003
Freu dich Florenz, wie doch so groß du bist,
Daß du durch Meer und Land die Flügel schlägest,
Und durch die Hölle sich dein Nam' ausbreitet!
Godi, Fiorenza, poi che se' sì grande
che per mare e per terra batti l'ali,
e per lo 'nferno tuo nome si spande!
006
Ich traf hier bei den Dieben fünf dergleichen
Als deine Bürger, drob mich Scham ergreift,
Und auch du nicht zu großen Ehren steigest.
Tra li ladron trovai cinque cotali
tuoi cittadini onde mi ven vergogna,
e tu in grande orranza non ne sali.
009
Doch wenn sich Morgenträume wahr erzeigen,
Wirst du in kurzem fühlen, was dir Prato,
Von anderen zu schweigen, Gutes sinnet.
Ma se presso al mattin del ver si sogna,
tu sentirai, di qua da picciol tempo,
di quel che Prato, non ch'altri, t'agogna.
012
Und wär's schon da, es ware nicht zu frühe.
Doch wär's nur schon, weil's doch einmal muß sein!
Denn mehr mich schmerzen wird's, je mehr ich altre. -
E se già fosse, non saria per tempo.
Così foss'ei, da che pur esser dee!
ché più mi graverà, com' più m'attempo.
015
Von dannen gingen wir; empor die Stiegen,
Auf Blöcken, die zuvor herab uns halfen,
Klomm jetzt mein Führer und mich zog er nach.
Noi ci partimmo, e su per le scalee
che n'avea fatto iborni a scender pria,
rimontò 'l duca mio e trasse mee;
018
Und als wir so den öden Weg verfolgten,
Kam zwischen Zacken und Geklipp des Felsens
Der Fuß nur durch die Hand noch von der Stelle.
e proseguendo la solinga via,
tra le schegge e tra ' rocchi de lo scoglio
lo piè sanza la man non si spedia.
021
Da schmerzte mich, und jetzt noch schmerzt es mich,
Richt' ich den Sinn auf das, was ich gesehen,
Und zügl' ich mehr den Geist, als sonst ich pflege,
Allor mi dolsi, e ora mi ridoglio
quando drizzo la mente a ciò ch'io vidi,
e più lo 'ngegno affreno ch'i' non soglio,
024
Daß er der Tugend Leitung nicht entweiche,
Daß, wenn ein günst'ger Stern mir, oder Höh'res,
Ein Gut verlieh, ich selbst es nicht verscherze.
perché non corra che virtù nol guidi;
sì che, se stella bona o miglior cosa
m' ha dato 'l ben, ch'io stessi nol m'invidi.
027
So viel der Landmann, der am Hügel ausruht
Zur Zeit, da jener, der die Welt erleuchtet,
Sein Antlitz weniger vor uns verbirgt,
Quante 'l villan ch'al poggio si riposa,
nel tempo che colui che 'l mondo schiara
la faccia sua a noi tien meno ascosa,
030
Wann schon die Fliege weicht der Wassermücke -
Leuchtwürmchen unten in dem Thale siehet,
Wo grad er Trauben erntet oder ackert:
come la mosca cede a la zanzara,
vede lucciole giù per la vallea,
forse colà dov'e' vendemmia e ara:
033
Von so viel Flammen ganz und gar erstrahlte
Die achte Bulge, wie ich gleich gewahrte,
Sobald ich dort stand, wo den Grund man sieht.
di tante fiamme tutta risplendea
l'ottava bolgia, sì com'io m'accorsi
tosto che fui là 've 'l fondo parea.
036
Wie jener, der sich durch die Bären rächte,
Den Wagen des Elias scheiden sah,
Als himmelan die Rosse sich erhuben -
E qual colui che si vengiò con li orsi
vide 'l carro d'Elia al dipartire,
quando i cavalli al cielo erti levorsi,
039
Denn so nicht konnt' er mit den Augen folgen,
Daß etwas mehr gesehn er als die Flamme,
Die, aufwärts steigend, nur ein Wölkchen schien:
che nol potea sì con li occhi seguire,
ch'el vedesse altro che la fiamma sola,
sì come nuvoletta, in sù salire:
042
So huschten alle leicht hin durch den Schlund
Des Grabens, um nicht ihren Raub zu zeigen;
Denn einen Sünder barg jedwede Flamme.
tal si move ciascuna per la gola
del fosso, ché nessuna mostra 'l furto,
e ogne fiamma un peccatore invola.
045
Ich stand so auf den Zehen auf der Brücke,
Daß, hätt' ich nicht ein Felsenstück ergriffen,
Ich ohne Stoß hinabgefallen wäre.
Io stava sovra 'l ponte a veder surto,
sì che s'io non avessi un ronchion preso,
caduto sarei giù sanz'esser urto.
048
Als mich so aufmerksam der Führer sah,
Sprach er: »In diesen Flammen sind die Geister:
Ein jeder hüllt in die sich, die ihn brennet.« -
E 'l duca, che mi vide tanto atteso,
disse: "Dentro dai fuochi son li spirti;
catun si fascia di quel ch'elli è inceso".
051
»Mein Meister«, sprach ich, »wenn von dir ich's höre,
Ist mir's gewisser; doch ich wußte schon,
Daß es so wär', und schon wollt' ich dich fragen:
"Maestro mio", rispuos'io, "per udirti
son io più certo; ma già m'era avviso
che così fosse, e già voleva dirti:
054
Wer ist in der, die oben so sich spaltet,
Daß sie vom Holzstoß aufzusteigen scheint,
Der Eteocles mit dem Bruder aufnahm?« -
chi è 'n quel foco che vien sì diviso
di sopra, che par surger de la pira
dov'Eteòcle col fratel fu miso?".
057
Zur Antwort gab er mir: »Drin leidet Marter
Ulyß mit Diomed, die nun vereint gehn
In ihrer Qual, wie einst in ihrem Zorne:
Rispuose a me: "Là dentro si martira
Ulisse e Dïomede, e così insieme
a la vendetta vanno come a l'ira;
060
Und sie beseufzen innerhalb der Flamme
Des Rosses Kriegslist, so die Pforte brach,
Woraus der Römer edle Saat hervorging.
e dentro da la lor fiamma si geme
l'agguato del caval che fé la porta
onde uscì de' Romani il gentil seme.
063
Beweint wird drin die List, ob der im Tode
Deidamia noch um Achilles klaget,
Und für's Palladium trägt man dort die Strafe.« -
Piangevisi entro l'arte per che, morta,
Deïdamìa ancor si duol d'Achille,
e del Palladio pena vi si porta".
066
»Wenn sie in jenen Flammen sprechen können,
So bitt' ich, Meister, sehr und bitte nochmals,
Daß meine Bitte tausend Bitten gelte:
"S'ei posson dentro da quelle faville
parlar", diss'io, "maestro, assai ten priego
e ripriego, che 'l priego vaglia mille,
069
Verweigre nicht mir, daß ich warten dürfe,
Bis die gehörnte Flamme sich uns nahet;
Du siehst, wie ich mich sehnend zu ihr neige.« -
che non mi facci de l'attender niego
fin che la fiamma cornuta qua vegna;
vedi che del disio ver' lei mi piego!".
072
Und er zu mir: »Gar vielen Lobes würdig
Ist deine Bitt', und drum gewähr' ich dir sie:
Doch halte deine Zunge wohl im Zügel.
Ed elli a me: "La tua preghiera è degna
di molta loda, e io però l'accetto;
ma fa che la tua lingua si sostegna.
075
Mich lasse reden, denn begriffen hab' ich
Das, was du willst; vielleicht, daß deinem Worte
- Sie sind ja Griechen - sie sich scheu bezeigen.« -
Lascia parlare a me, ch'i' ho concetto
ciò che tu vuoi; ch'ei sarebbero schivi,
perch'e' fuor greci, forse del tuo detto".
078
Als nun die Flamme bis dahin gekommen,
Wo Zeit und Ort dem Führer passend schienen,
Hört' ich in dieser Weis' ihn zu ihr sprechen:
Poi che la fiamma fu venuta quivi
dove parve al mio duca tempo e loco,
in questa forma lui parlare audivi:
081
»Ihr, die ihr beid' in einer Flamme hauset,
Wenn ich's um euch verdient, dieweil ich lebte,
Wenn ich's um euch verdient, viel oder wenig,
"O voi che siete due dentro ad un foco,
s'io meritai di voi mentre ch'io vissi,
s'io meritai di voi assai o poco
084
Als ich die hehren Vers' auf Erden schrieb:
Nicht rührt euch; sondern einer von euch sage,
Wo er durch eignen Irrthum fand den Tod?« -
quando nel mondo li alti versi scrissi,
non vi movete; ma l'un di voi dica
dove, per lui, perduto a morir gissi".
087
Das größre Horn von dieser alten Flamme
Begann hierauf sich mit Geräusch zu schütteln,
Gleich einer, wenn sie mit dem Winde kämpft.
Lo maggior corno de la fiamma antica
cominciò a crollarsi mormorando,
pur come quella cui vento affatica;
090
Darnach die Spitze hin und her bewegend,
Der Zunge gleich, die sich zu sprechen anschickt,
Stieß Worte sie hervor und sagte: »Damals,
indi la cima qua e là menando,
come fosse la lingua che parlasse,
gittò voce di fuori e disse: "Quando
093
Als Circe mich entließ, die mich zurückhielt
Mehr als ein Jahr dort nahe bei Gaeta,
Bevor Aeneas noch es also nannte:
mi diparti' da Circe, che sottrasse
me più d'un anno là presso a Gaeta,
prima che sì Enëa la nomasse,
096
Nicht konnten Lust am Sohn noch Sohnesmitleid
Mit dem ergreisten Ahn, noch schuld'ge Liebe,
Mit der Penelopen ich sollt' erfreuen,
né dolcezza di figlio, né la pieta
del vecchio padre, né 'l debito amore
lo qual dovea Penelopè far lieta,
099
In mir den ungestümen Drang besiegen,
Mich mit der weiten Welt bekannt zu machen,
Wie mit der Menschen Werth und ihren Fehlern.
vincer potero dentro a me l'ardore
ch'i' ebbi a divenir del mondo esperto
e de li vizi umani e del valore;
102
So wagt' ich mich auf's offne, hohe Meer
Mit meinem einz'gen Schiff und jener kleinen
Genossenschaft, die niemals mich verließ.
ma misi me per l'alto mare aperto
sol con un legno e con quella compagna
picciola da la qual non fui diserto.
105
Bis Spanien hin erblickt' ich beide Küsten,
Bis gen Marocco und der Sarden Insel,
Und andre, welche rings das Meer bespült.
L'un lito e l'altro vidi infin la Spagna,
fin nel Morrocco, e l'isola d'i Sardi,
e l'altre che quel mare intorno bagna.
108
Gealtert schon und schwach nebst den Begleitern,
Gelangt' ich endlich zu dem engen Schlunde,
Wo Hercules die Male hinterlassen,
Io e' compagni eravam vecchi e tardi
quando venimmo a quella foce stretta
dov'Ercule segnò li suoi riguardi
111
Damit die Menschen sich nicht weiter wagten.
Zur Rechten ließ ich hinter mir Sevilla,
Zur Linken hatt' ich Ceuta schon verlassen.
acciò che l'uom più oltre non si metta;
da la man destra mi lasciai Sibilia,
da l'altra già m'avea lasciata Setta.
114
O Brüder, sagt' ich, die durch hunderttausend
Gefahren ihr zum fernen Westen kamet:
Der nur noch so geringen Abendwache
"O frati," dissi, "che per cento milia
perigli siete giunti a l'occidente,
a questa tanto picciola vigilia
117
Der Sinne, die euch übrig ist geblieben,
Versagt doch nicht, auch noch jenseit der Sonne
Die Welt, die leer von Menschen, zu erkunden.
d'i nostri sensi ch'è del rimanente
non vogliate negar l'esperïenza,
di retro al sol, del mondo sanza gente.
120
Betrachtet euren Ursprung doch: ihr wurdet
Geschaffen nicht, um wie das Vieh zu leben,
Nein, Kenntniß euch und Tugend zu erwerben.
Considerate la vostra semenza:
fatti non foste a viver come bruti,
ma per seguir virtute e canoscenza".
123
Ich machte die Gefährten nach dem Wege
Durch diese kleine Rede so begierig,
Daß ich sie dann kaum abgehalten hätte.
Li miei compagni fec'io sì aguti,
con questa orazion picciola, al cammino,
che a pena poscia li avrei ritenuti;
126
So machten wir, das Steuer gegen Osten,
Aus Rudern Flügel für den tollen Lauf,
Und wendeten stets mehr uns nach der Linken.
e volta nostra poppa nel mattino,
de' remi facemmo ali al folle volo,
sempre acquistando dal lato mancino.
129
Es sah die Nacht schon alle die Gestirne
Des andern Pols, und also tief den unsern,
Daß nicht er auftaucht' aus des Meeres Fläche.
Tutte le stelle già de l'altro polo
vedea la notte, e 'l nostro tanto basso,
che non surgëa fuor del marin suolo.
132
Fünfmal entzündet und so viele Male
Verloschen war das Licht schon unter'm Monde,
Seit wir die kühne Fahrt begonnen hatten:
Cinque volte racceso e tante casso
lo lume era di sotto da la luna,
poi che 'ntrati eravam ne l'alto passo,
135
Als ein Gebirg vor uns sich zeigte, dunkel
Durch die Entfernung, und mir schien so hoch es,
Wie mir bisher noch keines vorgekommen.
quando n'apparve una montagna, bruna
per la distanza, e parvemi alta tanto
quanto veduta non avëa alcuna.
138
Wir jubelten, doch bald erscholl's von Klagen;
Denn von dem neuen Land erhub ein Sturm sich,
Der unser Schiff am vordern Ende traf.
Noi ci allegrammo, e tosto tornò in pianto;
ché de la nova terra un turbo nacque
e percosse del legno il primo canto.
141
Dreimal macht er's mit allen Wassern kreisen,
Beim vierten bäumt das Steuer, und der Schnabel
Senkt sich hinab, denn so gefiel's Dem droben,
Tre volte il fé girar con tutte l'acque;
a la quarta levar la poppa in suso
e la prora ire in giù, com'altrui piacque,
144
Bis über uns das Meer zusammenschlug.« -
infin che 'l mar fu sovra noi richiuso".

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