Johann Christian Bach

Cato in Utica

Ein Musikalisches Singe-Spiel

Personen
Cato
Cesar
Marcia, Tochter des Cato, und heimliche Liebhaberin des Cesars
Arbaces, Königlicher Numidischer Prinz, Freund des Caro, und Liebhaber der Marcia
Emilia, des Pompejus Witwe
Fulvio, Abgesandter des Römischen Raths an den Cato, von der Parthey des Cesars, und Liebhaber der Emilia

Die Musik ist von dem bey Ihro Königlichen Majestät der Königin von England in Diensten stehenden Kapellmeister, Herrn D. Johann Bach.

Veränderung der Schaubühne.

In der ersten Abhandlung.

Waffensaal.

Innerer Theil der Maure von Utika, und in Prospekt das Thor der Stadt, mit einer Zugbrücke verschlossen, die sich aber nachhero herunter läßt.

Gebäude so zum Theil verwüstet sind, nahe bey der Wohnung des Cato.

In der zweyten Abhandlung.

Kriegeslager an dem Ufer des Flusses Bagrada, mit verschiedenen Inseln, welche durch Brücken zusammen vereiniget sind.

Zimmer mit Stühlen.

In der dritten Abhandlung.

Vorhof.

Ein von Bäumen umgebener schattigter Ort, auf der einen Seite Quellen der Ists, auf der andern ein bequemer Eingang mit alten Canälen.

Ein großer Waffenplatz in den Mauren von Utika. Stücke der schon gedachten verfallnen Häuser. Ausser der Stadt das Lager von Cesars Truppen mit Zelten, und kriegerischen Maschinen.

Inhalt.

Nach dem Tode des Pompejus, machte sich sein Gegner Julius Cesar zum beständigen Diktator. Man sahe, daß ihm nicht allein Rom und der Rath, sondern die ganze Welt huldigte, ausser dem jüngern Cato, ein Römischer Rathsherr, welcher nachhero nach dem Orte, wo er gestorben war, Cato von Utika genannt wurde: Ein Mann, welcher als Vater des Landes, nicht blos wegen seiner strengen Beobachtung der alten Gebräuche, sondern auch seiner Tapferkeit wegen, verehrt wurde. Er war ein großer Freund des Pompejus, und ein strenger Beschützer der Römischen Freyheit. Diese hatten in Utika den kleinen Rest der zerstreueten Armee des Pompejus, mit Hülfe des Juba Königs der Numidier, eines aufrichtigen Freundes der Republik zusammengezogen, und hatte den Muth sich dem Glücke des Siegers entgegen zu stellen. Cesar kam hier mit einem zahlreichen Heer an, und ob er ihn gleich mit einer so überwiegenden Macht unterdrücken konnte, so wandte er doch statt der Drohungen nur Bitten an, um sich ihm zum Freunde zu machen, weil er seine Tugend sehr hoch schätzte; allein Cato, nachdem er alle Anträge verächtlich abschlagen, und von dem Schutz der Römer sich verlassen sahe, wollte lieber als ein freyer Mann sterben, indem er sich selbst tödtete. Cesar ließ bey dessen Tode Zeichen der grössesten Betrübniß blicken, daß die Nachwelt in Zweifel blieb, ob sie mehr seine Großmuth, welche die Tugend auch im Feinde verehret, oder die Standhaftigkeit des andern bewundern sollte, welcher die verlohrne Freyheit des Vaterlandes nicht überleben wollte.

Der Schauplatz ist in Utika, einer Afrikanischen Stadt.

Erste Handlung

Erster Auftritt.

Ein Waffensaal.

Cato, Marcia und Arbaces.

MARCIA.
Warum bist du so betrübt, o Vater?
Wenn auch deine Standhaftigkeit
An zu wanken fängt, so ist Rom schon unterdrückt.
Rede: deine Betrübniß
Ist dem Herzen einer Tochter
Weit schmerzlicher
Als alles Unglück.
ARBACES.
Woran denkst du Herr? Bey diesen Stillschweigen
Kenne ich kaum den Cato mehr.
Ach, wenn das erste Feuer
Deines großen Herzens schon einigermaßen erlöscht ist;
So ist keine Freyheit mehr für uns übrig, und Cesar hat gesiegt.
CATO.
Tochter, Freund, die Traurigkeit
Und das Stillschweigen sind nicht allezeit
Merkmale der Niederträchtigkeit. Die Wuth des Cesars
Hat alles verändert. Die Hoffnung
Wohnt noch in mir, die ihm zuvorkömt;
Rom ists, welches in den Armen seines Tyrannen seufzet,
Und ihr fraget, warum ich tiefsinnig bin, warum ich schweige?
MARCIA.
Wer weiß? Cesar ist vielleicht noch
Roms Sohn.
CATO.
Aber ein unbarmherziger Sohn
Welcher seinen Leidenschaften dienet.
ARBACES.
Cesar bat noch nicht ganz Rom besiegt,
Seiner Wuth bleibt noch
Der stärkste Widerstand zu überwinden übrig.
CATO.
Und was bleibt denn Rom noch übrig?
ARBACES.
Dein Herz bleibt ihm übrig,
Und wenn nicht durch deinen Rath
Unsre letzte Hoffnung einschlägt,
So würde ich meine Numidier nicht keñen.
CATO.
Es ist mir bekannt, und ich habe viel verborgen,
Da ich deine Tapferkeit verschwiegen; erhabene Seele
Welcher nichts ermangelt, als das Glück
Eine Geburth Roms zu seyn.
ARBACES.
Ach Herr, verbessere diesen Fehler
Der nicht von mir herkömt; deine Tugend
Verehre ich schon seit langer Zeit in der
Brust der Marcia. Verknüpfe also
Unsre Freundschaft noch stärker.
Erlaube, daß ich als Bräutigam ihr die Hand reiche:
Die Tochter haßt mich nicht, so bin ich ein Römer.
MARCIA.
Und du, Vater, könntest zugeben, daß die, welche als eine Bürgerin
In Rom gebohren, und ernährt ist,
Zum Verbündnisse mit einem Könige
In das Capitolium gienge?
ARBACES.
(Welch ein edler Stolz!)
CATO.
So wie sich das Schicksal verändert,
Verändern sich auch die Gebräuche.
Prinz, fürchte nichts; in kurzem
Soll Marcia deine Braut seyn. Nimm bis dahin
Das erste Pfand meiner väterlichen Liebe
In dieser Umarmung

Er küßt ihn.

Und bedenke, daß von heute an
Rom dein Vaterland sey. Du bist nun
Ein Römer, und deine Pflicht ist
Rom zu erretten, oder mit ihm zu fallen.

Mir diesen schönen Namen auf der Stirn
Wirst du weit tapferer fechten
Und das Geschick wird in dir
Einen Sohn Roms verehren.

Lebe frey, und wenn das Schicksal
Dir auch dieses versagt,
So wirst du wenigstens von mir lernen,
Wie man sterben muß.

Zweyter Auftritt.

Marcia, Arbaces.

ARBACES.
Ihr meine unglücklichen Triebe,
Wenn sie von deinen schönen Herzen kein Mitleid
Erlangen können, wenn nicht Liebe –
MARCIA.
Allein was habe ich bis hieher
Für Proben von deiner Liebe?
ARBACES.
Du hast noch keine gefodert?
MARCIA.
Und wenn ich, o Prinz
Nun jetzt diese Proben von dir verlangte?
ARBACES.
Ausser dich nicht zu verlassen,
Werde ich sonst alles thun.
MARCIA.
So verlange ich denn, daß an diesen Tage von keiner
Vermählung geredet werde: Deiner Foderung
Hat der Vater beygestimmt,
Er muß nicht wissen, was ich dir aufgelegt, und ich bin zufrieden.
ARBACES.
Allein, warum willst du, daß ich selbst
Meine Glückseligkeit so weit entferne?
MARCIA.
Erfülle meinen Befehl, und bedenke
Wie viel du versprochen, und wie viel ich befohlen habe.
ARBACES.
Werden mir hernach diese geliebten Augen
Mitleid oder Haß bringen?
MARCIA.
Ich drohe dir keinen Haß,
Ich verspreche dir keine Liebe:
Gieb mir nur ein Merkmal der Treue,
Verlaß dich auf mein Herz,
Ich will sehn, ob du mich liebst.

Dich hernach zu belohnen,
Laß meine Sorge seyn
Verlange keine Belohnung,
So sehr du sie wünschest.

Gehn ab.

Dritter Auftritt.

Innerer Theil der Mauer von Utika, nebst dem Stadtthore, welches im Prospekt mit einer Zugbrücke geschlossen ist, die sich hernach herabläßt.

Cato, hernach Cesar und Fulvius.

CATO.
So komme denn Cesar. Den Grund
Welcher ihn herführt, begreife ich nicht.
Ist es Betrug? Ist es Furcht?
Nein: einen Römer wird der Ehrgeitz
Zum herrschen nicht so ins Herze kommen,
Daß er darüber niederträchtig denken solte.

Die Brücke wird herunter gelassen, und man sieht den Cesar mit den Fulvius kommen.

CESAR.
Ich zeige mich nicht vor dir mit vielen hundert Kriegsschaaren,
Die ich bewaffnet zu meiner Vertheidigung
In offnen Felde habe. Ohne Waffen, und
Allein mich auf deine Treue verlassend
Komme ich in diese feindseligen Mauren.
So sehr ehrt Cesar
Des Cato Tugend, und bestrebt sich selbige nachzuahmen.
CATO.
Du kennest mich genung, und da du dich auf mich verläßt,
Thust du nichts als deine Schuldigkeit.
CESAR.
Es ist wahr, ich kenne dich. Und gegen meine Waffen
War das Schicksal
Zu verschwenderisch mit seiner Gunst.
Aber ich verlange noch eine weit grössere Eroberung,
Wofür ich alle andern hingebe.
Es ist deine Freundschaft, hierum ersuche ich dich.
FULVIUS.
Auch der Senat wünscht sie; und dieses Verlangens wegen
Schickt er mich als Abgesandter hieher.
CATO.
Wer den Cato zum Freunde haben will,
Kann ihn sehr leicht erlangen: Er sey Rom getreu.
CESAR.
Wer ist ihm getreuer als ich? Ich vergieße für selbiges
Mein Schweiß und Blut.
CATO.
So hälst du mich denn
Für so wenig unterrichtet?
FULVIUS.
Herr, was sprichst du?
Dieses ist nicht der Weg
Die Zwistigkeiten zu dämpfen: ich komme als ein Gesandter des Friedens,
Und nicht des Streites.
CATO.
Nun wohlan, rede!
(Wir wollen hören, was er sagen wird.)
FULVIUS.
(Die zu große Tugend
Hat ihn zu erbittert gemacht.)

Zum Cesar.

CESAR.
(Doch bewundere ich sie, ob sie mich gleich beleidigt.)

Zu Fulvius.

Durch deine und meine Macht
Ist die Welt getheilt, sobald als die
Freundschaft uns wieder verbindet, so ist alles in Ruhe.
Und wenn du für das römische Blut
Noch einiges Mitleiden hegst, so wirst du meinen Antrag
Gefällig anhören.

Vierter Auftritt.

Emilia, und Obgedachte.

EMILIA.
O Götter! was sehe ich!
Ist dieses die Freystatt
Die ich vom Cato hoffte? Die unglückliche Witwe des Pompejus
Muß sich an einem Orte
Mit ihrem Feinde befinden.
FULVIUS.
(Mitten in ihren Unglück
Ist sie noch schön.)
CATO.
Emilia, deiner Betrübniß wegen
Verzeihe ich dir diese Uebereilung.
CESAR.
Du bist zu ungerecht, wenn du mich
Noch immer so sehr hassest.
FULVIUS.
Herr, dies scheint mir
Keine gelegene Zeit, um von Frieden zu reden.
Die Sache erfodert einen weit einsamern Ort,
Auch ein weit heiteres Gemüth.
CATO.
Ich erwarte euch also in kurzen
In meiner Wohnung. Und du, Emilia
Denke indessen, daß du deinem Schmerz
Nicht alle Freyheit verstatten mußt,
Ob dich gleich das Schicksal zur Tochter des Scipio
Und zur Gemahlin des Pompejus gemacht hat.

Geht ab.

Fünfter Auftritt.

Cesar, Emilia und Fulvius.

CESAR.
Du redest nicht Emilia? Bey diesen Stillschweigen
Hoffe ich einen Anfang deiner Beruhigung.
EMILIA.
Du betrügst dich. Indem ich schweige,
Denke ich auf Rache.
FULVIUS.
Und du kannst dich nicht besänftigen,
Ob du gleich einen so großmüthigen Sieger vor dir hast?
EMILIA.
Ich, mich besänftigen? Vielmehr will ich
Wenn er auch mit tausend Kriegsschaaren umringt wäre,
Ihm ins Gesicht sagen, daß ich ihn hasse, und seinen Tod wünsche.
CESAR.
Alles dieses ist nicht fähig genug, Emilia
Meine Ruhe zu stören.
Weil dein Haß ohnmächtig ist, so mißfällt er mir nicht ganz.

Ein Bach, den man kaum durch Blumen und Gras
Hinmurmeln hört,
Ran den Sand nicht einmal aufrühren,
Und den Nymphen und Hirten
Ist er ein Gegenstand des Vergnügens.

Das sanfte Lüftchen
Welches kaum einen Myrten- oder Lorbeerbaum bewegt,
Kan das Ungewitter nicht herzurufen,
Und ist den ermüdeten Wanderer
Nur eine Erquickung.

Geht ab.

Sechster Auftritt.

Emilia und Fulvius.

EMILIA.
Wie sehr von dir selbst verschieden,
Sehe ich dich wieder, o Fulvius. Und wer hat dich
Zum Begleiter des Cesars, und zu meinem Feinde gemacht?
FULVIUS.
Da ich jetzo Rom diene,
So bin ich nicht dein Feind. Zu stark habe ich
Die schöne Vorstellung deiner Bitten in mein Herz gedrückt.
EMILIA.
Ein Freund des Cesars,
Und ein Liebhaber der Emilia
Stimmen schlecht zusammen, entweder vertheidige ihn,
Oder räche meinen Gemahl; zur Belohnung
Erlaube ich dir, daß du mich lieben kanst.
FULVIUS.
(Ach was schmeichelt sie sich!
Sie irrt sich!)
EMILIA.
Was denkst du?
FULVIUS.
Ich denke, daß du an meiner
Treue nicht zweifeln solltest.
EMILIA.
So sollst du also
Meinen Zorn ausrichten.
FULVIUS.
Befiehl mir eine Probe
Von deinem Verlangen.
EMILIA.
Ich verlange,
Daß Cesar sterbe. Kan ich mich
Jetzt auf dich verlassen?
FULVIUS.
Ich komme dir zuvor, und der Streich
Geschehe nach deinen Rath; das Werk verrichte ich.

Geht ab.

Siebenter Auftritt.

EMILIA allein.
Wenn ich noch andre thörichte Liebe anhöre, oder erdulde,
Wenn ich nach deinem Tode noch Oden schöpfe,
So verzeihe mir, liebster Gemahl,
Ja verzeihe es mir; denn es bleiben
Mir keine andre Waffen mich zu rächen übrig. Dir habe ich
Alle meine Triebe gewidmet, und dir erhalte ich sie auch,
Selbst wenn sich mein Leben endet, soll doch
Die ersten Bande unsrer Liebe noch verknüpft bleiben,
Wenn es wahr ist, das Todte sich noch jenseit der Gruft lieben.

Wenn du mich im Schooße irgend eines Gestirns,
Oder am Ufer des Flusses Lethe erwartest;
So werde nicht unwillig, theure Seele,
Auch ich werde dahin kommen.

Ja ich will kommen, doch verlange ich vorher,
Daß der schuldige Schatten dieses Tyrannen,
Welcher zu deinen Unglück
Die Welt bewaffnete,
Vor dem meinigen vorhergehe.

Geht ab.

Achter Auftritt.

Gebäude zum Theil verwüstet, nahe bey der Wohnung des Cato.

Cesar und Fulvius.

CESAR.
So unterstand sich Emilia
Dich zur Untreue zu verleiten? Und hofft
So viel von deiner Liebe?
FULVIUS.
Ja, allein so sehr ich sie auch liebe,
Liebe ich doch mehr meine Ehre.
CESAR.
Ach mein Freund Fulvius,
Ich setze mein ganz Vertrauen auf mich selbst.
FULVIUS.
Und Cato?
CESAR.
Eile zu ihm mit der Versicherung,
Daß ich, ehe es Mittag würde,
Wieder hieher komme.
FULVIUS.
Ich gehe, allein dort seh ich
Die Marcia herannahen.
CESAR.
Laß mich einen Augenblick
Mit ihr in Freyheit.
FULVIUS.
Ich weiß du liebst sie;
Sie betet dich an, und ich weiß aus der Erfahrung
Was für Freude man in dem
Augenblick empfindet,
Wenn der getreue Liebhaber seine Geliebte wieder sieht.

Zehnter Auftritt.

Marcia und Cesar.

CESAR.
So sehe ich dich wieder, o Marcia?
Kaum trau ich meinen Augen! Nimmt mit deiner Schönheit
Auch deine Liebe zu? Welchen Antheil
Nehmen der Marcia Triebe
An den meinigen?
MARCIA.
Und wie bist du gesinnt?
CESAR.
Wie ich gesinnt bin? Welch eine Frage?
Ist es Scherz, oder ein Traum?
Kennest du den Cesar nicht?
Welchen du so sehr geliebt,
Welchen du geschworen,
Weder durch die Zeit, noch durch ein feindliches Schicksal
Ihm ungetreu zu werden.
MARCIA.
Und so denkst du noch jetzo?
Nein: du bist nicht, wer du gewesen, und nimst nur den Namen an.
Den Cesar betete ich an, ich läugne es nicht, und er war
Der ganzen Welt süßeste Hoffnung, und auch die meinige.
Diesen Cesar liebte ich, dieser gefiel mir,
Ehe mich der Himmel von ihm trennte.
Dieser Cesar kömmt zurück, und ich sehe ihm wieder.
CESAR.
Was kan ich mehr thun? ich bete den Cato
In dem Herzen der Marcia an: Dein schönes Herz
Bewundre ich wie einen Theil des seinigen
Hier hat mich mehr die Freundschaft, als unsre Liebe für ihn, hergezogen.
MARCIA.
Dies ist mein Cesar. Ich fange jetzo an
Ihn in dir zu erkennen: so gefällst du mir,
So hast du mich verliebt gemacht. Liebe nur den Cato,
Ich bin nicht eifersüchtig, wenn ein solcher Nebenbuhler
Dein Herze theilt,
So bist du nur noch würdiger, daß ich dir meine Liebe erhalte.
CESAR.
Dieses ist ein zu großer Sieg. Ach ich vertheidige
Mich zu schlecht wieder eine so großmüthige Tugend.
Erheitere dich, ich bin auf deine Ruhe
Bedacht, und ehe der Tag vergeht,
Sollst du durch Thaten sehen,
Daß ich noch eben der Cesar bin, der dich geliebt hat.

Der welcher eine süße Liebe verdammt
Sehe nur meine Feindin an;
Er höre sie, und sage mir nachher,
Ob die Liebe Schwachheit ist.

Wenn die Triebe aus einer
So schönen Quelle entstehen;
So sind ihr die Helden unterthan
Und selbst die Götter lieben.

Geht ab.

Eilfter Auftritt.

Marcia, und hernach Cato.

MARCIA.
Jetzt empfinde ich, daß alle meine
Verlohrne Hoffnungen sich wieder in meiner Brust entzünden.
Doch wer weiß es? Es ist noch ein großer
Theil von diesen Tage übrig.
CATO.
Laß uns gehen, Tochter.
MARCIA.
Wohin?
CATO.
In dem Tempel, zu der Hochzeit
Des Numidischen Peinzen.
MARCIA.
(O Götter!) Aber warum
So eilfertig?
CATO.
Unser Schicksal leidet
Keinen Aufschub.
MARCIA.
(Treuloser Arbaces!) Der Prinz
Wird sich vielleicht dem Altar nicht nähern.
CATO.
Einer meiner Getreuen ist schon gegangen
Ihn aufzumuntern.

Im Begrif wegzugehen.

MARCIA.
(Welche Qual!)

Zwölfter Auftritt.

Arbaces, und Obgedachte.

ARBACES.
Ach verweile, o Herr.

Zu dem Cato.

MARCIA.
(Du wirst befriedigt werden.)

Leise zu den Arbaces.

CATO.
Kom, o Prinz, laß uns gehen,
Das Beylager zu vollziehen.
ARBACES.
Ach wenn du willst,
Daß ich noch dankbarer werde; so laß es dir gefallen,
Solches bis auf den künftigen Tag zu verschieben.
CATO.
Nein: die Altäre rauchen schon,
Die Priester sind zusammen, und der geringste
Aufschub würde itzo zur Unzeit kommen.
ARBACES.
(Marcia, was soll ich thun?)
MARCIA.
(Du frägst mich noch darum?)
CATO.
Allein was ist dieses für ein Kaltsinn?
Gewiß hierunter
Verbirgt sich ein Geheimniß.
Es kömmt dir doch nicht in den Sinn, Arbaces,
Daß du ein Afrikaner bist?
ARBACES.
Ich erdulde alles
Für den Cato, und wenn –
CATO.
Und ich habe dich,
Für sehr was anders gehalten.
ARBACES.
Du wirst sehen –
CATO.
Ich habe genug gesehen,
Und verlange weiter nichts zu sehen.

Geht ab.

ARBACES.
Verlangst du noch mehr? Grausame!
MARCIA.
Mir zu gehorsamen
Hast du kaum angefangen, und vor meinen
Angesicht erhebst du dich schon so sehr?
ARBACES.
O Grausamkeit!

Dreyzehnter Auftritt.

Emilia und Obgedachte.

EMILIA.
Erhabene Liebhaber, mitten in meinen
Schmerz nehm ich Antheil an eurer Freude.
ARBACES.
Erhalte bis zu einer andern Zeit
Die Wünsche, Emilia: das Bündniß ist noch nicht fest.
EMILIA.
Ich verstehe es nicht, und eure Liebe
Scheint mir ungewöhnlich und sehr neu.
ARBACES.
(Ach ich verstehe es nicht; und doch empfinde ichs.)

In jeder Brust
Herrscht eine verschiedene Liebe.
Der eine leidet, und seufzt
Ohne Hoffnung.
Der andre liebt
Die Unbeständigkeit;
Dieser verlangt Krieg,
Und der andre Frieden.
Und was ihr wünscht
Ist Grausamkeit.

Unter diesen Elenden
Lebe ich auch,
O verlache
Meinen Schmerz nicht:
Der vielleicht
Dein Mitleid verdienet.

Geht ab.

Vierzehnter Auftritt.

Marcia und Emilia.

EMILIA.
Wenn Arbaces die versprochene Treue nicht halten sollte,
So ist Cesar der Unwürdige
Der ihn verführt hat.
MARCIA.
Mäßige deinen Argwohn,
Cesar ist so vieler Niederträchtigkeit nicht fähig,
Ob er gleich unser Freund ist.
EMILIA.
Und du redest so? was würdest du sagen,
Wenn du den Cesar liebtest? Ach ich fürchte nichts,
Und doch scheint es, daß deine Reden es sagen.
Nein, eine Feindin denket nicht auf eine solche Art.

Geht ab.

Fünfzehnter Auftritt.

MARCIA allein.
Ach ich habe zu viel gesagt; und Emilia
Hat meine ganze Liebe gesehn. Allein wer kann
Wohl seine Leidenschaften so verstellen,
Welche man allezeit in andern Augen sieht?

Es ist vergebens, ihr Liebhaber,
Die Ruhe in euren Herzen zu stören
Da ein Blick schon genung ist
Selbige zu entdecken.

Es ist thöricht etwas zu verhehlen,
Was zu verbergen nichts hilft;
Und der sieht es bald in Handlungen,
Der weiß, daß dies Liebe ist.

Ende der ersten Abhandlung.

Es folgt der Tanz.

Zweyte Handlung

Erster Auftritt.

Kriegeslager an dem Ufer des Flusses Bagrada, mit verschiedenen Inseln, welche durch Brücken zusammen vereiniget sind.

Cato, nebst Gefolge, Marcia, und nachher Arbaces.

CATO.
Römer, euer Anführer hoffet,
Wenn er es jemals gethan hat,
Heute Proben eurer Treue zu sehn.
MARCIA.
O Vater, ich sehe hier
Kriegeszeichen, und doch hoffte ich
Daß der erwünschte Friede nahe wäre.
CATO.
Mitten unter Waffen
Ist die Vorsorge nicht hinreichend: schon der Anblick
Des Cesars verführt meine Getreuesten.
ARBACES.
Herr, die Fahnen der Numidier
Kommen schon näher, siehe hier
Ein neues Band meiner Treue.
CATO.
Es ist nicht genug, Arbaces,
Mir den Argwohn zu benehmen.
ARBACES.
Daß das Beylager an einem andern Tage vollzogen wird
Ist kein so groß Verbrechen.
CATO.
Wohlan, es wird dir zugestanden.
Allein in diese Mauren,
Soll Cesar, ehe ich dich nicht als ihren Gemahl sehe,
Nicht wieder kommen.
MARCIA.
(O Götter!)
ARBACES.
(Ich schöpfe wieder Odem.)

Zweyter Auftritt.

Fulvius und Obgedachte.

FULVIUS.
Herr, Cesar ist angekommen.
MARCIA.
(Ich kann noch hoffen.)
CATO.
Wo ist er?
FULVIUS.
Er ist eben in die Mauren
Von Utika eingetreten.
ARBACES.
(Jetzt bin ich wieder in Angst.)
CATO.
Geh Fulvius: sag ihm, daß er in sein
Lager sich begebe, sage ihm; ich würde ihn bekannt machen,
Wenn ich ihn anhören will.
FULVIUS.
Vergebens hoffest du.
So viel Unrecht erdulde ich nicht.
CATO.
Und was willst du denn thun?
FULVIUS.
Meine Schuldigkeit.
CATO.
Aber wer bist du?
FULVIUS.
Ich bin
Der Römische Gesandte.
CATO.
Nun wohlan, der Römische Abgesandte
Kann wieder gehen.
FULVIUS.
Ja, aber erst lies was dieses Blatt
In sich hält, und sieh wer es schickt.

Fulvius giebt den Cato ein Blatt.

ARBACES.
(Marcia, warum bist du so traurig?)
MARCIA.
Ach scherze nicht. (Was bleibt mir zu hoffen übrig?)

Cato eröffnet das Blatt und lieset.

CATO.
Der Rath an den Cato. Unser Wille ist
In der ganzen Welt Friede zu stiften. Ein jeder von uns
Die Consuls, die Tribunen, das ganze Volk,
Cesar selbst, und der Dictator wollen es.
Erfülle den allgemeinen Wunsch; wenn du dich
Einer so gerechten Foderung widersetzest,
So ist heute das Vaterland dein Feind.
FULVIUS.
(Was wird er sagen?)
Einen solchen unverhofften
Befehl bringe ich dir.
CATO.
Es ist wahr, und du gehe
Und sage dem Cesar –
FULVIUS.
Ich will sagen, daß du ihn hier erwartest,
Daß du nicht den Tag über mehr da bleibst.
CATO.
Nein, du sollst sagen, daß er gehe, und niemals wieder komme.
FULVIUS.
Und der Brief – –
CATO.
Es ist ein schändliches Blatt,
Welches nicht die Vernunft, sondern eine fremde Niederträchtigkeit
Aufgesetzt und geschrieben hat.
FULVIUS.
Und Rom – –
CATO.
Rom
Bestehet nicht in diesen Mauren, und es ist allerwegen,
Wo die Vaterlandsliebe
Noch nicht von Ruhm und Freyheit getrennt ist:
Meine Getreuen sind Rom! Rom bin ich selbst.

Kehre zurück nach deinem Tyrañen
Und gehorche deinem Oberherrn.
Allein sage nicht, daß du ein Römer bist,
Wenn du dich nicht der Freyheit rühmen kannst.

Wenn der Schimpf eines niedrigen Joches
Deinem Herzen keinen Kummer macht,
So wird der Gedanke von deiner Schönheit
Dich noch eines Tages erröthend machen.

Dritter Auftritt.

Marcia, Arbaces und Fulvius.

FULVIUS.
Zu einem so hohen Grade
Steigt der Hochmuth des Cato?
MARCIA.
Ach Fulvius, und du kennst noch nicht
Seinen Eifer? Er glaubt – –
FULVIUS.
Er glaube, was er wolle; ob ich in kurzen
Den Namen Römer
Würdig verdiene,
Oder ob ich ein Freund des Cesars bin, und ihm diene.

Geht ab.

ARBACES.
Marcia, darf ich einmal
Mitleid hoffen?
MARCIA.
Entferne dich aus meinen Augen,
Und füge mir keine Angst mehr
Durch deine Gegenwart zu. Ich entbinde
Dich von allen deinen Versprechen.
ARBACES.
Und du bewilligst, daß ich
Frey reden kann.
MARCIA.
Ich willige in alles,
Wenn ich nur deine Klagen
Nicht mehr zu erdulden habe.
ARBACES.
Grausame Marcia.

Geht ab.

Vierter Auftritt.

Marcia, hernach Emilia und Cesar.

MARCIA.
Was wird mein Schicksal seyn? Ich gerathe aus einer Qual
Und aus einer Furcht in die andere, und
Finde keinen Augenblick Ruhe.
EMILIA.
Endlich ist Cesar abgereiset.
Wie konnte dieser Held
So großen Schimpf ertragen?
Was sagte er? Was wird er thun? Du wirst es wissen,
Du, die du für seinem Ruhm so besorgt bist.
MARCIA.
Gehe, und frage ihn darum, er kann es dir sagen.

Geht ab.

EMILIA.
Welche Verachtung, welch ein Stolz!
Wie viel muß ich erdulden! allein der
Tyranne kömt von neuen wieder zurück; was sucht er?
CESAR.
So weit konnte Cato gehn!
Er verlangt, daß ich mich
Auf dem Kampfplatz stellen soll?
Ja, sage ihm, daß er mich erwarte, und sich vertheidige.

Im Begriff wegzugehn.

EMILIA.
Er wird sich vertheidigen; und ich werde,
O Götter! wiewol nicht gänzlich,
Durch dein Blut versöhnt werden,
Da ich mir doch nicht
Den Tod meines verrathenen Gemahls
Aus den Gedanken bringen kann.

Ich bin zu den Qualen gebohren,
Die ich in dieser Brust itzt leide,
Und nie habe ich für mich
Einen heitren Strahl des Himmels erblickt.

Der treulose Verräther
Sucht mich zu hintergehen,
Allein er wird mich nicht betrügen
Weil ich es weiß, daß er ungetreu ist.

Geht ab.

Fünfter Auftritt.

Cesar und Marcia

CESAR.
Laß uns fortgehn: du kannst in deiner
Brust das Vergnügen des heftigen Zorns behalten; ich fürchte ihn nicht,
Nur die Qual meiner geliebten
Peinigt mich; aber was kan ich machen,
Da der Vater unbeweglich ist. O Himmel, sie kömt!
MARCIA.
Cesar, wo gehst du hin?
CESAR.
Auf dem Kampfplatz,
Dem mir Cato auf diesen Tag bestimt hat.
MARCIA.
O Weh mir! würde doch einmal Friede,
Einmal ein Ende des Zorns, und des Mordens!
CESAR.
Cato kan nur blos
Durch Blut gesätigt werden; er verlangt daß ich es vergieße.
MARCIA.
Beruhige dich:
Du erzürnst dich mit Recht, allein mein
Vater hat auch Ursach zu seinen Argwohn,
Der Grund davon ist mir bekannt, und du sollst alles erfahren.
CESAR.
Allein, was kann ich thun?

Sechster Auftritt.

Fulvius und Obgedachte.

FULVIUS.
Beruhige dich,
O Herr, denn dein Glück
Ist beneidenswerth, endlich komt Cato
Um dich anzuhören. Ich bringe dir
Von einer so großen Gnade die Bothschaft.
CESAR.
Und so hat er
So schnell die Gedanken verändert?
FULVIUS.
Zornig bewilligte ers: als ob du,
Und die allgemeine Hoffnung von ihm abhänge.
CESAR.
Welch ein stolzes Herz, welch eine ungebändigte Beständigkeit!
(Und ich muß so viel erdulden?) Ach Marcia –
MARCIA.
So vermag ich denn nicht
Dich zum Mitleid zu bewegen?
CESAR.
(Wie viel kostet es meinen Herzen, daß ich itzt Liebhaber bin.)
FULVIUS.
(Die Liebe hat gesieget.)
CESAR.
Entferne dich auf eine kurze Zeit.
FULVIUS.
Ich eile wieder zu den Kriegsschaaren.

Geht ab.

CESAR.
Thue was du gut findest. Marcia ich will aufs neue
Deinen Vater um Frieden bitten, und wenn ich
Seinen Stolz auch annoch einmal erdulden muß,
So will ich es thun
Um den Ruhm zu haben, ihn zu retten.
MARCIA.
Ja, mein geliebter Cesar,
(Ich will ihn zum Trotz des Schicksals so nennen:)
Erdulde, du wirst ihn, mein Geliebter, versöhnen.

Wenn dir meine Liebe theuer ist,
Wenn du mich getreu zu sehn wünschest,
O so erhalte mir meinen Vater!
CESAR.
Geliebte, du weißt, daß ich nur blos
Gegen ihn nicht grausam zu seyn wünsche,
Du weißt es, daß ich ihn liebe.
MARCIA.
Ja, mein Leben, ich hoffe auf dich
CESAR.
Hoffe nur, ich werde aufrichtig seyn.
MARCIA, CESAR.
Beglücker ihr gütigen Sterne
Unsre unschuldsvolle Liebe!

Gehn ab.

Siebenter Auftritt.

Zimmer mit Stühlen.

Cato, hernach Marcia.

CATO.
Man verlangt, daß ich wider meinen
Willen den Cesar anhöre?
Ich will ihn hören, aber vor den Augen der Welt
Und den Göttern bekräftige ich,
Daß ich von jedermann gezwungen werde,
Ihn zu ertragen, und zu schwach bin
Bey meiner Qual grausam zu seyn.
MARCIA.
Wie viel läßt uns doch
Dieser Tag hoffen? Von zwey so großen
Befehlshabern der Erde hängt die ganze Welt ab,
Und von euch erwartet sie
Krieg, oder Frieden, Sklaverey oder Freyheit.
CATO.
Unnütze Sorge.
MARCIA.
Jetzt kömt

Sieht nach der Bühne hinauf.

Cesar zu dir.
CATO.
Laß mich mit ihm allein.
MARCIA.
(O Götter!
Erfüllet aus Mitleiden meine Wünsche.)

Geht ab.

Achter Auftritt.

Cesar und Obgedachte.

CATO.
Die Augenblicke, Cesar, sind mir
Zu kostbar, und ich will sie dich anzuhören
Nicht verliehren,
Rede kurz, oder entferne dich.

Er setzt sich nieder.

CESAR.
Ich will dir gehorchen, ich will, es koste was es wolle,

Wie oben.

Mit dir Friede haben. Schreibe mir das Bündniß vor,
Ich bin bereit es anzunehmen,
Wie es der Sieger mit den Besiegten fordern kann.
(Was wird er jetzt sagen?)
CATO.
Und zu so viel erbietest du dich?
CESAR.
So viel will ich erfüllen,
Weil ich keiner ungerechten Forderung vermuthen bin.
CATO.
Sie wird die gerechteste seyn. Lege das geraubte Commando
Des Krieges ab, und verlaß den erhabnen
Stand eines Dietators; und als ein Schuldiger
Bekeñe dem Vaterlande deine Uebelthaten
In einem finstern Gefängnisse,
Wenn du Frieden verlangst, so sind dieses die Bedingungen.
CESAR.
Und ich sollte – –
CATO.
Besorge nicht,
Daß du unterdrücket bleiben sollst, denn ich bin alsdenn
Dein Vertheidiger.
CESAR.
(Und ich erdulde dies alles?)
Du allein vermagst dies nicht, denn ich weiß
Wie viel Feinde, mein glückliches Schicksal
Mir entgegen gestellt hat,
So daß ich mein Leben also vergeblich hingeben würde.
CATO.
Du bist ein Römer, und liebst das Leben so sehr?

Steht auf.

CESAR.
Halt ein Cato.
CATO.
Es ist alles vergebens
Was du mir sagen kannst.
CESAR.
Noch einen Augenblick warte!
Ich will dir noch andre Anerbietung thun.
CATO.
Rede, und endige bald.

Setzt sich wieder.

CESAR.
(Wie viel ertrage ich!) Das durch die Schlacht erlangte
Reich der Welt, und die späten Früchte
Meines vergossenen Schweisses, und meiner Gefahren,
Will ich, wenn du mit mir in Frieden leben willst,
Mit dir theilen.
CATO.
Ja, so wäre hernach der Schimpf
Deiner großen begangenen Uebelthaten
Auch unter uns getheilt.
CESAR.
Und damit die Freundschaft
Unter uns fester bleibe, so will ich
Als Bräutigam der Marcia die Hand geben.
CATO.
Meiner Tochter?
CESAR.
Ja ihr selbst.
CATO.
Ach viel eher falle auf mich
Der Götter gänzlicher Zorn!
Und solche Vorschläge – –
CESAR.
Schweige endlich einmal;

Sie stehn auf.

Du hast nun
Meine Geduld genug beleidigt.

Im Begriff wegzugeben.

Neunter Auftritt.

Marcia und Obgedachte.

MARCIA.
Cesar, wohin?
CESAR.
Auf dem Kampfplatz.
MARCIA.
Um des Himmels willen bleibe.
Ist dieses der Friede?

Zu Cato.

CESAR.
Ist dieses die erseufzete Freundschaft?

Zum Cesar.

CESAR.
Dein Vater klagt mich an:
Er verlangt Krieg.
MARCIA.
Ach Vater!
CATO.
Schweige,
Und rede nicht von ihm.
MARCIA.
Cesar.
CESAR.
Ich habe bis anjetzt
Zu viel erlitten; ich habe mich gleichsam
Mit ihm erniedrigt. Lebe wohl –

Im Begriff zu gehen.

MARCIA.
Halt ein.
CATO.
Erlaube ihn,
Daß er sich meinen Augen entziehe.
MARCIA.
Ach nein, mäßige einmal
Die erregten Zwistigkeiten. Ach der Vater
Falle nicht, auch, da der Sohn getödtet ist, an seine Seite.
Laß so viel Blut, so viel Thränen genug seyn.
CATO.
Es ist ihm nicht genug.
CESAR.
Mir nicht genug? wenn du willst,
Ist es noch Zeit: ich vergesse die Beleidigungen,
Und erwarte deine Wahl!
Wähle Krieg, oder Frieden,
Du sollst befriedigt werden.
CATO.
Krieg! Krieg vergnüget mich.
CESAR.
Du sollst Krieg haben.

Wenn du bewaffnet auf dem Kampfplatz
Mich zu sehn verlangst;
So komm: das Schicksal
Soll unter Zorn und Waffen
Den wichtigen Streit
Entscheiden.

Wegen deiner Thränen

Zu der Marcia.

Wegen deiner Leiden
Klage deinen grausamen
Vater an.
Cesars Herz ist
Daran unschuldig.

Geht ab.

Zehnter Auftritt.

Cato und Marcia, hernach Emilia.

MARCIA.
Ach Herr, was hast du gethan? Siehe dein Leben
Und das meinige ist in Gefahr.
CATO.
Sey nicht um mein
Leben besorgt; ich dachte nur an dich!
EMILIA.
Welch einen Weg nimmt man
Um aus diesen völlig verschloßnen
Mauren zu kommen.
CATO.
Mir ist der Eingang
Eines einsamen
Unterirdischen Weges bekannt.
EMILIA.
(Dies zu wissen kann mir sehr nützlich werden.)

Eilfter Auftritt.

Arbaces und Obgedachte.

ARBACES.
Herr, ich weiß, daß man alle Augenblick
Zum Fechten bereit seyn muß. Lege mir den Befehl auf,
Was ich thun soll; bevor die Morgenröthe aufgeht
Will ich allen falschen Argwohn zernichten.
Da ich der Marcia Gemahl werde, so siehe hier meine Hand.
(Auf diese Art will ich mich rächen.)
MARCIA.
Ich fürchte, und bewundre
Dein unbeständiges Herz.
ARBACES.
Ich bin in aller Absicht entschuldigt,
Die Ursache weißt du.
CATO.
Was verweilest du?

Zu der Marcia.

EMILIA.
(Was wird sie thun?)
MARCIA.
(Götter steht mir mit Rath bey.)
CATO.
Zaudre nicht länger,
Arbaces gieb ihr die Hand.
ARBACES.
Hier ist sie; das Herz ist dein,
Das Leben, den Thron
Biete ich dir hiermit an.
MARCIA.
Entferne dich: ich verlange dich nicht.
ARBACES.
Wie!
EMILIA.
(Welch ein Entschluß!)
CATO.
Und warum?

Zu der Marcia.

MARCIA.
Es hilft kein weiteres Verstellen,
Ich will alles sagen. Arbaces hat mir niemals gefallen,
Und habe ihn nie ausstehn können, er wird es sagen müssen,
Er suchte auf meinen Befehl
Den Aufschub der Vermählung.
Ich hoffte, daß das Ansehen
Eines Vaters meine freyen Triebe
Nicht einschränken würde.
Allein da er noch nicht müde ist
Mich zu quälen, und mich
In die allergrösseste Gefahr stürzen will,
So nehme ich zum allerletzten Mittel meine Zuflucht.
CATO.
Ich bin ausser mir! woher kommt so großer Haß
Und so viele Verwegenheit in ihr?

Zu Emilia und den Arbaces.

EMILIA.
Vielleicht ist sie durch
Ein andres Feuer entzündet.
ARBACES.
O Götter!
EMILIA.
Wer weiß es?
CATO.
Redet!
ARBACES.
Die Ehrfurcht – –
EMILIA.
Der Wohlstand – –
MARCIA.
Schweigt, ich will es sagen. Ich bete den Cesar an.
CATO.
Den Cesar?
MARCIA.
Ja, verzeihe es mir,
Geliebter Vater.
CATO.
Fort von hier, Undankbare,
Fort aus meinen Augen!
MARCIA.
Mein Vater –
CATO.
Was für ein Vater?
Der Vater einer treulosen Tochter,
Die alle Ehrfurcht vergißt; und ihre Schuldigkeit
Aus den Augen setzt! Ich bin nicht Vater mehr.

Als du das Tageslicht erblicktest

Zu der Marcia.

Hätte ich dich tödten sollen.
Sagt habt ihr jemals

Zu Emilia und Arbaces.

Einen unglücklichern Vater
Und eine treulosere Tochter gesehen?

Ich konnte den Zorn
Von jedem grausamen Schicksal erdulden,
Aber bey dieser einzigen Qual
Bleibt mein Herz nicht standhaft.

Geht ab.

Zwölfter Auftritt.

Marcia, Emilia und Arbaces.

MARCIA.
Ihr werdet zuletzt zufrieden seyn. Ihr wünschtet

Zu Arbaces.

Daß mein Vater mich hassen sollte. Seht er haßt mich!

Zu Emilia.

Ihr verlangtet Krieg? Und Krieg ist da.
Sagt, was verlangt ihr noch mehr?
ARBACES.
Du beschuldigst mich mit Unrecht.
Du weißt es, du hast mir
Das Stillschweigen auferlegt.
EMILIA.
Ich beleidige dich nicht
Wenn ich Rache wünsche.
MARCIA.
Sagt es mir, was habe ich euch gethan, undankbare Seelen?
Daß ihr euch wider mich
Verschworen habt.

Ich weiß, daß du bey meinen Schmerz
Der mich quält, dich freuest,
Aber deine Freude wird nicht dauren,

Zu Arbaces.

Und du wirst nicht zufrieden seyn,

Zu Emilia.

Ihr werdet es noch bereuen.

In dem äußersten Unglück
Werden wir bald zusammen weinen
Du wirst dich nicht rächen,

Zu Emilia.

Und du keine Liebe hoffen können.

Zu Arbaces.

Geht ab.

Dreyzehnter Auftritt.

Emilia und Arbaces.

EMILIA.
Hast du es gehört, Arbaces? Ich glaube es kaum.
So weit ist denn doch bey ihr
Eine verwegene Liebe gekommen!
Bey einer solchen Beleidigung zeige einmal deinen Muth.

Vierzehnter Auftritt.

ARBACES allein.
Ist es möglich, daß ich die Ungerechtigkeit,
Die Verachtung, die Tyranney, die Grausamkeit,
Den Haß einer undankbaren Geliebten,
Ohne mich zu beklagen, erdulden kann?
Dieses sind alles noch dem Herzen erträgliche Qualen,
Aber in dem Munde meiner Feindin den Namen
Eines glücklichen Nebenbuhlers nennen zu hören,
Zu wissen, daß sie ihn liebt,
Zu hören, daß sie bittet:
Dies, dies ist Leiden; dies ist Sterben.

So sieht der bekümmerte Landmann
Unter Stürmen und Blitzen
Seine Felder verschwemmt
Von der Fluth.

Er seufzet und weint,
Und erinnert sich in seinem Herzen,
Wie viel Mühe und Schweiß
Er umsonst angewandt.

Geht ab.

Ende der zweyten Abhandlung.

Es folgt der Tanz.

Dritte Handlung

Erster Auftritt.

Ein Vorhof.

Cesar, und Fulvius.

CESAR.
O Freund, ich habe alles versucht. Laß uns gehen,
Denn mein Zorn ist gerecht, und ich habe genug erduldet.

Im Begriff wegzugehn.

FULVIUS.
Bleib, denn du gehst sonst zum Tode.
CESAR.
Warum?
FULVIUS.
Es ist schon jemand
An den Thoren von Utika bereit,
Im Hinausgehen dich zu tödten.
CESAR.
Und wer hat dieses angegeben?
FULVIUS.
Emilia. Doch das Glück
Hat dir einen andern Ausweg aufbehalten.
CESAR.
Und was für einen.
FULVIUS.
Einer, der unter den Waffen
Des Cato steht, soll dich bis in das Lager
Durch einen unbekannten Weg fahren,
Er erwartet dich am Quell Isis,
Er ist mir bekannt, du kannst dich auf ihn verlassen.
Inzwischen eile ich ins Lager, und
Um dir den Weg noch sicherer zu machen.
Will ich einen Anfall auf die feindlichen Mauren thun.
CESAR.
Und dem soll ich mich so anvertrauen?
FULVIUS.
Du kannst es sicher thun.
Die Götter werden für dich sorgen,
Da du eines ihrer größten Werke bist.

Die Lorbeerzweige,
Welche das Haupt
Eines Siegers kränzen,
Sind der Verwüstung des Blitzes
Nicht unterworfen.

Schon von der Wiege an,
War das Glück an deiner Seite,
Um mir dir zu kämpfen.

Geht ab.

Zweyter Auftritt.

Cesar, und hernach Marcia.

CESAR.
Wie oft verändert sich
Nicht das Schicksal in einen Tage.
MARCIA.
Ach Cesar, was machst du?
Du bist noch in Utika?
CESAR.
Anderer Nachstellungen
Sind mir hinderlich.
MARCIA.
Ach aus Mitleiden, wenn du mich liebst,
So vertheidige dein Leben,
Als einen Theil des meinigen: Cesar, lebe wohl.

Im Begriff wegzugehn.

CESAR.
Bleib! wo fliehst du hin?
MARCIA.
Zu meinen Bruder, zu den Schiffen.
Mein erzürnter Vater
Verlangt meinen Tod. (Ach Himmel!)

Sieht sich um.

(Wenn er sich doch näherte.) Halt mich nicht auf,
Denn blos die Flucht kan mich retten.
CESAR.
Allein, und verlassen
So viel zu wagen? ich sollte dir wenigstens
In deiner Gefahr folgen.
MARCIA.
Nein; wenn es wahr ist, daß du mich liebst
So folge mir nicht, denke an dich selbst,
Du darfst nicht mit mir gehn, lebe wohl!

Im Begriff wegzugehen.

CESAR.
So entreissest du dich von mir?
MARCIA.
Wer weiß, ob wir uns je wieder sehn!
Wer weiß, ob nicht das grausame Schicksal
Unsre Triebe auf ewig trennet.
CESAR.
Und bey dem letzten Lebewohl, eilest du so?
MARCIA.
Ganz verwirrt, ganz beklemmt,
Möchte ich dir sagen,
Daß du warest – daß du bist –
O Himmel vernimm meine Gedanken.
Ich kan nicht reden,
Und fühle nur, daß ich sterbe.

Wenn du unter den Waffen
Dich noch meiner erinnerst
So verlange ich – du weißt es –
Welche Qual! der Schmerz
Verwirrt meine Worte.

Geht ab.

Dritter Auftritt.

Cesar, hernach Arbaces.

CESAR.
Welche ungerechte Bewegungen
Empfindet mein Herz bey ihren Weggehn.
ARBACES.
Welche Bemühung, welches Vorhaben,
Hält dich noch so lange unter uns auf?
CESAR.
Und wer bist du?
ARBACES.
Kennest du mich nicht?
CESAR.
Nein.
ARBACES.
Ich bin dein Nebenbuhler,
Sowol in Waffen, als in der Liebe.
CESAR.
So bist du denn
Der Numidische Prinz,
Der Liebhaber der Marcia, der du ihrem
Vater so theuer bist?
ARBACES.
Ja, der bin ich!
CESAR.
Ach wenn du sie liebst Arbaces,
So folge ihr, du begegnest ihr; sie floh
urchtsam und allein vor dem Zorne des Vaters.
ARBACES.
Und wohin eilt sie?
CESAR.
Nach ihrem Bruder.
ARBACES.
Ich bewundre dein großes Herz, du treibst mich an,
Meiner Geliebten zu Hülfe zu eilen, deine
Sicherheit achtest du nicht;
Und sie, die dich anbetrift
Tritst du selbst großmüthig
An deinen Nebenbuhler ab.

Geht ab.

Vierter Auftritt.

CESAR allein.
Ich weiß nicht, welche unbekannte Qual
Mein Herz in Bewegung setzt,
Da ich meinen Nebenbuhler Hülfe leiste,
Und die Marcia verlasse.
Weil mich itzt das Schicksal von ihr trennt,
Schweig verhaßte Leidenschaft!
Nein, bey meinen Sorgen findest du keinen Platz,
Wenn du keinen edlern Verlangen zu dienen weißt.

Die Liebe welche nur wenig entzündet,
Ernährt ein zartes Herz,
Wie der neue April das Gras,
Wie die Morgenröthe die Blumen.

Aber wenn sie sich zum Tyrannen macht,
So wird die Vernunft eben so sehr durch sie verwüstet,
Als das Gras durch den heissen Mittagsstral,
Als die Blume durch den rödtenden Frost.

Geht ab.

Fünfter Auftritt.

Ein von Bäumen umgebener schattigter Ort, auf der einen Seite Quellen der Isis, auf der andern ein bequemer Eingang mit alten Canälen.

MARCIA allein.
Endlich sehe ich einen Strahl
Von einem ungewissen Lichte,
Auf diesen schreckens- und zweifelsvollen
Wege; aber ich finde den Weg nicht,
Der zum Meere führt. Ach wenn ich den Weg
Hier herauszukommen nicht wüßte –

Man wird des Thors gewahr.

Zum Ufer eilt der Fuß, aber wenn ich den Weg nicht fehle,
So scheint er mir ungewiß zu seyn. O Götter!
Zu sehr ist es wahr; allein was höre ich
Für Stimmen? was für beständiges Gehen?
Wo eile ich hin? Es nähert sich.
Ich muß mich verbergen! Und wenn wird die Furcht
Und die Qual einmal
Sich endigen, grausames Gestirn!

Sie verbirgt sich.

Sechster Auftritt.

Emilia mit bloßen Degen, und bewaffneten Gefolge, und Marcia beyseite.

EMILIA.
Dieses ist der Ort, Freunde,
Wo man das Opfer tödten soll,
In wenig Augenblicke wird Cesar kommen
Der Ausgang ist auf meinen Befehl verschlossen,
Weswegen für ihn kein Weg zur Flucht übrig ist.
Ihr aber erwartet indessen unter
Diesen Felsen verborgen meinen Befehl.

Das Gefolge der Emilia zieht sich zurück.

MARCIA.
(O Weh mir, was hör ich!)

Siebenter Auftritt.

Cesar und Obgedachte beyseite.

CESAR.
Hier erweitert sich das Gewölbe; nach den mir gegebenen Merkmalen
Muß dieses der Ausgang seyn. Ich habe in viel grösserer Gefahr
Von meinem Glücke noch gewissere Proben gehabt.
EMILIA.
Allein diesesmal hilft dir die Gunst des Glückes nichts.

Kommt hervor.

MARCIA.
(Grausames Schicksal!)
CESAR.
Emilia bewaffnet!
EMILIA.
Die Zeit mich zu rächen
Ist herbey gekommen.
CESAR.
Hat mich denn Fulvius
Auf solche Art hintergehen können?
EMILIA.
Nein, von dieser List
Ist der ganze Ruhm meine.
Denkst du vielleicht, daß die unbedachtsamen Götter
Deine Verbrechen immer so begünstigen sollen?
CESAR.
Wohlan! was verlangst du?
EMILIA.
Dein Blut.
CESAR.
Dies ist nicht so leicht
Zu vergießen.
EMILIA.
Wir werden es bald sehen.
MARCIA.
(O Götter!)
EMILIA.
Hier! man erwürge ihn.

Das Gefolge der Emilia kömt hervor.

CESAR.
Ihr müßt zuerst sterben!

Entblößt den Degen.

MARCIA.
Haltet ein, Treulose!
CESAR.
(Marcia!)
EMILIA.
(Was sehe ich?)
MARCIA.
Und Emilia schämt sich
Dieser Verrätherey nicht?
EMILIA.
Und Marcia erröthet nicht,
Daß sie mit ihm fliehen will?
CESAR.
(Was für seltsame Zufälle!)
MARCIA.
Ich mit dem Cesar? Du lügst,
Der Zorn und die gerechte Furcht
Für meinen Vater ermunterte mich zur Flucht.

Achter Auftritt.

Cato mit entblößten Degen, und Obgedachte.

CATO.
So finde ich dich denn wieder, Undankbare.

Zu Marcia.

MARCIA.
(Ich Unglückselige.)
CESAR.
Fürchte nichts!

Stellt sich vor die Marcia.

CATO.
Was sehe ich!

Da er den Cesar sieht.

EMILIA.
O Sterne!

Da sie den Cato sieht.

CATO.
Du in Utika, Stolzer!

Zum Cesar.

Und du bist bey ihm, Gottlose?

Zu der Marcia.

Ihr seyd hier ohne meinen Befehl?

Zur Wache.

Emilia bewaffnet!
Was hast du für Absicht? Was willst du unternehmen?
CESAR.
Sie sucht meinen Tod, aber auf eine niederträchtige Art.
EMILIA.
Tödtet ihn!

Zu den Cato.

MARCIA.
Vater, ich bitte um Mitleiden.
CATO.
Lege dein Schwerdt ab.

Zum Cesar.

CESAR.
Mein Schwerd
Gebe ich nicht so weg.

Man hört hinten Lärm.

EMILIA.
Was höre ich
Für einen ungewohntem Lärm?
CATO.
Dieses ist eine Hinterlist. Ach ehe
Noch andre herzukommen, so rettet meine Ehre,
Tödtet die gottlose Tochter,
Und entwaffnet den Tyrannen, ich gehe voraus.

Zu der Wache.

Neunter Auftritt.

Fulvius nebst bewaffneten Gefolge und Obgedachte.

FULVIUS.
Kommet, Freunde.
EMILIA, MARCIA.
O Himmel!
CATO.
Götter, was seh ich!
EMILIA.
Unnützes Schwerdt.

Wirft den Degen weg.

MARCIA.
O Götter!
FULVIUS.
Ein Theil von euch bleibe
Zu Cesars Vertheidigung, Emilia, lebe wol.
EMILIA.
Gehe, Undankbarer.
FULVIUS.
Ich diene Rom, und erfülle meine Pflicht.

Fulvius geht ab, und einige von der Wache bleiben bey den Cesar.

CESAR.
Cato, ich bin Sieger –
CATO.
Schweige, wenn du verlangst
Daß ich den Degen abgebe, so nim ihn hin,

Wirft den Degen weg.

Ich will von dir keinen Befehl anhören.
CESAR.
O nein, stecke dein Schwerdt wieder an deine Seite,
Nimm dein tapferes Schwerdt wieder.
CATO.
Es wäre für mich ein Schimpf,
Wenn ich es als ein Geschenk von dir annähme.
MARCIA.
Geliebter Vater –
CATO.
Schweig!
Du machst mir Schande.
MARCIA.
Man befriedige doch endlich
Das Herz der Emilia.
EMILIA.
Du verlangst es vergeblich.
CESAR.
Freund

Zu dem Cato.

Friede! einmal Friede!
CATO.
Du hoffest dies vergebens.
MARCIA.
Was verlangst du denn?

Zu Emilia.

CATO.
Unter Zorn und Haß stets zu leben.
CESAR.
Und was willst du denn?

Zum Cato.

CATO.
In Freyheit zu sterben!
MARCIA.
Laß mich dir im Leben dienen!

Zum Cato.

CESAR.
Bezwinge deinen Zorn.

Zur Emilia.

CATO.
Stolze, Undankbare!

Zur Marcia.

EMILIA.
Grausamer, Tyranne.

Zum Cesar.

CESAR.
Aber ich biete dir Frieden an.

Zum Cato.

CATO.
Das Geschenk gefällt mir.
MARCIA.
Aber mäßige deinen Zorn.

Zu Emilia.

EMILIA.
Ich verlange blos Rache!
CESAR.
Welch ein Schmerz!
MARCIA.
Welche Qual!
EMILIA.
Welch ein Stolz!
CATO.
Welch ein Hochmuth!
CESAR, MARCIA, CATO, EMILIA.
Grausamere Begebenheiten
Kann das Schicksal nicht haben.
MARCIA.
Der erzürnte Vater

Für sich.

Reizet mich zum Zorn und beleidiget mich.
CESAR.
Dieses widerspenstige Herz

Gegen Cato.

Verändert die Gedanken nicht.
EMILIA.
Ich hoffe keine Rache.

Für sich.

CATO.
Die Tochter ist aufrührisch.

Für sich.

EMILIA, CATO, CESAR, MARCIA.
Diese Seele weiß nicht
Was die Sterne verlangen.

Gehn ab.

Zehnter Auftritt.

Arbaces mit bloßen Degen, und einige vom Gefolge, hernach Emilia.

ARBACES.
Wo verbirgt sich doch
Meine Geliebte? Gefolge, Freunde,
Aus Mitleiden suche man sie,
Man vertheidige meine Schöne – Muth, meine Getreuen,
Laßt uns den Kühnen entgegen gehen,
Um den Arbaces zu rächen.

Geht wüthend mit den andern weg.

EMILIA.
Halt, Arbaces!
Er höret mich nicht, und läßt mich
In Ungewißheit seufzen – Götter Roms
Steht uns bey – aber nein, ihr seyd
Alle gegen mich taub – ihr liebet weiter nichts
Als Betrug und Falschheit – Was habe ich gesagt?
Ach von Schmerz unterdrückt, kenne ich mich fast selbst nicht.

Wenn ich mich einen Augenblick
Dem Schmerz, der mich leitet überlasse,
So ist der Grund, daß ich mich
In Furcht und Hoffnung theile.

Sie ist nicht dankbar, meine Hoffnung, aber doch standhaft.
Ich weiß, ich würde euch angenehm seyn,
Wenn ich, ewige Götter,
Eure Liebe verachten könnte.

Geht ab.

Eilfter Auftritt.

Ein großer Waffenplatz in den Mauren von Utika. Stücke der schon gedachten verfallnen Häuser. Ausser der Stadt das Lager von Cesars Truppen mit Zelten, und kriegerischen Maschinen.

Bey Eröffnung der Schaubühne siehet man die Schlacht auf der Mauer. Arbaces, welcher sucht, den schon mit einem Theil der Truppen des Cesars in die Mauren gekommenen Fulvius zurück zu treiben; hernach Cato dem Arbaces zu Hülfe. Cesar sich vertheidigend gegen einige die ihn anfallen. Cesars Soldaten dringen in die Mauern. Cesar, Cato, Fulvius und Arbaces theilen sich streitend. Es folgt ein großer Streit zwischen beyden Armeen. Es fällt der Rest der Mauer, und die Soldaten des Cato fliehn. Cesars Soldaten verfolgen sie, und da die Schaubühne leer ist, kömt Cato mit zerbrochenen Degen wieder heraus.

CESAR allein.
Ihr habt gesiegt, unbillige Sterne! Siehe
Ein einziger Augenblick vernichtet den Schweiß und die Arbeit
So großer Länder und Staaten! Und nun liegt die ganze Welt
Unter dem Joche des Cesars. Für ihn also
(Wer sollte es glauben?)
haben die Metallen, die Scipionen gearbeitet?
Jeder Römer hat für ihn sein Blut vergossen?
Und sogar Pompejus stritt also blos für ihn?
Arme Freyheit! unglückliches Vaterland!
Undankbarster seiner Söhne! Keine andre Tapferkeit laß ich dir
Von deinen Vorfahren zu überwinden,
Als Rom und das Capitol.
Aber doch sollst du Tyranne,
Nicht über den Cato triumphiren!
Und kan er nicht mehr frey leben; so soll man wenigstens
Unter seinen Ruinen,
Die Freyheit mit vergraben sehen.

Er will sich erstechen.

Zwölfter Auftritt.

Marcia von der einen Seite, und Arbaces von der andern, und Obgedachter.

MARCIA.
Vater.
ARBACES.
Herr.
MARCIA, ARBACES.
Bleib.
CATO.
Undankbare! du unterstehst dich noch
Meinen Augen dich zu zeigen?
MARCIA.
Verzeihe, o Vater,

Kniet nieder.

Geliebter Vater, Mitleiden! Diese
Die deine Füße mit Thränen benetzt, ist noch immer deine Tochter.
ARBACES.
Beruhige dich doch endlich!
CATO.
Höre,
Wenn du willst, daß mein Schatten sich beruhigen soll,
So schwöre dem Arbaces
Eine ewige Treue, und dem gottlosen Unterdrücker
Des Vaterlandes und der Welt, einen ewigen Haß.
MARCIA.
(Ich sterbe bereits!)
CATO.
Du bedenkst dich noch? Ich erkenne
Dein widerspenstiges Gemüth. Ach weit von dieser
Eile ich zu sterben.
MARCIA.
Nein, Vater, höre mich an:

Steht auf.

Ich will alles thun Du willst, daß ich den Arbaces
Ewige Treue schwöre? Ich will es thun. Du verlangst
Daß ich des Cesars Feindin sey? Ich versichere dich
Ich will ihn hassen.
CATO.
Schwöre es.
MARCIA.
(O Götter!) bey dieser Hand schwöre ichs.

Nimt des Cato Hand und küßt sie.

ARBACES.
Sie bewegt mich zum Mitleid.
CATO.
So komm
In diese Arme, und empfange
Die letzte Umfassung, unglückliche Tochter,
Ich bin Vater, und in dem letzten Augenblicke
Weicht meine Strenge
Den Bewegungen des Bluts.
Ach ich glaubte nicht,
Dich in Afrika so zurück zu lassen.
MARCIA.
Dieses nenne ich Schmerz

Sie weint.

CATO.
Dieses Weinen macht meine Tapferkeit nicht abwendig.

Um euch ein Zeichen
Von der Neigung meines Herzens zu geben;
So hinterlasse ich euch Haß,
Und hinterlasse euch Liebe;
Aber die eurer,
Und die meiner würdig ist.

Da mir nicht mehr
Tapfer zu leben erlaubt ist:
So mag das Schicksal
Den Söhnen günstig seyn,
Wenn es solches nicht gegen den Vater ist.

Geht ab.

Dreyzehnter Auftritt.

Nach einer angenehmen Musik wird Cesar auf einem Triumpfsitze von Schildern und Siegszeichen hergetragen. Das siegreiche Heer der Numidier geht voraus; mit kriegerischen Instrumenten und Soldaten.

Cesar und Fulvius.

CESAR.
O Gefährte, zu siegen
Kömt nicht immer von Tapferkeit allein:
Auch das Glück
Hat Theil an dem Triumpf. Der größte Ruhm
Eines Siegers ist, sich zu mäßigen,
Und nicht zu grausam gegen den unterdrückten Feind zu seyn.
Erhaltet im Cato
Das Beyspiel der Helden
Mir, dem Vaterlande, der Welt, und euch.
FULVIUS.
Fürchtet nichts Cesar, seine Rettung
Ist schon geschehn. Dein Befehl ist
Durch alle deine treue Schaaren bekannt gemacht worden.

Letzter Auftritt.

Marcia, Emilia und Obgedachte.

MARCIA.
Laßt mich, o ihr Grausamen,

Gegen das Theater.

Ich will in seinem letzten Unglück
Meinen Vater nicht verlassen.
FULVIUS.
Was ist geschehen?
CESAR.
Was höre ich!
MARCIA.
Ach, welch ein Gegenstand! Geh, Undankbarer,

Zum Cesar.

Wenn du so blutdürstig bist,
So betrachte den Tod des Unglücklichen Cato. Dieses sind
Die schönen Früchte deiner Tapferkeit. Das größte
Ist noch zu thun übrig. Nimm diesen Säbel
Und vor dem Angesicht dieser Krieger
Vereinige die verzweiflungsvolle Tochter mit ihrem Vater.

Sie weint.

CESAR.
Aber wie! durch welche Hand? –
Man entdecke den Mörder!
EMILIA.
Den suchest du vergebens.
MARCIA.
Er ist freywillig gestorben. Cato ward besiegt,
Es ist wahr, aber durch niemand als durch sich selbst.
CESAR.
Rom! was verlierst du?
EMILIA.
Rom
Wird seinen Rächer finden.

Geht ab.

CESAR.
Und du, Marcia, bedenke wenigstens –
MARCIA.
Ich erinnere mich,
Daß ich durch dich aller Hoffnung beraubt
Daß ich eine trostlose Waise bin, und die Flucht ergreifen muß.
Ich habe geschworen dich zu hassen, und erinnere mich,
Daß ich zur größten Qual einen Undankbaren angebetet habe.

Geht ab.

CESAR.
Wie viel verliere ich in einem Tage?
FULVIUS.
Wenn du siegst
Ist aller Verlust leicht.
CESAR.
O wenn der Lorbeerkranz und der Thron
Mit dem Leben des Cato erkauft werden muß,
So nehmet, o ihr Götter! euer Geschenk zurück.

Wirft den Lorbeerkranz weg.

Ende der dritten Abhandlung.

Es folgt der letzte Tanz.