Wer will hinfort beständig bleiben/
Wenn alles voller Unbestand?
Wer will in sein Gedächtnis schreiben
Was andre zeichnen in den Sand?
Was macht ein Celadon auff Erden/
Wenn jeder will ein Hylas werden?

Was will man sich mit Treue plagen?
Cupidens Flügel sind bekandt/
Die Venus hat von ihrem Wagen
Vorlängst den alten Zug verbannt/
Für Schwan und Taube sieht man Raben
Und Sperling' um die Deichsel draben.

Ich kan ja die von Hertzen lieben/
Und jen' aus Pflicht und Höfligkeit/
Bey dieser mein Vergnügen üben/
Mit jener schliessen meine Zeit:
An Ort und Art/ Gestalt und Stunden
Ist unser Lieben nicht gebunden.

So pflegt manch leichter Sinn zu sagen/
Der sich mit Schaden lustig macht/
Verbotnen Raub darvon zu tragen
Mit tausend Lüsten lebt bedacht.
Wer sich der Treue will befleissen/
Muß alber oder einsam heissen.

Was aber fragt nach solchem Schmähen
Der Harnisch tugendvoller Brust.
Der Ausgang wird uns lassen sehen/
Auff wen noch wart die beste Lust.
Wenn Stein und Gicht die Glieder brechen
Wird sie an ihm der Nachbar rächen.

II. Anemons und Adonis Blumen 89

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