Im Weg begegnen sich die Bien' und die Ameise,
Die singend in der Luft, und die am Boden leise.

Sie haben keine Zeit einander zu begrüßen,
Sie treibt der rege Fleiß auf Flügeln fort und Füßen.

Fort treibt sie reger Fleiß auf Flügeln und auf Füßen,
Zu büßen ihre Lust am bittern Werk und süßen.

Die Bien' am süßen Werk, die Ameis' an dem bittern,
Zu riechen Honigduft und Weihrauchkorn zu wittern.

Die Äms' am bittern Werk, die Bien' an ihrem süßen,
Arbeiten stets mit Lust, die Arbeitslust zu büßen.

Und fürchteten die Zeit zur Arbeit einzubüßen,
Nähmen sie sich die Zeit einander zu begrüßen.

Sie tummeln sich vorbei, und werden nicht gewahr,
Wie gleich und ungleich sie zusammen sind ein Paar.

Die Imm' ist im Geschäft beständig immer kräftig,
Die Äms' in Ämsigkeit nach Kräften stets geschäftig.

Den Vorrath schaffen sie nicht aus selbeignem Rath,
Sie wirken für ein Volk, und leben einem Staat.

Das Volk der Bienen wählt sich eine Königinn,
Ameisen hält zusamm nur der gemeine Sinn.

Darum im Bienenschloß auch wohnen faule Dronen,
Da im Ameisenhaus allein Arbeiter wohnen.

Darum die Bien' ihr Nest im Wipfel sucht geflügelt,
Und sich Ameisenbau vom Boden aufwerts hügelt.

Im weiten Weg der Luft geht Bienenschwarm nicht irr,
Noch, Ameis', in der Kluft dein wimmelndes Gewirr.

Doch Bienen sind gewohnt zu ruhn auf höchsten Spitzen
Der Pflanzen, weil am Stamm hinauf Ameisen sitzen.

Die Biene weidet sich an lichter Blüte Blitzen,
Die Ameis' an dem Harz, das zähe Rinden schwitzen.

Zart weiß den Nektarkelch ein Bienenmund zu schlitzen,
Scharf ein Ameisenzahn die spröde Haut zu ritzen.

Die Biene wehret sich mit scharfen Stachels Witzen,
Und die Ameise mit des gift'gen Saftes Spritzen.

Und aus der Biene Fleiß wird solch ein süßer Most,
Aus der Ameise Schweiß solch eine bittre Kost.

Verschiedentlich geschöpft ist aus demselben Born
Honig kristallisirt, geronnen Weihrauchkorn.

Und endlich kommen die verschiednen auch zusammen,
Wie Alles Lebende, in Götteropferflammen;

Wo Bienennektar träuft aus goldnem Spendgeschirre,
Und um die Glut gehäuft verdampft Ameisen-Mirre.

Die Mirre schwimmt empor, der Nektar rinnt herab,
Alswie die Biene selbst am Ende geht ins Grab,

Und wie die Ameis' auch vom Erdwall, den sie hügelt,
Wann sie zum Tod ist reif, steigt in die Luft geflügelt.

Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5, 1839, XII. 75

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