Die vier Alter

Ein Knabe/ der nun Fuß und Zunge brauchen kan/
Hebt gerne Kinderspiel mit seines gleichen an/
Zürnt und versöhnt sich leicht/ ist wandelbarer Sinnen/
Wünscht alle Stunden ihm was neues zu beginnen.
Ein Jüngling ohne Barth in Freyheit nun gestellt/
Hat Hund und Pferde lieb/ streicht durch das freye Feld/
Zum Bösen weich/ als Wachs/ zum Straffen hart als Stahl/
Geneigt zum Geld-verthun/ thut langsam gutte Wahl;
Will leichtlich oben aus/ ist voll Begier und Lust/
Es wechseln Lieb und Haß gar bald in seiner Brust.
Bey nunmehr reiffem Mann ist alles umgewandt/
Er sucht durch Geld und Freund zu bessern seinen Stand/
Strebt Ruhm und Ehren nach/ vermeidet zu begehn/
Woraus ihm späte Reu und Schande kan entstehn.
Viel Ungelegenheit sieht man beym Alter blühn;
Es scharrt/ und will ihm doch selbst den Genüß/ Gebrauch entziehn/
Greifft alles furchtsam an und rechnet annoch weit/
Ist träge/ voll Verdruß/ schiebt gern auff längre Zeit/
Lobt seiner Jugend Thun/ und tadelt andrer Leben/
Pflegt Jüngern/ Jungen gern Verweiß/ auch unersucht/ zu geben.

VIII. Vermischte Gedichte 308

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert