003
Hätt' ich den Vers, der rauh und heiser schölle,
So wie er paßte für dies finstre Nest,
Auf dem die Felsen ruhn der ganzen Hölle,
S'ïo avessi le rime aspre e chiocce,
come si converrebbe al tristo buco
sovra 'l qual pontan tutte l'altre rocce,
006
Den Saft des Themas hätt' ich ausgepreßt
Noch voller; doch entbehrend solches Schalles,
Red' ich mit Zagen, das mich nicht verläßt.
io premerei di mio concetto il suco
più pienamente; ma perch'io non l'abbo,
non sanza tema a dicer mi conduco;
009
Zu schildern jenen Grund des Weltenalles
Das ist kein Werk der leichten Tändelei
Und keine Sache kindlichen Gelalles.
ché non è impresa da pigliare a gabbo
discriver fondo a tutto l'universo,
né da lingua che chiami mamma o babbo.
012
Doch hoff' ich, jene Frauen stehn mir bei,
Die einst Amphion sich zur Hilf' erlesen,
Damit nicht Sach' und Wort verschieden sei.
Ma quelle donne aiutino il mio verso
ch'aiutaro Anfïone a chiuder Tebe,
sì che dal fatto il dir non sia diverso.
015
O über alles unglücksel'ge Wesen,
Die ihr in jene Tiefe seid gebannt,
Wärt ihr doch Schaf' und Ziegen hier gewesen!
Oh sovra tutte mal creata plebe
che stai nel loco onde parlare è duro,
mei foste state qui pecore o zebe!
018
Tief unter des Giganten Füßen stand
Ich bald im Schacht, und meine Blicke spähten
Noch nach der Mauer, die den Schlund umspannt,
Come noi fummo giù nel pozzo scuro
sotto i piè del gigante assai più bassi,
e io mirava ancora a l'alto muro,
021
Da hört' ich Wort': »Um Vorsicht sei gebeten,
Daß deine Sohlen beim Hinübergehn
Den armen Brüdern nicht den Kopf zertreten.«
dicere udi' mi: "Guarda come passi:
va sì, che tu non calchi con le piante
le teste de' fratei miseri lassi".
024
Schnell wandt' ich mich, und vor mir war zu sehn
Ein See und schien, als ob der Frost ihn binde,
Aus Glas und nicht aus Wasser zu bestehn.
Per ch'io mi volsi, e vidimi davante
e sotto i piedi un lago che per gelo
avea di vetro e non d'acqua sembiante.
027
Nie trug die Donau Winters solche Rinde
In Österreich, nie ward das Kleid so dick
Dem Tanais beim Hauch der kalten Winde,
Non fece al corso suo sì grosso velo
di verno la Danoia in Osterlicchi,
né Tanaï là sotto 'l freddo cielo,
030
Wie dort es war; denn wenn der Tabernick
Und Pietrapana drauf gefallen wären,
Es machte doch am Rande nimmer "krick".
com'era quivi; che se Tambernicchi
vi fosse sù caduto, o Pietrapana,
non avria pur da l'orlo fatto cricchi.
033
Und wie die Frösche, wann sie Luft begehren
Zum Quaken, aus dem Wasser schaun im Ried,
Derweil die Bäurin träumt von reifen Ähren,
E come a gracidar si sta la rana
col muso fuor de l'acqua, quando sogna
di spigolar sovente la villana,
036
So, bis dahin, wo man das Schamrot sieht,
Stak dunkelblau das Schattenvolk im Eise,
Und mit den Zähnen sang's das Storchenlied.
livide, insin là dove appar vergogna
eran l'ombre dolenti ne la ghiaccia,
mettendo i denti in nota di cicogna.
039
Das Antlitz abwärts saßen sie im Kreise;
Vom Froste gab der Mund, das Augenpaar
Gab von dem Weh in ihrer Brust Beweise.
Ognuna in giù tenea volta la faccia;
da bocca il freddo, e da li occhi il cor tristo
tra lor testimonianza si procaccia.
042
Erst blickt' ich um mich nach der großen Schar,
Dann vor die Füß', und sah zwei so umschlungen,
Daß ineinander schien vermischt ihr Haar.
Quand'io m'ebbi dintorno alquanto visto,
volsimi a' piedi, e vidi due sì stretti,
che 'l pel del capo avieno insieme misto.
045
»Wer seid ihr zwei, so Brust an Brust gedrungen?«
Fragt' ich; da bogen sie den Hals empor
Und blickten auf, von meinem Wort gezwungen.
"Ditemi, voi che sì strignete i petti",
diss'io, "chi siete?". E quei piegaro i colli;
e poi ch'ebber li visi a me eretti,
048
Den Augen, die nur innen feucht zuvor
Gewesen, wollten Tränen jetzt entfließen;
Doch gleich ergriff sie Frost und schloß ihr Tor,
li occhi lor, ch'eran pria pur dentro molli,
gocciar su per le labbra, e 'l gelo strinse
le lagrime tra essi e riserrolli.
051
Wie Holz an Holz ein Riegel würde schließen.
Darob die zwei, vom Jähzorn übermannt,
Gleich Ziegenböcken aufeinander stießen.
Con legno legno spranga mai non cinse
forte così; ond'ei come due becchi
cozzaro insieme, tanta ira li vinse.
054
Und einer, mit dem Antlitz abgewandt,
Dem beide Ohren abgefroren schienen,
Sprach: »Was beschaust du uns so unverwandt?
E un ch'avea perduti ambo li orecchi
per la freddura, pur col viso in giùe,
disse: "Perché cotanto in noi ti specchi?
057
Fragst du nach diesen zwein, kann ich dir dienen.
Das Tal, aus welchem der Bisenzio fließt,
Fiel ihrem Vater Albert zu und ihnen.
Se vuoi saper chi son cotesti due,
la valle onde Bisenzo si dichina
del padre loro Alberto e di lor fue.
060
Ein Leib gebar sie, und Kaïna schließt
Nicht einen Schatten ein, der würd'ger wäre
In Gallert so zu sitzen, wie du siehst;
D'un corpo usciro; e tutta la Caina
potrai cercare, e non troverai ombra
degna più d'esser fitta in gelatina:
063
Nicht er, dem Brust und Schalten mit dem Speere
Artur durchbohrt hat mit der eigenen Hand,
Focaccia nicht noch dieser, dessen Schwere
non quelli a cui fu rotto il petto e l'ombra
con esso un colpo per la man d'Artù;
non Focaccia; non questi che m'ingombra
066
So tief mich drückt, daß mir das Sehen schwand,
Und Sassol Mascheroni heißt der Freche;
Bist du Toskaner, ist er dir bekannt.
col capo sì, ch'i' non veggio oltre più,
e fu nomato Sassol Mascheroni;
se tosco se', ben sai omai chi fu.
069
Und daß dein Fragen mich nicht unterbreche,
Wiß, Camiccion de' Pazzi nenn' ich mich
Und warte, daß Carlino frei mich spreche.«
E perché non mi metti in più sermoni,
sappi ch'i' fu' il Camiscion de' Pazzi;
e aspetto Carlin che mi scagioni".
072
Dann sah ich tausend Fratzen fürchterlich
Fletschen vor Frost, daß ich ein Grausen spürte,
Und noch vor Eis auf Pfützen schauder' ich.
Poscia vid'io mille visi cagnazzi
fatti per freddo; onde mi vien riprezzo,
e verrà sempre, de' gelati guazzi.
075
Und während uns der Weg zur Mitte führte,
Wo alles Schwere sich vereinen muß,
Ich zitternd von der Luft, die mich berührte, -
E mentre ch'andavamo inver' lo mezzo
al quale ogne gravezza si rauna,
e io tremava ne l'etterno rezzo;
078
War's Schicksal, Zufall oder mein Entschluß?
Kurz, während ich durch all' die Köpfe gehe,
Stoß' ich ins Antlitz einen mit dem Fuß.
se voler fu o destino o fortuna,
non so; ma, passeggiando tra le teste,
forte percossi 'l piè nel viso ad una.
081
Der weint' und schrie: »Warum stößt mich dein Zehe?
Wenn du nicht kömmst zu schärfen meine Pein
Um Montaperti, warum tust mir wehe?«
Piangendo mi sgridò: "Perché mi peste?
se tu non vieni a crescer la vendetta
di Montaperti, perché mi moleste?".
084
Da sprach ich: »Meister, hier jetzt harre mein;
Denn einen Zweifel wünsch' ich aufzuhellen;
Hernach laß, wie du willst, mich eilig sein.«
E io: "Maestro mio, or qui m'aspetta,
sì ch'io esca d'un dubbio per costui;
poi mi farai, quantunque vorrai, fretta".
087
Der Führer stand. Ich sprach zu dem Gesellen,
Der mittlerweile lästerlich geflucht:
»Wer bist du, andere so anzubellen?« -
Lo duca stette, e io dissi a colui
che bestemmiava duramente ancora:
"Qual se' tu che così rampogni altrui?".
090
»Und wer bist du (sprach er), der uns besucht
In Antenora, Backen einzurennen?
Selbst wenn du lebtest, wär' es zu verrucht.« -
"Or tu chi se' che vai per l'Antenora,
percotendo", rispuose, "altrui le gote,
sì che, se fossi vivo, troppo fora?".
093
»Ich leb', und Trost magst du darin erkennen,
(Versetzt' ich), falls dein Herz nach Ruhm begehrt,
Daß meine Schriften dich mit andern nennen.«
"Vivo son io, e caro esser ti puote",
fu mia risposta, "se dimandi fama,
ch'io metta il nome tuo tra l'altre note".
096
Und er: »Das Gegenteil ist mehr mir wert.
Heb dich hinweg und laß mich ungeschoren;
Denn hier zu schmeicheln bist du schlecht gelehrt.«
Ed elli a me: "Del contrario ho io brama.
Lèvati quinci e non mi dar più lagna,
ché mal sai lusingar per questa lama!".
099
Da faßt' ich ins Genick den zorn'gen Toren
Und sprach: »Du mußt dich nennen, blöder Tropf;
Sonst bleibt kein Haar dir zwischen deinen Ohren.«
Allor lo presi per la cuticagna
e dissi: "El converrà che tu ti nomi,
o che capel qui sù non ti rimagna".
102
Und er darauf: »Ei rupfe mir den Schopf,
Doch sollst du, wie ich heiße, nicht erkunden,
Stampfst du auch tausendmal mir auf den Kopf.«
Ond'elli a me: "Perché tu mi dischiomi,
né ti dirò ch'io sia, né mosterrolti
se mille fiate in sul capo mi tomi".
105
Schon hatt' ich um die Hand sein Haar gewunden,
Schon manche Strähn' gerauft, indes er sich
Nach unten duckt' und boll gleich zorn'gen Hunden;
Io avea già i capelli in mano avvolti,
e tratti glien'avea più d'una ciocca,
latrando lui con li occhi in giù raccolti,
108
Da rief ein andrer: »Was ist, Bocca? sprich!
Genügt's nicht mit den Backen Takt zu schlagen?
Mußt auch noch bellen? plagt ein Teufel dich?« -
quando un altro gridò: "Che hai tu, Bocca?
non ti basta sonar con le mascelle,
se tu non latri? qual diavol ti tocca?".
111
»Jetzt (sagt' ich) sollst du mir kein Wort mehr sagen,
Arger Verräter, und zu deiner Schmach
Werd' ich von hier die wahre Kunde tragen.« -
"Omai", diss'io, "non vo' che più favelle,
malvagio traditor; ch'a la tua onta
io porterò di te vere novelle".
114
»Geh (rief er), was du willst, erzähl hernach;
Doch schweig auch nicht dort oben von dem Treuen,
Der eben mit so flinker Zunge sprach.
"Va via", rispuose, "e ciò che tu vuoi conta;
ma non tacer, se tu di qua entro eschi,
di quel ch'ebbe or così la lingua pronta.
117
Die Gelder Frankreichs muß er hier bereuen.
Du kannst erzählen: ich sah Dueras Geist
Da, wo die Sünder sich der Kühl' erfreuen.
El piange qui l'argento de' Franceschi:
"Io vidi", potrai dir, "quel da Duera
là dove i peccatori stanno freschi".
120
Und fragt man, ob du noch von andren weißt,
Dort siehst du einen, der den Kopf verloren
Hat in Florenz und Beccaria heißt.
Se fossi domandato "Altri chi v'era?",
tu hai dallato quel di Beccheria
di cui segò Fiorenza la gorgiera.
123
Auch Soldanier sitzt drüben eingefroren,
Wo Ganelon mit Tribadello ruht,
Der nachts Verrat trieb mit Faenzas Toren.«
Gianni de' Soldanier credo che sia
più là con Ganellone e Tebaldello,
ch'aprì Faenza quando si dormia".
126
Dann weiterschreitend auf der starren Flut,
Sah zwei Gefrorne in einem Loch ich stecken,
Und war der eine Kopf des andern Hut.
Noi eravam partiti già da ello,
ch'io vidi due ghiacciati in una buca,
sì che l'un capo a l'altro era cappello;
129
Wie man vor Hunger einbeißt in den Wecken,
So biß der ober' in den untern ein,
Da wo die Wirbel sich ans Hirn erstrecken.
e come 'l pan per fame si manduca,
così 'l sovran li denti a l'altro pose
là 've 'l cervel s'aggiugne con la nuca:
132
So muß des Tydeus Wut gewesen sein,
Als er die Schläfen Melanipps zerrissen,
Wie dieser tat mit Fleisch und Schädelbein.
non altrimenti Tidëo si rose
le tempie a Menalippo per disdegno,
che quei faceva il teschio e l'altre cose.
135
«O du, so viehischen Merkmals beflissen
Des Hasses wider ihn, den du zernagst,
Sag mir den Grund (sprach ich), und du sollst wissen:
"O tu che mostri per sì bestial segno
odio sovra colui che tu ti mangi,
dimmi 'l perché", diss'io, "per tal convegno,
138
So du mit Recht dich über ihn beklagst
Und sagst mir, wer ihr seid, was er verbrochen,
So lohn' ich droben dir, was du mir sagst,
che se tu a ragion di lui ti piangi,
sappiendo chi voi siete e la sua pecca,
nel mondo suso ancora io te ne cangi,
141
Wenn sie mir nicht verdorrt, die dies gesprochen.«
se quella con ch'io parlo non si secca".

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