Der frühe Morgen zeiget sich/
Auff/ meine Seel/ und finde dich
Zu Jesu Grab und Füssen wieder!
Hier legte man vons Creutzes Stamm
Am Freytag deinen Bräutigam
Zur stillen Todten-Ruhe nieder.

Was fürchtestu den schweren Stein
Der dir im Wege möchte seyn/
Des Herren blassen Mund zu küssen:
Er ist durch unbekandte Macht
Bereits von seiner Stätte bracht/
Und kan das Grab nicht mehr verschliessen.

Nun meine Seele/ du bist hier/
Doch fällt ein neuer Kummer für/
Wer weiß dich dessen zu entbinden?
Begieb dich in diß Todten-Hauß/
Such alle Winkel drinnen aus:
Dein Jesus ist hier nicht zu finden.

Er ward in Tücher eingehüllt/
Mit Myrrh und Aloe gefüllt/
Der gantze Cörper war umwunden.
Hier zeiget sich des Lagers Platz/
Wo aber ist der beste Schatz/
Der theure Heyland hin verschwunden?

Wer ist der mich berichten kan/
Wo man den Herren hingethan/
Den meine Seele sucht und liebet?
Find ich des Hertzens Trost und Licht/
Das Leben meiner Seele nicht/
So bin ich biß in Tod betrübet.

Was aber such ich den der lebt/
Wo man die todte Schaar begräbt?
Mein Jesus ist ja aufferstanden.
Was scheu ich nunmehr Tod und Grab/
Nachdem ich die Gewißheit hab/
Mein Aufferwecker ist verhanden!

Ich seh ihn schon von ferne stehn/
Und mir mit Trost entgegen gehn/
In angenommnem Gärtner-Kleide/
Damit ich fortan sicher weiß/
Daß mich vom frohen Paradeiß
Und ihm nicht Tod/ nicht Hölle scheide!

III. Himmelschlüssel oder Geistliche Gedichte 61

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