003
Der Ort, wo wir den Abhang niederklommen,
War wilder Fels, und was sonst da war, so,
Daß jeder Blick darob vor Schauder bebte.
Era lo loco ov'a scender la riva
venimmo, alpestro e, per quel che v'er'anco,
tal, ch'ogne vista ne sarebbe schiva.
006
Wie jener Bergsturz, der einst in die Seite
Des Bergs diesseit Trient die Etsch gebrochen,
Sei's durch Erdbeben oder schwachen Halt;
Qual è quella ruina che nel fianco
di qua da Trento l'Adice percosse,
o per tremoto o per sostegno manco,
009
Denn von des Berges Höh', da er herabkam,
Bis zu der Ebne ist der Fels so steil,
Daß er von dort kein Niedersteigen zuläßt:
che da cima del monte, onde si mosse,
al piano è sì la roccia discoscesa,
ch'alcuna via darebbe a chi sù fosse:
012
So war vom Felsrand unser Niedergang.
Und auf der Höhe der zerschellten Mauer
Lag jene Schmach der Kreter hingestreckt,
cotal di quel burrato era la scesa;
e 'n su la punta de la rotta lacca
l'infamïa di Creti era distesa
015
Die in dem Kuhgebild empfangen worden.
Als uns der Greul ersah, biß er sich selber,
Wie wer von innrer Wuth gestachelt wird.
che fu concetta ne la falsa vacca;
e quando vide noi, sé stesso morse,
sì come quei cui l'ira dentro fiacca.
018
Mein Weiser rief ihm zu: »Du glaubst gewiß,
Hier nahe sich der Herzog von Athen,
Der droben auf der Welt den Tod dir gab?
Lo savio mio inver' lui gridò: "Forse
tu credi che qui sia 'l duca d'Atene,
che sù nel mondo la morte ti porse?
021
Hinweg, du Ungethüm! denn dieser kommt nicht
Hierher, von deiner Schwester unterwiesen,
Er kommt vielmehr, um eure Pein zu schaun.« -
Pàrtiti, bestia, ché questi non vene
ammaestrato da la tua sorella,
ma vassi per veder le vostre pene".
024
Dem Stiere gleich, der los sich reißt, indessen
Der Todesstreich ihn schwer getroffen hat,
Und gehn nicht kann, nur hin und wieder taumelt:
Qual è quel toro che si slaccia in quella
c' ha ricevuto già 'l colpo mortale,
che gir non sa, ma qua e là saltella,
027
So sah ich auch den Minotaurus thun.
Und jener Kluge rief: »Eil nach dem Ausgang,
So lang er tobt, kannst leicht du niedersteigen.« -
vid'io lo Minotauro far cotale;
e quello accorto gridò: "Corri al varco;
mentre ch'e' 'nfuria, è buon che tu ti cale".
030
Nun nahmen wir den Weg durch das Gerölle
Des Felsen dort, das unter meinen Füßen,
Ganz ungewohnt der Last, sich oft bewegte.
Così prendemmo via giù per lo scarco
di quelle pietre, che spesso moviensi
sotto i miei piedi per lo novo carco.
033
Nachdenklich ging ich, und er sprach: »Du sinnst wohl
Dem Einsturz nach, den jenes viehische
Getobe hütet, das ich eben dämpfte?
Io gia pensando; e quei disse: "Tu pensi
forse a questa ruina, ch'è guardata
da quell'ira bestial ch'i' ora spensi.
036
So wisse denn: als ich zum erstenmale
Hernieder zu der tiefen Hölle stieg,
War dieser Fels noch nicht hinabgefallen.
Or vo' che sappi che l'altra fïata
ch'i' discesi qua giù nel basso inferno,
questa roccia non era ancor cascata.
039
Doch sicher kurz vorher, entsinn' ich recht mich,
Als Jener, der dem Dis die große Beute
Entrissen hat, vom obern Kreise kam,
Ma certo poco pria, se ben discerno,
che venisse colui che la gran preda
levò a Dite del cerchio superno,
042
Erbebte so das tiefe Thal des Grausens
Allüberall, daß mir es schien, das Weltall
Erglüht' in Liebe, die ja, wie man sagt,
da tutte parti l'alta valle feda
tremò sì, ch'i' pensai che l'universo
sentisse amor, per lo qual è chi creda
045
Oftmals die Welt zum Chaos hat verwandelt;
Und in dem Augenblicke stürzte hier
Und sonstwo noch der alte Fels zusammen.
più volte il mondo in caòsso converso;
e in quel punto questa vecchia roccia,
qui e altrove, tal fece riverso.
048
Doch heft' in's Thal die Blicke, denn es nähert
Der Blutstrom sich, in welchem Jene sieden,
Die andern durch Gewaltsamkeit geschadet.« -
Ma ficca li occhi a valle, ché s'approccia
la riviera del sangue in la qual bolle
qual che per vïolenza in altrui noccia".
051
O blinde Gier, vernunftlos eitles Toben,
Das uns im kurzen Leben also spornt
Und in dem ewigen so schlimm uns bettet!
Oh cieca cupidigia e ira folle,
che sì ci sproni ne la vita corta,
e ne l'etterna poi sì mal c'immolle!
054
Im Bogen sah ich einen breiten Graben
Sich krümmen, der die ganze Fläch' umzirkte,
Wie mein Geleiter mir davon gesagt.
Io vidi un'ampia fossa in arco torta,
come quella che tutto 'l piano abbraccia,
secondo ch'avea detto la mia scorta;
057
Und zwischen diesem und dem Uferrande
Trabten Centauren reihweis, pfeilbewehrt,
Wie auf der Welt zur Jagd zu gehn sie pflegten.
e tra 'l piè de la ripa ed essa, in traccia
corrien centauri, armati di saette,
come solien nel mondo andare a caccia.
060
Bei unserm Anblick hielten alle still;
Drei aber sprengten aus der Schaar hervor
Mit Bogen und voraus erles'nen Pfeilen.
Veggendoci calar, ciascun ristette,
e de la schiera tre si dipartiro
con archi e asticciuole prima elette;
063
Und einer schrie von fern: »Zu welcher Marter
Kommt ihr, die ihr den Abhang niedersteigt?
Sagt es von dorten uns, wo nicht, so schieß' ich.« -
e l'un gridò da lungi: "A qual martiro
venite voi che scendete la costa?
Ditel costinci; se non, l'arco tiro".
066
Mein Meister sprach darauf: »Die Antwort wollen
Wir dort dem Chiron in der Nähe geben:
Stets war verderblich dein voreilig Wesen.« -
Lo mio maestro disse: "La risposta
farem noi a Chirón costà di presso:
mal fu la voglia tua sempre sì tosta".
069
Drauf mich berührend, sprach er: »Das ist Nessus,
Der um die schöne Dejanira starb
Und sich mit seinem eignen Blute rächte;
Poi mi tentò, e disse: "Quelli è Nesso,
che morì per la bella Deianira,
e fé di sé la vendetta elli stesso.
072
Der mitten, welcher auf die Brust sich blickt,
Der große Chiron, der Achillens pflegte;
Der andre Pholus, der so wüthend war.
E quel di mezzo, ch'al petto si mira,
è il gran Chirón, il qual nodrì Achille;
quell'altro è Folo, che fu sì pien d'ira.
075
Zu Tausenden umziehn sie rings den Graben,
Auf jede Seele schießend, die dem Blute
Sich mehr entringt, als ihre Schuld gestattet.« -
Dintorno al fosso vanno a mille a mille,
saettando qual anima si svelle
del sangue più che sua colpa sortille".
078
Nun näherten wir uns den wilden Wesen.
Chiron zog einen Pfeil, und mit der Kerbe
Strich hinter die Kinnladen er den Bart.
Noi ci appressammo a quelle fiere isnelle:
Chirón prese uno strale, e con la cocca
fece la barba in dietro a le mascelle.
081
Als so den großen Mund er freigemacht,
Sprach er zu den Gefährten: »Seht ihr wohl,
Wie hinten der, was er berührt, bewegt?
Quando s'ebbe scoperta la gran bocca,
disse a' compagni: "Siete voi accorti
che quel di retro move ciò ch'el tocca?
084
Das ist den Füßen Todter sonst nicht eigen.« -
Mein Führer, der schon vor der Brust ihm stand,
Da, wo die zwei Naturen sich verbinden,
Così non soglion far li piè d'i morti".
E 'l mio buon duca, che già li er'al petto,
dove le due nature son consorti,
087
Sprach: »Wohl ist lebend er, und so allein
Darf ich ihn durch das dunkle Thal geleiten:
Nothwendigkeit, nicht Lust treibt ihn dazu.
rispuose: "Ben è vivo, e sì soletto
mostrar li mi convien la valle buia;
necessità 'l ci 'nduce, e non diletto.
090
Vom Hallelujasingen her kam Jene,
Die dieses neue Amt mir aufgetragen.
Er ist kein Räuber, ich kein Diebesgeist.
Tal si partì da cantare alleluia
che mi commise quest'officio novo:
non è ladron, né io anima fuia.
093
Doch bei der Kraft, durch die ich meine Schritte
Auf also wilder Straße fortbewege,
Gib einen uns der Deinen, zum Geleite,
Ma per quella virtù per cu' io movo
li passi miei per sì selvaggia strada,
danne un de' tuoi, a cui noi siamo a provo,
096
Daß er uns zeige, wo hindurch man geht,
Und diesen hier auf seine Kruppe nehme,
Da er kein Geist, um durch die Luft zu schreiten.« -
e che ne mostri là dove si guada,
e che porti costui in su la groppa,
ché non è spirto che per l'aere vada".
099
Zu Nessus wandte Chiron sich zur Rechten
Und sprach: »Kehr um und führe so sie hin,
Und triffst auf andre Schaar du, heiß sie weichen.« -
Chirón si volse in su la destra poppa,
e disse a Nesso: "Torna, e sì li guida,
e fa cansar s'altra schiera v'intoppa".
102
Nun zogen mit der sicheren Geleitschaft
Wir längs dem Ufer des glutrothen Sudes,
Wo die Gesottnen grell Geschrei erhuben.
Or ci movemmo con la scorta fida
lungo la proda del bollor vermiglio,
dove i bolliti facieno alte strida.
105
Drin sah ich Volk bis an die Augenbrauen.
Der große Centaur sprach: »Das sind Tyrannen,
Die ihre Hand mit Blut und Raub befleckten.
Io vidi gente sotto infino al ciglio;
e 'l gran centauro disse: "E' son tiranni
che dier nel sangue e ne l'aver di piglio.
108
Hier weint man wegen mitleidsloser Frevel.
Schau Alexander, Dionys den Wilden,
Der einst Sicilien Trübsalsjahre gab.
Quivi si piangon li spietati danni;
quivi è Alessandro, e Dïonisio fero
che fé Cicilia aver dolorosi anni.
111
Und jene Stirn, mit den kohlschwarzen Haaren,
Ist Ezzelino's; die dort, mit den blonden,
Von Est' Obizzo's, der auf Erden droben
E quella fronte c' ha 'l pel così nero,
è Azzolino; e quell'altro ch'è biondo,
è Opizzo da Esti, il qual per vero
114
In Wahrheit wurd' erstickt vom Rabensohn.« -
Drauf wandt' ich mich zum Dichter, doch der sagte:
»Der sei jetzt Erster dir, ich nur der zweite.« -
fu spento dal figliastro sù nel mondo".
Allor mi volsi al poeta, e quei disse:
"Questi ti sia or primo, e io secondo".
117
Ein wenig weiter hielt nun der Centaur
Bei einem Volke still, das bis zur Kehle
Aus jenem Sprudel vorzuragen schien.
Poco più oltre il centauro s'affisse
sovr'una gente che 'nfino a la gola
parea che di quel bulicame uscisse.
120
Er wies auf einen Schatten, seitwärts, einsam,
Und sprach: »Der spaltete im Schooße Gottes
Ein Herz, das an der Themse noch man ehrt.« -
Mostrocci un'ombra da l'un canto sola,
dicendo: "Colui fesse in grembo a Dio
lo cor che 'n su Tamisi ancor si cola".
123
Dann sah ich Volk, das aus dem Bach heraus
Den Kopf mitsammt dem ganzen Rumpf emporhielt,
Und unter diesen kannt' ich Viele wieder.
Poi vidi gente che di fuor del rio
tenean la testa e ancor tutto 'l casso;
e di costoro assai riconobb'io.
126
So ward der Blutbach seicht und seichter stets,
Bis er zuletzt nur noch die Füße deckte;
Und dort war unser Durchgang durch den Graben.
Così a più a più si facea basso
quel sangue, sì che cocea pur li piedi;
e quindi fu del fosso il nostro passo.
129
»So wie du nun nach jener Seite zu
Den Sprudel immer seichter werden siehest«,
Sprach der Centaur, »so thu' ich dir zu wissen,
"Sì come tu da questa parte vedi
lo bulicame che sempre si scema",
disse 'l centauro, "voglio che tu credi
132
Daß nach der andern zu stets mehr und mehr
Sein Grund sich senkt, bis er dem Ort sich nahet,
Wo die Tyrannenwuth zu stöhnen hat.
che da quest'altra a più a più giù prema
lo fondo suo, infin ch'el si raggiunge
ove la tirannia convien che gema.
135
Denn die Gerechtigkeit des Höchsten peinigt
Hier jenen Attila, der Erde Geißel,
Pyrrhus und Sextus, und in Ewigkeit
La divina giustizia di qua punge
quell'Attila che fu flagello in terra,
e Pirro e Sesto; e in etterno munge
138
Erpreßt sie Thränen, die der Sud hervorlockt,
Dem Rinier von Cornet und Rinier Pazzo,
Die den Landstraßen so viel Kämpfe brachten.« -
le lagrime, che col bollor diserra,
a Rinier da Corneto, a Rinier Pazzo,
che fecero a le strade tanta guerra".
141
Dann kehrt' er wieder durch die Furt zurücke.
Poi si rivolse e ripassossi 'l guazzo.

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