Die Erde hat ein Recht, sich selber anzusehn
Als Mittelpunkt, um den sich alle Himmel drehn.

Unschuldig übte sie dis Recht seit alten Zeiten,
Und die Aufklärung auch soll es ihr nicht bestreiten.

Zur Einsicht kam sie zwar, daß sie nur sei ein Theil
Vom Ganzen, und auf sie nicht eingeschränkt das Heil.

Fürs Ganze lässet sie den Geist des Ganzen sorgen,
Begnügt, daß sie sich fühlt an ihrem Theil geborgen.

Sie fühlet fest sich stehn, und sieht den Himmel drehn;
Was kann vereintem Sehn und Fühlen widerstehn?

Die Sonne scheint für sie am Tag, und in der Nacht
Schmückt ihr das Himmelbett der Sterne goldne Pracht.

Der Geist steigt wie das Licht zu ihr im Traume nieder,
Und ihr Gedanke steigt empor und ihre Lieder.

Es ist der Augenschein, kein Schein, was ihr erschienen;
Sie dienet Gott, und weiß, daß ihr die Himmel dienen.

Und dienen sie ihr nicht? Es hängt in diesem Tanze
Am Ganzen wol das Glied, doch auch am Glied das Ganze.

O wunderbarer Bau, o Herr des Baus und Meister!
Dein Grundstein bist du selbst, Grundpfeiler deiner Geister.

Du bist der Architekt, du bist der Architrab,
Der König, der sich selbst den Königsbau aufgab.

So groß, vollkommen, schön ist dein Palast, die Welt,
Daß jeder Winkel sich für deinen Thronsaal hält.

Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3, 1837, VIII. 24

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