn, hast du Muth?

Indem Fernando sich dem Felsen nähert, schwingt Prospero den Stab, und der Fels speyt Flammen.

FERNANDO zurückbebend.
Ach Entsetzen! welche Gluth!
PROSPERO.
So entlodert meine Wuth.
FERNANDO ihm zu Füssen.
Schenk‘, o Starker, mir das Leben!
PROSPERO.
Nur Verbrecher lehr‘ ich beben.

Indem er ihn aufhebt.

Eine Seele, rein von Schuld,
Hat ein Recht auf meine Huld.
FERNANDO.
Meine Seele, rein von Schuld,
Hat ein Recht auf deine Huld.
PROSPERO.
Wag’s noch einmal hinzublicken! –

Er schwingt abermals den Stab; das Feuer verschwindet und ein blühender Rosenbusch erscheint an dessen Stelle.

Sprich, was staunst du lächelnd an?
FERNANDO.
Staunen wechselt mit Entzücken.
Sprich, wer tilgte den Vulkan?
PROSPERO.
Der hier strafen und besthocker
Schaffen und vernichten kann.
FERNANDO.
Blüht auf Fels der Liebe Blume? –
Ists ein Spiel der Fantasie?
PROSPERO.
In der Tugend Heiligthume,
Blühet so der Liebe Blume:
Für die Treue blühet sie!

Fernando fällt in die Wiederholung dieser Strophe ein, dann gehn sie zusammen ab.

Sechster Auftritt.

Zweyte Decoration des ersten Akts.

ARIEL allein. Für die Geretteten sorgen soll ich? – Ja, guter Meister; aber sie erforschen will ich auch. – Leichesinn und Gutmüthigkeit funkein in den Augen des Jünglings. Aber die Alten! die Alten! – Ihr Herz scheint mir eben so viel Falten zu verbergen, als sie Runzeln im Gesichte haben. – Kommt nur an! Ariel soll euch mitspielen, wie ihrs verdient.

Arie.

Ja, dem Heuchler keine Gnade!
Ihn entlarven, ihn beschämen,
Heißt der Tugend Sache rächen,
Und der Wahrheit Opfer weihn.
Leichte Fehler, kleine Schwächen
Guter Menschen zu verzeihn,
Und auf zweifelhaftem Pfade
Mich Verlaßner anzunehmen,
Wankenden die Hand zu leihn –
Giebt die Sympathie mir ein.
Doch dem Heuchler keine Gnade!
Ihn entlarven, ihn beschämen,
Heißt der Tugend Sache rächen,
Und der Wahrheit Opfer weihn.

Ab.

Siebenter Auftritt.

Fabio. Oronzio.

FABIO ruft ängstlich im Kommen. Fernando! Fernando!
ORONZIO. Du wirst dich heiser nach ihm rufen. Wer weiß, in welchem Wallfischbauche der steckt?
FABIO. Ach, mein armer, junger, lieber Herr! Ich wollte, ich läg‘ an deiner Seite!
ORONZIO. Ruchloser Jüngling! ist das der Dank, den du dem Schutzpatrone schuldig bist?
FABIO. Schweig, alter Betbruder, und bekümmre dich nur um dein Gelübde!
ORONZIO. Zweifelst du, daß ichs lösen werde?
FABIO. Wenigstens glaub‘ ichs nicht eher, als bis ichs mit meinen Augen sehe, daß ein Küchenmeister ein Eremit wird.
ORONZIO. Ein Eremit? das hab‘ ich nicht gelobt!
FABIO. Du! ich habs mit meinen Ohren gehört.
ORONZIO. Ein Ruder von gediegnem Silber hab‘ ich ihm versprochen.
FABIO. Schön! und das Silber dazu willst du stehlen?
ORONZIO. Das ist meine Sorge. Laß meinen Fuß nur erst wieder auf fester Lava stehen!
FABIO. Schleicher! du machst einen Winkelzug über den andern, um den guten Patron um sein Opfer zu schnellen. Wie kannst du dir schmeicheln, jemals den grauen Rücken des Vesuvs wieder zu sehen?
ORONZIO. Ich verstehe mich auf kräftiges Beten.
FABIO. Ha! ha! ha! Wenns eine kräftige Sauce wäre.
ORONZIO. So profan kann nur ein Page sprechen.
FABIO. Still! mir däucht ich höre etwas tappen – Lauscht.
ORONZIO zitternd. Der Himmel bewahre uns vor reissenden Thieren!

Achter Auftritt.

Stefano. Vorige.

FABIO ihn von weitem erblickend. Nein! – es ist ein ganz zahmes – so wahr ich lebe, es ist der Bachuspriester, Stefano!
ORONZIO freudig. Ach, mein ehrlicher Vetter!
FABIO. Laßt uns eine Lust mit ihm haben! Ziehen sich auf die Seite und sprechen heimlich.
STEFANO kömmt näher ohne aufzublicken. Wenn ich mich nur erst überzeugen könnte, ob ich lebendig oder todt bin? Mit gefalteten Händen. Mächtiger Schutzpatron! erbarme dich eines armen Sünders! Gieb mir ein Zeichen!
ORONZIO UND FABIO schleichen von beyden Seiten herbey und schlagen ihn auf die Schulter, und rufen mit heiserer Stimme. Todt!

Stefano fällt betäubt zu Boden.

Fabio lacht überlaut.

ORONZIO erschrocken. Vetter Stefano! – Zu Fabio. Verdammter Spaß! Ich habe dirs vorher gesagt, daß er ein furchtsamer Hase wäre.
FABIO. Er wird doch nicht gar ein Narr seyn, und todt bleiben?
ORONZIO kniet nieder und rüttelt ihn. Herzens Vetter! Komm doch wieder zu dir! Versteh doch Spaß!
STEFANO richtet sich halb in die Höhe, schlägt die Augen auf, erblickt die andern und schreyt. Gespenster! Hält sich mit beyden Händen die Augen zu. Ach! ich kann keine sehen, ob ich gleich selbst nur ein Gespenst bin.
FABIO reißt ihm die Hand vom Gesichte. Sperre doch nur die Augen auf
ORONZIO ihn bey der andern Hand fassend. Du wirst doch uns wieder erkennen? Wir sind’s!
STEFANO. Oronzio! Fabio! seyd ihr auch gestorben?
ORONZIO indem er ihm auf die Beine hilft. Wir leben alle. Steh doch auf!
FABIO. Laß dich umarmen! wenn du’s nicht glauben willst. Sie umarmen ihn wechselsweise, mit Karrikatur.
STEFANO indem sie ihn umarmen. Ach! Ach! laßt mich nur los! Ihr erstickt mich! – Wo sind wir denn?
ORONZIO. Wenn wir das selbst wüßten!
FABIO. Auf einer wüsten Insel.
STEFANO. Wüsten Insel? – Schmählicher Tod für einen Kellermeister, Durstes zu sterben!
FABIO. Vielleicht finden wir süsses Wasser.
ORONZIO. Und Wurzeln und Kräuter, wie das liebe Vieh!
FABIO. Ihr seyd keine bessere Kost werth.
STEFANO. Ach wir armen Teufel, wie sind wir geprellt!
FABIO. Der Teufel selbst ist doch noch mehr geprellt, als ihr.
STEFANO. O, mahl‘ ihn nicht an die Wand, ich bitte dich!
FABIO. Er hatte schon so sichre Jagd auf eure Haut gemacht, und da reißt sie ihm der Schutzpatron wieder aus den Zähnen.
ORONZIO ihm drohend. Fabio, wo du nicht aufhörst, den Freygeist zu spielen – Es erhebt sich hinter dem Theater eine Musik von blasenden Instrumenten, wie ein Tafelsignal.
FABIO. Horcht! Horcht! Eure Angst hat ein Ende. Läuft nach der Segend.
ORONZIO sich überall umsehend. Die Musik scheint uns nahe zu seyn.
STEFANO sich ebenfalls umsehend. So nahe, daß wir die Musikanten gewahr werden müßten. (die Musik schweigt.)
FABIO wiederkommend. Das ist eine närrische Kapelle! Sie hat sich unsichtbar gemacht.
ORONZIO indem er sich den andern nähert. Was hat das zu bedeuten, ihr Leute?
STEFANO noch furchtsamer, indem er beyde an sich zieht. Mir wird bänger, als jemahls.
FABIO. Und mir wächst der Muth. Jetzt weiß ich, wo ich bin. Die Insel ist bezaubert.

Einige Knaben als Sylfen erscheinen und bringen einen Tisch, der mit Früchten, Wein und Trinkgeschirren besetzt ist. Andere tragen eine aus Schilfrohr geflochtene Bank.

ORONZIO UND STEFANO. Bezaubert? o, Jemine!
FABIO. Ich sage: Juch he! – Gebt acht! wir werden hier hoch leben.
STEFANO. Ach es ist gewiß die Insel, von der meine Großmutter soviel schauerliche Dinge zu erzählen wußte.
ORONZIO. Ach! wenns nur nicht die ist, wohin der Pater Desiderio vorm Jahre meinen Kobold gebannt hat.

Ein blasendes Tafelsignal.

FABIO dreht sich um und erblickt die Tafel. Aha! Erst zur Tafel geblasen – dann die Tafel selbst! – Sagt ichs nicht? Es geht alles auf großem Fuße her.
ORONZIO sich munter stellend. Nun, Verter Stefano?
STEFANO. Alles, wie mir meine Großmutter erzählt hat.
FABIO indem er den Tisch besieht. Ein herrliches Vesperbrod! Einfach und ungekünstelt, wie es In sulanern ziemt! – In den Flaschen ist wohl gar Wein? Er zieht den Geruch ein. So wahr ich lebe es ist Tokayer! – Nun ihr Herren, ist’s nicht gefällig? Setzt sich und fängt während der Ritornells an zu essen. O onzio macht von Zeit zu Zeit einen langen Hals nach der Tafel.

Terzetto.

FABIO.
Nur beherzt! was kanns euch schaden?
Vivat, wer’s mit mir versucht!
ORONZIO.
Könnt‘ ich mich der Furcht entladen,
Lange schon hätt‘ ich’s versucht.
STEFANO.
Wo zum Mahle Teufel laden;
Bleibet Steffen unversucht.
ORONZIO näher tretend, und die Tafel mit lüsternen Augen musternd.
Darf ich trauen? soll ich’s wagen?
Freundlich lacht die fremde Frucht!

Nimmt, kostet und setzt sich.

FABIO indem er Stefano den Korb hinreicht.
Herrlich schmeckt die fremde Frucht.
STEFANO mit beyden Händen abwehrend.
Weg, mit der verbotnen Frucht!
FABIO trinkend.
Ha! wie stärkt der Wein den Magen! –
Wie erwärmet er das Blut!

Stefano wird aufmerksam und schielt hin.

ORONZIO gleichfalls trinkend.
Wie befeuert er den Muth!
STEFANO näher kommend. Zu Oronzio. Ist er gut? Zu Fabio. Ist er gut?
ORONZIO UND FABIO indem sie ihm ein Glas einschenken. Kost‘ ihn selbst! Was hilft das Fragen?
STEFANO zu Oronzio. Ist er geistig? Zu Fabio. Ist er schwer?
ORONZIO UND FABIO. Kost‘ ihn selbst!
STEFANO mit abgewandtem Gesichte.
Je, reicht nur her!

Nimmt, kostet und schlürft das Glas aus.

Er ist gut!

Reicht das Glas hin.

ORONZIO UND FABIO.
Noch mehr?
STEFANO.
Noch mehr!
ALLE indem sie die Gläser anstoßen.
Laßt uns nicht vor Grillen zagen!
Nur der erste Schritt ist schwer.

Sie essen und trinken um die Wette.

FABIO stetzt rasch auf. Lebt wohl, ihr Herrn! Jetzt habe ich frische Kräfte gesammelt, und will noch einen Versuch machen, unsern guten Prinzen auf zu suchen.
ORONZIO. Bleib, und sey mit uns guter Dinge, hörst du? und laß ihn in Gottes Namen, wo er geblieben ist. Mit der Prinzenschaft ists hier vorbey: wenn er uns braucht, mag er uns nachlaufen.
STEFANO. Das ist mein Rath auch. Hier sind wir soviel, als er. Allenfalls wollen wir ihm ein Gläschen Wein aufheben.
FABIO. Pfuy über euch Sclavenseelen! – Ihr dientet ihm um Sold. Ich hieng mit ganzer Seele an ihm. Mir war er mehr als Herr. Er war mir Freund.
ROMANZE.
Ich sollte hier,
Getrennt von dir,
O Freund, des Lebens Freuden schmekken?
Ich sollte hier
Die Arme dir,
In träger Ruh entgegenstrecken?
Nein, fort von hier!
Zu dir, zu dir!
Müh und Gefahr soll mich nicht schrekken,
Treu meiner Pflicht,
Ermatt ich nicht,
Bis meine Blicke dich entdecken.
Und wenn dich gleich
Erstarrt und bleich
Des Todes kalte Schatten decken –
D Königssohn!
Mein Hauch, mein Ton,
Mein Kuß soll dich ins Leben wecken.

Neunter Auftritt.

Oronzio. Stefano.

ORONZIO. Geh nur hin! du wirst ihn auch nicht finden. Er war just so ein Zeisig, als du. Ich will nicht richten. Aber der Sturm, Vetter Stefano, der Sturm kam nicht von ungefähr.
STEFANO. Das hätten wir freylich bedenken sollen, ehe wir uns mit ein paar Atheisten einschifften.
ORONZIO seufzend. Ja, wenn unser gemeinschaftliches Hauskreuz uns nicht weggetrieben hätte?
STEFANO. Wollen wir großmüthig seyn, und ihre Gesundheit trinken?
ORONZIO. Meinethalben!
STEFANO nimmt sein Glas. Dein alter Geizdrache!
ORONZIO nimmt sein Glas auch. Deine verliebte Meerkatze!

Zehnter Auftritt.

Oronzio. Stefano. Caliban im Hintergrunde. Ariel hinter einem Busche.

ORONZIO UND STEFANO trinkend, nach einer Volksmelodie.
Mögen unsre Weiber doch
Dort nach Willkühr hausen,
Wenn wir, frey vom Ehejoch,
Hier in Ruhe schmausen!

Sie stoßen an, trinken, und schenken wieder ein.

Lieber aber möchten wir,
Dort in Ruhe schmausen,
Und statt unsrer möchten hier
Unsre Weiber hausen!

Sie greifen wieder nach ihren Gläsern um aufzustoßen.

Terzett

CALIBAN von Weitem.
Dieser Tausch gefiel auch mir!
STEFANO setzt alsbald sein Glas erschrocken nieder.
Still!
ORONZIO.
Was?
STEFANO.
Still!
ORONZIO.
Was giebts?
STEFANO.
Ich lausche.
CALIBAN.
Dieser Tausch gefiel auch mir.
STEFANO.
Ja, es spricht wer hinter mir.
ORONZIO.
Außer uns spricht niemand hier.

Pause.

STEFANO.
Gieb acht!
ORONZIO.
Ich lausche.

Pause.

ORONZIO.
Du schwärmst im Rausche.
STEFANO.
Es sprach vom Tausche.
CALIBAN.
Dieser Tausch gefiel auch mir!
STEFANO.
Ja, es spricht wer hinter mir.
ORONZIO.
Außer uns spricht niemand hier.

Sie greifen wieder nach den Gläsern und wiederhohlen die erste Strophe.

Mögen unsre Weiber doch,
Dort nach Willkühr hausen,
Wenn wir frey vom Ehejoch,
Hier in Ruhe schmausen!

Sie stoßen an und wollen trinken.

CALIBAN.
Aber lieber möchtet ihr
Dort in Ruhe schmausen,
Und statt eurer, möchten hier
Eure Weiber hausen!

Oronzio und Stefano, haben, ohne zu trinken, die Gläser niedergesetzt und sich in eine Ecke geschlichen.

CALIBAN mit lautem Gelächter näher kommend.
Das war ein Spaß!
ORONZIO UND STEFANO zu einander.
Ach, wer ist das?
CALIBAN nimmt Besitz vom Tische.
Seyd mir willkommen!
Ihr zechet baß!
ORONZIO UND STEFANO zu einander.
Du bist beklommen
Und leichenblaß!
CALIBAN sich einschenkend.
Euch gilt dies Glas!
Laßt meinen Spaß
Euch wohl bekommen!
ORONZIO sich munter stellend.
Das war ein Spaß!
Nimm auch dein Glas!
Heiß‘ ihn willkommen!
STEFANO.
Der schlechte Spaß
Wird uns, wie Gras
Dem Hund, bekommen.
CALIBAN sich setzend.
Steht nicht so fern!
ORONZIO will den Stefano hinschieben.
Geh doch zum Herrn!
STEFANO sich sträubend.
O, laß mich fern!
CALIBAN.
Laßt uns beym Zechen
Vertraulich sprechen,
Kommt her, ihr Herrn!
ORONZIO.
Der Muth zu sprechen
Erwacht im Zechen,
Komm nur zum Herrn!
STEFANO.
Ich mag nicht zechen,
Ich kann nicht sprechen,
O, laß mich fern!
ORONZIO. Laß uns in einen sauern Apfel beissen. Komm! Zieht ihn mit sich an den Tisch.
STEFANO hält sich die Augen zu und schreyt. Au!
CALIBAN. Du hast gewiß böse Augen, daß du nicht in die Sonne sehen kannst. Setze dich zu mir, so hast du sie im Rücken.
STEFANO. Erlauben sie! ich hab‘ ein Malum, daß ich nicht sitzen kann.
CALIBAN. Du scheinst mir vom Kopf bis zum Fuß ein närrischer Kerl.
ORONZIO halb laut zu Stefano. Sieh ihn nur an! Er ist so übel nicht – weiter nichts als ein monströses Monstrum.
CALIBAN indem er ihm einschenkt. Gute Bekanntschaft, ihr Herren! Nimmt sein Glas.
ORONZIO nimmt sein Glas, und giebt Stefano das seinige. Uns gehorsamst zu bedanken.
CALIBAN. Stoßt an!
ORONZIO stößt mit ihm an. Mit hoher Permission.

Stefano will auch mit zugemachten Augen anstossen, fährt aber dem Caliban mit dem Glase unter die Rase und verschüttet den Wein.

CALIBAN brummend. Na du blinder Maulwurf!
ORONZIO halb laut. Er wird böse! Mach deine Kalbsaugen auf!
CALIBAN. Hört nur! – aber setzt euch erst!
ORONZIO. Wenn sie gnädigst befehlen. Setzt sich schüchtern neben Caliban, Oronzio ganz am Ende der Bank.
CALIBAN. Na, wie gefällt’s euch bey mir?
ORONZIO. O, ganz vortrefflich, Herr –
STEFANO zu gleicher Zeit. O, über alle Massen, Herr –
ORONZIO. Um Vergebung, wir wissen dero Respect noch nicht zu geben.
CALIBAN. Wie?
STEFANO. Wie lassen sich dieselben unmaßgeblich tituliren?
CALIBAN. Was?
ORONZIO. Ob wir uns Dero hohen Namen ausbitten dürfen?
CALIBAN. Ich heisse Caliban.
BEYDE. Unterthäniger Diener, Herr von Caliban!
CALIBAN. Was wollt Ihr mit dem von?
ORONZIO. Wir wissen zu leben, Herr von Caliban!
STEFANO. Wir sind Hofleute, Herr von Caliban.
CALIBAN. Hört nur! ich habe mich lange nach Gesellschaft gesehnt, und heute kommt ihr mir wie gerufen.
BEYDE. Allzu gnädig, Herr von Caliban.
CALIBAN. Hört nur! die Insel ist mein. Es soll euch hier an nichts fehlen. Aber ihr müßt mir auch einen Gefallen thun! wollt ihr?
ORONZIO. O, eine unschätzbare Ehre und Vergnügen, Denenselben unsre schlechten Dienste zu Füssen zu legen!
CALIBAN. Schlechte Dienste? Na, damit ist mir nicht gedient.
ORONZIO. Um Vergebung, es ist nur so eine höfliche Redensart.
STEFANO. So zu sagen, ein gehorsamstes Kompliment.
CALIBAN. Hört nur, ihr werft da mit einen Unrath von Worten um euch, die ich gar nicht verstehe. Ihr seyd doch ein Paar ehrliche Kerl?
BEYDE. O, was das betrift, wir sind das ehrlichste Paar in ganz Neapel.
ARIEL ungesehen von den andern. Ihr lügt.
BEYDE. Gewiß und wahrhaftig, wir sinds!
ARIEL. Ihr lügt, sag‘ ich.
BEYDE. Wir könnens beschwören, gestrenger Herr.
CALIBAN lachend. Warum ereifert ihr euch denn? ich glaubs ja.
ORONZIO. Dieselben liessen doch so etwas von Zweifel fallen.
CALIBAN. Wenn ich zweifelte, wurde ich euch nicht zu meinen Gehülfen nehmen.
ORONZIO UND STEFANO zu einander. Zu seinen Gehülfen?
CALIBAN. Hört nur! Ich habe einen Feine – er heißt Prospero. Es ist der Herr der Insel.
ORONZIO. Ich dachte, es wäre Dere Insel?
CALIBAN. Morgen ist sie wieder mein. Mein Mütterchen kommt diese Nacht zurück. Ich werde Prinz Wunderschön. Ich schnappe Mirandchen weg; und ihr schlagt unterdessen den Alten todt.
ORONZIO UND STEFANO zu einander. Ein Todtschlag?
CALIBAN. Was murmelt ihr?
ORONZIO. Ich habe gar ein zartes Gewissen.
STEFANO. Ich kann kein Blut sehen.
CALIBAN. Desto schlimmer für euch. Wenn ihr ihn heute leben laßt, so seyd ihr morgen verwandelt.
BEYDE erschrecken. Verwandelt?
CALIBAN. Er verwandelt alles, was ihm in den Wurf kömmt. Zu Oronzio. Du mit dem Schmerbauche, du schickst dich am besten zum Eber,Zu Stefano. und du mit den steifen Beinen, du bist ein gebohrner Waldesel!
BEYDE ängstlich. Allerbester Herr von Caliban, wenden sie das Unglück von uns ab!
CALIBAN. Gut, so macht mit mir gemeinschaftliche Sache! Wollt ihr?
BEYDE. Ja doch, ja! mit Leib und Seele.
CALIBAN.
Vertrauet meiner Macht,
Hört auf mit Furcht zu ringen;
Der Streich, er muß gelingen –
Uns schützen Glück und Nacht!
ALLE DREYE.
Uns schützen Glück und Nacht!
CALIBAN.
Wohlan, ein Wort ein Mann!
Wir haben ihn im Netze,
Wir theilen seine Schätze, –
Es sterbe der Tyrann!
ALLE DREYE.
Es sterbe der Tyrann!
CALIBAN.
Raubt nach vollbrachter That,
Raubt, was des Raubes lohnet!
Mirandchen nur verschonet –
Weh dem, der sich ihr naht.
ALLE DREYE.
Weh dem, der sich ihr naht.

Sie reichen sich einander die Hände als Zeichen des geschlossenen Bundes.

Eilfter Auftritt.

Fabio. Caliban. Oronzio. Stefano. Ariel hinter einem Busche.

FABIO ruft hinter dem Theater. He, seyd ihr noch hier?
CALIBAN gespannt. Wer ruft?
ORONZIO zu Stefano. Da kömmt der böse Bube schon zurück.
STEFANO zu Oronzio. Laß dir ja nichts gegen ihn merken.

Caliban tritt furchtsam zurück und lauert.

FABIO tritt eilig auf. Glück! Freude! Sieg! Gefunden, gefunden hab ich –
ORONZIO UND STEFANO hastig einfallend. Den Prinzen?
FABIO. Das Wahrzeichen von unsrer aller Rettung, diesen Schleyer! Zieht einen Schleyer aus seinem Busen und läßt ihn doch flattern; es ist derselbe, welchen Miranda im ersten Akte verlor.
STEFANO verwundert. Wie?
ORONZIO. Was will der Geck?
FABIO. Das begreift ihr nicht? – Wo man einen Schleyer findet, da findet man auch ein Mädchen, und wo Mädchen sind, da ist gut wohnen.
ORONZIO. Ich sage es noch einmahl, daß dich ein Geck bist.
STEFANO. Prahlend geht er fort, seinen Herrn von den Todten zu erwecken, und prahlend kömmt er mit einem Narrenfähnchen wieder!
FABIO saftig. Narrenfähnchen! Faßt ihn beym Kragen. Alter Kahlkopf, ich könnte dich -Läßt ihn los, und fährt in schwärmerischem Tone fort. Wisse unheiliger Lästerer, diesen Schleyer verlohr keine Sterbliche. Er gehört der wohlthätigen Nymphe dieses Eylands! – Von nun an traure ich nicht mehr um meinen Herrn. Ich bin gewiß, daß er lebt, daß sie ihn in Schutz nahm. Vielleicht sitzt er schon, ein zweyter Telemach, in einer reitzenden Grotte an ihrer Seite! Vielleicht schenkt ihm eben jetzt die neue Calypso eine Perlenmuschel voll Nectar ein.
ORONZIO. Das Bürschchen ist betrunken.
STEFANO. Ja, ja, betrunken!
FABIO. Verliebt, nur verliebt – Es ist ein magischer Schleyer. Begreift ihrs nun?

Arie.

Ich küsse dich, o, Schleyer!
Du täuschest meinen Schmerz;
Und hoher Liebe Feuer
Beseelt mein mattes Herz.
Ich sehe die Gestalt
Der Göttinn, die du ziertest.
In blonden Locken wallt
Das Haar, das du berührtest;
Den Busen, weiß wie Schnee,
Hebt schmachtendes Verlangen.
Der Unschuld Grazie
Thront auf den frischen Wangen;
Den Mund umschwebet Scherz.
Ich küsse dich, o, Schleyer!
Du täuschest meinen Schmerz.
CALIBAN schleicht berbey, und reißt ihm den Schleyer weg. Her mit dem Dinge!
FABIO. Element! was ist das für eine Figur?
ORONZIO. Es ist der Herr der Insel.
STEFANO. Prinz Wunderschön.
FABIO. Prinz Mondkalb! ha ha ha! – Meerkatze, Pavian, Seepferd, zu welcher Gattung von Bestien gehörst du?
CALIBAN ihm drohend. Ich will dich bebestien!
FABIO trotzig. Was willst du?
CALIBAN. Niedergekniet! abgebeten! oder –
FABIO. Donner und Wetter! hätt‘ ich meinen Hirschfänger, ich wollte –
CALIBAN mit komischer Majestät. Armseliger Erdenwurm! – Wo ist mein Zauberstab? Indem er sucht, für sich. Ich muß dem Buben bange machen.
ORONZIO. Barmherzigkeit, Herr von Caliban!
STEFANO. Sie wollen ihn doch nicht verwandeln?
CALIBAN nachdem er einen Stock gefunden. Stumm und lahm will ich ihn machen. Weiter nichts.
FABIO. Das will ich sehen. Fang an, Windbeutel!
CALIBAN zu Oronzio und Stefano. Hört nur, ihr andern, das sag ich euch, wenn er sich während der Beschwörung mit einem Worte vergeht, so seyd ihr alle zusammen des Todes!
ORONZIO. Hörst du, Fabio! Bedenke dein Gewissen, leg an dein loses Maul ein Schloß!
STEFANO. Wir wollens ihm lieber selbst anlegen! Zieht ein Tuch aus der Tasche.
FABIO. Meinethalben! Spielt nur Komödie mit mir! Aber wenn der Bär nicht zaubern kann, so will ich ihn tanzen lehren.

Oronzio und Stefano binden ihm den Mund zu.

Quintett.

CALIBAN macht während des Ritornells die Gaukeleyen eines Beschwörers, und zieht einen Kreis um Fabio.
Ehrt meine Macht!
Weh dem, der sie verlacht!
ORONZIO UND STEFANO.
Wir ehren sie,
Wir beugen ihr das Knie.

Knieen zu beyden Seiten des Kreises.

CALIBAN.
Ehrt meine Macht!
Und du, der sie verlacht,

Den Stab über Fabio schwingend.

Werde klüger!
ARIEL ungesehen von den andern.
Du Betrüger! Du Betrüger!
CALIBAN sich umsehend.
Wer spottet mein?

Zu Oronzio.

Bist du’s?
ORONZIO.
Ach nein!
CALIBAN zu Stefano.
Bist du’s?
STEFANO.
Ach nein!
ARIEL.
Du Betrüger! Du Betrüger!
CALIBAN zu beyden.
Ich warn‘ euch stumm zu seyn.
ORONZIO UND STEFANO.
Kein Bild kann stummer seyn.
ARIEL auf Oronzio und Stefano zeigend.
Kein Schaf kann dümmer seyn.
CALIBAN schwingt den Stab zum zweytenmahle.
Ehrt meine Macht!
Bald ist das Werk vollbracht.
ARIEL lachend.
Ha ha ha!
CALIBAN.
Wer spottet mein?
Seyd ihrs?
ORONZIO UND STEFANO.
Ach, nein!
CALIBAN.
Den Spötter treffe Feuer!
Die Erde schling ihn ein!
ARIEL.
Verworfnes Ungeheuer!
Die Rache wartet dein.
ORONZIO UND STEFAND.
Hier ist es nicht geheuer,
Mir zittern Arm und Bein.

Sie halten sich die Augen zu.

CALIBAN schwingt den Stab zum drittenmahle.
Ehrt meine Macht!
Jetzt ist das Werk vollbracht.

Pause.

Arm, Fuß und Zunge
Sind ihm gelähmt.
ORONZIO UND STEFANO.
Der arme Junge!
Wie er sich grämt!
ARIEL zu Fabio.
Hör auf zu träumen!
Wie kannst du säumen,
Ihn zu beschämen?
FABIO sich die Binde abreißend.
Tralala ralala
Tralarala!

Tanzt und schwenkt Caliban herum.

STEFANO UND ORONZIO stehn erstaunt auf.
Welch ein Beginnen! –
Heißt das, ihn lähmen?
CALIBAN sich von Fabio los machend, und hinter die anders verkriechend.
Er ist von Sinnen –
Arm‘, Füß‘ und Zunge
Wollt‘ ich ihm lähmen,
Mein Stab, im Schwunge,
Traf ihm den Kopf.
CALIBAN, ORONZIO, STEFANO.
Nur fort von hinnen
Er ist von Sinnen,
Der arme Tropf!
FABIO.
Tralala ralala.
Tralalara.
ARIEL.
Ha ha ha!

Caliban, Oronzio und Stefano fliehen, Fabio der folgt sie, Ariel verschwindet; die Sylfen erschetnen wieder und tragen den Tisch nebst der Bank weg.

Zwölfter Auftritt.

Gegend im Walde. Ein angefangener Holzstoß, Blöcke und Aeste liegen umher.

Fernando, nachher Miranda.

FERNANDO beschäftigt, den Holzstoß aufzubauen. Ihr guten Eltern! Eure Gedanken suchen mich in Portugall – Der Jubel meines Empfanges, und das Geprange der Vermählungsfeyer verweben sich in eure Traume – Wenn ihr mich in diesem Augenblicke sehen könntet! – euren Erstgebohrnen, euren Liebling! Wie würdet ihr mich beklagen! – Beklagt mich nicht! – Willkommener ist mir diese Sklavenarbeit, als die goldne Fessel, die eure Staatsklugheit mir bestimmte. An der Seite der stolzen Infantinn, hätte Langeweile aus mir geseufzt – Miranda lehrt mich die Seufzer der Liebe.
MIRANDA im Kommen. Strenge deine Kräfte nicht zu sehr an, Fernando! – Die abscheulichen Blöke! Warum hat sie nicht der Blitz diesen Morgen alle verzehrt? – Ruh ein wenig aus! hörst du?
FERNANDO. Miranda, die Sonne geht schon unter. Ich muß mein Tagewerk endigen.
MIRANDA. Erlaube mir, dich abzulösen!
FERNANDO. Himmlische Seele! Nein, ehe mögen meine Sehnen springen, als daß du dich dieser ungewohnten Arbeit unterziehest.
MIRANDA. Ach, du scheinst ihrer eben so wenig gewohnt zu seyn, als ich, und mir käme sie gewiß leichter an; denn ich thäte sie aus gutem Willen, und du thust sie aus Zwang.
FERNANDO. Aus Gehorsam gegen meinen Wohlthäter. Zu welcher Prüfung könnte Mirandens Vater mich verurtheilen, der ich mich nicht mit Freuden unterwürfe!
MIRANDA. Du bist nicht aufrichtig, Fernando. Sieh! es steigt kein Gedanke in meiner Seele auf, den ich dir zu verhehlen suchte. Vergilt mein Vertrauen durch das deinige.
FERNANDO schmachtend. Ach Miranda! wenn ich’s wagen dürfte, dir mein Herz auszuschütten?
MIRANDA. Was hält dich zurück? Rede! Vielleicht zerstreuest du deinen Kummer.
FERNANDO.

Romanze mit Variationen.

Sanft und herrlich, gleich der Sonne
Meines Landes, fiel mein Loos;
Liebevoller Eltern Wonne,
Wuchs ich auf in ihrem Schoos.
Mir zum Erbtheil einst beschieden
War Neapels alter Thron;
Pracht und Ueberfluß und Frieden
Schwebten um den Königssohn.
Aus der Freuden Kreis gerissen,
Schmachtet jetzt der Königssohn,
Alles, alles muß er missen –
Eltern, Vaterland und Thron.
Aber dich hat er gefunden
Reitzende Miranda, dich!
Und, von Schwermuth losgewunden,
Fühlt er neu gebohren sich.
Ihm ersetzen deine Blicke
Jedes Gut, das er verlohr,
Und, versöhnt mit dem Geschicke,
Hebt er stolz sein Haupt empor

Dreyzehnter Auftritt.

Die Vorigen, nachher Caliban, dann Prospero, am Ende Ariel unsichtbar.

MIRANDA. Armer Freund! o warum hat der Himmel nicht mich zu deiner Sclavin gemacht? – Unsere Abkunft war einander gleich; unsere Schicksale sollen es auch seyn! – Nimm meinen Beystand an, komm!

Hand in Hand abgebend.

Final.

CALIBAN sieht Fernando mit Miranda abgehen, und stutzt.
Noch ein Fremdling?
Und Miranda,
Statt zu fliehn,
Leitet ihn? –
Tod und Hölle!
Wie viel Schelme
Hat die Welle
Ausgespieen?
Ha Geselle!
Auf der Stelle
Laß mich spähn,
Dich zu sehn.

Kriecht in das Gebüsch um sie zu belaufchen.

PROSPERO tritt auf.
Ich will spähn,
Nicht sie stören.

Sieht sich überall um.

Nichts zu sehn
Noch zu hören.
Sie und er
Sind verschwunden! –
Alles leer! –
MIRANDA UND FERNANDO hinter dem Theater.
Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!
PROSPERO geht nach der Seite, wo der Gesang herkömmt, und wird sie durch die Bäume gewahr..
Ha gefunden! –
Treu verbunden.
Wie es scheint –
Ja, sie weilet
Um den Freund,
Ja sie theilet.
In der Unschuld
Stillen Würde,
Seine Bürde,
Seinen Schmerz –
Und vertauschen
Herz um Herz.
MIRANDA UND FERNANDO wie vorhin.
Ach, was ist die Liebe
Für ein süsses Ding!
CALIBAN den Kopf aus dem Busche steckend.
Satt gelauschet!
PROSPERO für sich.
Horch! was rauschet?

Wird Caliban gewahr, und zieht sich zurück, um ihn zu behorchen.

CALIBAN geht wieder vorwärts.
Ist’s ein Traum?
Haben kaum
Sich gefunden,
Und schon find,
So geschwind,
Als der Wind
Beyder Herzen
Auch verbunden! –

Indem er wieder hinblickt.

Wie sie scherzen!
Schmachtend blicken!
Sich die Hände
Voll Entzücken
Feurig drücken!

Stampft mit dem Fuße.

Macht ein Ende!
Ha, vor Neide
Werd‘ ich blind! –
FERNANDO UND MIRANDA wie vorhin.
Ach, was ist die Liebe
Für ein süsses Ding!
CALIBAN der indessen nachsinnend auf und abgegangen.
Falsche Beyde!
Lernet zittern!
Euch die Freude
Zu verbittern,
Zu bestrafen
Den Verrath,
Weiß ich Rath –
Stille, stille
Bis zur That! –

Nach Fernando hinzeigend.

In der Hülle
Dieses Sclaven
Werde mein Triumph vollbracht,
Heute Nacht. –
Dieses schlanken Wuchses Pracht;
Diese kühne
Heldenmiene;
Dieses Lächelns Zaubermacht;
Dieses Auge voll Verlangen;
Diese Wangen,
Frisch und rund;
Diesen Mund,
Zum Kuß geschaffen;
Alle diese Liebeswaffen,
Leg‘ ich an,
Sie zu fah’n! –
Ha, wie wird Mirandchen gaffen!
Caliban,
Welch ein Plan!
CAVATINA.
Wenn in Thränen,
Meinem Sehnen
Sich der Schönen
Stolz ergiebt –
Soll sie wähnen,
Die Bethörte,
Sie erhörte,
Den sie liebt!

Ab.

PROSPERO kömmt wieder näher, und sieht ihm nach.
Ha, der Freche!
Welch ein Plan! –
Ach, er sieget,
Sie erlieget
Ihrer Schwäche,
Ihrem Wahn. –
Rath und Hilfe,
Treuer Sylfe!
Eil herbey!
Lehr‘ ein Mittel
Mich erdenken,
Das den Ränken,
Des Verwegnen
Zu begegnen,
Fähig sey!

Ab.

Fernando, Miranda treten auf, jedes trägt einen Arm voll Holz.

MIRANDA.

Lied.

Ach, was ist die Liebe
Für ein süsses Ding!
Meine Seele, hebet
Sich auf ihrem Flügel;
Meine Seele schwebet,
Neu von ihr belebet
Ueber Thal und Hügel,
Gleich dem Schmetterling.

Ach, was ist die Liebe
Für ein süsses Ding!
FERNANDO zu gleicher Zeit, und indem sie gemeinschaftlich das Holz in Ordnung legen.
Ach, was ist die Liebe
Für ein süsses Ding! –
Muth giebt sie zur Arbeit,
Hilft sie uns verrichten.
Eine Blumenkette,
Werden unsre Pflichten,
Und am Thron der Liebe
Hängt der Kette Ring.
Ach, was ist die Liebe
Für ein süsses Ding!

Nach geendigter Arbeit umarmen sie sich.

BEYDE.
Liebe, nimm die Weihe
Unsrer Herzen an!
Dir, mit frommer Treue
Ewig hingegeben,
Laß uns durch das Leben
Froh, wie Kinder, schweben!
Deine Fackel streue
Licht auf unsre Bahn!
Liebe, nimm die Weihe
Unsrer Herzen an!

Sie sehen Prospero kommen, und ziehen sich schüchtern auf die Seite.

PROSPERO tritt mit feyerlicher Schwermuth auf.
Ein Jedes scheide!
Die Nacht bricht ein.
Ihr müßt euch beyde,
Der Stille weihn.
FERNANDO UND MIRANDA zu einander.
Laß uns dem Schlummer
Entgegen gehn!
Uns weckt der Morgen
Zum Wiedersehn.
PROSPERO.
Mit bangen Sorgen
Droht mir die Nacht.
Ehrt meinen Kummer!
Ehrt ihn, und wacht!
BEYDE zu Prospern.
Fern soll der Schlummer!
Fern von uns seyn.
Laß uns im Kummer
Dir Trost verleihn!
PROSPERO.
In meinen Kummer
Dringt niemand ein.
Entsagt dem Schlummer!
Laßt mich allein!
BEYDE.
Ach nein! Ach nein!
Laß uns im Kummer
Dir Trost verleihn!
PROSPERO.
Nein! Nein! Nein! Nein!
Ihr geht von dannen

Indem er zwey schwarze Beutel hervorzieht.

Geheime‘ Kräfte
Den Schlaf zu bannen,
Birgt ein Geschäfte
Von sichrer Wahl.
Hier sind Korallen

Reicht jedem einen Beutel hin.

Dem Sonnenstrahl,
Beym Niederwallen,
Als Thau entfallen
Im nächsten Thal!
Mir unverborgen
Ist ihre Zahl.
Ihr zählt bis morgen,
In ernsten Sorgen,
Die ganze Zahl.
BEYDE indem jedes dem andern seinen Beutel zeigt.
O leichte Sorgen!
Wir gehn zusammen,
Und wissen morgen
Die ganze Zahl.
PROSPERO.
Nein! nicht zusammen!

Zu Fernando.

Du zählst allein.

Zu Miranda.

Du zählst allein.
BEYDE.
Laß uns beysammen!
PROSPERO.
Es kann nicht seyn.
BEYDE.
Laß im zählen uns zusammen
Unverdrossen Beystand leihn!
PROSPERO.
Nein! Nein! Nein! Nein!
BEYDE.
Kannst du diesen Wunsch verdammen?
Frey von ungeweihten Flammen,
Giebt die Freundschaft uns ihn ein.
PROSPERO mit majestätischem Zorne.
Schweigt und zittert! ich befehle. –

Zu Fernando.

Wach und zähle!

Zu Miranda.

Wach und zähle!

Zu Fernando.

Fleuch sie!

Zu Miranda.

Meid‘ ihn, wie den Tod!
BEYDE für sich.
Schauder fasset meine Seele.

Zu Prospero.

Widerrufe dein Verbot!
PROSPERO.
Schweigt und zittert! ich befehle –
Trennet euch!

Für sich.

o bange Nacht!
BEYDE zu einander.
Schauder fasset meine Seele!
Lebe wohl!

Für sich.

o bange Nacht!
ARIEL ungesehen.
Ruhe kehr‘ in deine Seele!
Maja lebt! ihr Auge wacht.

Prospero, Fernando, Miranda jedes besonders ab.

Ende des zweyten Akts.

Dritter Akt.

Erster Auftritt.

Erste Dekoration des ersten Akts.

Sternenhelle Nacht.

Miranda. Fernando.

Miranda sitzt bey Maja’s Grabe, und zählt, während des Ritornells, die Korallen aus dem Beutel in ihren Schoos. Fernando, von ihr ungesehen, sitzt auf einem Block, mit dem Rücken gegen einen Baum, und zählt die Korallen aus dem Beutel in ein, über seine Knie gebreitetes, weisses Tuch.

Duo.

MIRANDA.
Traurige Korallen
Zählen soll ich euch!
Doch wer zählt die Thränen,
Die, vermischt mit euch,
In den Schoos mir fallen?
Traurige Korallen,
Zählen soll ich euch!
Eins, zwey, drey – acht, neun, zehn –

Fährt leise fort zu zählen.

FERNANDO.
Wer euch zählt, Korallen,
Zählt der Wüste Sand;
Ach! benetzt von Thränen,
Läßt die matte Hand
Unbewußt euch fallen.
Wer euch zählt, Korallen,
Zählt der Wüste Sand.
Eins, zwey, drey, – acht, neun, zehn –

Fährt leise fort zu zählen.

ZUSAMMEN.
Halt! wo blieb ich stehn?
Schon ist mirs entfallen –
Traurige Korallen!
Acht – neun – zehn –

Fahren beyde fort, leise zu zählen.

MIRANDA.
Laute Seufzer wallen
Durch die öde Luft.
FERNANDO.
Trauertöne hallen
Durch die öde Luft.
Ach, Miranda!
MIRANDA.
Ach, Fernando!
ZUSAMMEN.
Horch Fernando / Miranda ruft!
FERNANDO.
Ach, Miranda!
MIRANDA.
Ach, Fernando!
FERNANDO.
Klagst du auch?
MIRANDA.
Ich klage!
FERNANDO.
Rufst du mir?
MIRANDA.
Ach nein!
FERNANDO.
Sanfter tönt die Klage,
Stimmt ein Herz mit ein.
MIRANDA.
Jedes von uns trage
Seinen Schmerz allein.
FERNANDO.
Einsamkeit ist Pein.
MIRANDA.
Einsam muß ich seyn.

Kurze Pause, das Theater verfinstert sich.

FERNANDO kömmt schnell hervor, und wirft sich ihr zu Füßen.
Mag ichs büssen
Mit dem Leben;
Dir zu Füssen,
Sterb‘ ich gern!
MIRANDA steht erschrocken auf, und will entfliehen.
Mit dem Leben
Werd‘ ich’s büssen;
Sieh mich beben!
Bleibe fern!

Blitz und Donner. Miranda flieht betäubt in die Zelle; Fernando in heftiger Bewegung ab.

Zweyter Auftritt.

Geister-Erscheinung.

Unter Accompagnement.

Unter Blitz und Donner öffnet sich der Boden. Sycorax, ein schwarzer Schatten, in Dampf gehüllt und mit dem Zauberstabe in der Hand, fährt wild herauf, und schaut mit triumphirender Geberde umher. Das Grabmahl berstet und zerfällt. Maja, ein weisser Schatten, steigt herauf, und streckt den aufgehobenen Arm gegen Sycorax aus. Sycorax erblickt sie und bebt, schöpft wieder Muth und eilt mit drohendem Stabe der Zelle zu. Maja stellt sich ihr, mit ausgebreiteten Armen, schützend entgegen. Sycorax erstarrt; der Zauberstab entsinkt ihrer Hand. Maja blickt mit flehender Geberde gen Himmel. Blitz und Donner beginnen von neuem. Sycorax fährt unter Flammen hinab. Maja steigt majestätisch wieder in ihre Gruft. Statt des Grabmahls steigt, mittelst der Versenkung ein Palmbaum herauf.

Dritter Auftritt.

Zweyte Decoration des ersten Akts.

Prospero. sitz auf einer Felsenbank und schläft. Ueber ihm schwebt eine transparente Lusterscheinung, die eine ruppe von Geistern und Sylfen vorstellt. Gegen das Ende des fölgenden Duos verschwinden sie.

GEISTER CHOR ohne Accompagnement des Orchesters, und am liebsten ganz ohne Begleitung.
Heiliger Strand,
Wo Maja ruht!
Ewig verbannt
Sind Rach‘ und Wuth,
Wo Maja ruht.
Heiliger Strand
Wo Maja ruht!

Vierter Auftritt.

Prospero. Ariel.

Duo.

PROSPERO erwachend.
Welch ein wonnevolles Chor
Wecket mein entzücktes Ohr?
ARIEL von Ferne stehend.
Deiner Hüter frommes Chor
Wecket dein verschloßnes Ohr.
PROSPERO sich aufrichtend.
Welches Meteores Schimmer
Dämmert durch der Wolken Flor?
ARIEL.
Ihrer Lichtgestalten Schimmer
Dämmert durch der Wolken Flor.
PROSPERO.
Schatten sind es, die mich höhnen;
Träume säuseln um mein Ohr.

Stützt den Kopf auf seinen Arm.

ARIEL näher tretend.
Oefne den vertrauten Tönen
Deines Sylfen, Herz und Ohr!
Flieh den Schlummer! blick empor!
PROSPERO.
Nein, erwachen will ich nimmer;
Süßer Wohllaut, holder Schimmer
Schwebet mir im Traume vor.
ARIEL.
Sieg wird den erwachten krönen,
Frohe Botschaft ihm ertönen.
Flieh den Schlummer! blick empor!
PROSPERO.
Laß mich schlafen:
ARIEL faßt ihn bey der Hand.
Nein! erwache!
PROSPERO aufstehend.
Kömmst du zum Triumph der Rache,
Falscher Freund, mich aufzuschrecken?
ARIEL.
Zum Triumph der guten Sache
Will dein Ariel dich wecken.
PROSPERO.
Sprichst du meinem Falle Hohn?
ARIEL.
Deiner Feindinn sprech‘ ich Hohn.
PROSPERO.
Von der bängsten aller Sorgen
Ist mein Busen noch zerrissen.
Meine Tochter -?
ARIEL.
Ist geborgen.
PROSPERO.
Laß mich alles, alles wissen!
Meine Tochter –
ARIEL.
Ist geborgen.
PROSPERO.
Und die Feindinn?
ARIEL.
Ist geflohn.
PROSPERO.
Meine Tochter ist geborgen!
Meine Feindinn ist geflohn!
ARIEL.
Deine Tochter ist geborgen,
Deine Feindinn ist geflohn.
PROSPERO.
Wem hab‘ ich mein Glück zu danken?
ARIEL.
Opfre Dank auf Maja’s Hügel!
PROSPERO.
Hab ich ihr mein Glück zu danken?
Sprengte sie des Grabes Hügel?
Gieng sie mir zum Schutz hervor?
ARIEL.
Setze deinem Vorwitz Schranken! –
Opfre Dank auf Maja’s Hügel! –
Unter siebenfachem Siegel
Ruht des Schattenreiches Thor.
PROSPERO.
Meinem Vorwitz setz ich Schranken.
Auf der Andacht regem Flügel,
Schwinge sich von Mofa’s Hügel
Meines Herzens Dank empor!

Beyde ab.

Fünfter Auftritt.

Fabio, weiterhin Fernando.

FABIO tritt schüchtern und mit unstetem Blicke auf. Es ist doch ein närrisches Ding um die Furcht. Bey Tage konnte sie mir nichts anhaben; aber, seit dem Einbruche der Dunkelheit, fällt mir alles wieder ein, was mir hier seltsames begegnet ist, und – genug, es läßt mich nicht schlafen – Schäme dich, Fabio! – Bist du der Held, den seine Kameraden in Neapel sich zum Muster nahmen? Bist du der lose Bube, der dort mehr als einmahl das Gespenst spielte, um die Hüter seines Mädchens zu ängstigen? – Kann die Versetzung auf eine bezauberte Insel deine Natur so plötzlich verändern? – Nein, ich bin noch derselbe – Getäuschte Sehnsucht tödtliche Langeweite – verliebte Ungeduld – das ists, was mich umher jagt. – Meinethalben mag es hier von Geistern und Kobolden wimmeln – wenn sie nur gesellig wären – meinethalben mag die Eigenthümerinn des Schleyers aussehen, wie sie will – wenn ich sie nur fände! –

Arie.

Wären lüsterne Najaden,
Oder kecke Oreaden,
Oder flüchtige Drpaden,
Oder launige Sylphiden
Zu Gespielen mir beschieden;
Ey mit Sorgenfreyem Sinn
Gäb ich ihrem Dienst mich hin.
Selbst bey häßlichen Guomiden
Fänd ich in der Einsamkeit
Mich, mit meinem Loos zufrieden,
Als ein Weiser in die Zeit.
Doch von allein abgeschieden,
Was mir nah am Herzen liegt –
Ohne Freund und ohne Mädchen –
Ach! da gräm ich mich zu Tode,
Eh‘ ein zweyter Tag verstiegt.
Ja, ich gräme mich zu Tode,
War es gleich noch nirgends Mode,
Daß den Spleen ein Page kriegt.

Fernando tritt unter der letzten Strophe auf, und bleibt lauschend stehn.

Fernando. Fabio.

Duo.

FERNANDO in der Tiefe des Theaters.
Welche wohlbekannte Stimme
Tönt mir aus der Ferne her?
FABIO durch Fernandos Gesang aufmerksam ge macht.
Welche wohlbekannte Stimme
Tönt mir aus der Ferne her?
FERNANDO für sich.
Wenn mein Fabio noch lebte,
Ach, ich dächte: das ist er!
FABIO für sich.
Wenn mein armer Herr noch lebte,
Ach, ich dächte: das ist er.
ZUSAMMEN.
Eitler Wahn! er ist nicht mehr!
FERNANDO.
Immer lauter tönt die Stimme. –
FABIO.
Sein, o! sein ist diese Stimme.
FERNANDO.
Wenn sein Schatten mich umschwebte?
Auf, Fernando! Sey ein Mann!

Kömmt näher.

FABIO.
Wenn sein Schatten mich umschwebte? –
Muth gefaßt! ich red‘ ihn an.

Nähert sich ihm.

Bist du’s selbst, o mein Gebieter?
Du, von mir als todt beweint!
FERNANDO sich ebenfalls nähernd.
Bist du’s selbst, o mein Getreuer?
Du, von mir als todt beweint!
ZUSAMMEN.
Ich bins selber – o mein Freund!

Sie fallen einander in die Arme; die Musik drückt ihr stummes Entzücken aus.

Recitativ.

FABIO.
O namenlose Freude!
FERNANDO.
O unverhofftes Glück!
Mein Fabio! du lebst?
FABIO.
Mein neu geschenktes Leben
Empfind‘ ich dankbar erst, seit diesem Augenblick.
FERNANDO.
Bist du allein? Ward vom Geschick
Sonst keiner mir zurück gegeben?
FABIO.
Hör‘ und bewundere der blinden Göttin Wahl!
Nur drey, aus deiner ganzen Dienerrolle,
Erkohr sie sich zur Schutz geweihten Zahl:
Drey Tagediebe nur – den Flaschengeneral –
Den Präsidenten der Kastrolle –
Und mich unwerthen Edelknaben.
Die Uebrigen, trotz ihrer bessern Gaben
Ließ die Verrätherinn den Sturm im Meer bearaben.
FERNANDO.
Da sie mir dich erhielt, so segn‘ ich ihre Wahl.

Arioso.

Ja, Freund, mein Busen athmet freyer,
Seit dich mein Auge wieder fand.
Umwebet gleich mit dichtem Schleyer
Noch meinen Pfad des Schicksals Hand;
Auf, laß wie sonst, voll Jugendfeuer,
Der Zukunft uns entgegen gehn,
Und Arm in Arm die Abentheuer,
Die unser warten, froh bestehn!

Fabio fällt in die zweyte Strophe, bey der Wiederholung ein.

Beyde Arm in Arm ab.

Sechster Auftritt.

Caliban. Oronzio. Stefano.

Ariel ungesehn.

Alle drey mit Keulen auf den Schultern; gegen das Ende der Scene Prospero.

CALIBAN geht voran und sieht sich um. Auch hier Niemand? – Immer weiter ihr Kameraden!
ORONZIO. Nein, weiter lass ich mich nicht herumschleppen. Ich bin matt, wie eine Fliege. Setzt sich auf die Erde.
STEFANO. Und mit mir ist’s gar aus. Setzt sich auf den Boden.
ORONZIO. Der Teufel hat den Weg gemacht. Nichts, als Rusch und Busch.
STEFANO. Es ist kein Graben auf der ganzen Insel, den wir nicht gemessen haben.
CALIBAN. Ihr seyd auch gewaltig zärtlich. Bey Nacht kann man die Steinchen nicht heraussuchen. Nur noch eine kleine Strecke! Endlich müssen wir ihn doch finden.
ORONZIO. Bey der ägyptischen Finsterniß können wir über Vater und Tochter hinstolpern, ohne sie zu bemerken.

Ariel spielt auf der Zither.

CALIBAN freudig. Still! hört ihr? – das ist sie! – das ist mein Mütterchen – sie hat die Zither mitgebracht, mit der sie mich sonst einzuschläfern pflegte, wenn ich ihr nicht gut thun wollte.

Duo mit Begleitung einer einzigen Guittarre.

ARIEL.
Gegrüßt sey mir,
Der Prinzen Zier!
CALIBAN.
Gegrüßt sey mir,
Der Feen Zier!
Wo bist du?
ARIEL auf der entgegengesetzten Seite.
Hier.
CALIBAN geht nach der Seite und sucht.
Wo bist du?
ARIEL wie vorbin.
Hier.
CALIBAN läuft hin und herer, und sucht.
Nicht dort! nicht hier?
Sie scherzt mit mir.
ARIEL.
Bald dort, bald hier,
Bald dicht bey dir.
Sohn Caliban!
Dein Reich fängt an.
CALIBAN zu den andern mit lächerlicher Feyerlichkeit.
Kund sey’s gethan!
Mein Reich fängt an.
ARIEL.
Du stehst am Ziel!
Dein Sieg ist Spiel.
CALIBAN.
Wir stehn am Ziel,
Der Sieg ist Spiel.
ARIEL.
Bestimmt ist die Schönste der Bräute,
Dem Schönsten der Prinzen zur Beute.
CALIBAN der das letzte mit großem Erstaunen angehört hat. Dem Schönsten der Prinzen? – Also bin ich schon verwandelt? O, sagt mir doch geschwinde, wie ich aussehe? Guckt mich aber recht genau an. – Nun! bin ich so schön als euer Prinz? Dreht sich mit Karikatur vor ihnen herum. –
ORONZIO UND STEFANO lachend. Als unser Prinz? ha ha ha!
CALIBAN. Was lachen denn die Narren? bin ich etwa gar noch schöner? – O, daß ich mich nicht selbst sehen kann! – Höre Oronzio! du kannst ja Torten und Pasteten beschreiben, daß einem das Maul danach wässert; beschreib mir doch auch wie ich aussehe!
ORONZIO. Wie gestern.
CALIBAN. Geh, Träumer, du kannst vor Schlaf nicht aus den Augen sehen, da lob‘ ich mir den Vetter Stefano, der ist so munter wie ein Nachtigällchen. Nun Alter! wie gefall‘ ich dir?
STEFANO. Wie eine Vogelscheuche.

Es erscheint im Hintergrunde ein brennender Busch.

CALIBAN. Der Vogelscheuche? – den kenn‘ ich nicht. Ists ein schöner Vogel. Ja leicht bin ich, wie ein Vögelchen, das fühl ich. Mein Bauch ist weg. Meine Füßchen schweben auf lauter Wolken. Tanzt und singt. »Bestimmt ist die Schönste der Bräute, dem Schönsten der Prinzen« – Erblickt, indem er sich schwenkt den brennenden Busch. Schaut doch! schaut! ein neues Wunder!
ORONZIO. Ein Irrwisch, wie uns ihrer schon hundert geneckt haben.
CALIBAN. Nein! das ist ein Zeichen von Mütterchen! Dahinter steckt etwas! – Kommt! – wir wollen untersuchen. Reicht ihnen die Hand zum Aufstehen.
STEFANO. Ich mag meine Schuhe nicht wieder im Sumpfe lassen.
CALIBAN. Wollt ihr aufstehen, oder nicht? Zieht sie in die Höhe. Marsch! seht ihr nicht, daß dort ein Paar Füße hervorgucken? Der Busch verschwindet, an dessen Stelle erblickt me eine schlafende Figur, ganz wie Prospero gestaltet. Da haben wir ihn, da! – Na, wer versetzt ihm den ersten Schlag?

Quartet.

CALIBAN beyde anfassend.
Hurtig!
ORONZIO UND STEFANO sich sträubend.
Laßt uns!
ALLE DREY.
Was solls werden?
ORONZIO UND STEFANO mit Karikatur.
Laßt uns los!
CALIBAN.
Was für Geberden?
Wehrlos schläft er auf der Erden.
Schlagt den Träumer! faßt ein Herz!
ORONZIO UND STEFANO sich matt und krank stellend.
Ich erliege den Beschwerden,
Welche Schwäche! welch ein Schmerz!
CALIBAN, sie mit fortreissend.
Immer näher!
ORONZIO UND STEFANO.
Sachte! sachte!
CALIBAN.
Laßt uns schlagen!
ORONZIO UND STEFANO.
Sachte! sachte!
CALIBAN.
Alle drey.
ORONZIO UND STEFANO.
Kein Geschrey!

Sie nähern sich der schlafenden Figur.

CALIBAN.
Wie er schnarchet!
ORONZIO UND STEFANO.
Wenn er wachte?
CALIBAN die Keule hochhaltend.
Macht euch fertig!
ORONZIO UND STEFANO indem sie die Keulen hochhalten.
Sachte! sachte!
CALIBAN im Tone des militärischen Commando’s.
Eins! zwey! drey!

Sie holen alle drey aus, um zu schlagen, die Figur herschwindet.

PROSPERO oben auf dem Felsen, den Stab über sie schwingend.
Steh! Brut der Hölle, steh!

Sie erstarren mit halbgesunkenen Keulen, doch in verschiedenen Stellungen.

ALLE DREY.
Auweh! Auweh! –
Helft mich befreyn!
Ich kann nicht fort.
Mein Arm – mein Bein –
Mir – stirbt – das – Wort
Ich – wer – de – Stein –
PROSPERO.
Ja! werdet Stein!

Siebenter Auftritt.

Prospero. Fernando. Miranda. Fabio. Ariel. sichtbar.

Caliban. Oronzio und Stefano. versteinert. Prospero steigt vom Felsen herunter, die übrigen folgen ihm und gehen vorwärts. Die Musik vertändigt den Anbruch des Tages.

ARIEL.
Es weichen die Schatten, es fliehen die Sorgen;
Im festlichen Schimmer erscheinet der Morgen;
Vom Jubelgesange der Erde begrüßt.
PROSPERO, FERNANDO, MIRAND, FABIO.
Willkommen, Bezwinger der Schatten, der Sorgen!
Willkommen, im Jubel der Schöpfung, o Morgen!
O, sey uns mit Thränen des Dankes gegrüßt.
PROSPERO.
Es weiche dem Jubel des Morgens die Rache!
Mild ist der Sieg der guten Sache.

Sich gegen die Statuen wendend.

Lebt auf! genug habt ihr gebüßt.
ORONZIO UND STEFANO allmählig erwachend.
O, Großmuth! o Güte!
Er hat uns vergeben!
Er winkt uns ins Leben!
Wir jauchzen und schweben
Im Taumel daher.
CALIBAN.
Ich schäume, ich wüthe,
Ich spotte der Güte, –
Ich fluche dem Leben
Und suche mit Beben
Die Mutter im Meer.
PROSPERO in die Wiederholung der vorhergehenden Strophe einfallend.
Verächter der Güte!
Erliege dem Streben
Ohnmächtiger Tücke!
Verzweifle und drücke
Die Erde nicht mehr!

Caliban stürzt sich ins Meer, Blitz und Donner begleiten seinen Fall.

Pause.

ORONZIO UND STEFANO nähern sich dem Prospero und fallen auf ihre Knie. Wie sollen wir dir danken?
PROSPERO. Durch eure Besserung.
ORONZIO UND STEFANO freudig als sie Fernando erblicken. Unser Prinz? Sie wollen sich ihm nähern.
FABIO. Geht! geht! er hat jetzt nicht Zeit euch Gehör zu geben.

Oronzio und Stefano ziehen sich zurück.

Fernando und Miranda. sehen sich schmachtend an.

ARIEL. Guter Meister! Bist du heute mit mir zufrieden?
PROSPERO. Ich bins, mein Ariel!
ARIEL. Darf ich einen Wunsch äußern?
PROSPERO. Fordere – und wenn es deine Freyheit wäre.
ARIEL zeigt auf die Liebenden. Du bist Vater, und kannst dieses Paar schmachten sehen?
Es eilen die Stunden;
Es winken die sanftern Scenen,
Sie hat ihn gefunden,
Ihn, der sie zu rühren
Der wurdigste war.
O merk auf ihr Sehnen;
O kürze die Prüfung der Treue!
Sey Vater! und weihe
Zum seligsten Bunde
Das liebende Paar.
PROSPERO zu Ariel.
Erhört sey dein Sehnen!

Zu Miranda und Fernando.

Empfange vom segnenden Munde
Des Vaters, die Weihe
Zum Bunde der Treue,
Du zärtliches Paar!

Er fügt ihre Hände zusammen.

MIRANDA UND FERNANDO zu Ariel und Prospero.
O Schutzgeist! o Vater!
Wir bringen, in schmelzenden Blicken,
Des Herzens Entzücken
Zum reinsten Opfer
Des Dankes euch dar!
FABIO.
O schönste der Scenen!
Noch nie hat so reines Entzücken
Mein Bissen empfunden,
Nie sanftere Thränen
Mein Auge geweint.
ARIEL.
Dein Wunsch ist gekrönet.
Sie tönet, o Meister, sie tönet,
Die frohste der Stunden!
Ich sehe den Retter
Der allen erscheint.

Verschwindet.

Man hört Gesang hinter dem Theater, die Anwesenden, bis auf Prospero. nähern sich dem Ufer.

Achter Auftritt.

Schiffer. Vorige.

SCHIFFER-CHOR hinter dem Theater.
Frohlocket, ihr Brüder!
Wir nahen dem Strand.
CHOR auf dem Theater.
Was tönen für Lieder?
Wer nahet dem Strand?

Man erblickt ein Boot mit Schiffern, das sich dem Ufer nähert.

Gesellige Lieder
Ertönen von Strand,
Uns ähnliche Brüder
Schaun freundlich hernieder –
Getrost an das Land!
CHOR auf dem Theater.
Willkommen ihr Brüder!
Getrost an das Land!

Beyde Chöre.

SCHIFFER UND DIE UEBRIGEN.
Empfanget uns als
Willkommen ihr Brüder!
Brüder!
Wir sind uns durch Leiden,
Durch Freuden
Verwandt!

Die Schiffer steigen mit Hülfe der Uebrigen ans Land.

Neunter Auftritt.

Ruperto. Matrosen. Vorige.

Ruperto, von Fernando und Miranda begleitet, nähert sich, die übrigen bleiben im Hintergründe.

PROSPERO faßt ihn scharf ins Auge – und weicht bestürtzt zukück. Ists möglich – Ja mein Gedächtniß trügt mich nicht. – Miranda sieh! – das ist der Treulose, dem ich mich auf meiner Flucht in die Arme warf – der uns hier aussetzte und heimtückisch verließ.
MIRANDA. O, Himmel! Schließt sich an Prospero an, Fernando und Fabio treten ihm ebenfalls näher, um ihn zu vertheidigeit.
RUPERTO ruhig. Ich bins – ich bin Ruperto.
PROSPERO. Verworfener Bösewicht! was bringt dich hieher?
RUPERRO. Die Reue. Ich komme, mein Verbrechen wieder gut zu machen. Zu den Matrosen. Triumph, ihr Freunde! Er lebt! Er ist gefunden, den wir suchen! Prospero lebt noch!
MATROSEN. Triumph, er lebe! Schwenken die Hüte.
RUPERTO. Maylands Tyrann ist gestürzt, ermordet. Das befreyte Vaterland wünscht sich seinen guten Fürsten zurück, dessen Tugenden es einst verkannte. Ich erbot mich, dich wieder auf zu suchen. Mir, dem feilen Werkzeuge deiner Verbannung – mir allein war diese unwirthbare Insel bekannt. Eine alte Sage, von Wundern und Zaubereyen, schreckt seit Menschengedenken die Schiffer ab, sich ihr zu nähern. Zieht eine Pergamentrolle hervor, woran eine goldne Siegelkapsel hängt. Empfange das feyerliche Zeugniß unserer Sendung! Höre die Stimme deines Volks, aus dem Munde seiner Abgeordneten! und laß unser Flehen dich bewegen, ihm zu verzeihen, und zu ihm zurück zu kehren.
MATROSEN Prospero umringend, und auf den Knien. Ja, Vater Prospero! ja! ja!
PROSPERO nachdem er gelesen hat. Steht auf, meine Freunde! Steht auf! Ich bin bereit.

Final.

Allmächtig ist die Liebe
Zu dir, o Vaterland!
Am Ziel der Lebensreise,
Erwacht sie noch im Greise,
Und leitet, trotz den Jahren,
Durch Mühen und Gefahren,
Ihn sanft am Gängelband.
CHOR.
Allmächtig ist die Liebe
Zu dir, o Vaterland.
FERNANDO UND MIRANDA zu einander.
Mit dir lacht Wonn‘ und Seegen
Mir überall entgegen.
Wo du bist, will ich bleiben;
Dir folg‘ ich ohne Sträuben
Bis an der Erde Rand.
Ach, stärker ist die Liebe,
Als jedes andre Band.
PROSPERO.
Vergeßt ihr treuen Herzen,
Der Prüfung bittre Schmerzen!
Reicht hoffend euch die Hand!
Euch winkt der Kranz der Liebe,
In eurem Vaterland.
FABIO.
Und schwärmten hier, wie Bienen,
Brünetten und Blondinen,
Hohn spräch‘ ich ihren Netzen
Und flöhe mit Einsetzen,
Von diesem Circen-Strand.
CHOR.
Allmächtig ist die Liebe
Zu dir, o Vaterland.
ORONZIO UND STEFANO.
Wenn meine Haus-Megäre
Noch zehnmal schlimmer wäre,
Ich dächt an Hiobs Leiden,
Und kehrte doch mit Freuden,
In meinen Wehestand.
CHOR.
Allmächtig ist die Liebe
Zu dir, o Vaterland.

Letzter Auftritt.

Vorige. Ariel in den Wolken.

PROSPERO mit feyerlicher Geherde indem er den Zauberstad hochhält.
O, die ihr einst mir Schutz gewährtet,
Als mich die ganze Welt verstieß –
Mich treu bewachtet, liebreich nährtet –
Und wenn ich trostlos mich dem Kummer berließ –
Mitleidig strebtet, ihn zu stillen –
Ihr Geister, die ich meinem Willen
Neun Jahre lang
Zu frohnen zwang –
Bewohner der Lüfte, der Haine, der Bäche! –
Vor allen du, der ganz sich mir zu eigen gab,
Mein Ariel! – habt Dank! –
Lebt wohl! – Seyd frey! – Ich breche
Frohlockend meinen Stab!

Zerbricht den Stab, und wirft die Stäche hinter sich.

ARIEL ungesehn.
Lebe wohl, geliebter Meister!
Keine Macht trennt unser Band.
GEISTER-CHOR unsichtbar.
Lebe wohl, geliebter Meister!
Keine Macht trennt unser Band.
PROSPERO.
Lebet wohl, getreue Geister!
Lebe wohl, geweihter Strand!
MIRANDA, FERNANDO, PROSPERO.
Lebet wohl, getreue Geister!
Lebe wohl, geweihter Strand!
SCHLUSS-CHOR von den Matrosen zu singen.
Winde und Wogen,
Seyd uns gewogen!
Sonnen und Sterne!
Laßt es uns glücken!
Muthig ihr Brüder!
Eilet vom Strand!
Muthiger Schiffer
Spähenden Blicken
Schwindet die Ferne,
Winket das Land.

Ende.