003
Es ging der Tag hin, und das nächt'ge Dunkel
Entzog die Wesen, die da sind auf Erden,
All' ihren Mühn und einzig ich allein nur
Lo giorno se n'andava, e l'aere bruno
toglieva li animai che sono in terra
da le fatiche loro; e io sol uno
006
Bereitete mich zu bestehn das Kämpfen,
So mit dem Pfade wie mit allem Mitleid,
Was schildern wird Erinnrung, die nicht irret.
M'apparecchiava a sostener la guerra
sí del cammino e sí de la pietate,
che ritrarrà la mente che non erra.
009
O Musen, o erhabne Kunst, nun helft mir!
Gedächtniß, du, das aufschrieb, was ich schaute,
Dahier wird sich dein Adel offenbaren! -
O muse, o alto ingegno, or m'aiutate;
o mente che scrivesti ciò ch' io vidi,
qui si parrà la tua nobilitate.
012
Also begann ich: »Dichter, der mich leitet,
Erwäge meine Kraft, ob sie gewaltig,
Eh' du dem kühnen Pfade mich vertrauest.
Io cominciai: « Poeta che mi guidi,
guarda la mia virtú s' ell' è possente,
prima ch' a l'alto passo tu mi fidi.
015
Du sagst: daß einst des Silvius Erzeuger
Vergänglich noch in Welt, die nicht vergehet,
Hinüberging, und es geschah leibhaftig:
Tu dici che di Silvio il parente,
corruttibile ancora, ad immortale
secolo andò, e fu sensibilmente.
018
Doch wenn der Widersacher alles Uebels
Huldreicher war, die hohe Wirkung denkend,
Die von ihm ausgehn sollt' und Was und Welches;
Però se l'avversario d'ogne male
cortese i fu, pensando l'alto effetto
ch' uscir dovea di lui e 'l chi e 'l quale,
021
Scheint er verständ'gem Manne deß nicht unwerth,
Im höchsten Himmel auserwählt zum Vater
Der hohen Roma, so wie ihres Reiches:
Non pare indegno ad omo d'intelletto;
ch' ei fu de l'alma Roma e di suo impero
ne l'empireo ciel per padre eletto :
024
Welche und Welches, um es recht zu sagen,
Bestimmet worden zu der heil'gen Stätte,
Allwo der Erbe thront des größern Petrus.
La quale e 'l quale, a voler dir lo vero,
fu stabilita per lo loco santo
u' siede il successor del maggior Piero.
027
Auf diesem Gang, um welchen du ihn preisest,
Vernahm er Dinge, welche Grund geworden
Zu seinem Sieg und zu der Päbste Mantel.
Per questa andata onde li dài tu vanto,
intese cose che furon cagione
di sua vittoria e del papale ammanto.
030
Hinging dann das Gefäß der Auserwählung,
Daher zu reichen Stärkung jenem Glauben,
Der Anfang ist zum Wege der Erlösung.
Andovvi poi lo Vas d'elezione,
per recarne conforto a quella fede
ch' è principio a la via di salvazione.
033
Doch ich - wozu hingehn - und wer gewährt es?
Ich bin Aeneas nicht, ich bin nicht Paulus,
Nicht ich, nicht Andre halten deß mich würdig,
Ma io perché venirvi? o chi 'l concede?
Io non Enea, io non Paulo sono :
me degno a ciò né io né altri crede.
036
Drum wenn ich mich dem Wandern überlasse,
Befürcht ich fast, es sei die Wand'rung thöricht:
Du Weiser kennst das besser, als ich's sage.« -
Per che, se del venire io m'abbandono,
temo che la venuta non sia folle :
se' savio; intendi me' ch' io non ragiono. »
039
Und wie, wer nicht mehr will, was er gewollt hat,
Neuer Gedanken halb den Vorsatz ändert,
Daß er sich vom Beginnen ganz zurückzieht,
E qual è quei che disvuol ciò che volle
e per novi pensier cangia proposta,
sí che dal cominciar tutto si tolle,
042
So that auch ich an jenem finstern Rande:
Sinnend zernichtet' ich das Unternehmen,
Das im Beginnen so geschwind gewesen.
Tal mi fec io in quella oscura costa,
perché, pensando, consumai la 'mpresa
che fu nel cominciar cotanto tosta.
045
»»Hab' ich genau verstanden deine Rede,
Antwortete des Großgemuthen Schatten:
Ist deine Seele nun geschwächt von Kleinmuth,
« S' i' ho ben la parola tua intesa, »
rispuose del magnanimo quell'ombra,
« l'anima tua è da viltate offesa;
048
Der oft den Menschen dergestalt umdunkelt,
Daß er ihn wendet von glorreichen Thaten,
Wie trüglich Sehn ein Thier, sobald es scheuet.
La qual molte fiate l'omo ingombra
sí che d'onrata impresa lo rivolve,
come falso veder bestia quand' ombra.
051
Damit du dich von dieser Furcht befreiest,
Sag' ich, warum ich kam, und was ich hörte,
Im ersten Augenblick, als du mir leid thatst.
Da questa téma acciò che tu ti solve,
dirotti perch' io venni e quel ch' io 'ntesi
nel primo punto che di te mi dolve.
054
Ich war bei jenen, die in Sehnsucht bleiben;
Da rief mich eine Frau, selig und lieblich,
Daß ich ihr flehete: mir zu gebieten.
Io era tra color che son sospesi,
e donna mi chiamò beata e bella,
tal che di comandare io la richiesi.
057
Ihr Aug' erglänzte mehr als das Gestirn glänzt,
Und sie begann zu sagen mir anmuthig
Und sanft, mit Engelsstimm' in ihrer Sprache:
Lucevan li occhi suoi piú che la stella;
e cominciommi a dir soave e piana,
con angelica voce, in sua favella :
060
»O, gernbereite Mantuanerseele,
Derselben Ruhm annoch im Weltalldauert
Und dauern wird so lang als die Bewegung!
'O anima cortese mantovana,
di cui la fama ancor nel mondo dura,
e durerà quanto il mondo lontana,
063
Mein Freund, allein nicht der der guten Schickung,
Wird an dem öden Strande so gehindert
Im Weg, daß er von Furcht zurückgewandt ist.
L'amico mio, e non de la ventura,
ne la diserta piaggia è impedito
sí nel cammin, che vòlt' è per paura;
066
Und ich befürchte, daß er schon so irr sei,
Daß ich zu spät zur Rettung mich erhoben
Dem nach, was ich von ihm gehört im Himmel.
E temo che non sia già sí smarrito,
ch' io mi sia tardi al soccorso levata,
per quel ch' i' ho di lui nel cielo udito.
069
Nun reg' dich und mit deinem reichen Sprechen
Und, wie du Mittel hast zu seiner Rettung,
Hilf so ihm, daß davon ich sei getröstet!
Or movi, e con la tua parola ornata
e con ciò ch' ha mestieri al suo campare,
l'aiuta sí ch' i' ne sia consolata.
072
Ich bin Beatrice, welche dich aussendet:
Von Stätte komm' ich, wohin ich zurück mich sehne:
Her trieb mich Liebe, die mich reden machet.
I' son Beatrice che ti faccio andare;
vegno del loco ove tornar disío;
amor mi mosse, che mi fa parlare.
075
Werd' ich dann sein vor meines Herren Antlitz
Will ich zu ihm mich oftmals deiner Rühmen.«« -
Da schwieg sie still und ich begann nunmehro:
Quando sarò dinanzi al segnor mio,
di te mi loderò sovente a lui.'
Tacette allora, e poi comincia' io :
078
»O Tugendfürstin, einzige, durch welche
Die Menschheit über Alles ragt, was irgend
Der Himmel faßt, der kleiner hat die Kreise.
'O donna di virtú, sola per cui
l'umana spezie eccede ogne contento
di quel ciel c' ha minor li cerchi sui,
081
Also erfreuet mich was du gebietest,
Daß mir Gehorchen, wär's geschehn, noch spät dünkt.
Mehr nicht bedarf's mir deinen Wunsch zu enthüllen;
Tanto m'aggrada il tuo comandamento,
che l'ubidir, se già fosse, m'è tardi;
piú non t'è uo' ch' aprirmi il tuo talento.
084
Doch sag den Grund mir, wie du dich nicht scheuest,
Hierab in diesen Mittelpunkt zu steigen,
Vom Weltraum, wohin du zu kehren brennest?« -
Ma dimmi la cagion che non ti guardi
de lo scender qua giuso in questo centro
de l'ampio loco ove tornar tu ardi.'
087
»»Verlangt dich so das Innre zu erkennen,
Sprach sie zurück mir: will ich kurz dir sagen,
Warum ich mich nicht scheu' hierein zu gehen:
'Da che tu vuo' saver cotanto a dentro,
dirotti brievemente', mi rispuose,
'perch' io non temo di venir qua entro.
090
Vor solchen Dingen nur soll man sich scheuen,
Da Macht inn' ist uns Unheil zu bereiten,
Vor andern nicht; denn selbe sind nicht furchtbar.
Temer si dèe di sole quelle cose
c' hanno potenza di fare altrui male;
de l'altre no, ché non son paurose.
093
Mich hat mein Gott gemacht in Gnaden also,
Daß weder euer Leiden mich berühret,
Noch Flamme jenes Brandes mich bestürmet.
I' son fatta da Dio, sua mercé, tale,
che la vostra miseria non mi tange,
né fiamma d'esto incendio non m'assale.
096
Im Himmel ist eine milde Frau, die erbarmt sich
Der Hemmung dort, wohin ich dich entsende,
So daß sie bricht den harten Spruch da oben.
Donna è gentil nel ciel che si compiange
di questo impedimento ov' io ti mando,
sí che duro giudicio là su frange.
099
Lucia wählte sie in ihrem Wunsche
Und sprach zu dieser: »»»Es bedarf dein Treuer
Nunmehro dein und dir befehl ich jetzt ihn.«̶«
Questa chiese Lucia in suo dimando
e disse : Or ha bisogno il tuo fedele
di te, ed io a te lo raccomando.
102
Lucia, jegliches Grausamen Feindin
Bewegte sich und kam zu jener Stätte,
Allwo ich saß bei der altvordern Rahel.
Lucia, nimica di ciascun crudele,
si mosse, e venne al loco dov' i' era,
che mi sedea con l'antica Rachele.
105
Sprach: »Beatrice wahre Preisung Gottes,
Warum nicht hilfst du dem, der so dich liebte,
Daß er um dich verließ die Schaar des Volkes?
Disse : Beatrice, loda di Dio vera,
ché non soccorri quei che t'amò tanto,
ch' uscí per te de la volgare schiera ?
108
Hörst du denn nicht die Buße seines Weinens,
Siehst du denn nicht den Tod, mit dem er ringet
Am Sturzbach, dessen keinen Ruhm das Meer hat?«
Non odi tu la pieta del suo pianto ?
non vedi tu la morte che 'l combatte
su la fiumana ove 'l mar non ha vanto ?
111
Auf Erden waren Menschen nie so eilig,
Ihr Glück zu machen und ihr Weh zu fliehen;
Als ich, nach jenen so gethanen Reden,
Al mondo non fur' mai persone ratte
a far lor pro o a fuggir lor danno,
com' io, dopo cotai parole fatte,
114
Dahier herab von meinem sel'gen Sitz kam,
Vertrauend auf dein rechtgesinntes Sprechen,
Das dich ehrt, so wie die, die es vernommen.««
Venni qua giú del mio beato scanno,
fidandomi del tuo parlare onesto,
ch' onora te e quei ch' udito l' hanno.'
117
Hierauf, nachdem sie dies zu mir gesprochen,
Ab wandte thränend sie die lichten Augen,
Wodurch sie mich zum Gehn noch schneller machte.
Poscia che m'ebbe ragionato questo,
li occhi lucenti lacrimando volse ;
per che mi fece del venir piú presto :
120
Und zu dir kam ich, so wie sie es wollte,
Und hub hinweg dich vor dem wilden Thiere,
Das dir zum schönen Berg den kurzen Weg nahm.
E venni a te cosí com' ella volse ;
dinanzi a quella fiera ti levai
che del bel monte il corto andar ti tolse.
123
Also was ist? warum, warum verweilst du?
Warum hegst so viel Kleinmuth du im Herzen?
Warum hast du nicht Kühnheit und nicht Freimuth;
Dunque che è ? perché, perché restai ?
perché tanta viltà nel cuore allette ?
perché ardire e franchezza non hai ?
126
Da doch so benedeiter Frauen dreie
Dein Sorge tragen an dem Hof des Himmels
Und dir mein Wort so mächtig Gut verheißet?"
Poscia che tai tre donne benedette
curan di te nella corte del cielo,
e 'l mio parlar tanto ben t'impromette ? »
129
- Und, gleichwie Blumen, von der nächt'gen Kühle
Gesenkt und zu, sich, von der Sonn' erhellet,
Geöffnet all' aufrichten auf den Stielen:
Quali i fioretti, dal notturno gelo
chinati e chiusi, poi che 'l sol li 'mbianca
si drizzan tutti aperti in loro stelo,
132
Erhub ich mich aus meiner matten Tugend:
Und solch' ein guter Muth rann in das Herz mir,
Daß ich begann, wie ein erlöstes Wesen:
Tal mi fec' io di mia virtute stanca,
e tanto buono ardire al cor mi corse,
ch' i' cominciai come persona franca :
135
»O wie mildthätig ist sie, die mir beisprang
Und du Huldvoller, der so schnell gehorsamt
Den wahren Worten, welche sie gebracht dir.
« Oh pietosa colei che mi soccorse !
e te cortese ch' ubidisti tosto
a le vere parole che ti porse !
138
Du hast in Sehnsucht mir das Herz geneiget
Also zu jenem Gang, mit deiner Rede,
Daß ich nun wieder bin im ersten Vorsatz.
Tu m'hai con disiderio il cor disposto
sí al venir con le parole tue,
ch' i' son tornato nel primo proposto.
141
Nun gehe: denn ein ein'ger Will' ist Beiden,
Du Führer, du Gebieter und du Meister!« -
So sagt ich ihm und - als er sich beweget -
Or va, ch' un sol volere è d'ambedue :
tu duca, tu segnore, e tu maestro. »
Cosí li dissi ; e poi che mosso fue,
144
Eintrat ich in die Straße tief und waldig.
Intrai per lo cammino alto e silvestro.

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