Sie erinnert ihn seiner Zusage

1
Liebster Bräutgam, denkst du nicht
An die teure Liebespflicht,
Da du dich mit tausend Wunden
Meiner Seelen hast verbunden?

2
Denkst du nicht an deinen Spott,
An das Kreuz und an die Not
Und an deiner Seelen Leiden,
Da sie sollte von dir scheiden?

3
Weißt du wohl, daß deine Pein
Mein Erlösung sollte sein?
Und wie muß ich dann auf Erden
Noch so lang gequälet werden?

4
Bin ich dir als eine Braut
Schon verlobet und vertraut,
Warum läßt du meine Seele
In des Leibes Trauerhöhle?

5
Bin ich dein und bist du mein,
Warum läßt du mich allein?
Warum willst du mich, mein Leben,
Nicht alsbald zu dir erheben?

6
Ich verschmachte vor Begier,
Die mein Herze hat nach dir.
Ich vergehe vor Verlangen,
Dich zu sehn und zu umfangen.

7
Denke doch, o Gottes Lamm,
Daß du bist mein Bräutigam.
Denke, daß dirs will gebühren,
Deine Braut zur Ruh zu führen.

8
Nimm mich, Liebster, in dein Reich,
Mach mich den Erlösten gleich.
Nimm mich aus der Trauerhöhle,
Jesu, Bräutgam meiner Seele.

Heilige Seelenlust oder geistliche Hirtenlieder - Drittes Buch 14

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