1 Ach, wer gibt mir noch auf Erden Engelssitten und Geberden? Daß ich meinem Bräutigam, Der von königlichem Stamm, Wohl geschmücket in die Höh, Wenn er kommt, entgegen geh.
2 Meine Seele wünscht, vor allen Ihrem Jesu zu gefallen, Und darum begehrt sie ihr Aller Dinge Pracht und Zier, Daß sie ihme möcht allein Aller Schönheit Ausbund sein.
3 Wenn sie schauet in den Maien, Daß die Wiesen sich verneuen Und so fein und wunderschön Die beblümten Felder stehn, So verlangt sie ihm zu sein Eine Welt voll Blümelein.
4 Ach, ach, spricht sie, möcht ich werden Wie die bunte Frühlingserden! Möchte doch mein Herz allein Hunderttausend Rosen sein Und die Brust wie Lilien weiß, Das vor allem hat den Preis.
5 Oder wär ich wie Narcissen Bei den stillen Wasserflüssen! Oder wie ein Hyazinth, Den man himmelfarben findt! Und wie niedrige Violn, Die man muß im Grase holn.
6 Oder wär ich wie ein Garten Voll Gewürze bester Arten! Daß mein Jesus für und für Sich ergötzen könnt in mir Und mit Lust stets bei mir sein, Wie in einem ewgen Mai'n.
7 Ofte wünsch ich aller Dingen Wie ein edler Brunn zu springen. Ofte wünsch ich, daß ich wär Eine See und ganzes Meer, Voller Gottes Süßigkeit, Ihme zur Ergötzlichkeit.
8 Ach, wer wird mein Herz bereiten, Daß es sei zu allen Zeiten Wie die Sänfte Salomons Und die Wonne seines Throns, Wie sein Bett, um dessen Pracht Sechzig Starke halten Wacht.
9 Oder daß ich ihn erfreue Wie Jerusalem, das neue. Oder wie ein Paradeis, Das von keiner Unruh weiß. Oder wie ein schöner Saal, Den man lobet überall.
10 Oder wie ein Flammenwagen, Den die Seraphine tragen. Oder wie ein güldner Schrein, Oder wie Karfunkelstein. Oder wie die Perlen sind, Welche man im Aufgang findt.
11 Endlich wünsch ich mir, zu haben Solche Heiligkeit und Gaben Wie die Jungfrau und die Braut, Die dem Joseph war vertraut, Daß das ewge Wort in mir Jesus würde, wie in ihr.
12 O du Geist der großen Güte, Überschatte mein Gemüte, Denn auch ich bin deine Magd, Die von Herzen zu dir sagt: Mir gescheh nach deinem Wort Immer und in jedem Ort.
13 Komm doch, Jesu, mein Verlangen, Laß mich meine Seel umfangen, Daß sie dich gebär in ihr Und frohlockend über dir Sich erfreue nach der Zeit In der süßen Ewigkeit.
Heilige Seelenlust oder geistliche Hirtenlieder - Drittes Buch 40