003
Schon trat die Buhlin des Tithon, des alten,
Zum östlichen Altan im Silberglanze,
Von süßen Freundes Arm nichtmehr gehalten.
La concubina di Titone antico
già s'imbiancava al balco d'orïente,
fuor de le braccia del suo dolce amico;
006
Demanten schmücken ihre Stirn im Kranze,
Die jenes kalten Tieres Umriß zeigen,
Das Menschen pflegt zu stechen mit dem Schwanze.
di gemme la sua fronte era lucente,
poste in figura del freddo animale
che con la coda percuote la gente;
009
Schon hatte auch die Nacht im Aufwärtssteigen
Zwei Schritt zurückgelegt da, wo wir standen,
Und ließ die Flügel nun des dritten neigen,
e la notte, de' passi con che sale,
fatti avea due nel loco ov'eravamo,
e 'l terzo già chinava in giuso l'ale;
012
Als ich, der noch beschwert mit Adams Banden,
vom Schlaf besiegt, ins Gras mich streckte nieder,
Wo wir uns alle fünf schon sitzen fanden.
quand'io, che meco avea di quel d'Adamo,
vinto dal sonno, in su l'erba inchinai
là 've già tutti e cinque sedavamo.
015
Zur Stunde wars, wo ihre Klagelieder
Die Schwalbe anstimmt bei des Tags Beginnen,
Wohl in Erinnerung alten Jammers wieder,
Ne l'ora che comincia i tristi lai
la rondinella presso a la mattina,
forse a memoria de' suo' primi guai,
018
Wo unser Geist auch leichter mag entrinnen
Dem Fleisch und den Gedankenfesseln allen,
Fast Göttlichkeit im Schauen zu gewinnen:
e che la mente nostra, peregrina
più da la carne e men da' pensier presa,
a le sue visïon quasi è divina,
021
Da sah im Traum ich an des Himmels Hallen
Mit Goldgefieder einen Aar erscheinen,
Als wollt er offenen Flügels niederfallen.
in sogno mi parea veder sospesa
un'aguglia nel ciel con penne d'oro,
con l'ali aperte e a calare intesa;
024
Und dorten glaubt ich gar mich, wo die Seinen
Zurückließ Ganymed, als es ihn jähe
Hochriß, dem höchsten Rat sich zu vereinen.
ed esser mi parea là dove fuoro
abbandonati i suoi da Ganimede,
quando fu ratto al sommo consistoro.
027
Ich dachte mir, nur aus Gewohnheit spähe
Nach Raub er hier, statt daß ihn Beute nähre
Woanders, wo die Klaue sie verschmähe.
Fra me pensava: 'Forse questa fiede
pur qui per uso, e forse d'altro loco
disdegna di portarne suso in piede'.
030
Dann schiens, alsob er noch im Kreisen wäre.
Doch furchtbar wie ein Blitzstrahl schoß er nieder
Und riß empor mich bis zur Feuersphäre.
Poi mi parea che, poi rotata un poco,
terribil come folgor discendesse,
e me rapisse suso infino al foco.
033
Dort schiens, ich brennte selbst wie sein Gefieder.
Und derart die geträumte Glut mich brannte,
Daß mir der Schlummer ward zerrissen wieder.
Ivi parea che ella e io ardesse;
e sì lo 'ncendio imaginato cosse,
che convenne che 'l sonno si rompesse.
036
Erschreckter nicht Achilles einst sich wandte -
Als augenrollend er vom Schlaf erwachte
Und, wo er sich befände, nicht erkannte,
Non altrimenti Achille si riscosse,
li occhi svegliati rivolgendo in giro
e non sappiendo là dove si fosse,
039
Da ihn aus Chirons Hut die Mutter sachte
Im Schlaf nach Skyros trug, von wo ihn wieder
Hinweg die kluge List der Griechen brachte -
quando la madre da Chirón a Schiro
trafuggò lui dormendo in le sue braccia,
là onde poi li Greci il dipartiro;
042
Als ich (da frei vom Schlaf die Augenlider)
Erschrak und tödlich fühlte mich erblassen
Wie der, dem eisiger Schreck durchrinnt die Glieder.
che mi scoss'io, sì come da la faccia
mi fuggì 'l sonno, e diventa' ismorto,
come fa l'uom che, spaventato, agghiaccia.
045
Nur der mich tröstet war mir dagelassen;
Auch stand die Sonne höher schon zwei Stunden
Und vor mir lag das Meer in blauen Massen.
Dallato m'era solo il mio conforto,
e 'l sole er'alto già più che due ore,
e 'l viso m'era a la marina torto.
048
»Sei furchtlos nun und werde stark befunden,
Wir sind am Ziel,« klangen des Meisters Worte.
»Entfalte jede Kraft jetzt ungebunden.
"Non aver tema", disse il mio segnore;
"fatti sicur, ché noi semo a buon punto;
non stringer, ma rallarga ogne vigore.
051
Du bist nun angelangt vorm Läuterungsorte.
Sieh dort die Felswand, die ihn hält umfangen,
Sieh dort, wo sie zerklafft, die Eingangspforte.
Tu se' omai al purgatorio giunto:
vedi là il balzo che 'l chiude dintorno;
vedi l'entrata là 've par digiunto.
054
Noch lagest du mit schlummerroten Wangen,
Eh daß vorm Tagesnahen das Frühlicht fliehe,
Und schliefst in Blumen, wie sie drunten prangen,
Dianzi, ne l'alba che procede al giorno,
quando l'anima tua dentro dormia,
sovra li fiori ond'è là giù addorno
057
Da kam ein Weib und sprach: ?Ich bin Lucie.
Laß diesen mich ergreifen und ihn tragen,
Daß ich Erleichterung seinem Weg verliehe.?
venne una donna, e disse: "I' son Lucia;
lasciatemi pigliar costui che dorme;
sì l'agevolerò per la sua via".
060
Sordell blieb mit den Edeln, wo sie lagen.
Doch sie - der Tag begann schon auszubleichen -
Trug dich empor. Ich folgte sonder Zagen.
Sordel rimase e l'altre genti forme;
ella ti tolse, e come 'l dì fu chiaro,
sen venne suso; e io per le sue orme.
063
Hier bettete sie dich; doch gab ein Zeichen
Ihr schönes Aug mir erst zur offenen Pforte.
Drauf sah ich sie und deinen Schlaf entweichen.«
Qui ti posò, ma pria mi dimostraro
li occhi suoi belli quella intrata aperta;
poi ella e 'l sonno ad una se n'andaro".
066
Dem Manne gleich, dem bei der Wahrheit Worte
Der Zweifel flieht, daß er, statt Furcht zu hegen,
Sich mutig das Vertrauen wählt zum Horte,
A guisa d'uom che 'n dubbio si raccerta
e che muta in conforto sua paura,
poi che la verità li è discoperta,
069
So tat auch ich. Und als mein Führer legen
Sich meine Unruh sah, schritt er am Hange
Hinaus, und ich ihm nach, der Höh entgegen. -
mi cambia' io; e come sanza cura
vide me 'l duca mio, su per lo balzo
si mosse, e io di rietro inver' l'altura.
072
Leser, du siehst wohl, wie ich meinem Sange
Aufschwung verleih. Drum staune nicht, geselle
Mehr Kraft zur Kunst ich, daß sie Halt empfange. -
Lettor, tu vedi ben com'io innalzo
la mia matera, e però con più arte
non ti maravigliar s'io la rincalzo.
075
Wir nahten uns und waren bald zur Stelle,
Daß dort, wo erst ein Spalt sich schien zu zeigen,
Alsob ein Riß ein Mauerwerk zerspelle,
Noi ci appressammo, ed eravamo in parte
che là dove pareami prima rotto,
pur come un fesso che muro diparte,
078
Ein Tor ich sah und drunter zum Ersteigen
Drei Stufen, die verschiedene Farbe trugen.
Und einen Torwart, vorerst noch in Schweigen.
vidi una porta, e tre gradi di sotto
per gire ad essa, di color diversi,
e un portier ch'ancor non facea motto.
081
Und als ich suchte, schärfer hinzulugen,
Da saß er, wo zuhöchst die Stufen enden,
Mit Mienen, die den Blick mir niederschlugen.
E come l'occhio più e più v'apersi,
vidil seder sovra 'l grado sovrano,
tal ne la faccia ch'io non lo soffersi;
084
Und sah ein bloßes Schwert in seinen Händen,
Das auf uns Strahlen warf in solchem Grade,
Daß ich den Blick oft seitwärts mußte wenden.
e una spada nuda avëa in mano,
che reflettëa i raggi sì ver' noi,
ch'io dirizzava spesso il viso in vano.
087
»Von dort sagt, was ihr wollt auf diesem Pfade.
Wo ist der Führer?« klangen seine Worte.
»Gebt acht, daß dieser Aufstieg euch nicht schade.« -
"Dite costinci: che volete voi?",
cominciò elli a dire, "ov'è la scorta?
Guardate che 'l venir sù non vi nòi".
090
»Ein Himmelsweib, wohl kundig dieser Orte,«
Gab Antwort ihm mein Meister, »sprach soeben
Zu uns: ?Dort gehet hin, dort winkt die Pforte.?« -
"Donna del ciel, di queste cose accorta",
rispuose 'l mio maestro a lui, "pur dianzi
ne disse: "Andate là: quivi è la porta"".
093
»Und euern Schritten mag sie Förderung geben,«
Des Pförtners Stimme klang, freundlich wie keine.
»Kommt denn, auf unsern Stufen hochzustreben.«
"Ed ella i passi vostri in bene avanzi",
ricominciò il cortese portinaio:
"Venite dunque a' nostri gradi innanzi".
096
Wir traten jetzt dorthin, zum ersten Steine.
Weißmarmorn war er und so blankgeschliffen,
Daß er mein Bild auffing im Spiegelscheine.
Là ne venimmo; e lo scaglion primaio
bianco marmo era sì pulito e terso,
ch'io mi specchiai in esso qual io paio.
099
Schwarzpurpurn schien, ein Bruch aus rauhen Riffen,
Der zweite; voller Risse, krumm und grader,
Als hätte Feuersglut ihn stark ergriffen.
Era il secondo tinto più che perso,
d'una petrina ruvida e arsiccia,
crepata per lo lungo e per traverso.
102
Der dritte, aufgetürmt als höchste Quader,
Schien aus Porphyr und war so scharlachhelle,
Alsob ein Blutstrahl spritze aus der Ader.
Lo terzo, che di sopra s'ammassiccia,
porfido mi parea, sì fiammeggiante
come sangue che fuor di vena spiccia.
105
Dem Engel diente der zur Ruhestelle
Für jeden Fuß. Und bis zum tiefsten Kerne
Schien mir demanten, drauf er saß, die Schwelle.
Sovra questo tenëa ambo le piante
l'angel di Dio sedendo in su la soglia
che mi sembiava pietra di diamante.
108
Ich ließ mich über die drei Stufen gerne
Vom Führer ziehn. Der sprach: »Mit Demutsgrüßen
Erfleh es, daß er den Verschluß entferne.«
Per li tre gradi sù di buona voglia
mi trasse il duca mio, dicendo: "Chiedi
umilemente che 'l serrame scioglia".
111
Andächtig sank ich zu den heiligen Füßen,
Daß er sich des erbarm, was ich begehrte;
Doch dreimal schlug ich erst die Brust im Büßen.
Divoto mi gittai a' santi piedi;
misericordia chiesi e ch'el m'aprisse,
ma tre volte nel petto pria mi diedi.
114
Da schrieb er sieben P mit seinem Schwerte
Mir auf die Stirn und sprach: »Dadrinnen wasche
Die Stirn dir ab, die siebenfach-versehrte.«
Sette P ne la fronte mi descrisse
col punton de la spada, e "Fa che lavi,
quando se' dentro, queste piaghe" disse.
117
Gefärbt wie dürrer Sand, wie trockene Asche
War sein Gewand zu sehn. Dann zog er schnelle
Darunter vor zwei Schlüssel aus der Tasche.
Cenere, o terra che secca si cavi,
d'un color fora col suo vestimento;
e di sotto da quel trasse due chiavi.
120
Einer war Gold, der andre silberhelle.
Erst sah ich ihn ins Schloß den weißen bringen,
Den gelben dann, daß michs zufriedenstelle.
L'una era d'oro e l'altra era d'argento;
pria con la bianca e poscia con la gialla
fece a la porta sì, ch'i' fu' contento.
123
»Versagt der eine nur, wills nicht gelingen,
Ihn umzudrehen frei von Hindernissen,«
Sprach er, »so läßt kein Eintritt sich erzwingen.
"Quandunque l'una d'este chiavi falla,
che non si volga dritta per la toppa",
diss'elli a noi, "non s'apre questa calla.
126
Kostbarer ist der eine, doch mehr Wissen
Und Kunst bedarf es, daß der andere schließe,
Der bei des Knotens Lösung nie zu missen.
Più cara è l'una; ma l'altra vuol troppa
d'arte e d'ingegno avanti che diserri,
perch'ella è quella che 'l nodo digroppa.
129
Mir gab sie Petrus. Eher, sprach er, ließe
Sich öffnend irren, als beim Eintritt-wehren,
Wenn nicht das Volk Fußfall vor mir verdrieße.«
Da Pier le tegno; e dissemi ch'i' erri
anzi ad aprir ch'a tenerla serrata,
pur che la gente a' piedi mi s'atterri".
132
Aufstieß er dann den Eingang zu dem hehren
Portal: »Geht ein! Doch hört vor allen Dingen,«
Sprach er, »wer rückwärtsblickt muß rückwärtskehren.«
Poi pinse l'uscio a la porta sacrata,
dicendo: "Intrate; ma facciovi accorti
che di fuor torna chi 'n dietro si guata".
135
Und wie sich nun in ihren Angeln schwingen
Am heiligen Tor die Zapfen und die Zungen,
Die, weil sie ganz Metall, starktönend klingen,
E quando fuor ne' cardini distorti
li spigoli di quella regge sacra,
che di metallo son sonanti e forti,
138
Da knarrten sie, wie lauter nicht erklungen
Tarpeja, als sie den Metell bezwangen,
Den guten, bis sie ihr den Schatz entrungen.
non rugghiò sì né si mostrò sì acra
Tarpëa, come tolto le fu il buono
Metello, per che poi rimase macra.
141
Aufmerksam lauscht ich, wie zuerst sich schwangen
Die Töne, und »Te Deum« schiens zu klingen
Von Stimmen da, die lieblich dazu sangen,
Io mi rivolsi attento al primo tuono,
e 'Te Deum laudamus' mi parea
udire in voce mista al dolce suono.
144
Sodaß mir war zumut bei diesen Dingen,
Alsob man, wie es manchmal mag geschehen,
wenn Orgelton sich untermischt dem Singen,
Tale imagine a punto mi rendea
ciò ch'io udiva, qual prender si suole
quando a cantar con organi si stea;
147
Nur ab und zu die Worte kann verstehen.
ch'or sì or no s'intendon le parole.

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