Mein Sohn, wenn du dich hast vergangen, büß' es gleich;
Denn des Vergehens harrt früh oder spät der Streich.

Wie aber büßest du's? Dadurch, daß du bereuest,
Und dich des sicheren Gefühls der Beßrung freuest.

Mein Sohn, sei überzeugt, es gibt noch Herzenskünder,
Und Gott allein nicht sieht ins Innre jedem Sünder.

Ins Innre siehet auch dir jeder, dem getrübt
Des Geistes Sehkraft selbst nicht ist, noch ungeübt.

Und welchem Blicke du begegnest, mußt du bangen,
Daß er von Gott die Kraft, dich zu durchschaun, empfangen.

An deiner Stirne steht's, dort wird er es entdecken;
Wegwischen kannst du's nicht, du kannst es nicht verstecken.

Drum wenn dort Böses steht geschrieben, schreibe du
In leserlicher Schrift die Beßrung auch dazu.

Nicht ungeschrieben zwar wird, was ist ausgestrichen,
Doch für den Rechnerblick die Rechnung ausgeglichen.

Mein Sohn, nicht darin such' hier Gottes Strafgericht,
Daß jedem Sünder man die Strafe sichtbar spricht;

Darin, daß keiner hier gesündigt und verbrochen,
Der nicht sich selber hat sein Strafurteil gesprochen.

Straf' ist ihm das Gefühl, daß er strafwürdig sei,
Und mehr noch Strafe dis, daß er von Straf' ist frei.

Denn denken muß er, wenn sie hier ihn nicht ereilt,
Entgegen eil' er ihr dort wo sie ewig weilt.

Und dis Geschwür, das er doch pochen fühlt und kochen,
Noch besser wär' es aufgebrochen, aufgestochen.

Ja besser wär' es dir, du heiltest hier dich aus,
Und kämest dort gesund in deines Vaters Haus.

Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2, 1837, V. 270

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert