Die Wahrheit ist durchaus ein mittleres Gebiet,
Das nicht nach hier und dort unendlich hin sich zieht.

Ihr nachgehn kanst du meist gar wenig Schritte nur,
Und ausgehn siehst du schon in Irrthum ihre Spur.

Wahrheiten hängen nicht zusammen wie Korallen,
Die man kann an der Schnur herzählen nach Gefallen.

Oft ist das Wahre gar vom Falschen nicht zu scheiden,
Wie Fäden eines Zeugs, halb wollen und halb seiden.

Von Wahrheit einen Kern schließt jeder Irrthum ein,
Und jede Wahrheit kann des Irrthums Saame seyn.

Vor allem hüte dich vor strengen Folgerungen,
Denn folgerichtig ist meist närrischstes entsprungen.

Wahrheit, die du zuweit verfolgen willst und jagen,
Ist, eh du dichs versiehst, in Irrthum umgeschlagen.

Viel lieber mag, anstatt die Jagd zu übertreiben,
Ein ungewisses Wild im Grenzwald überbleiben.

Der Schütze läßt, was flieht, fliehn an der Grenz', und zieht
Mit seiner Beute sich zurück auf sein Gebiet.

Schreibe einen Kommentar