Gott, also hat gesagt ein hoher Glaubenslehrer,
Gott selber wächst in dir, o glaubiger Verehrer.

Er wächst nicht in sich selbst, da ist er stets vollkommen,
Der zur Vollkommenheit nur auch in dir soll kommen.

Und wächst er nicht in dir, jemehr du ihn begreifst,
Jemehr in deiner Brust du sein Geheimnis reifst?

Wenn dich ein mäßiges Verständniß gestern freute,
So freuet höhere Verständigung dich heute.

Noch tiefre Einsicht geht dir morgen auf villeicht,
Und immer wächst der Glanz, der nie die Spitz' erreicht.

Und sollt' es Gott nicht freun, sowie es dich erfreut,
In dir sich zu erneun, indem er dich erneut?

Beschaut ein Lehrer doch in seines Schülers Brust
Stets reiner ausgeprägt sein eignes Bild mit Lust.

Nicht minder schauet Gott im Spiegel von Kristallen,
Wozu dein Herz er schuf, sich selbst mit Wohlgefallen.

O Herz, das zum Behuf des Spiegels Er erschuf,
Wie weit bist du entfernt zu gnügen dem Beruf!

Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2, 1837, V. 275

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