003
Von Brücke so zu Brücke gehend sprachen
Wir manches, das mein Lied nicht erst berichtet.
Als wir erreicht des Bogens Höhe, standen
Così di ponte in ponte, altro parlando
che la mia comedìa cantar non cura,
venimmo; e tenavamo 'l colmo, quando
006
Wir still, ein neues Malebolgetal
Voll unfruchtbarer Tränen zu betrachten,
Und dunkler schien es mir noch als die andren.
restammo per veder l'altra fessura
di Malebolge e li altri pianti vani;
e vidila mirabilmente oscura.
009
So wie im Arsenal der Venezianer
Im Winter zähes Pech zu sieden pflegt,
Um schlecht gewordne Schiffe zu kalfatern
Quale ne l'arzanà de' Viniziani
bolle l'inverno la tenace pece
a rimpalmare i legni lor non sani,
012
Die nicht mehr fahren können, und der eine
Ein neues Fahrzeug baut, indes der andre
Des vielgereisten lecke Flanken ausstopft,
ché navicar non ponno - in quella vece
chi fa suo legno novo e chi ristoppa
le coste a quel che più vïaggi fece;
015
(Der pocht am Schnabel, jener nächst dem Steuer,
Der schneidet Ruder, jener windet Taue,
Der flickt am Besam-, der am Hauptmastsegel)
chi ribatte da proda e chi da poppa;
altri fa remi e altri volge sarte;
chi terzeruolo e artimon rintoppa -:
018
So kochte dort, doch, statt durch Feuersgluten,
Durch Gottes Wunderkräfte, dickes Pech,
Das beide Ufer klebrig überzog.
tal, non per foco ma per divin'arte,
bollia là giuso una pegola spessa,
che 'nviscava la ripa d'ogne parte.
021
Ich sah es wohl, doch drin erkannt' ich nur
Die Blasen, die der Sud erhob, von dem
Das Pech bald anschwoll, bald sich niedersenkte.
I' vedea lei, ma non vedëa in essa
mai che le bolle che 'l bollor levava,
e gonfiar tutta, e riseder compressa.
024
Noch blickt' ich aufmerksam in jene Tiefe,
Da riß der Führer mit dem Ruf: Sieh dorthin! –
Vom Ort mich, wo ich weilt', an seine Seite.
Mentr'io là giù fisamente mirava,
lo duca mio, dicendo "Guarda, guarda!",
mi trasse a sé del loco dov'io stava.
027
Ich wandte mich gleich dem, der ungeduldig
Zu sehen ist, was ihn zum Fliehen nötigt,
Und, obwohl Furcht ihm plötzlich allen Mut nimmt,
Allor mi volsi come l'uom cui tarda
di veder quel che li convien fuggire
e cui paura sùbita sgagliarda,
030
Zu fliehn nicht abläßt, doch fortwährend hinstarrt.
Und hinter uns sah einen schwarzen Teufel
Den Fels heran im schnellen Lauf ich kommen.
che, per veder, non indugia 'l partire:
e vidi dietro a noi un diavol nero
correndo su per lo scoglio venire.
033
Wie war sein Aussehn doch so wild und grimmig,
Wie schien so grausam mir sein Tun und Wesen,
Mit offnen Flügeln und mit leichten Sohlen!
Ahi quant'elli era ne l'aspetto fero!
e quanto mi parea ne l'atto acerbo,
con l'ali aperte e sovra i piè leggero!
036
Auf seiner Schulter, die sich spitz erhob,
Bracht' einen Sünder rittlings er getragen
Und an den Knöcheln hielt er ihn gepackt.
L'omero suo, ch'era aguto e superbo,
carcava un peccator con ambo l'anche,
e quei tenea de' piè ghermito 'l nerbo.
039
O Malebranche, rief er, diese Brücke,
Da ist ein Aldermann der heil'gen Zita!
Taucht ihn ins Pech; ich gehe, mehr zu holen
Del nostro ponte disse: "O Malebranche,
ecco un de li anzïan di Santa Zita!
Mettetel sotto, ch'i' torno per anche
042
In jene Stadt, die reichsten Vorrat bietet.
Bis auf Bonturo ist dort jeder käuflich;
Das Nein wird dort für Geld zum Ja gewandelt. –
a quella terra, che n'è ben fornita:
ogn'uom v'è barattier, fuor che Bonturo;
del no, per li denar, vi si fa ita".
045
Hinunter stürzt' er ihn, und wandte dann
Den Fels zurück sich, eilender, als je
Ein losgelassner Hund den Dieb verfolgte.
Là giù 'l buttò, e per lo scoglio duro
si volse; e mai non fu mastino sciolto
con tanta fretta a seguitar lo furo.
048
Der ging zugrunde, und mit dem Kopf nach unten
Taucht' er noch einmal auf; jedoch die Teufel
Der Brücke schrien: Hier gibt's kein heilig Antlitz!
Quel s'attuffò, e tornò sù convolto;
ma i demon che del ponte avean coperchio,
gridar: "Qui non ha loco il Santo Volto!
051
Hier gilt es anders schwimmen als im Serchio.
Drum, willst du nicht erfahren wie wir kratzen,
So hüte aus dem Pech dich aufzutauchen. –
qui si nuota altrimenti che nel Serchio!
Però, se tu non vuo' di nostri graffi,
non far sopra la pegola soverchio".
054
Dann faßten sie ihn mit wohl hundert Haken:
Hier gilt es, riefen sie, verdeckt zu tanzen,
Im Trüben, wenn es dir gelingt, zu fischen. –
Poi l'addentar con più di cento raffi,
disser: "Coverto convien che qui balli,
sì che, se puoi, nascosamente accaffi".
057
So läßt der Koch wohl von den Küchenjungen
Mit langen Gabeln in des Kessels Mitte
Das Fleisch, daß es nicht schwimme, untertauchen.
Non altrimenti i cuoci a' lor vassalli
fanno attuffare in mezzo la caldaia
la carne con li uncin, perché non galli.
060
Der gute Meister sprach: Damit sie dich
Noch nicht gewahren, so verbirg dich kauernd,
Wo dir ein Felsblock ein'gen Schutz gewähret,
Lo buon maestro "Acciò che non si paia
che tu ci sia", mi disse, "giù t'acquatta
dopo uno scheggio, ch'alcun schermo t'aia;
063
Und, was sie mir vielleicht auch antun möchten,
So fürchte nicht. Ich bin der Dinge kundig;
Bestand ich doch schon früher gleichen Handel. –
e per nulla offension che mi sia fatta,
non temer tu, ch'i' ho le cose conte,
perch'altra volta fui a tal baratta".
066
Dann stieg die Brücke jenseits er hinab,
Und als betreten er das sechste Ufer,
Bedurft' er wahrlich Mut und Zuversicht.
Poscia passò di là dal co del ponte;
e com'el giunse in su la ripa sesta,
mestier li fu d'aver sicura fronte.
069
Mit jener Wut, mit jenem Ungestüme,
Womit sich Hunde auf den Armen stürzen,
Der anhält und um eine Gabe bittet,
Con quel furore e con quella tempesta
ch'escono i cani a dosso al poverello
che di sùbito chiede ove s'arresta,
072
So brachen jene unterhalb der Brücke
Hervor und kehrten wider ihn die Spieße;
Er aber rief: Vergreif' an mich sich keiner!
usciron quei di sotto al ponticello,
e volser contra lui tutt'i runcigli;
ma el gridò: "Nessun di voi sia fello!
075
Bevor eu'r Haken mich zu packen wagt,
Tret' einer vor und höre meine Rede;
Dann überlegt, ob ihr mich dennoch krallet. –
Innanzi che l'uncin vostro mi pigli,
traggasi avante l'un di voi che m'oda,
e poi d'arruncigliarmi si consigli".
078
Da riefen alle: Geh' du, Malacoda. –
Und einer kam, dieweil die andren blieben;
Der aber sagte: Nun, was soll's ihm nutzen? –
Tutti gridaron: "Vada Malacoda!";
per ch'un si mosse - e li altri stetter fermi -
e venne a lui dicendo: "Che li approda?".
081
Glaubst du wohl, Malacoda, sprach mein Meister,
Du würdest ohne Furcht vor euren Waffen
Hier angelangt mich sehn, wenn Gottes Wille
"Credi tu, Malacoda, qui vedermi
esser venuto", disse 'l mio maestro,
"sicuro già da tutti vostri schermi,
084
Und günstige Geschicke mich nicht führten?
Laß uns denn gehn; es ist des Himmels Wille,
Daß diesen rauhen Weg ich jemand weise. –
sanza voler divino e fato destro?
Lascian'andar, ché nel cielo è voluto
ch'i' mostri altrui questo cammin silvestro".
087
Da war der Übermut ihm so gesunken,
Daß niederfallen er den Haken ließ,
Und den Gefährten zurief: Tut ihm nichts! –
Allor li fu l'orgoglio sì caduto,
ch'e' si lasciò cascar l'uncino a' piedi,
e disse a li altri: "Omai non sia feruto".
090
Dann rief der Führer: Der, vom Felsenvorsprung
Der Brücke du verdeckt, dort heimlich kauerst,
Komm jetzo unbesorgt zu mir zurücke. –
E 'l duca mio a me: "O tu che siedi
tra li scheggion del ponte quatto quatto,
sicuramente omai a me ti riedi".
093
So brach ich auf, und eilte schnell zu ihm.
Die Teufel aber traten all' hervor,
Weshalb ich des Vertrages Bruch besorgte.
Per ch'io mi mossi e a lui venni ratto;
e i diavoli si fecer tutti avanti,
sì ch'io temetti ch'ei tenesser patto;
096
So sah die Knappen, die auf Treu und Glauben
Abzogen von Caprona, einst ich zittern,
Als rings umher sie nichts als Feind' erblickten.
così vid'ïo già temer li fanti
ch'uscivan patteggiati di Caprona,
veggendo sé tra nemici cotanti.
099
Da drängte mit dem ganzen Leib' ich mich
Eng an den Führer und kein Auge wandt' ich
Von ihren Blicken, die nur Unheil drohten.
I' m'accostai con tutta la persona
lungo 'l mio duca, e non torceva li occhi
da la sembianza lor ch'era non buona.
102
Die Haken senkten sie und: Soll im Kreuze
Ich einhaun? – sprach der eine zu dem andern.
Ja! war die Antwort, aber pack' ihn tüchtig. –
Ei chinavan li raffi e "Vuo' che 'l tocchi",
diceva l'un con l'altro, "in sul groppone?".
E rispondien: "Sì, fa che gliel'accocchi".
105
Der Teufel aber, der mit meinem Führer
Geredet hatte, wandte sich in Eile
Und sagte: Ruhe, Ruhe Scarmiglione! –
Ma quel demonio che tenea sermone
col duca mio, si volse tutto presto
e disse: "Posa, posa, Scarmiglione!".
108
Dann redet' er zu uns: Auf diesen Felsen
Könnt ihr nicht weitergehn, weil ganz zertrümmert
Der sechste Bogen in der Tiefe liegt.
Poi disse a noi: "Più oltre andar per questo
iscoglio non si può, però che giace
tutto spezzato al fondo l'arco sesto.
111
Wenn aber fürder euch beliebt zu gehen,
So wandert fort auf diesem Felsendamme;
Bald trefft ihr einen Block der gangbar ist.
E se l'andare avante pur vi piace,
andatevene su per questa grotta;
presso è un altro scoglio che via face.
114
Erst gestern waren's doch fünf Stunden später
Als jetzt, zwölfhundertsechsundsechzig Jahre,
Seit unterbrochen hier die Straße ward.
Ier, più oltre cinqu' ore che quest'otta,
mille dugento con sessanta sei
anni compié che qui la via fu rotta.
117
Dorthinwärts schick' ich ein'ge meiner Leute,
Um nachzusehn, ob aus dem Pech wer auftaucht;
Begleitet sie und nichts soll'n sie euch antun. –
Io mando verso là di questi miei
a riguardar s'alcun se ne sciorina;
gite con lor, che non saranno rei".
120
So tretet vor, Cagnazzo, Alichino,
Hub er zu reden an, und Calcabrina,
Doch Führer von den Zehn sei Barbariccia.
"Tra' ti avante, Alichino, e Calcabrina",
cominciò elli a dire, "e tu, Cagnazzo;
e Barbariccia guidi la decina.
123
Auch Libicocco komm' und Draghignazzo,
Ciriatto mit den Hauern, Graffiacane
Nebst Farfarell und Rubicant, dem tollen.
Libicocco vegn'oltre e Draghignazzo,
Cirïatto sannuto e Graffiacane
e Farfarello e Rubicante pazzo.
126
So spähet denn entlang dem heißen Peche,
Doch diese rührt bis zu der nächsten Brücke
Nicht an, die feststeht über all den Schluchten. –
Cercate 'ntorno le boglienti pane;
costor sian salvi infino a l'altro scheggio
che tutto intero va sovra le tane".
129
O weh mir, rief ich, Meister, was erblick ich!
Laß ohne dies Geleite, weißt den Weg du,
Uns weitergehn, denn nicht begehr' ich seiner.
"Omè, maestro, che è quel ch'i' veggio?",
diss'io, "deh, sanza scorta andianci soli,
se tu sa' ir; ch'i' per me non la cheggio.
132
Merkst du so sorglich auf, als du gewohnt bist,
So schau nur hin, wie sie die Zähne fletschen
Und, sich einander winkend, uns bedräun. –
Se tu se' sì accorto come suoli,
non vedi tu ch'e' digrignan li denti
e con le ciglia ne minaccian duoli?".
135
Und er zu mir: Du sollst dich drum nicht fürchten;
Laß nach Belieben sie die Zähne fletschen,
Sie tun das nur für die gesottnen Sünder. –
Ed elli a me: "Non vo' che tu paventi;
lasciali digrignar pur a lor senno,
ch'e' fanno ciò per li lessi dolenti".
138
Nun wandten sie sich nach dem Damm zur Linken;
Doch gegen ihren Führer hatten alle
Zuvor die Zunge als Signal gebläkt,
Per l'argine sinistro volta dienno;
ma prima avea ciascun la lingua stretta
coi denti, verso lor duca, per cenno;
141
Und als Trompete er den Steiß gebraucht.
ed elli avea del cul fatto trombetta.

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