003
O thör'ge Sorge sterblicher Geschöpfe,
Wie viele sind der trügerischen Schlüsse,
Die deiner Flügel Schlag zur Tiefe neigen!
O insensata cura de' mortali,
quanto son difettivi silogismi
quei che ti fanno in basso batter l'ali!
006
Der ging dem Jus nach, der den Aphorismen,
Der strebte nur nach seinem Priesteramte,
Der mit Gewalt zu herrschen, der durch Ränke:
Chi dietro a iura e chi ad amforismi
sen giva, e chi seguendo sacerdozio,
e chi regnar per forza o per sofismi,
009
Der stahl und der trieb bürgerlich' Gewerbe,
Der schuf sich selbst, in Fleischeslust befangen,
Nur Müh', und der ergab dem Müßiggang sich:
e chi rubare e chi civil negozio,
chi nel diletto de la carne involto
s'affaticava e chi si dava a l'ozio,
012
Indem ich, aller dieser Dinge ledig,
Mit Beatrice war im Himmel droben,
Wo ich so ehrenvoll empfangen wurde.
quando, da tutte queste cose sciolto,
con Bëatrice m'era suso in cielo
cotanto glorïosamente accolto.
015
Als Jedes wiederum zurückgekehret
Zur Stell' im Kreis, wo es zuvor gewesen,
Blieb stehen es, so wie auf Leuchter Kerze.
Poi che ciascuno fu tornato ne lo
punto del cerchio in che avanti s'era,
fermossi, come a candellier candelo.
018
Ich aber hört' im Innern jenes Lichtes,
Das schon vorhin zu mir gesprochen, lächelnd
Beginnen, während es viel klarer wurde:
E io senti' dentro a quella lumera
che pria m'avea parlato, sorridendo
incominciar, faccendosi più mera:
021
»Gleichwie ich mich in seinem Strahl entzünde,
So, schauend in das endelose Licht hin,
Erfahr' ich all' dein Sinnen, wo es herkommt.
«Così com' io del suo raggio resplendo,
sì, riguardando ne la luce etterna,
li tuoi pensieri onde cagioni apprendo.
024
Du zweifelst und hast Willen zu vernehmen
In so enthülleter und breiter Sprache
Mein Wort, daß es sich eigne deinem Ohre,
Tu dubbi, e hai voler che si ricerna
in sì aperta e 'n sì distesa lingua
lo dicer mio, ch'al tuo sentir si sterna,
027
Wo ich vorhin sprach: »wo man trefflich zu nimmt,«
Und wo ich sprach: »daß nie sich hub ein Zweiter,«
Auch ist's hier nöthig wohl zu unterscheiden.
ove dinanzi dissi: "U' ben s'impingua",
e là u' dissi: "Non nacque il secondo";
e qui è uopo che ben si distingua.
030
Die Vorsicht, welche alle Welt regieret
Mit jenem Rath, drinn jeglicher geschaffne
Blick stets besiegt ist, eh' zum Grund er dringet:
La provedenza, che governa il mondo
con quel consiglio nel quale ogne aspetto
creato è vinto pria che vada al fondo,
033
Damit zu ihrer ew'gen Wonne komme
Die Braut desselbigen, der lauten Schreies
Sich ihr vermählt mit benedeitem Blute,
però che andasse ver' lo suo diletto
la sposa di colui ch'ad alte grida
disposò lei col sangue benedetto,
036
In sich gestärkt und ihm um so getreuer:
Bestellte ihrem Heile zween der Fürsten,
Die hier wie da ihr blieben zum Geleite.
in sé sicura e anche a lui più fida,
due principi ordinò in suo favore,
che quinci e quindi le fosser per guida.
039
Der Eine war vor Inbrunst ganz Seraphisch,
Der Andre war durch Weisheit auf der Erde
Vom Cherubinschen Glanz ein Wiederleuchten.
L'un fu tutto serafico in ardore;
l'altro per sapïenza in terra fue
di cherubica luce uno splendore.
042
Von Einem werd' ich reden, denn von Beiden
Spricht man, lobt man nur Einen, wen man wähle,
Da eines Zieles waren ihre Werke.
De l'un dirò, però che d'amendue
si dice l'un pregiando, qual ch'om prende,
perch' ad un fine fur l'opere sue.
045
Zwischen Tupino und dem Bach, der stürzet
Vom Hügel, den erwählt Ubald der Sel'ge,
Neigt sich vom hohen Berg fruchtreiche Lehne
Intra Tupino e l'acqua che discende
del colle eletto dal beato Ubaldo,
fertile costa d'alto monte pende,
048
Woher Perugia Hitz' und Frost empfindet,
Von Porta Sole, und dahinter weinet
Ob harten Joches Nocera mit Gualdo:
onde Perugia sente freddo e caldo
da Porta Sole; e di rietro le piange
per grave giogo Nocera con Gualdo.
051
Vom Hange, wo der Bach sein Stürzen mildert,
Ward aller Welt geboren eine Sonne,
Wie diese auch wohl steiget aus dem Ganges.
Di questa costa, là dov' ella frange
più sua rattezza, nacque al mondo un sole,
come fa questo talvolta di Gange.
054
Drum, wer von jenem Orte spricht, der sage
Ascesi nicht, er würde wenig sagen,
Nein, Orient, will er bezeichnend sprechen!
Però chi d'esso loco fa parole,
non dica Ascesi, ché direbbe corto,
ma Orïente, se proprio dir vuole.
057
Er hub sich noch nicht hoch von seinem Boden,
Als er bereits die Erde ein'ge Stärkung
Empfinden lassen seiner großen Tugend.
Non era ancor molto lontan da l'orto,
ch'el cominciò a far sentir la terra
de la sua gran virtute alcun conforto;
060
Denn er gerieth, noch jung, mit seinem Vater
In Streit um eine Frau, der, wie dem Tode,
Sonst Niemand seines Wunsches Thür eröffnet:
ché per tal donna, giovinetto, in guerra
del padre corse, a cui, come a la morte,
la porta del piacer nessun diserra;
063
Vor seinem geistigen Gerichtshof aber
Und coram patre einigt' er mit ihr sich,
Dann liebt' er sie von Tag zu Tage stärker:
e dinanzi a la sua spirital corte
et coram patre le si fece unito;
poscia di dì in dì l'amò più forte.
066
Die ihres ersten Gatten war beraubet
Tausend und hundert Jahr' und mehr, verachtet
Und dunkel (bis er kam) blieb ohne Freier:
Questa, privata del primo marito,
millecent' anni e più dispetta e scura
fino a costui si stette sanza invito;
069
Nicht half es hören, daß sie sorglos antraf
Mit Amiclet beim Schalle seiner Stimme,
Der, welcher Furcht erregete dem Weltall:
né valse udir che la trovò sicura
con Amiclate, al suon de la sua voce,
colui ch'a tutto 'l mondo fé paura;
072
Noch half ihr standhaft bleiben oder tapfer,
Als sie, wo unten stehen blieb Maria,
Mit Christus an das Kreutz emporgestiegen.
né valse esser costante né feroce,
sì che, dove Maria rimase giuso,
ella con Cristo pianse in su la croce.
075
Doch daß nicht zu verhüllt ich weiter rede:
Franziscus und die Armuth nimm als diese
Brautleute an, in meiner Rede Fülle.
Ma perch' io non proceda troppo chiuso,
Francesco e Povertà per questi amanti
prendi oramai nel mio parlar diffuso.
078
So gab da ihre Eintracht und ihr heitres
Aussehn und Lieb' und Wunder und ihr süßes
Anblicken Anlaß heiliger Gedanken,
La lor concordia e i lor lieti sembianti,
amore e maraviglia e dolce sguardo
facieno esser cagion di pensier santi;
081
Daß sich der ehrfurchtwürdige Bernardus
Zuerst entschuhete, und solchem Frieden
Nacheilt', und eilend sich zu träge däuchte.
tanto che 'l venerabile Bernardo
si scalzò prima, e dietro a tanta pace
corse e, correndo, li parve esser tardo.
084
O unbekannter Reichthum, wahrer Schatz du!
Egidius entschuhte sich, Sylvester:
Nach jenem Bräut'gam, so gefiel die Braut ihm.
Oh ignota ricchezza! oh ben ferace!
Scalzasi Egidio, scalzasi Silvestro
dietro a lo sposo, sì la sposa piace.
087
Hinwallete der Vater und der Meister
Mit seiner Herrin und mit der Gemeinde,
Die schon der Demuth Strick verbunden hatte:
Indi sen va quel padre e quel maestro
con la sua donna e con quella famiglia
che già legava l'umile capestro.
090
Nicht trübte Herzensniedrigkeit die Brau' ihm,
Dieweil er Sohn war Pietro Bernardone's,
Noch weil er wundersam schimpflich einherging;
Né li gravò viltà di cuor le ciglia
per esser fi' di Pietro Bernardone,
né per parer dispetto a maraviglia;
093
Nein, königlich that seinen strengen Vorsatz
Er kund an Innocenz, und von ihm hatte
Das erste Siegel er zu seiner Regel.
ma regalmente sua dura intenzione
ad Innocenzio aperse, e da lui ebbe
primo sigillo a sua religïone.
096
Und als die arme Schaar nunmehro zunahm,
Nachfolgend ihm, deß wunderbares Leben
Besser gesungen würd' in Himmelsglorie;
Poi che la gente poverella crebbe
dietro a costui, la cui mirabil vita
meglio in gloria del ciel si canterebbe,
099
Ward mit der zwoten Krone durch Onorius
Bekrönet von dem ew'gen Gottesgeiste
Der heil'ge Wille dieses Heerdenfürsten:
di seconda corona redimita
fu per Onorio da l'Etterno Spiro
la santa voglia d'esto archimandrita.
102
Und dann (nachdem, das Märtyrthum ersehnend,
Er in der stolzen Gegenwart des Sultans
Christum gepredigt und die ihm gefolget;
E poi che, per la sete del martiro,
ne la presenza del Soldan superba
predicò Cristo e li altri che 'l seguiro,
105
Und er für die Bekehrung allzustörrig
Das Volk erfunden, nicht umsonst zu weilen,
Zurückgekehrt zur Frucht ital'scher Pflanzung)
e per trovare a conversione acerba
troppo la gente e per non stare indarno,
redissi al frutto de l'italica erba,
108
Am Steinfels zwischen Tiberstrom und Arno
Empfing von Christus er das letzte Siegel,
Das seine Glieder dann zwei Jahre trugen.
nel crudo sasso intra Tevero e Arno
da Cristo prese l'ultimo sigillo,
che le sue membra due anni portarno.
111
Als dem, der ihn zu so viel Heil erhoben,
Gefiel, ihn aufzunehmen zu der Gnade,
Die er erwarb, sich selbst geringe machend:
Quando a colui ch'a tanto ben sortillo
piacque di trarlo suso a la mercede
ch'el meritò nel suo farsi pusillo,
114
Empfahl er seinen Brüdern, gleich als rechten
Erben, die Frau, die er am meisten liebte,
Befahl, daß sie sie liebten mit Vertrauen:
a' frati suoi, sì com' a giuste rede,
raccomandò la donna sua più cara,
e comandò che l'amassero a fede;
117
Aus ihrem Schooße wollte die glorreiche
Seel' auferstehn, zu ihrem Reiche kehrend,
Und andre Bahre nicht für ihren Körper.
e del suo grembo l'anima preclara
mover si volle, tornando al suo regno,
e al suo corpo non volle altra bara.
120
Nun denke, wer der andre war, der würd'ger
Genosse war, das Schifflein zu erhalten
Petri im hohen Meer nach rechtem Zeichen:
Pensa oramai qual fu colui che degno
collega fu a mantener la barca
di Pietro in alto mar per dritto segno;
123
Und unser Patriarch war eben dieser:
Draus kann, wer ihm, wie er gebietet, folget,
Ersehen, daß er gute Waare ladet.
e questo fu il nostro patrïarca;
per che qual segue lui, com' el comanda,
discerner puoi che buone merce carca.
126
Doch seine Heerde ist nach neuer Weide
So gierig worden, daß es nicht zu meiden,
Daß sie sich nicht um andre Hänge breite:
Ma 'l suo pecuglio di nova vivanda
è fatto ghiotto, sì ch'esser non puote
che per diversi salti non si spanda;
129
Doch so viel seine Schafe nun entfernter
Von ihm und irre gehn, um so viel leerer
An Milche kehren sie zurück zum Schafstall.
e quanto le sue pecore remote
e vagabunde più da esso vanno,
più tornano a l'ovil di latte vòte.
132
Wohl giebt es deren, die, den Schaden fürchtend,
Sich an den Hirten schmiegen; doch so wen'ge,
Daß wenig Tuch hinreicht zu deren Kutten.
Ben son di quelle che temono 'l danno
e stringonsi al pastor; ma son sì poche,
che le cappe fornisce poco panno.
135
Nunmehro, sind nicht heiser meine Worte,
Ist dein Gehör hier aufmerksam gewesen,
Rufst du dir, was ich sagte, in's Gedächtniß,
Or, se le mie parole non son fioche,
se la tua audïenza è stata attenta,
se ciò ch'è detto a la mente revoche,
138
Wird eines Theils genügt sein deinem Wunsche,
Da du den Stamm schaun wirst, von dem man pflücket,
Und wirst das Schelten merken in den Worten,
in parte fia la tua voglia contenta,
perché vedrai la pianta onde si scheggia,
e vedra' il corrègger che argomenta
141
»Wo wohl man zunimmt, wenn man nur nicht abirrt.
"U' ben s'impingua, se non si vaneggia"».

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert