003
Dem Vater, Sohn und heil’gen Geiste sang
Das ganze Paradies; Ihm jubelt’ Alles,
So daß ich trunken ward vom süßen Klang.
'Al Padre, al Figlio, a lo Spirito Santo',
cominciò, 'gloria!', tutto 'l paradiso,
sì che m'inebrïava il dolce canto.
006
Ein Lächeln schien zu sein des Weltenalles,
Das, was ich sah, drum zog die Trunkenheit
Durch Aug’ und Ohr im Reiz des Blicks und Schalles.
Ciò ch'io vedeva mi sembiava un riso
de l'universo; per che mia ebbrezza
intrava per l'udire e per lo viso.
009
O Lust! o unnennbare Seligkeit!
O friedenreiches, lieberfülltes Leben!
O sichrer Reichthum sonder Wunsch und Neid!
Oh gioia! oh ineffabile allegrezza!
oh vita intègra d'amore e di pace!
oh sanza brama sicura ricchezza!
012
Ich sah vor mir die Feuer glühend schweben,
Und das der Vier, das erst gekommen war,
Sah ich in höherm Glanze sich beleben.
Dinanzi a li occhi miei le quattro face
stavano accese, e quella che pria venne
incominciò a farsi più vivace,
015
Und also stellt’ es sich den Blicken dar,
Wie Jupiter, nähm’ man an seinen Gluten
Das hohe Roth des Marsgestirnes wahr.
e tal ne la sembianza sua divenne,
qual diverrebbe Iove, s'elli e Marte
fossero augelli e cambiassersi penne.
018
Und jetzt gebot der Wink des ewig Guten,
Deß Vorsicht dort vertheilet Pflicht und Amt,
Daß aller Sel’gen Wonnechöre ruhten.
La provedenza, che quivi comparte
vice e officio, nel beato coro
silenzio posto avea da ogne parte,
021
Da hört’ ich: "Siehst du röther mich entflammt,
So staune nicht - bei meinen Worten werden
Sich diese hier entflammen allesamt.
quand' ïo udi': «Se io mi trascoloro,
non ti maravigliar, ché, dicend' io,
vedrai trascolorar tutti costoro.
024
Der meines Stuhls sich anmaßt dort auf Erden,
Des Stuhls, des Stuhls, auf dem kein Hirt jetzt wacht
Vor Christi Blick, zum Schutze seiner Heerden,
Quelli ch'usurpa in terra il luogo mio,
il luogo mio, il luogo mio che vaca
ne la presenza del Figliuol di Dio,
027
Hat meine Grabstatt zum Kloak gemacht
Von Blut und Stank, drob der zu ew’gen Qualen
Einst von hier oben fiel, dort unten lacht."
fatt' ha del cimitero mio cloaca
del sangue e de la puzza; onde 'l perverso
che cadde di qua sù, là giù si placa».
030
Wie früh und Abends sich die Wolken malen,
Die grad’ der Sonne gegenüberstehn,
So sah ich jetzt den ganzen Himmel strahlen.
Di quel color che per lo sole avverso
nube dipigne da sera e da mane,
vid' ïo allora tutto 'l ciel cosperso.
033
Wie wir ein ehrbar Weib sich wandeln sehn,
Das, sicher seiner selbst, nichts zu verschulden,
Nur hörend, schüchtern wird durch fremd Vergehen:
E come donna onesta che permane
di sé sicura, e per l'altrui fallanza,
pur ascoltando, timida si fane,
036
So meiner Herrin Angesicht voll Hulden;
Und so verfinstert, glaub’ ich, wie Sie dort,
War einst der Himmel bei der Allmacht Dulden.
così Beatrice trasmutò sembianza;
e tale eclissi credo che 'n ciel fue
quando patì la supprema possanza.
039
Er aber fuhr in seiner Rede fort,
Und wie verwandelt war der heitre Schimmer,
So war verwandelt auch das heil’ge Wort:
Poi procedetter le parole sue
con voce tanto da sé trasmutata,
che la sembianza non si mutò piùe:
042
"Die Braut des Herrn hat zu dem Zwecke nimmer
Mein Blut, des Lin und Cletus Blut, genährt,
Daß man durch sie erwerbe Gold und Flimmer,
«Non fu la sposa di Cristo allevata
del sangue mio, di Lin, di quel di Cleto,
per essere ad acquisto d'oro usata;
045
Nein, dieses frohe Sein, das ewig währt,
Dem hat des Sixt und Pius Blut gegolten,
Dies hat Calixt, dies hat Urban begehrt.
ma per acquisto d'esto viver lieto
e Sisto e Pïo e Calisto e Urbano
sparser lo sangue dopo molto fleto.
048
Das war’s nicht, was wir von den Folgern wollten,
Daß sie um sich das Christenvolk getrennt
Zur Rechten und zur Linken setzen sollten.
Non fu nostra intenzion ch'a destra mano
d'i nostri successor parte sedesse,
parte da l'altra del popol cristiano;
051
Nicht sollten jene Schlüssel, mir vergönnt,
Als Kriegeszeichen in den Fahnen stehen,
Womit man gegen Mitgetaufte rennt.
né che le chiavi che mi fuor concesse,
divenisser signaculo in vessillo
che contra battezzati combattesse;
054
Nicht sollte man mein Bild auf Siegeln sehen,
Erkauftem Lügenfreibrief beigedrückt,
Drob ich erröth’ und glüh’ in diesen Höhen.
né ch'io fossi figura di sigillo
a privilegi venduti e mendaci,
ond' io sovente arrosso e disfavillo.
057
Jetzt sieht man, mit dem Hirtenkleid geschmückt,
Raubgier’ge Wölfe dort die Heerden hüten.
O Gott, was ruht dein Schwert noch ungezückt!
In vesta di pastor lupi rapaci
si veggion di qua sù per tutti i paschi:
o difesa di Dio, perché pur giaci?
060
Und Caorsiner und Gascogner brüten]
Schon Tücken aus, voll Gier nach unsrem Blut.
O schnöde schlechte Frucht von schönen Blüthen!
Del sangue nostro Caorsini e Guaschi
s'apparecchian di bere: o buon principio,
a che vil fine convien che tu caschi!
063
Allein die Vorsicht, die durch Scipio’s Muth
Den Ruhm der Welt beschützt in Roma’s Siegen,
Bald hilft sie, wie es kund der Geist mir thut.
Ma l'alta provedenza, che con Scipio
difese a Roma la gloria del mondo,
soccorrà tosto, sì com' io concipio;
066
Du, Sohn, wenn du zur Erd’ hinabgestiegen,
Erschleuß den Mund, und sprich, wie sich’s gebührt,
Und nicht verschweige, was ich nicht verschwiegen."
e tu, figliuol, che per lo mortal pondo
ancor giù tornerai, apri la bocca,
e non asconder quel ch'io non ascondo».
069
Wie, wenn der Wolken feuchter Dunst gefriert,
Durch unsre Luft die Flocken niederfallen,
Zur Zeit, da Sol des Steinbocks Horn berührt;
Sì come di vapor gelati fiocca
in giuso l'aere nostro, quando 'l corno
de la capra del ciel col sol si tocca,
072
So, aufwärts, sah ich an des Aethers Hallen
Mit jenem Licht, das eben zu mir sprach,
Der Andern Schaar, wie Schimmerflocken, wallen.
in sù vid' io così l'etera addorno
farsi e fioccar di vapor trïunfanti
che fatto avien con noi quivi soggiorno.
075
Mein Auge folgte diesem Anblick nach,
Bis sie so weit im Raum emporgeflogen,
Daß er den Pfad des Blickes unterbrach.
Lo viso mio seguiva i suoi sembianti,
e seguì fin che 'l mezzo, per lo molto,
li tolse il trapassar del più avanti.
078
Da sprach die Herrin, die mich abgezogen
Von oben sah: "Jetzt schau’ hinab - hab’ Acht,
Wie weit du fortzogst mit des Himmels Bogen."
Onde la donna, che mi vide assolto
de l'attendere in sù, mi disse: «Adima
il viso e guarda come tu se' vòlto».
081
Vom ersten Rückblick an, deß ich gedacht,
Hatt’ ich den Weg der Hälft’ im halben Kreise
Von seiner Mitte bis zum Rand gemacht.
Da l'ora ch'ïo avea guardato prima
i' vidi mosso me per tutto l'arco
che fa dal mezzo al fine il primo clima;
084
Von Cadix jenseits lag das Furth zur Reise
Ulyß, des Thoren - diesseits nah’ der Strand,
Dem Zeus entrann, beschwert mit süßem Preise.
sì ch'io vedea di là da Gade il varco
folle d'Ulisse, e di qua presso il lito
nel qual si fece Europa dolce carco.
087
Noch mehr von unserm Ball hätt’ ich erkannt,
Doch unten war die Sonne vorgegangen,
Der fern, um mehr noch, als ein Zeichen, stand.
E più mi fora discoverto il sito
di questa aiuola; ma 'l sol procedea
sotto i mie' piedi un segno e più partito.
090
Mein liebend Herz, das immer mit Verlangen
Der Herrin schlug, war mehr als je entglüht,
Ihr wieder mit den Augen anzuhangen.
La mente innamorata, che donnea
con la mia donna sempre, di ridure
ad essa li occhi più che mai ardea;
093
Was jemals der Natur und Kunst entblüht
An Leib und Bild, dem Aug’ als Reiz zu dienen,
Und durch den Blick zu fesseln das Gemüth,
e se natura o arte fé pasture
da pigliare occhi, per aver la mente,
in carne umana o ne le sue pitture,
096
Vereint wär’ Alles dies als Nichts erschienen
Bei jener Götterlust, die mich beglückt’,
Als ich hinschaut’ in’s Lächeln ihrer Mienen.
tutte adunate, parrebber nïente
ver' lo piacer divin che mi refulse,
quando mi volsi al suo viso ridente.
099
Und durch die Kraft, die aus dem Blicke zückt,
Hatt’ ich dem Nest der Leda mich entrungen]
Und war zum schnellsten Himmelskreis entrückt.
E la virtù che lo sguardo m'indulse,
del bel nido di Leda mi divelse,
e nel ciel velocissimo m'impulse.
102
Ich weiß, da er von Lebensglanz durchdrungen
Gleichförmig war, nicht, wo mit mir in ihn,
Nach ihrer Wahl, die Herrin eingedrungen.
Le parti sue vivissime ed eccelse
sì uniforme son, ch'i' non so dire
qual Bëatrice per loco mi scelse.
105
Doch Sie, der klar mein Herzenswunsch erschien,
Begann jetzt lächelnd in so sel’gen Wonnen,
Daß Gott in ihrem Blick zu lächeln schien:
Ma ella, che vedëa 'l mio disire,
incominciò, ridendo tanto lieta,
che Dio parea nel suo volto gioire:
108
"Sieh hier des Weltenlaufs Natur begonnen,
Durch die der Mittelpunkt in Ruhe weilt,
Und Alles rings im Kreis den Flug gewonnen.
«La natura del mondo, che quïeta
il mezzo e tutto l'altro intorno move,
quinci comincia come da sua meta;
111
In diesem Himmel, der am schnellsten eilt,
Wohnt Gottes Geist nur, der die Lieb’ entzündet,
Die ihn bewegt - die Kraft, die er vertheilt.
e questo cielo non ha altro dove
che la mente divina, in che s'accende
l'amor che 'l volge e la virtù ch'ei piove.
114
Ein Kreis von Licht und Liebesglut umwindet
Ihn, wie die Andern er; allein verstehn
Kann diesen Kreis nur Er, der ihn geründet.
Luce e amor d'un cerchio lui comprende,
sì come questo li altri; e quel precinto
colui che 'l cinge solamente intende.
117
Nichts läßt das Maß von seinem Lauf uns sehn;
Nach ihm nur mißt sich der der andern Sphären,
Wie man nach Hälft’ und Fünftheil mißt die Zehn.
Non è suo moto per altro distinto,
ma li altri son mensurati da questo,
sì come diece da mezzo e da quinto;
120
Wie sich in diesem Kreis die Wurzeln nähren
Der Zeit, wie ihr Gezweig zu andern strebt,
Das kannst du jetzt dir selber leicht erklären. - -
e come il tempo tegna in cotal testo
le sue radici e ne li altri le fronde,
omai a te può esser manifesto.
123
O Gier, die tief die Sterblichen begräbt
In ihrem Schlund, so kraftlos fortgerissen,
Daß sich kein Blick aus deinem Wirbel hebt!
Oh cupidigia, che i mortali affonde
sì sotto te, che nessuno ha podere
di trarre li occhi fuor de le tue onde!
126
Wohl blüht des Menschen Will’; allein in Güssen]
Strömt Regen drauf, der unaufhörlich rinnt,
Drob echte Pflaumen Butten werden müssen.
Ben fiorisce ne li uomini il volere;
ma la pioggia continüa converte
in bozzacchioni le sosine vere.
129
Unschuld und Treue trifft man nur im Kind;
Doch sie entweichen von den Kindern allen,
Bevor mit Flaum bedeckt die Wangen sind.
Fede e innocenza son reperte
solo ne' parvoletti; poi ciascuna
pria fugge che le guance sian coperte.
132
Die fasteten beim ersten Kinderlallen,
Sieht, bei gelöster Zunge, gierig man
In jedem Mond auf jede Speise fallen.
Tale, balbuzïendo ancor, digiuna,
che poi divora, con la lingua sciolta,
qualunque cibo per qualunque luna;
135
Der liebt die Mutter noch und hört sie an,
So lang’ er lallt, der ihren Tod im Herzen
Bei voller Sprache kaum erwarten kann.
e tal, balbuzïendo, ama e ascolta
la madre sua, che, con loquela intera,
disïa poi di vederla sepolta.
138
Drum muß, erst weiß, das Angesicht sich schwärzen
Der schönen Tochter deß, der, kommend, bringt
Und, gehend, mit sich nimmt des Tages Kerzen.
Così si fa la pelle bianca nera
nel primo aspetto de la bella figlia
di quel ch'apporta mane e lascia sera.
141
Du denke, wenn dich dies zum Staunen zwingt,
Daß dort kein Herrscher ist, um euch zu leiten,
Drob das Geschlecht, verirrt, mit Jammer ringt.
Tu, perché non ti facci maraviglia,
pensa che 'n terra non è chi governi;
onde sì svïa l'umana famiglia.
144
Doch eh’ der Jänner fällt in Frühlingszeiten
Durch das von euch vergeßne Hunderttheil,
Wird solchen Donner dieser Kreis verbreiten,
Ma prima che gennaio tutto si sverni
per la centesma ch'è là giù negletta,
raggeran sì questi cerchi superni,
147
Daß das Geschick, erharrt zu eurem Heil,
Damit’s auf graden Lauf die Flotte richte,
Den Spiegel dreht, wo jetzt das Vordertheil,
che la fortuna che tanto s'aspetta,
le poppe volgerà u' son le prore,
sì che la classe correrà diretta;
150
Und auf die Blüthen folgen echte Früchte."
e vero frutto verrà dopo 'l fiore».

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert