003
Die Glorie dessen, der bewegt das Ganze,
Durchdringt das Weltall, doch sie ist entglommen
In stärkerm hier, und dort in schwächerm Glanze.
La gloria di colui che tutto move
per l'universo penetra, e risplende
in una parte più e meno altrove.
006
Im Himmel, der das meiste hat entnommen
Von seinem Licht, war ich und sah, was sagen
Nicht darf noch kann, wer von dort hergekommen.
Nel ciel che più de la sua luce prende
fu' io, e vidi cose che ridire
né sa né può chi di là sù discende;
009
Denn wenn er seiner Sehnsucht Ziel sieht tagen,
Versinkt der Geist so tief, daß seinem Gange
Zu folgen das Gedächtnis muß verzagen.
perché appressando sé al suo disire,
nostro intelletto si profonda tanto,
che dietro la memoria non può ire.
012
Doch was Erinnrung von dem Überschwange
Des heiligen Reichs an Schätzen auf konnt reihen,
Verleihe nun den Stoff mir zum Gesange.
Veramente quant'io del regno santo
ne la mia mente potei far tesoro,
sarà ora materia del mio canto.
015
Apollo, laß dies letzte Werk gedeihen!
Mach zum Gefäß mich deiner Kraft, das wert ist,
Ihm den geliebten Lorbeer zu verleihen!
O buono Appollo, a l'ultimo lavoro
fammi del tuo valor sì fatto vaso,
come dimandi a dar l'amato alloro.
018
Wenn bis hierher mir auch genug gewährt ist
Vom einen Gipfel des Parnaß, so brauche
Ich beide, wo der Wettkampf so erschwert ist.
Infino a qui l'un giogo di Parnaso
assai mi fu; ma or con amendue
m'è uopo intrar ne l'aringo rimaso.
021
So zieh denn ein in meine Brust und hauche,
Wie zu der Stunde, wo dein Vorrang klaubte
Den Marsyas aus seiner Glieder Schlauche!
Entra nel petto mio, e spira tue
sì come quando Marsïa traesti
de la vagina de le membra sue.
024
O Gotteskraft, wenn deine Huld erlaubte,
Und wär's auch nur den Schatten zu besingen
Des seligen Reichs, wie's steht in meinem Haupte,
O divina virtù, se mi ti presti
tanto che l'ombra del beato regno
segnata nel mio capo io manifesti,
027
So siehst du mich zu deinem Baume dringen,
Um mir dein teures Laub ─ vom Gegenstande
Und dir gewürdigt ─ um die Stirn zu schlingen.
vedra' mi al piè del tuo diletto legno
venire, e coronarmi de le foglie
che la materia e tu mi farai degno.
030
So selten, Vater, pflückt doch die Girlande
Poet und Cäsar, sich zum Sieg zu schmücken,
─ O menschlicher Begierde Schuld und Schande! ─
Sì rade volte, padre, se ne coglie
per trïunfare o cesare o poeta,
colpa e vergogna de l'umane voglie,
033
Daß es mit größrer Freude sollt beglücken
Die heitre Gottheit Delphis, noch zu sehen,
Wie einer wünscht peneisch Laub zu pflücken.
che parturir letizia in su la lieta
delfica deïtà dovria la fronda
peneia, quando alcun di sé asseta.
036
Aus Fünkchen können große Flammen wehen:
Vielleicht, daß einer noch mit besserm Munde
Einst nach mir wird um Cirrhas Antwort flehen. ─
Poca favilla gran fiamma seconda:
forse di retro a me con miglior voci
si pregherà perché Cirra risponda.
039
Es steigt den Sterblichen aus manchem Schlunde
Die Leuchte dieser Welt; doch wo vier Kreise
Sich mit drei Kreuzen einigen zum Bunde,
Surge ai mortali per diverse foci
la lucerna del mondo; ma da quella
che quattro cerchi giugne con tre croci,
042
Tritt sie mit besserm Stern auf besserm Gleise
Die Reise an, in schönerer Form sich grabend
Ins Wachs der Erde nach ihr eigner Weise.
con miglior corso e con migliore stella
esce congiunta, e la mondana cera
più a suo modo tempera e suggella.
045
Dem Schlunde ungefähr war hier der Abend,
Der Morgen dort enttaucht; die Hemisphäre
War schwarz hier, dort im Schimmer sich erlabend,
Fatto avea di là mane e di qua sera
tal foce, e quasi tutto era là bianco
quello emisperio, e l'altra parte nera,
048
Als Beatrice links sich wandt zur Quere
Und in die Sonne sah, so ungeblendet
Wie es kein Adler je imstande wäre.
quando Beatrice in sul sinistro fianco
vidi rivolta e riguardar nel sole:
aguglia sì non li s'affisse unquanco.
051
Und wie der erste Strahl den zweiten sendet,
Der, reflektiert, dann steigt zur Höhe wieder,
Dem Pilger gleich der sich zur Heimat wendet,
E sì come secondo raggio suole
uscir del primo e risalire in suso,
pur come pelegrin che tornar vuole,
054
So drang ihr Tun mir durch die Augenlider
Nun in den Geist, daß meines angefacht ward:
Zur Sonne schaut ich, unserm Brauch zuwider.
così de l'atto suo, per li occhi infuso
ne l'imagine mia, il mio si fece,
e fissi li occhi al sole oltre nostr'uso.
057
Viel darf man dort, was hier nicht zugedacht ward
Der Menschenkraft, dem Orte angemessen,
Der einst zu unserm Aufenthalt gemacht ward.
Molto è licito là, che qui non lece
a le nostre virtù, mercé del loco
fatto per proprio de l'umana spece.
060
Nicht lang ertrug ich's, lang genug indessen,
Daß ich sie ringsumher sah Funken sprühen
Wie Eisen, zieht man's glühend aus den Essen.
Io nol soffersi molto, né sì poco,
ch'io nol vedessi sfavillar dintorno,
com' ferro che bogliente esce del foco;
063
Da schien mit einem Male zu erblühen
Mir Tag aus Tag, als ließe der da Macht hat
Am Himmel eine zweite Sonne glühen.
e di sùbito parve giorno a giorno
essere aggiunto, come quei che puote
avesse il ciel d'un altro sole addorno.
066
Wie Beatrice unverwandt nun achthatt
Aufs ewige Kreisen, wandte ich mein Sinnen
Auf sie, die es vom Himmel abgebracht hat.
Beatrice tutta ne l'etterne rote
fissa con li occhi stava; e io in lei
le luci fissi, di là sù rimote.
069
In ihrem Anblick wurde mir von innen
Wie Glaukus, als er, kostend von dem Kraute,
Im Meer sich fühlt' Gottähnlichkeit gewinnen.
Nel suo aspetto tal dentro mi fei,
qual si fé Glauco nel gustar de l'erba
che 'l fé consorto in mar de li altri dèi.
072
So übermenschlicht werden drücken Laute
Nicht aus; mag jedem drum Genüge schaffen
Dies Gleichnis, bis man's selbst durch Gnade schaute!
Trasumanar significar per verba
non si poria; però l'essemplo basti
a cui esperïenza grazia serba.
075
War ich nur das, was du zuletzt erschaffen?
Du Liebe, die du Schwung dem Himmel dort gibst,
Du weißt es, deren Licht mich auf wollt raffen.
S'i' era sol di me quel che creasti
novellamente, amor che 'l ciel governi,
tu 'l sai, che col tuo lume mi levasti.
078
Als jenes Rad, dem Sein du immerfort gibst
Durch Sehnsucht, mit der Harmonie mich bannte,
Die du verteilst und der du den Akkord gibst,
Quando la rota che tu sempiterni
desiderato, a sé mi fece atteso
con l'armonia che temperi e discerni,
081
Schien's, daß vom Himmelsraum so viel entbrannte
Durch Sonnenflamme, daß noch nie durch Regen
Und Fluß ein See so weit die Ufer spannte.
parvemi tanto allor del cielo acceso
de la fiamma del sol, che pioggia o fiume
lago non fece alcun tanto disteso.
084
Des neuen Tons, des großen Leuchtens wegen
Entfachte mir die Neugier solch Verlangen,
Wie ich so scharf noch nie es mochte hegen.
La novità del suono e 'l grande lume
di lor cagion m'accesero un disio
mai non sentito di cotanto acume.
087
Sie, deren Blicke mich so klar durchdrangen
Wie ich mich selber, stillte was erregtest
Mich quälte, eh ich sie noch angegangen,
Ond'ella, che vedea me sì com'io,
a quïetarmi l'animo commosso,
pria ch'io a dimandar, la bocca aprio
090
Und sprach: »In deinem Irrwahn selber legtest
Du dir den Schleier um und kannst nicht sehen
Was du schon sähest, wenn du ihn zerfegtest.
e cominciò: "Tu stesso ti fai grosso
col falso imaginar, sì che non vedi
ciò che vedresti se l'avessi scosso.
093
Du wähnst wohl auf der Erde noch zu stehen,
Doch zückt kein Blitz von seinem Sitz so eilig
Hinab, wie wir zurück zu deinem wehen.«
Tu non se' in terra, sì come tu credi;
ma folgore, fuggendo il proprio sito,
non corse come tu ch'ad esso riedi".
096
Ihr lächelnd Wort entkleidete mich freilich
Des ersten Zweifels, doch ein neu Gewebe
Umstrickt' den Geist noch weniger gedeihlich.
S'io fui del primo dubbio disvestito
per le sorrise parolette brevi,
dentro ad un nuovo più fu' inretito
099
Ich sprach: »Des großen Staunens überhebe
Ich mich zufrieden; neues Staunen finde
Ich darin, daß durch leichtern Stoff ich schwebe.«
e dissi: "Già contento requïevi
di grande ammirazion; ma ora ammiro
com'io trascenda questi corpi levi".
102
Hierüber seufzte sie mitleidig linde
Und ließ die Augen auf mir ruhn, als hingen
Sie mütterlich am fieberwirren Kinde.
Ond'ella, appresso d'un pïo sospiro,
li occhi drizzò ver' me con quel sembiante
che madre fa sovra figlio deliro,
105
Dann sprach sie: »Ordnung, unter allen Dingen
Bestehend, gibt dem Weltall die Gestaltung:
Sie läßt es Ähnlichkeit mit Gott erringen.
e cominciò: "Le cose tutte quante
hanno ordine tra loro, e questo è forma
che l'universo a Dio fa simigliante.
108
Und hierin sehn der ewigen Urkraft Waltung,
Hierin das Ziel die höhern Kreaturen,
Für das gemacht ist jener Norm Verhaltung.
Qui veggion l'alte creature l'orma
de l'etterno valore, il qual è fine
al quale è fatta la toccata norma.
111
Es fügen dieser Ordnung die Naturen
Sich willig ein, zum Ursprung hinzuziehen,
Bald nah, bald fern, wie sie die Wahl erfuhren.
Ne l'ordine ch'io dico sono accline
tutte nature, per diverse sorti,
più al principio loro e men vicine;
114
Durch das gewaltige Meer des Daseins fliehen
Sie drum verschiednen Häfen zu; als Steuer
Ward jedem ein besondrer Trieb verliehen.
onde si muovono a diversi porti
per lo gran mar de l'essere, e ciascuna
con istinto a lei dato che la porti.
117
Der ist es, der zum Monde trägt das Feuer,
Der ist im Menschenherzen der Beweger,
Der ballt der Erdenmasse Ungeheuer.
Questi ne porta il foco inver' la luna;
questi ne' cor mortali è permotore;
questi la terra in sé stringe e aduna;
120
Nicht nur ist dieser Bogen der Erreger,
Der unvernünftige Wesen schnellt vom Strange,
Nein, auch der Einsicht und der Liebe Pfleger.
né pur le creature che son fore
d'intelligenza quest'arco saetta,
ma quelle c' hanno intelletto e amore.
123
Die Vorsicht, die so Großes hält im Gange,
Gibt Ruh dem Himmel, der von ihr erhellt ist,
In dem sich schwingt der mit dem schnellsten Schwange.
La provedenza, che cotanto assetta,
del suo lume fa 'l ciel sempre quïeto
nel qual si volge quel c' ha maggior fretta;
126
Dorthin, als zu dem Sitz, der uns bestellt ist,
Schießt nun uns jener Sehne Kraft, die eben
Zum heitern Ziel führt, was von ihr geschnellt ist.
e ora lì, come a sito decreto,
cen porta la virtù di quella corda
che ciò che scocca drizza in segno lieto.
129
Wohl ist es wahr: wie eines Künstlers Streben
Sich manchmal das Gebilde nicht will fügen,
Weil taub der Stoff ist, Antwort ihm zu geben,
Vero è che, come forma non s'accorda
molte fïate a l'intenzion de l'arte,
perch'a risponder la materia è sorda,
132
Straft oft auch das Geschöpf die Regel Lügen,
Abschwenkend von der Bahn, weil ihm verblieben,
Dem Trieb zum Trotz, die Macht zu andern Flügen,
così da questo corso si diparte
talor la creatura, c' ha podere
di piegar, così pinta, in altra parte;
135
─ Wie man wohl aus der Wolke niederstieben
Das Feuer sieht ─, sobald die erste Regung
Durch falsch Gelüste erdwärts wird getrieben.
e sì come veder si può cadere
foco di nube, sì l'impeto primo
l'atterra torto da falso piacere.
138
Drum ist dein Flug bei rechter Überlegung
Nicht wunderbarer, als wenn von der Schräge
Des Bergs ein Bach talab ist in Bewegung.
Non dei più ammirar, se bene stimo,
lo tuo salir, se non come d'un rivo
se d'alto monte scende giuso ad imo.
141
Nein, wunderbar wär's, säßest du noch träge,
Von Hemmnis schon befreit, dort unten nieder,
Wie wenn am Grund lebendig Feuer läge.« ─
Maraviglia sarebbe in te se, privo
d'impedimento, giù ti fossi assiso,
com'a terra quïete in foco vivo".
144
Dann wandte sie den Blick zum Himmel wieder.
Quinci rivolse inver' lo cielo il viso.

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