Aus Saadi's Reisesprüchen.

Geh auf die Reise, Freund! Der dir das Reisen preist,
Der hat es auch erprobt, der Saadi war gereist.

Nicht Eine Rose gibts, nicht Einen grünen Baum;
Voll Bäume steht die Welt, voll Rosen blüht der Raum.

Was willst du wie ein Huhn im Hofe Körner klauben,
Wenn du dich schwingen kannst frei in die Luft wie Tauben?

Die Schnecke reist bequem, sie reist mit ihrem Haus,
Dafür sieht sie nicht viel, und kommt nicht weit hinaus.

Gefährten such' ich mir, die etwas mit mir wagen,
Nicht einen Reisefreund, des Bündel ich soll tragen.

Der Seele Kraft besteht im Trachten und Betrachten;
Betrachten sollst du viel, doch nicht nach allem trachten.

Durcheilst du alles schnell, so wirst du vieles sehn;
Das Eine siehst du recht, bleibst du beim Einen stehn.

Ein kluger Wandersmann ruht aus am Scheidewege;
Da ruh' ich nicht umsonst, indes ich überlege.

Viel besser aber ists auf gut Glück irre gehn,
Als bis zum Untergang der Sonn' am Scheidweg stehn.

Ich habe viel geirrt, ich hab' auch viel getroffen
Beim Irren, was nicht war auf gradem Weg zu hoffen.

Ich sehs, daß ich gefehlt; was hilft, daß es mich reute?
Das Gestern fraß der Fehl, soll fressen Reu das Heute?

Mach' es sogut du kannst; und hast du's schlecht gemacht,
So preis' in Demuth Gott, der Alles recht gemacht.

Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4, 1838, IX. 106

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