1 Als ich nächst im Wald spazierte Und viel große Klagen führte, Daß ich armes Waiselein Müßt ohn meinen Bräutgam sein, Kam mein Jesus selbst zu mir Und versprach mit süßen Worten, Daß er wollt an allen Orten Bei mir bleiben für und für.
2 Schau, ich habe dich vom Bösen, Sprach er, gerne wolln erlösen Und mit meinem Blut und Tod Dich erretten aus der Not. Bin auch stets bei dir, mein Kind, Ob zwar deine blöden Sinnen Meiner selten werden innen Und um mich betrübet sind.
3 Sollt ich denn dich nun verlassen Und dein lieblichs Seufzen hassen? Sollt ich nicht zu jeder Zeit Bei dir sein in Traurigkeit? Zweifle nicht mein Täubelein, Denn daß ich vor deiner Seele Mich verberg und lang verhöhle, Ist dir gut und muß so sein.
4 Wart, du wirst mich schon genießen Und nach deinem Wunsche küssen, Wenn ich dich aus dieser Qual Führen werd in meinen Saal. Wenn ich deine Lieb und Treu Werde mit mir selbst belohnen Und du ewig bei mir wohnen, Aller Seufzer quitt und frei.
5 Als ich diesen Trost gehöret, Ward mein Klagen bald zerstöret. Voller Freude war mein Sinn Und der Jammer ganz dahin. Alle Vöglein deuchten mich, Lieblicher als vor zu singen Und der Westwind mir zu bringen Kühlre Lüftlein, kühlern Strich.
6 Jesu, sprach ich, nun soll eben Dir mein Sinn sein aufgegeben, Alles Seufzen soll fortan Sein nach deinem Willn getan. Denn ich weiß, daß du, mein Licht, Ob du mir zwar bleibst verborgen Manchen Abend, manchen Morgen, Dennoch wirst verlassen nicht.
Heilige Seelenlust oder geistliche Hirtenlieder - Viertes Buch 10