003
So einzeln, dicht am Rande, schritten wir,
Und oftmals rief der gute Meister: »Halte!
Gib Acht und laß dich witzigen von mir.«
Mentre che sì per l'orlo, uno innanzi altro,
ce n'andavamo, e spesso il buon maestro
diceami: "Guarda: giovi ch'io ti scaltro";
006
Auf meine Schulter rechts die Sonne prallte,
Die strahlend schon den westlichen Azur
Entfärbte, daß er weiß und bläßlich wallte.
feriami il sole in su l'omero destro,
che già, raggiando, tutto l'occidente
mutava in bianco aspetto di cilestro;
009
Durch meinen Schalten macht' ich glüh'nder nur
Die Flamme scheinen, und auf dieses Zeichen
Gab mancher Geist Acht, der vorüberfuhr.
e io facea con l'ombra più rovente
parer la fiamma; e pur a tanto indizio
vidi molt'ombre, andando, poner mente.
012
Dies schien zum Anlaß ihnen zu gereichen,
Von mir zu reden, und sie hoben an:
»Der da hat keinen Leib wie unsresgleichen.«
Questa fu la cagion che diede inizio
loro a parlar di me; e cominciarsi
a dir: "Colui non par corpo fittizio";
015
Dann kamen sie, so nah es ging, heran,
Behutsam, daß ihr Körper nie sich trenne
Vom Feuer, und ein Geist darauf begann
poi verso me, quanto potëan farsi,
certi si fero, sempre con riguardo
di non uscir dove non fosser arsi.
018
Du, den ich eher ehrerbietig nenne
Als träg, weil er den letzten Platz erkor,
Sprich mir, der ich in Durst und Feuer brenne.
"O tu che vai, non per esser più tardo,
ma forse reverente, a li altri dopo,
rispondi a me che 'n sete e 'n foco ardo.
021
Und nicht nur lechzt danach mein eignes Ohr,
Nach deiner Antwort dürsten diese alle
Mehr, als nach kaltem Wasser lechzt der Mohr.
Né solo a me la tua risposta è uopo;
ché tutti questi n' hanno maggior sete
che d'acqua fredda Indo o Etïopo.
024
Sag uns, wie geht es zu, daß du zum Walle
Der Sonne wirst, als wärest du zur Zeit
Noch nicht gefangen von des Todes Falle?«
Dinne com'è che fai di te parete
al sol, pur come tu non fossi ancora
di morte intrato dentro da la rete".
027
So sprach er, und ich hätt' alsbald Bescheid
Von mir erteilt, doch meine Blicke wandte
Jetzt eben auf sich andre Neuigkeit.
Sì mi parlava un d'essi; e io mi fora
già manifesto, s'io non fossi atteso
ad altra novità ch'apparve allora;
030
Inmitten jenes Wegs, wo Feuer brannte,
Kam diesem Volk entgegen andre Schar,
Die meinen Blick, sie zu betrachten, bannte.
ché per lo mezzo del cammino acceso
venne gente col viso incontro a questa,
la qual mi fece a rimirar sospeso.
033
Von beiden Seiten eilten Paar um Paar
Die Schatten, küssend sich, doch nimmer rastend,
Zufrieden mit dem Fest, so kurz es war,
Lì veggio d'ogne parte farsi presta
ciascun'ombra e basciarsi una con una
sanza restar, contente a brieve festa;
036
Wie im Gewimmel mit dem Maule tastend
Ameisen tun, vielleicht nach Weg und Glück
Einander fragend und dann weiter hastend.
così per entro loro schiera bruna
s'ammusa l'una con l'altra formica,
forse a spïar lor via e lor fortuna.
039
Sobald sie aufgeführt ihr Freundschaftsstück
Und eh' ein Schritt geschah zu weitrem Laufe,
Schrien beide Scharen, keine stand zurück.
Tosto che parton l'accoglienza amica,
prima che 'l primo passo lì trascorra,
sopragridar ciascuna s'affatica:
042
»Sodom Gomorrha!« schrie diesseits der Haufe,
Und dort: »Zur Kuh macht sich Pasiphaë,
Damit der Stier nach ihrer Geilheit laufe!«
la nova gente: "Soddoma e Gomorra";
e l'altra: "Ne la vacca entra Pasife,
perché 'l torello a sua lussuria corra".
045
Als wollten Kraniche teils nach der See,
Teils nach riphäischem Gebirge schweben,
Die vor der Sonne flüchtend, die vor Schnee,
Poi, come grue ch'a le montagne Rife
volasser parte, e parte inver' l'arene,
queste del gel, quelle del sole schife,
048
Zog eine Schar hinweg, blieb eine neben
Uns drei'n, und Weinen und Gesang mit ihr
Und Rufen, wie sich's ziemt nach ihrem Leben.
l'una gente sen va, l'altra sen vene;
e tornan, lagrimando, a' primi canti
e al gridar che più lor si convene;
051
Und wieder nahten nun die Schatten mir,
Dieselben, so vorhin mich angegangen,
Nach ihren Mienen ganz voll Hörbegier.
e raccostansi a me, come davanti,
essi medesmi che m'avean pregato,
attenti ad ascoltar ne' lor sembianti.
054
Ich, der ich zweimal schon sah ihr Verlangen,
Hob an: »O Seelen, die ihr sicher seid,
Früh oder spät den Frieden zu erlangen,
Io, che due volte avea visto lor grato,
incominciai: "O anime sicure
d'aver, quando che sia, di pace stato,
057
Nicht reif noch herbe blieb mein irdisch Kleid
Dort drüben, sondern mit mir selber ging ich,
Mit meinem Fleisch und Blut, all diese Zeit.
non son rimase acerbe né mature
le membra mie di là, ma son qui meco
col sangue suo e con le sue giunture.
060
Aufwärts, um nicht mehr blind zu bleiben, dring' ich,
Durch heil'ge Fürsprach, die ich droben fand:
Mein sterblich Teil in eure Welten bring' ich.
Quinci sù vo per non esser più cieco;
donna è di sopra che m'acquista grazia,
per che 'l mortal per vostro mondo reco.
063
Nun aber, bei dem Wunsch, von dem entbrannt
Ihr strebt in jenen Himmel aufzurücken,
Der voll von Liebe sich am höchsten spannt,
Ma se la vostra maggior voglia sazia
tosto divegna, sì che 'l ciel v'alberghi
ch'è pien d'amore e più ampio si spazia,
066
Gebt Auskunft mir, mein Werk damit zu schmücken:
Wer seid ihr selbst und wer die andre Schar,
Die hinten von uns geht, in eurem Rücken?«
ditemi, acciò ch'ancor carte ne verghi,
chi siete voi, e chi è quella turba
che se ne va di retro a' vostri terghi".
069
Nicht anders pflegt, verdutzt, der Sprache bar,
Der Alpenbauer gaffend dazustehen,
Wann er zur Stadt kömmt als ein Dorfbarbar,
Non altrimenti stupido si turba
lo montanaro, e rimirando ammuta,
quando rozzo e salvatico s'inurba,
072
Als jetzt die Geister waren anzusehen;
Doch als gebrochen war der starre Bann,
Der schnell in edlen Herzen wird vergehen,
che ciascun'ombra fece in sua paruta;
ma poi che furon di stupore scarche,
lo qual ne li alti cuor tosto s'attuta,
075
Hob jener, der zuerst gebeten, an:
»Beglückt, wer so als Leuchte seinen Füßen
In unsrem Reich Erfahrung sammeln kann!
"Beato te, che de le nostre marche",
ricominciò colei che pria m'inchiese,
"per morir meglio, esperïenza imbarche!
078
Die Leute, die nicht mit uns kommen, büßen
Wofür einst im Triumphe Julius
Als Königin sich spöttisch hörte grüßen;
La gente che non vien con noi, offese
di ciò per che già Cesar, trïunfando,
"Regina" contra sé chiamar s'intese:
081
Daher bei der Begegnung sie zum Schluß,
Wie du vernahmst, sich schmähn als Sodomiten,
So daß die Scham der Glut nachhelfen muß.
però si parton "Soddoma" gridando,
rimproverando a sé com' hai udito,
e aiutan l'arsura vergognando.
084
Unsre Sünden sind Hermaphroditen;
Wir folgten wie die Tiere dem Gelüst,
Nicht achtend, was Gesetz und Recht verbieten;
Nostro peccato fu ermafrodito;
ma perché non servammo umana legge,
seguendo come bestie l'appetito,
087
Drum müssen wir, wann jene uns geküßt,
Uns selbst zur Schmach den Namen jener künden,
Die sich vertiert' im tierischen Gerüst.
in obbrobrio di noi, per noi si legge,
quando partinci, il nome di colei
che s'imbestiò ne le 'mbestiate schegge.
090
Nun weißt du unsre Art und unsre Sünden;
Wenn du der Namen noch begierig bist,
So fehlt die Zeit; du wirst sie nicht ergründen.
Or sai nostri atti e di che fummo rei:
se forse a nome vuo' saper chi semo,
tempo non è di dire, e non saprei.
093
Ich selbst, wenn dir daran gelegen ist,
Bin Guinicelli, wert, schon hier zu leiden,
Weil ich bereute vor der letzten Frist.«
Farotti ben di me volere scemo:
son Guido Guinizzelli, e già mi purgo
per ben dolermi prima ch'a lo stremo".
096
Wie bei der Trauer des Lykurg die beiden
Jüngling', als ihre Mutter sie erkannt,
So ward ich - nur die Flamme mußt' ich meiden -,
Quali ne la tristizia di Ligurgo
si fer due figli a riveder la madre,
tal mi fec'io, ma non a tanto insurgo,
099
Als meines Vaters Name ward genannt,
Des Vaters manches Bessern noch, der zarter
Und süßer Liebesreime Kunst verstand.
quand'io odo nomar sé stesso il padre
mio e de li altri miei miglior che mai
rime d'amor usar dolci e leggiadre;
102
Nichts redend, hörend nichts, wie ein erstarrter,
Nur ihn betrachtend schritt ich lange Zeit,
Jedoch getrennt von ihm durch seine Marter.
e sanza udire e dir pensoso andai
lunga fïata rimirando lui,
né, per lo foco, in là più m'appressai.
105
Als ich mich satt gesehn, da schnell bereit
Erbot ich mich, ihm jeden Dienst zu schwören,
Mit der Beteurung, der man Glauben leiht.
Poi che di riguardar pasciuto fui,
tutto m'offersi pronto al suo servigio
con l'affermar che fa credere altrui.
108
Und er zu mir: »Was du mich ließest hören,
Das läßt in mir so tiefe, lichte Spur,
Daß Lethe sie nicht tilgen kann noch stören.
Ed elli a me: "Tu lasci tal vestigio,
per quel ch'i' odo, in me, e tanto chiaro,
che Letè nol può tòrre né far bigio.
111
Wenn aber jetzt dein Mund die Wahrheit schwur,
So sprich, weshalb, wie deine Wort' erweisen,
Ich je von dir so große Lieb' erfuhr?«
Ma se le tue parole or ver giuraro,
dimmi che è cagion per che dimostri
nel dire e nel guardar d'avermi caro".
114
Und ich zu ihm: »Ob eurer holden Weisen
Wird man, solange währt ein welsches Lied,
Die Tinte, die sie schrieb, auf Erden preisen.« -
E io a lui: "Li dolci detti vostri,
che, quanto durerà l'uso moderno,
faranno cari ancora i loro incostri".
117
»Ach Bruder, der vor uns des Weges zieht,«
Sprach er und wies den Schatten mit dem Finger,
»War seiner Muttersprach' ein beßrer Schmied.
"O frate", disse, "questi ch'io ti cerno
col dito", e additò un spirto innanzi,
"fu miglior fabbro del parlar materno.
120
»Romanzenprosa, Kunst der Minnesinger
Besiegt' er alle; laß die Dummen schrein,
Der von Limoges sei der beßre Ringer,
Versi d'amore e prose di romanzi
soverchiò tutti; e lascia dir li stolti
che quel di Lemosì credon ch'avanzi.
123
Sie achten mehr auf Ruf als wahres Sein,
Und also steht ihr Urteil schon geschrieben,
Eh' sie Gehör der Kunst und Einsicht leihn;
A voce più ch'al ver drizzan li volti,
e così ferman sua oppinïone
prima ch'arte o ragion per lor s'ascolti.
126
Wie ja die Alten mit Guitton es trieben,
Mit Lob, das immer lautres Lob gebiert,
Bis dann der Wahrheit doch der Sieg verblieben,
Così fer molti antichi di Guittone,
di grido in grido pur lui dando pregio,
fin che l' ha vinto il ver con più persone.
129
Nun, wenn so hohes Vorrecht jetzt dich ziert,
Das dir vergönnt, das Kloster zu betreten,
In welchem Christus selbst als Abt regiert,
Or se tu hai sì ampio privilegio,
che licito ti sia l'andare al chiostro
nel quale è Cristo abate del collegio,
132
Magst du für mich ein Paternoster beten,
So viel davon uns not hier oben tut,
Wo man nicht sünd'gen kann noch übertreten.«
falli per me un dir d'un paternostro,
quanto bisogna a noi di questo mondo,
dove poter peccar non è più nostro".
135
Dann, um vielleicht dem Nachbarn in der Glut
Den Platz zu räumen, glitt er fort, als gleite
Ein Fisch hinunter auf den Grund der Flut.
Poi, forse per dar luogo altrui secondo
che presso avea, disparve per lo foco,
come per l'acqua il pesce andando al fondo.
138
Ich trat an des vorhin Gezeigten Seite
Und sagt' ihm, daß mein Wunsch solch einem Mann
Im Herzen freundlichen Empfang bereite.
Io mi fei al mostrato innanzi un poco,
e dissi ch'al suo nome il mio disire
apparecchiava grazïoso loco.
141
Worauf alsbald willfährig er begann:
»Mich dünkt, dal euer Wunsch so artig klinge,
Daß ich euch nichts verhalten will und kann.
El cominciò liberamente a dire:
"Tan m'abellis vostre cortes deman,
qu' ieu no me puesc ni voill a vos cobrire.
144
Ich bin Arnault, der hier ich wein' und singe,
Denn seh' ich hinter mir die Sündenzeit,
Seh' froh ich vor mir die erhofften Dinge.
Ieu sui Arnaut, que plor e vau cantan;
consiros vei la passada folor,
e vei jausen lo joi qu' esper, denan.
147
Nun bitt' ich euch bei der Barmherzigkeit,
Die euch zur Höhe führt so ungepeinigt,
Gedenkt daran, zu sänftigen mein Leid.«
Ara vos prec, per aquella valor
que vos guida al som de l'escalina,
sovenha vos a temps de ma dolor!".
150
Dann taucht' er in das Feuer, das sie reinigt.
Poi s'ascose nel foco che li affina.

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