Fünff Frauenzimmer/ fünff Sinnen

Fünff Sinnen geben sich uns itzund anzuschauen:
Wie aber sollen wir dieselben theilen ein?
Daß wir nicht stossen an bey Fräulein oder Frauen/
So wird des Wirthes Rath darzu vonnöthen seyn.

Zwar zeigt sich das Gesicht in hold-beflammten Blicken/
Und frisches Feuer ist der Fräulein Eigenthum;
Doch will sich noch ein Sinn zu ihrer Anmutt schicken.
Wo schöne Blumen blühn/ hat der Geruch den Ruhm.

Der Wirthin Höfligkeit will man sich selbst entdecken/
Ob ihr von jedem Sinn ein sonders Lob gebührt/
Daß sie es diesen Tag am meisten sucht vom Schmecken/
Indem sie uns zum Glaß und gutter Speise führt.

Wo hoher Tugend Preiß mit vollem Glantze spielet/
Erschallet auch der Klang darvon mit hellem Thon.
Wenn Auge/ Ruch/ Geschmack und Ohr Vergnügung fühlet/
So bleibt noch über diß der fünffte Sinn mein Lohn.

VIII. Vermischte Gedichte 73

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