Sie bittet ihn, daß er sie, sein Schäflein, als ein guter Hirt wolle in seinen Schafstall bringen

1
Guter Hirte, willst du nicht
Deines Schäfleins dich erbarmen
Und nach deiner Schuld und Pflicht
Tragen heim auf deinen Armen?
Willst du mich nicht aus der Qual
Holen in den Freudensaal?

2
Schau, wie ich verirret bin
Auf der Wüste dieser Erde,
Komm und bringe mich doch hin
Zu den Schafen deiner Herde.
Führ mich in den Schafstall ein,
Wo die heilgen Lämmer sein.

3
Mich verlangt, dich mit der Schar,
Die dich loben, anzuschauen,
Die da weiden ohn Gefahr
Auf den fetten Himmelsauen.
Die nicht mehr in Furchten stehn
Und nicht können irre gehn.

4
Denn hier bin ich sehr bedrängt,
Muß in steten Sorgen leben,
Weil die Feinde mich umschränkt
Und mit List und Macht umgeben,
Daß ich armes Schäfelein
Keinen Blick kann sicher sein.

5
O Herr Jesu, laß mich nicht
In der Wölfe Rachen kommen,
Hilf mir nach der Hirten Pflicht,
Daß ich ihnen werd entnommen.
Hole mich, dein Schäfelein,
In den ewgen Schafstall ein.

Heilige Seelenlust oder geistliche Hirtenlieder - Drittes Buch 6

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