Wo naht der süße Strom dem bittern Flutenschooße,
Begegnen sich zwei Fisch', ein kleiner und der große.

Entgegen schwimmen sie sich so auf ihrer Bahn,
Alswie von hier und dort ein Meerschiff und ein Kahn.

Und während um ihr Haupt die Wasserorgeln summen,
Begrüßen in der Flut sich laut die beiden Stummen.

Mein Vetter, ei, wohin? Mein Bruder, ei, woher?
Ich aus dem Meer ins Land. Ich aus dem Land ins Meer.

Was führet dich so fern? Was treibet dich so weit?
Der Hoffnung bessrer Stern. Die Unzufriedenheit.

Ich will ins stille Land aus Wogenaufruhr steuern,
Um zu entgehn des Meers gefräß'gen Ungeheuern.

Ich will mich aus der Eng' hinaus ins Weite fristen,
Entgehn des Menschenvolks Nachstellungen und Listen.

Das trieb dich, Vetter? Das hat, Bruder, dich gezogen?
Die Hoffnung täuschte dich. Du hast dich selbst betrogen.

Du steuerst in dein Grab. Du segelst in den Tod.
Hinaus, hinein, hinab, hinauf ist gleich die Noth.

Und stehn wir in der Mitt' unschlüssig still deswegen,
Da die Natur uns gab die Flossen, uns zu regen?

Und da gerade hier sich im Zusammenfluß
Des Landes und des Meers Gefahr begegnen muß?

So folge deinem Zug! Gehorche deinem Triebe!
Was weiter hat ein Fisch als seine Lust und Liebe?

Du grüße mir das Land! Du grüß mir schön das Meer!
Leb wohl, auf Wiedersehn! Wir sehn uns nimmermehr.

Ein Fischer horcht' erstaunt, der beide wollte fangen;
Und über'm Staunen sind sie diesmal ihm entgangen.

Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5, 1839, XII. 55

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