Wir bringen unsern Preis der Morgensonne dar,
Die hell die Schöpfung macht und unsre Seele klar.

Vor ihrer Ankunft geht der Morgenwind als Bothe,
Und ihres Einzugs Fahn' erscheint im Morgenrothe.

Ein Schauer meldet sie; und nun erscheint sie gleich,
Und nimmt mit einem Blick Besitz von ihrem Reich.

Den Nebelschleier hebt sie von den Berggestalten,
Und drängt den Rest der Nacht zurück in Thälerfalten.

Sie füllt mit Glanz das Thal gleich einer Opferschale,
Und einen eignen Stral trinkt jede Blum' im Thale.

Und wie die Blum' in Lust zum Licht empor sich richtet,
So hat in Menschenbrust Bewußtseyn sich gelichtet.

Traumschattengaukelei, Nachttäuschungstruggespinnst,
Zerreißt, Licht der Natur, wo du den Sieg gewinnst.

Streck' aus die Stralenhand, das Opfer zu empfangen,
Das dir die Schöpfung bringt und Herzen voll Verlangen.

Erheb mit deinem Blick und stütze, wie die Ranken
Des Baumes, thauschwer sich aufrichtende Gedanken.

Die Wünsch' und Hoffnungen, die Vorsätz' und Entschlüsse,
Beleb', erfrische, stärk' und zieh wie Sommerschüsse.

Gib allen Knospen, daß sie sich zur Blüt' entfalten,
Und allen Blumen, daß sie sich nach dir gestalten.

Und allen Herzen gib, nach Blumenart zu wandeln,
Unwandelbar zum Licht gewandt, im Licht zu wandeln.

Das ist das Frühgebet, das wir dir tragen vor;
Trag es empor zu dir, und über dich empor!

Denn als ein Mittler gehst du durch der Schöpfung Mitte,
Zu bringen Oberen der untern Wesen Bitte.

Bring zu der Sonne sie, die dich am Faden leitet,
Daß die sie bringe der, in deren Dienst sie schreitet.

Der goldne Eimer reicht von immer höhern Sonnen
Zu immer höhern bis zum höchsten Sonnenbronnen.

Dort füllt ihr mit dem Thau den Eimer, der uns letzt;
Dorthin, mit Dank gefüllt, tragt mir den leeren jetzt!

Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2, 1837, VI. 40

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