003
O du armseliger Adel unsres Blutes,
Wenn du die Menschen rühmen machst auf Erden,
Wo unsre Neigung doch voll kranken Mutes,
O poca nostra nobiltà di sangue,
se glorïar di te la gente fai
qua giù dove l'affetto nostro langue,
006
So werd ich nie mehr mich erstaunt gebärden,
Da ich, wo die Begier nicht schweift ins Leere,
Im Himmel mein ich, stolz drauf konnte werden!
mirabil cosa non mi sarà mai:
ché là dove appetito non si torce,
dico nel cielo, io me ne gloriai.
009
Rasch freilich wird zu kurz dein Kleid der Ehre,
So daß, setzt man nichts an von Tag zu Tage,
Die Zeit am Saum entlangfährt mit der Schere.
Ben se' tu manto che tosto raccorce:
sì che, se non s'appon di dì in die,
lo tempo va dintorno con le force.
012
Mit jenem »Ihr«, das Rom nach alter Sage
Zuerst ertrug ─ nicht lange sollt's belieben
Den Leuten dort ─ begann ich neue Frage.
Dal 'voi' che prima a Roma s'offerie,
in che la sua famiglia men persevra,
ricominciaron le parole mie;
015
Drum lacht' die Fraue, die beiseit geblieben,
Daß sie der Hustenden beim Fehltritt glich,
Dem ersten, von Ginevra aufgeschrieben.
onde Beatrice, ch'era un poco scevra,
ridendo, parve quella che tossio
al primo fallo scritto di Ginevra.
018
»Ihr seid mein Vater und Ihr kräftigt mich«,
Begann ich dann, »mit allem Mut zum Sprechen;
Ihr hebt mich so, daß mehr ich bin als ich.
Io cominciai: «Voi siete il padre mio;
voi mi date a parlar tutta baldezza;
voi mi levate sì, ch'i' son più ch'io.
021
Es füllt mit Freude sich aus so viel Bächen
Mein Geist, daß er sich selber muß behagen,
Weil er es aushält ohne zu zerbrechen.
Per tanti rivi s'empie d'allegrezza
la mente mia, che di sé fa letizia
perché può sostener che non si spezza.
024
So wollt mir denn, mein teurer Stammherr, sagen
Von Eurer eignen Ahnentafel Würde;
Welch Jahr man schrieb in Eurer Kindheit Tagen.
Ditemi dunque, cara mia primizia,
quai fuor li vostri antichi e quai fuor li anni
che si segnaro in vostra püerizia;
027
Sagt mir, wie groß war Sankt Johannes' Hürde;
Welche Geschlechter damals die Gloriole
Der höchsten Sitze trugen und die Bürde!« ─
ditemi de l'ovil di San Giovanni
quanto era allora, e chi eran le genti
tra esso degne di più alti scanni».
030
Wie sich bei Windeswehn belebt die Kohle
Zur Flamme, sah ich sich aufs neu befeuern
Bei meinem Kosewort die Girandole.
Come s'avviva a lo spirar d'i venti
carbone in fiamma, così vid' io quella
luce risplendere a' miei blandimenti;
033
Und wie dem Blick verschönt das Bild des Teuern,
So sprach die Stimme, die ganz süß und traut ward
─ Jedoch in unsrer Mundart nicht, der neuern ─:
e come a li occhi miei si fé più bella,
così con voce più dolce e soave,
ma non con questa moderna favella,
036
»Vom Tag an, wo zuerst das Ave laut ward,
Bis von der Mutter, die im Himmelssaale
Nun ist, dem Licht der Welt ich anvertraut ward,
dissemi: «Da quel dì che fu detto 'Ave'
al parto in che mia madre, ch'è or santa,
s'allevïò di me ond' era grave,
039
Kehrt' fünfmalhundert und noch achtzig Male
Zurück zu seinem Leuen dieses Feuer,
Daß unter dessen Fuß es neu erstrahle.
al suo Leon cinquecento cinquanta
e trenta fiate venne questo foco
a rinfiammarsi sotto la sua pianta.
042
Gleich meinen Ahnen stamm ich her, wo euer
Wettläufervolk beim jährlichen Vergnügen
Aufs letzte Sechstel trifft vom Stadtgemäuer.
Li antichi miei e io nacqui nel loco
dove si truova pria l'ultimo sesto
da quei che corre il vostro annüal gioco.
045
Von meinen Vätern laß dies Wort genügen:
Wer sie gewesen und woher sie kamen,
Davon ziemt schweigen mehr als Worte fügen.
Basti d'i miei maggiori udirne questo:
chi ei si fosser e onde venner quivi,
più è tacer che ragionare onesto.
048
Die zwischen Täufer damals Waffen nahmen
Und Mars, ein Fünftel war es von der Meute,
Die heute lebt in eures Weichbilds Rahmen.
Tutti color ch'a quel tempo eran ivi
da poter arme tra Marte e 'l Batista,
eran il quinto di quei ch'or son vivi.
051
Allein das Bürgertum, verschnitten heute
Mit Campi, mit Certaldo und Figghine,
War rein bis auf die letzten Handwerksleute.
Ma la cittadinanza, ch'è or mista
di Campi, di Certaldo e di Fegghine,
pura vediesi ne l'ultimo artista.
054
O wieviel besser mir als Nachbar schiene
Solch Volk, und daß es Trespianos Mauern,
Galluzzos wären, was zum Markstein diene,
Oh quanto fora meglio esser vicine
quelle genti ch'io dico, e al Galluzzo
e a Trespiano aver vostro confine,
057
Als drinnen dulden den Gestank des Bauern
Von Aguglion, von Signa, der auf Schwindel
Läßt allbereits das scharfe Auge lauern!
che averle dentro e sostener lo puzzo
del villan d'Aguglion, di quel da Signa,
che già per barattare ha l'occhio aguzzo!
060
Und wär der Welt verirrtestes Gesindel
Stiefmütterlich mit Cäsar nicht verfahren,
Nein, milde, wie die Mutter mit dem Kindel,
Se la gente ch'al mondo più traligna
non fosse stata a Cesare noverca,
ma come madre a suo figlio benigna,
063
Gewisser, der nun in Florenz mit Waren
Und Wechsel schachert, säß in Semifonti,
Wo schon sein Ahnherr pracherte vor Jahren.
tal fatto è fiorentino e cambia e merca,
che si sarebbe vòlto a Simifonti,
là dove andava l'avolo a la cerca;
066
Auf Montemurlo säßen noch die Conti,
Die Cerchi säßen im Aconer Sprengel,
Im Grevetal vielleicht die Buondelmonti.
sariesi Montemurlo ancor de' Conti;
sarieno i Cerchi nel piovier d'Acone,
e forse in Valdigrieve i Buondelmonti.
069
Von jeher war ein solches Volksgemengel
─ Wie Speise, die der Leib nicht kann verdauen ─
Für eine Stadt der Urquell aller Mängel.
Sempre la confusion de le persone
principio fu del mal de la cittade,
come del vostro il cibo che s'appone;
072
Denn blindem Stier ist eher zuzutrauen
Der Sturz als blindem Lamm; oft kann ein Degen
Weit mehr und besser noch als fünfe hauen.
e cieco toro più avaccio cade
che cieco agnello; e molte volte taglia
più e meglio una che le cinque spade.
075
Halt Luni, Urbisaglia nur dagegen:
Wie sie vergingen, und wie Chiusi schwindet
Mit Sinigaglia auf den gleichen Wegen!
Se tu riguardi Luni e Orbisaglia
come sono ite, e come se ne vanno
di retro ad esse Chiusi e Sinigaglia,
078
Wenn dann die Zeit Geschlechter überwindet,
Dünkt dich die Mär nicht neu, noch nimmt dich's wunder,
Wo eine Stadt sogar ihr Ende findet.
udir come le schiatte si disfanno
non ti parrà nova cosa né forte,
poscia che le cittadi termine hanno.
081
Was euer ist, das wird des Todes Zunder,
Wie ihr; nur weil so kurz die Lebenspfade,
Birgt sich der Tod, wo lange währt der Plunder.
Le vostre cose tutte hanno lor morte,
sì come voi; ma celasi in alcuna
che dura molto, e le vite son corte.
084
Und wie des Mondes Himmel die Gestade
Beständig deckt und aufdeckt durch sein Rollen,
So macht es mit Florenz Fortuna grade.
E come 'l volger del ciel de la luna
cuopre e discuopre i liti sanza posa,
così fa di Fiorenza la Fortuna:
087
Weshalb die Dinge dich nicht wundern sollen,
Die ich jetzt über große Florentiner
Erzähle, deren Leumund ist verschollen.
per che non dee parer mirabil cosa
ciò ch'io dirò de li alti Fiorentini
onde è la fama nel tempo nascosa.
090
Ich kannte die Ormannen, Catelliner,
Filippi, Ughi, Greci, Alberiche,
Im Sturze noch der Stadt erlauchte Diener.
Io vidi li Ughi e vidi i Catellini,
Filippi, Greci, Ormanni e Alberichi,
già nel calare, illustri cittadini;
093
Von dem Sannella sah ich die Geschicke,
An Macht und Alter gleichend dem von Arke,
Den Soldanier, Ardinghi und Bostiche.
e vidi così grandi come antichi,
con quel de la Sannella, quel de l'Arca,
e Soldanieri e Ardinghi e Bostichi.
096
An jenem Tor, wo wuchtend drückt so starke
Verräterei aufs neu in diesen Tagen,
Daß man in kurzem leichtern muß die Barke,
Sovra la porta ch'al presente è carca
di nova fellonia di tanto peso
che tosto fia iattura de la barca,
099
Saß Ravignaus Geschlecht, von dessen Magen
Graf Guido war und was im Zeitenlaufe
Den hohen Namen Bellincions getragen.
erano i Ravignani, ond' è disceso
il conte Guido e qualunque del nome
de l'alto Bellincione ha poscia preso.
102
Der della Pressa wußt schon, wie der Haufe
Regiert wird; Galigaio hatte prächtig
Daheim schon goldne Zier an Heft und Knaufe.
Quel de la Pressa sapeva già come
regger si vuole, e avea Galigaio
dorata in casa sua già l'elsa e 'l pome.
105
Schon war die fehverbrämte Säule mächtig,
Sacchetti, Giuochi, Galli und Barucci,
Fifanti, und wen Schamrot noch verdächtig
Grand' era già la colonna del Vaio,
Sacchetti, Giuochi, Fifanti e Barucci
e Galli e quei ch'arrossan per lo staio.
108
Beim Scheffel macht. Der Stamm auch der Calfucci
War groß bereits; zu Ehrenamt und Rat schon
Zog man die Sizii und Arrigucci.
Lo ceppo di che nacquero i Calfucci
era già grande, e già eran tratti
a le curule Sizii e Arrigucci.
111
Wie sah ich sie, gestürzt aus ihrem Staat schon
Durch ihren Stolz! Der goldnen Kugeln Glanz war
Florenzens Flor bei jeder großen Tat schon,
Oh quali io vidi quei che son disfatti
per lor superbia! e le palle de l'oro
fiorian Fiorenza in tutt' i suoi gran fatti.
114
Wie es mit deren Vätern voll und ganz war,
Die, im Kapitel sitzend, stets sich tüchtig
Gemästet, wenn bei euch Sedisvakanz war.
Così facieno i padri di coloro
che, sempre che la vostra chiesa vaca,
si fanno grassi stando a consistoro.
117
Das drachenfrech Gezücht ─ solang du flüchtig,
Zischt's hinterher, doch wird's, wenn du die Zähne,
Den Beutel zeigst, bald wie ein Lamm so züchtig ─
L'oltracotata schiatta che s'indraca
dietro a chi fugge, e a chi mostra 'l dente
o ver la borsa, com' agnel si placa,
120
Kam hoch schon, doch aus niederer Domäne:
Drum, als der Schwähr sie Ubertin Donato
Zu Vettern gab, verdrossen den die Pläne.
già venìa sù, ma di picciola gente;
sì che non piacque ad Ubertin Donato
che poï il suocero il fé lor parente.
123
Schon stieg der Caponsacco zum Mercato
Herab von Fiesole, und Giuda kannte
Als guten Bürger ich, und Infangato.
Già era 'l Caponsacco nel mercato
disceso giù da Fiesole, e già era
buon cittadino Giuda e Infangato.
126
Es gab ein Tor im Ring, der uns umspannte,
─ Unglaubliches bericht ich, aber Wahres ─
Das man nach denen della Pera nannte.
Io dirò cosa incredibile e vera:
nel picciol cerchio s'entrava per porta
che si nomava da quei de la Pera.
129
Und die des Gran Barone wunderbares
Gewappen tragen, dessen Preis und Namen
Das Thomasfest erneuert jedes Jahres,
Ciascun che de la bella insegna porta
del gran barone il cui nome e 'l cui pregio
la festa di Tommaso riconforta,
132
Von ihm ist's, daß sie Ritterschlag bekamen
Und Freiheitsbrief, mag der zum Volk sich schlagen,
Der seinen Schild umsäumt mit goldnem Rahmen.
da esso ebbe milizia e privilegio;
avvegna che con popol si rauni
oggi colui che la fascia col fregio.
135
Auch kann ich schon von Gualterotti sagen
Und Importuni, und der Borgo wäre
Noch, ohne neue Nachbarn, voll Behagen.
Già eran Gualterotti e Importuni;
e ancor saria Borgo più quïeto,
se di novi vicin fosser digiuni.
138
Das Haus, das euch gekostet manche Zähre
Durch den gerechten Zorn, der Tod euch sandte
Und eurer heitern Zeit kam in die Quere,
La casa di che nacque il vostro fleto,
per lo giusto disdegno che v'ha morti
e puose fine al vostro viver lieto,
141
War hochgeehrt, wie jeder Anverwandte.
O Buondelmonte, wie ist zu bedauern,
Daß böser Rat dir diese Braut entwandte!
era onorata, essa e suoi consorti:
o Buondelmonte, quanto mal fuggisti
le nozze süe per li altrui conforti!
144
Wie froh doch wären manche, die nun trauern,
Hätt dich nur überlassen der Dreieine
Der Ema, als du kamst zu unsern Mauern!
Molti sarebber lieti, che son tristi,
se Dio t'avesse conceduto ad Ema
la prima volta ch'a città venisti.
147
Doch mußt's wohl sein, daß jenem Trümmersteine
Der Brückenwacht Florenz ein Opfer brachte
In seines Friedens letztem Abendscheine.
Ma conveniesi, a quella pietra scema
che guarda 'l ponte, che Fiorenza fesse
vittima ne la sua pace postrema.
150
Mit diesen Sippen, deren. ich gedachte,
Und andern sah ich, wie Florenz sich schaffte
Ein Friedensglück, daß nichts es weinen machte.
Con queste genti, e con altre con esse,
vid' io Fiorenza in sì fatto riposo,
che non avea cagione onde piangesse.
153
Mit diesen schaute ich das ehrenhafte
In solchem Ruhmesglanz, daß nie sein lilien-
Geschmückt Panier hing umgekehrt am Schafte,
Con queste genti vid' io glorïoso
e giusto il popol suo, tanto che 'l giglio
non era ad asta mai posto a ritroso,
156
Noch rotgefärbt vom Hader der Familien.«
né per divisïon fatto vermiglio».

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